Rede von
Dr.
Michael
Meister
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal hat mir diese Debatte gezeigt, daß die Koalition handlungsfähig ist und ihr Programm so, wie es in der Koalitionsvereinbarung steht, Punkt für Punkt umsetzt.
Mit dem heutigen Gesetzentwurf führen wir die Menschen in Deutschland zusammen und bauen Brücken in dieser Gesellschaft. Die Rede des Kollegen Schreiner, die wir eingangs gehört haben, hat für
Dr. Michael Meister
mich über weite Passagen so geklungen wie ein Teil der Neidkampagne, die dazu beiträgt, daß unsere Gesellschaft gespalten wird. Ich möchte Sie dringend auffordern, Ihre Haltung in den kommenden Wochen zu überdenken und mit dazu beizutragen, daß in diesem Land, in der Bundesrepublik Deutschland, tatsächlich etwas für die Arbeitnehmerinteressen getan werden kann.
Ich hätte mir auch gewünscht, daß die Damen und Herren aus dem Bundesrat diese Debatte am heutigen Morgen, in der es um die Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivkapital geht, ernster genommen hätten und wir hier nicht auf leere Bänke hätten blicken müssen. Ich glaube, das Thema ist so ernst, daß es auch der Bundesrat entsprechend würdigen sollte.
In Deutschland ist die Vermögensbeteiligung - wir haben es heute morgen gehört - in den letzten Jahren gestärkt worden. Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg, was die Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen betrifft. Wolfgang Vogt hat heute morgen in überzeugender Weise deutlich gemacht, wie weit wir nun auch im Bereich der Vermögensbeteiligung vorangekommen sind.
Ich glaube aber, wir können gar nicht so viel für die Vermögensbildung tun, wie es nötig wäre, nachdem zu Zeiten Ihrer Regierungsverantwortung jedes Jahr 5 Prozent des Volksvermögens durch Inflation vernichtet worden ist. Erforderlich sind eine Konsolidierungspolitik und eine Antiinflationspolitik, damit die Vermögen, die gebildet worden sind, als Vermögen erhalten bleiben und nicht durch Geldentwertung aufgefressen werden.
Ziele unseres Gesetzes sind eine breitere Streuung des Eigentums, die Verbesserung der persönlichen Altersvorsorge und eine Stärkung der Eigenkapitalbasis der Unternehmen, insbesondere der mittelständischen Unternehmen.
Ich glaube, wir haben vor zwei Jahren, als wir das Eigenheimzulagengesetz verabschiedet haben, bewiesen, daß wir in diesem Punkt bereits einen Riesenerfolg erreicht haben.
Schauen Sie sich einmal an, wie das Eigenheimzulagengesetz und die damit verbundene Förderung des Bausparens in den letzten zwei Jahren gewirkt hat. Der Wohneigentumserwerb ist um über 30 Prozent gestiegen. Die Kosten im Wohnungsbau sind um '7 Prozent gesunken. Die Reform des Bausparens hat einen Boom in diesem Sektor ausgelöst, und es sind
noch nie so viele Bausparverträge wie in den letzten zwei Jahren abgeschlossen worden.
Gerade dann, wenn wir über die Baukonjunktur reden, sollten wir auch erwähnen, daß die deutschen Bausparkassen im vergangenen Jahr 48 Milliarden DM ausgezahlt und damit mit dazu beigetragen haben, daß die notleidende Baukonjunktur gestützt wurde. Frau Kollegin Wolf, ich habe Ihre Rede gehört, höre aber auch immer die Kollegin Eichstädt-Bohlig, die bei keiner Gelegenheit versäumt, gegen das Eigenheimzulagengesetz zu polemisieren, ihm die Mittel entziehen will und dafür sorgen will, daß wir weniger für die Wohneigentumsförderung in Deutschland tun. Deshalb halte ich das, was Sie heute morgen vorgetragen haben, für nicht besonders glaubhaft.
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir eröffnen mit diesem Gesetz neue Chancen. Sinn und Zweck der Übung ist es, daß wir bestehende Förderinstrumente erhalten, insbesondere diejenigen, die sich bewährt haben, daß wir aber, ohne Bestehendes zu zerstören, wie Sie es in Ihren Vorlagen vorhatten, neue Gebiete wie etwa die Beteiligung am Produktivkapital weiterentwickeln. Deshalb sieht unser Gesetzentwurf eine Beschränkung der Wahlfreiheit zwischen Beteiligung am Produktivkapital und Förderung des Bausparens ausdrücklich nicht vor.
Dieser Punkt liegt mir als Politiker sehr am Herzen. Wir wollen nämlich über das Geld, das angespart wird, keine verdeckte Finanzierung der Gewerkschaften ermöglichen,
sondern wir wollen wirklich den einzelnen Arbeitnehmer in seiner Vermögensbildung stärken.
Wir brauchen auch keinen Vormund für die Arbeitnehmer in Deutschland, der sie an die Hand nehmen und ihnen sagen will, wie ihr Vermögen richtig verwaltet wird. Wir brauchen die Eigenverantwortung und die individuelle Entscheidung darüber, wer in welcher Form Vermögen bilden will. Wir sollten als Staat, als Politiker und als Tarifparteien dazu beitragen, daß die Menschen dabei Hilfestellungen erhalten, wir sollten ihnen aber keinen Vormund an die Hand geben.
Ich möchte auch ein kritisches Wort zu dem Gesetzentwurf sagen. Richtigerweise ist von den Kollegen aus der Koalition betont worden, daß es ein erster Schritt, ein Einstieg, ist. Wir würden sehr gern weitergehen, das möchte ich ganz deutlich sagen. Wir dürfen dabei aber nicht nur - das ist heute morgen bereits mehrfach angesprochen worden - die Frage der finanziellen Möglichkeiten in staatlicher Hand sehen. Wir müssen auch die finanziellen Möglichkeiten derjenigen sehen, die wir fördern wollen;
Dr. Michael Meister
auch diese Menschen wollen wir nicht überfordern. Auch im Tarifbereich muß das Gesetz erst einmal umgesetzt werden; das hat der Kollege Vogt schon richtigerweise angesprochen. Begleitend dazu sind wir aufgefordert, die weiteren Schritte im gesetzgeberischen Bereich zu tun.
Ich möchte ein Zweites kritisch anmerken, und zwar zum Thema kommunale Spitzenverbände. Von denen ist richtig gesagt worden, daß wir besser einen durch zwölf teilbaren Betrag genommen hätten. Ich persönlich hätte mir gewünscht, daß wir die 800 DM auf 804 DM angehoben hätten, um diesem Verlangen nachkommen zu können. Das ist leider nicht der Fall, aber ich glaube, wir können das in Zukunft nachbessern.
Meine Damen und Herren, ich möchte Sie eindringlich auffordern: Stimmen Sie dieser Gesetzesvorlage nicht nur im Deutschen Bundestag zu, son-dem geben Sie auch grünes Licht im Bundesrat, damit wir tatsächlich den ersten Schritt in Richtung Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivkapital machen können. Dann würden Sie mit Ihrer Politik tatsächlich einen Beitrag für die Menschen in Deutschland leisten. Wir alle sind gewählt worden, um dies voranzubringen, und nicht, um uns gegenseitig zu blockieren.
Herzlichen Dank.