Rede von
Prof. Dr.
Norbert
Rieder
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach dem Trauerspiel,
Dr. Norbert Rieder
das uns in den letzten Monaten die Opposition mit ihrer Blockadehaltung bei der Weiterentwicklung und Verbesserung des Naturschutzes geliefert hat,
legen wir heute eine Miniaturnovelle zum Bundesnaturschutzgesetz vor, in der - diesmal in zustimmungsfreier Form - die drei wichtigsten Punkte enthalten sind, die derzeit für die Verbesserung des Naturschutzes überhaupt in der Diskussion sind.
Ich fange mit der Ausgleichsregelung an, der Regelung übrigens, bei der wir im Vermittlungsausschuß an der starren Haltung der SPD gescheitert sind, die eine weitere Diskussion nur zugestanden hätte, wenn wir diesen Punkt ersatzlos gestrichen hätten.
Wir halten diesen Punkt nun tatsächlich für den Kernpunkt jedes modernen Naturschutzes in einem dicht besiedelten Land wie der Bundesrepublik. Wir sind der Ansicht, daß der Naturschutz eine ungemein wichtige Angelegenheit ist und in ganz besonderem Maße dem Interesse der Allgemeinheit dient.
Wir wissen aber auch, daß es Verbesserungen im Naturschutz nur geben kann, wenn entsprechende Forderungen an die Nutzung und damit an die Nutzer von Grundstücken gestellt werden, Forderungen die zwangsläufig Einkommenseinbußen mit sich bringen. Das Maß dieser Einbußen ist nun abhängig von der Art dieser Auflagen.
Da Grund und Boden einer der wichtigsten, vor allen Dingen aber ein unersetzlicher Produktionsfaktor ist, zumindest für die Land- und Forstwirtschaft, und bekanntlich nicht verlagert werden kann, treffen solche Auflagen immer nur einzelne, die aber dafür in voller Härte. Wir sind der Ansicht, daß diese Auflagen, die im Interesse der Allgemeinheit erteilt werden und natürlich erfüllt werden müssen, von dieser Allgemeinheit getragen bzw. ausgeglichen werden müssen.
Wir betonen damit ganz bewußt das grundgesetzlich garantierte Recht auf Eigentum, sind allerdings der Ansicht, daß ein gewisses Maß an Auflagen im Rahmen der Sozialpflichtigkeit des Eigentums - übrigens auch ein Begriff aus dem Grundgesetz - erduldet werden muß. Die Grenze der Sozialpflichtigkeit setzen wir nun bei der sogenannten guten fachlichen Praxis an, - ein Begriff, von dem wir selbstverständlich wissen, daß er nicht bis in alle Einzelheiten definiert ist. Dennoch sind wir der Ansicht, daß wir mit diesem Begriff in Bälde ebenso gut gelernt haben werden umzugehen wie mit vielen anderen sogenannten unbestimmten Begriffen auch. Die meisten von uns haben ganz gut gelernt, mit solchen unbestimmten Begriffen wie „Liebe", „Freiheit", „soziale Marktwirtschaft" , „Stand der Technik" und vielen anderen umzugehen.
- Nein, das sind keine bestimmten Begriffe. Sie sind
genauso wenig inhaltlich ausgefüllt wie der Begriff
„gute fachliche Praxis". Genauso werden wir auch
lernen, mit dem Begriff der guten fachlichen Praxis umzugehen.
In vielen Bereichen liegen übrigens sowieso schon sehr gute Definitionen der guten fachlichen Praxis vor, auf die wir in diesem Gesetz hinweisen. Es ist deshalb völlig überflüssig, sie in das Gesetz noch ausdrücklich hineinzuschreiben.
Um Ihnen aber ein Beispiel zu geben, was der Maßstab „gute fachliche Praxis" in der Realität bedeutet, betrachten wir das nicht ganz hypothetische Beispiel einer Wiese.
Wenn in einem Schutzgebiet der Erhalt einer vorhandenen Wiese verordnet wird, gibt es keinen finanziellen Ausgleich; denn die Beibehaltung der bisherigen Nutzung ist nicht entschädigungspflichtig. Einen Ausgleich für einen entgangenen Planungsgewinn gibt es also nicht. Wird allerdings vorgeschrieben, daß ein Acker wieder in eine Wiese umgewandelt werden soll, gibt es zwei Möglichkeiten. Ist es guter ackerfähiger Boden, entspricht also die ackerbauliche Nutzung der guten fachlichen Praxis, dann muß eine Entschädigung gezahlt werden. Liegt dieser Acker hingegen in einem Gelände, das alle zwei Jahre überschwemmt wird, so daß die Ackerfrucht vernichtet wird, dann entspricht diese Ackernutzung eben nicht der guten fachlichen Praxis. Die Auflage, diesen Acker wieder in eine Wiese umzuwandeln, bedingt also keinen Entschädigungsanspruch.
Nun zum zweiten Punkt. Wir wollen das Instrument des Vertragsnaturschutzes stärken, also jene Form der Landschaftspflege, bei der mit Privatleuten - in der Regel den Grundstückseigentümern -, aber auch mit Verbänden oder juristischen und anderen Personen Pflegeverträge abgeschlossen werden. Für uns ist das ebenfalls ein ganz wichtiger Punkt. Denn nach allen Erfahrungen, die vorliegen, ist die volkswirtschaftlich beste und billigste Methode der Pflege von Gebieten eben dieser Vertragsnaturschutz.
Ein ganz besonders naives Gegenargument, das ich in den letzten Tagen öfters gehört habe, besagt nun, man solle statt dessen das Grundstück aufkaufen und in Staatsbesitz überführen. Wer so argumentiert, weiß wirklich nicht, wovon er redet. Denn auch ein staatliches Grundstück muß in der Folge bekanntlich gepflegt werden. Ich jedenfalls habe noch nie davon gehört, daß sich etwa eine Wiese selbst gemäht hätte, nur weil sie in Staatsbesitz war.
- Ja, das kommt wohl noch. Das werdet ihr auch noch zu verordnen versuchen.
Die Pflege von Gebieten in Staatsbesitz muß in der Regel durch den Staat selbst erfolgen. Und das ist bekanntlich die teuerste Form der Pflege überhaupt. Diese wird allerdings in einigen Bundesländern offensichtlich bevorzugt, nämlich in denen, deren Regierungen ein etwas gestörtes Verhältnis zum Privateigentum haben.
Dr. Norbert Rieder
Man könnte also sagen, daß hier wieder einmal der alte Gegensatz von Freiheit oder Sozialismus in etwas veränderter Form aufbricht.
Ich sage das in aller Deutlichkeit.
Der dritte Punkt, die Einführung der neuen Schutzgebietskategorie „Biosphärenreservat", ist politisch unumstritten. Fast alle wollen sie. Wir sehen die große Chance, beispielhaft zu zeigen, wie man in solchen Biosphärenreservaten die Natur einerseits und die Interessen der in diesen Gebieten lebenden Menschen andererseits zusammenführen kann. Auch dieses Instrument des Naturschutzes werden wir übrigens mit Leben erfüllen müssen, und wir werden lernen müssen, mit ihm umzugehen.
Ich bitte Sie, dieser Miniaturnovelle zuzustimmen. Wir haben derzeit keine Alternative dazu und werden sie in absehbarer Zeit auch nicht bekommen. Wir sind der Ansicht, daß diese drei Punkte, die ich eben vorgestellt habe, das Beste sind, was wir auf absehbare Zeit im Naturschutz überhaupt machen können, ganz gleich, wer etwas machen will.
Ich danke Ihnen und bitte um Ihre Zustimmung.