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    Plenarprotokoll 13/225 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 225. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. März 1998 Inhalt: Tagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktion der SPD: Erleichterung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit für Kinder ausländischer Eltern (Drucksache 13/9941) . 20625 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: a) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erleichterung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit durch Kinder ausländischer Eltern (Drucksachen 13/8157, 13/10030) 20625 A b) Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast, Hermann Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Erleichterung der Einbürgerung unter Hinnahme der doppelten Staatsangehörigkeit - zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Neuregelung des Staatsangehörigkeitsrechts - zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Gesetzesinitiative der Bundesregierung zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Christoph Zöpel, Freimut Duve, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Unterrichtung des Deutschen Bundestages über internationale Vereinbarungen mit besonderer Bedeutung für die Ausländer-, Asyl- und Menschenrechtspolitik - zu dem Antrag der Abgeordneten Cem Özdemir, Kerstin Müller (Köln) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mindestkriterien für eine Reform des Staatsangehörigkeitsrechts - zu dem Antrag der Abgeordneten Cem Özdemir, Kerstin Müller (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Klare Integrationssignale setzen: Für eine sofortige Reform des Staatsangehörigkeitsrechts (Drucksachen 13/259, 13/2833, 13/7505, 13/7923, 13/3657, 13/7677, 13/10030) 20625B Erwin Marschewski CDU/CSU 20626 A Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. . . 20627 B, 20631 A Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD 20627 D, 20641 B Dr. Willfried Penner SPD 20629 C Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20629D Jochen Feilcke CDU/CSU 20630 A Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. . . 20633 A Peter Conradi SPD 20634 A Ulla Jelpke PDS 20634 C Norbert Röttgen CDU/CSU . . 20635B, 20638 A Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . 20636A, C Otto Schily SPD 20637 B Gerhard Bökel, Staatsminister (Hessen) 20638 C Erwin Marschewski CDU/CSU . . . 20639 A Horst Eylmann CDU/CSU 20640 D Dr. Guido Westerwelle F.D.P. 20641 D Peter Conradi SPD 20642 C Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . . . 20643 A Wolfgang Zeitlmann CDU/CSU . . . 20643 B Manfred Kanther, Bundesminister BMI 20644 A Namentliche Abstimmung 20645 B Ergebnis 20646 A Zusatztagesordnungspunkt 11: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Zurückweisung des Einspruchs des Bundesrates gegen das Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (Drucksache 13/10178) 20648 D Namentliche Abstimmung 20649 A Ergebnis 20653 D Tagesordnungspunkt 14: Wirtschaftspolitische Debatte a) Abgabe einer Erklärung durch die Bundesregierung: Jahreswirtschaftsbericht 1998 der Bundesregierung „Den Aufschwung voranbringen - Arbeitsplätze schaffen" 20649 A b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahreswirtschaftsbericht 1998 „Den Aufschwung voranbringen - Arbeitsplätze schaffen" (Drucksache 13/10107) 20649 A c) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahreswirtschaftsbericht 1997 der Bundesregierung „Reformen der Beschäftigung" (Drucksachen 13/6963, 13/6800, 13/ 8227) 20649 B d) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Ernst Schwanhold, Anke Fuchs (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD zu der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Uwe Jens, Anke Fuchs (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Insolvenzen in der deutschen Wirtschaft (Drucksachen 13/1488, 13/2416, 13/7430, 13/ 8229) 20649 B e) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ökologisch gestalten, soziale Gerechtigkeit wahren und kommende Generationen entlasten (Drucksachen 13/4671, 13/7152) 20649 C f) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Christa Nickels, Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu der Großen Anfrage der Abgeordneten Christa Nickels, Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gemeinsames Wort der Kirchen „Zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in Deutschland" (Drucksachen 13/3864, 13/5482, 13/6966, 13/7414) 20649 C g) Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung der Finanzhilfen des Bundes und der Steuervergünstigungen gemäß § 12 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vom 8. Juni 1967 für die Jahre 1995 bis 1998 (Sechzehnter Subventionsbericht) (Drucksachen 13/8420, 13/8507 Nr. 1.22, 13/9108) . 20649 D h) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Bierstedt, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Konsequente Ausrichtung der staatlichen Instrumente zur Förderung der wirtschaftlichen Tätigkeit auf Beschäftigungswirksamkeit (Drucksachen 13/8091, 13/10181) 20649D Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 20650 A Ernst Schwanhold SPD . 20656B, 20661A, 20662 B Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU 20660 B Hans Michelbach CDU/CSU 20661 D Hans-Peter Repnik CDU/CSU 20662 D Joachim Poß SPD 20667 B Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20668 B Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . 20671A Paul K. Friedhoff F.D.P 20672 A Rolf Kutzmutz PDS 20674 C Dr. Peter Ramsauer CDU/CSU 20677 A Detlev von Larcher SPD 20680 C Dr. Hermann Otto Sohns F.D.P. . . . . . 20682 C Ulrich Petzold CDU/CSU 20683 D Frederick Schulze (Sangerhausen) CDU/CSU 20685 D Siegmar Mosdorf SPD 20686 A Sabine Kaspereit SPD 20686 D Gunnar Uldall CDU/CSU 20688 D Siegmar Mosdorf SPD 20690 C Gunnar Uldall CDU/CSU 20692 B Tagesordnungspunkt 15: Zweite Beratung und Beschlußempfehlung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 19. Juni 1997 auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union und von Artikel 41 Absatz 3 des Europol-Übereinkommens über die Vorrechte und Immunitäten für Europol, die Mitglieder der Organe, die stellvertretenden Direktoren und die Bediensteten von Europol (Europol-Immunitätenprotokollgesetz) (Drucksachen 13/9084, 13/9370, 13/10201) 20694 B Hartmut Schauerte CDU/CSU 20695 A Nächste Sitzung 20695 Berichtigung 20695 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 20697 *A Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zu den Protokollen vom 16. Dezember 1997 zum Nordatlantikvertrag über den Beitritt der Republik Polen, der Tschechischen Republik und der Republik Ungarn . . . 20697 * B Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Dieter Schloten (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zu den Protokollen vom 16. Dezember 1997 zum Nordatlantikvertrag über den Beitritt der Republik Polen, der Tschechischen Republik und der Republik Ungarn 20697 * C Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zum Zusatztagesordnungspunkt 9 (Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und F.D.P.: „Lage in Kambodscha" Dieter Schanz SPD 20697* C Anlage 5 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der deutschen Staatsangehörigkeit durch Kinder ausländischer Eltern (Tagesordnungspunkt 10) Editha Limbach CDU/CSU 20698*B Dr. Burkhard Hirsch F D P. 20698 * C Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P. 20699 * A Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Peter Altmaier, Franz Peter Basten, Rainer Eppelmann, Horst Eylmann, Ilse Falk, Ulf Fink, Dr. Heiner Geißler, Wilma Glücklich, Hermann Gröhe, Claus-Peter Grotz, Eckart von Klaeden, Andreas Krautscheid, Dr. Hermann Kues, Armin Laschet, Dr. Friedbert Pflüger, Ruprecht Polenz, Norbert Röttgen, Dr. Christian Schwarz-Schilling, Dr. Rita Süssmuth zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit durch Kinder ausländischer Eltern 20699 * B Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Hans-Dirk Bierling und Wolfgang Engelmann (beide CDU/CSU) zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: „Zurückweisung des Einspruchs des Bundesrates gegen das Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes " (Zusatztagesordnungspunkt 11) 20699D Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 15 (Europol-Immunitätenprotokollgesetz) Erwin Marschewski CDU/CSU 20700*B Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD 20701 *A Manfred Such BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20702C Dr. Max Stadler F D P. 20703 *A Ulla Jelpke PDS 20703 5 D Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär BMI 20704*A Anlage 9 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Europol-Immunitätengesetzes (Tagesordnungspunkt 15) Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. . . . . . . . 20704*D Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P. 20705*A Anlage 10 Amtliche Mitteilungen 20705 * C 225. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. März 1998 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 224. Sitzung, Seite 20 561 A, Redetext des Staatsministers Dr. Hans-Joachim Meyer (Sachsen): Der fünfte Absatz ist wie folgt zu lesen: Was die Schiffahrt mit zwei oder drei „f" anbetrifft, wäre es vielleicht ganz nützlich gewesen, Sie hätten das einem Abgeordneten Ihrer Fraktion rechtzeitig gesagt; denn der hat unter anderem den Sturm auf die Neuregelung der Rechtschreibung auf den Weg gebracht, weil er der Meinung war, jetzt dürfte er Schiffahrt nicht mehr mit drei ,,f" schreiben. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 27. 3. 98 * Dr. Babel, Gisela F.D.P. 27. 3. 98 Böttcher, Maritta PDS 27. 3. 98 Dempwolf, Gertrud CDU/CSU 27. 3. 98 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 27. 3. 98 Formanski, Norbert SPD 27. 3. 98 Kastning, Ernst SPD 27. 3. 98 Köhne Rolf PDS 27. 3. 98 Kunick, Konrad SPD 27. 3. 98 Kurzhals, Christine SPD 27. 3. 98 Marx, Dorle SPD 27. 3. 98 Rupprecht, Marlene SPD 27. 3. 98 Scharping, Rudolf SPD 27. 3. 98 Schenk, Christina PDS 27. 3. 98 Dr. Schuchardt, Erika CDU/CSU 27. 3. 98 Schumann, Ilse SPD 27. 3. 98 Tippach, Steffen PDS 27. 3. 98 Dr. Wegner, Konstanze SPD 27. 3. 98 Weißgerber, Gunter SPD 27. 3. 98 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 27. 3. 98 * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zu den Protokollen vom 16. Dezember 1997 zum Nordatlantikvertrag über den Beitritt der Republik Polen, der Tschechischen Republik und der Republik Ungarn (224. Sitzung, Seite 20459 A) In der Abstimmungsliste der namentlichen Abstimmung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zu den Protokollen vom 16. Dezember 1997 zum Nordatlantikvertrag über den Beitritt der Republik Polen, der Tschechischen Republik und der Republik Ungarn, Drucksache 13/9815 und 13/10063 (neu), erscheint mein Votum nicht. Ich erkläre, daß mein Votum „Ja" lautet. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Dieter Schloten (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zu den Protokollen vom 16. Dezember 1997 zum Nordatlantikvertrag über den Beitritt der Republik Polen, der Tschechischen Republik und der Republik Ungarn (224. Sitzung, Seite 20459 A) Im Protokoll der 224. Sitzung des Deutschen Bundestages am gestrigen Donnerstag ist mein Votum nicht in der Abstimmungsliste der namentlichen Abstimmung zu o. g. Gesetzentwurf enthalten. Ich erkläre hiermit, daß mein Votum „Ja" lautete. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zum Zusatztagesordnungspunkt 9 (Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P. „Lage in Kambodscha") in der 224. Sitzung, Seiten 20595 und 20619 Dieter Schanz (SPD): Ich begrüße es ausdrücklich, daß die von uns, der SPD-Fraktion, auf den Weg gebrachte Initiative zur Lage in Kambodscha nun interfraktionell eingebracht wird. Wenn in der Debatte von heute morgen beim Thema Osterweiterung der NATO von geschichtlicher Verantwortung und moralischer Qualität zu hören war, gilt dies auch für ein kleines Land in Südostasien, nämlich Kambodscha. Auch dieses Land ist uns nahe, denn mit uns gemeinsam hat es dort einen Genozid gegeben, der mindestens 2 Millionen Menschen das Leben gekostet hat. Polpot und seine Schergen haben bis heute unübersehbare Spuren hinterlassen. Auch weil wir vor diesem Hintergrund als Bundesrepublik Deutschland beinahe erstmalig international Verantwortung übernommen hatten - schließlich gehören wir zu den Signatarstaaten der Pariser Konferenz -, müssen wir uns weiterhin der Verantwortung vor den Wahlen am 26. Juli 1998 stellen. Es darf nicht umsonst gewesen sein, daß wir - wie allen bekannt - erstmalig mit deutschen Soldaten außerhalb der Bundesrepublik, wenn auch als Sanitätseinheit, für andere Menschen Verantwortung übernommen hatten und hilfsbereit einem kleinen Land die Hand gereicht hatten. In Erinnerung geblieben ist mir der Ausspruch der Menschen von Phnom Penh, „die deutschen Soldaten sind Engel in unserer Stadt" . Dieser Einsatz war auch Voraussetzung dafür, daß nach langen Jahren des Krieges und Bürgerkrieges 1993 Wahlen stattfanden, die frei und geheim waren und ein Ergebnis hatten, was nunmehr nicht mehr respektiert werden soll. Die Morde, zu verantworten vom zweiten Ministerpräsidenten Hun Sen und seiner CPP vor dem Staatsstreich am 2. Juli 1997, und die Morde an politischen Gegnern danach zwingen uns „Farbe zu bekennen". Dabei geht es nicht um den Prinzen Ranariddh, er ist nur das Symbol für eine Prinzipienfrage. Die Bundesrepublik Deutschland und die EU dürfen nicht durch Wahlfinanzierung und stillschweigendes Zuschauen einem Mörder, wie ich es vor kurzem in Phnom Penh gehört habe, die Gelegenheit geben, den Staatsstreich zu legitimieren. Von freien und fairen Wahlen kann nicht die Rede sein, wenn die Oppositionsparteien einschließlich der KNP - das heißt Khmer Nation Party - von Sam Rainsy und insbesondere die FUNCINPEC weder frei operieren können noch Zugang zu den Medien haben. Was die neugegründeten Parteien anbelangt, haben sie eh keine Chance, die Wahlen erfolgreich zu bestehen. Als ich vor nun genau 14 Tagen vor Ort war, habe ich von all meinen Gesprächspartnern, insbesondere aber von Peter Schier, Konrad-Adenauer-Stiftung, und Ms. Rosmary McCreery, Direktorin des kambodschanischen Büros des Hochkommissars für Menschenrechte der Vereinten Nationen in Kambodscha, gehört, daß die Wahlen zur Farce verkommen, wenn Ranariddh, der ehemalige Ministerpräsident Nr. 1 nicht zurück darf oder als Verurteilter geächtet bleibt. Weil der 2. Ministerpräsident Hun Sen dies weiß, hat er alles unternommen, um Ranariddh bei der Rückkehr zu behindern. Wenn nun überraschenderweise der König seinen Sohn amnestiert hat und zudem Hun Sen und Ung Huot dem König sogar garantieren müssen, daß die Sicherheit Ranariddhs gewährleistet ist, kann man von einer dramatischen und positiven Wende sprechen. Dieses ist auf die unerbittlich klare Haltung Japans, der Vereinigten Staaten, aber auch erstmalig der ASEAN- Staaten zurückzuführen. Letzere haben sich erstmalig in ihrer Geschichte durch direkte Einmischung dazu bekannt und Signale gesetzt. Ich begrüße dies als Mitglied der ASEAN-Parlamentariergruppe ausdrücklich. Weniger deutlich war die Position der EU und auch der Bundesrepublik Deutschland. Hier gilt es nachzuarbeiten. Ich fordere die Bundesregierung auf, mit dem Versteckspiel aufzuhören. Es geht nicht an, daß wir Europäer mit 12 Millionen Dollar die „Wahlen" finanzieren sollen, die ausschließlich einen Sieger haben können, nämlich den, der für den jetzigen Zustand verantwortlich ist und Nutzen daraus ziehen will. Ich bin schon sehr dankbar und auch etwas stolz, daß wir als Parlament hier und heute deutlich gemacht haben, daß wir nicht hinnehmen, daß so in einem Land verfahren werden darf, in dem wir auch Verantwortung tragen. Anlage 5 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit durch Kinder ausländischer Eltern (Tagesordnungspunkt 10) Editha Limbach (CDU/CSU)): Ich werde in der heutigen Abstimmung zum Staatsangehörigkeitsrecht mit Nein stimmen, obwohl ich die Auffassung vertrete, daß in Deutschland geborene Kinder von dauerhaft und rechtmäßig hier lebenden Ausländern die deutsche Staatsangehörigkeit mit der Geburt erwerben und sich erst nach Erreichen der Volljährigkeit zwischen der deutschen und der Staatsangehörigkeit der Eltern entscheiden sollten. Ich stimme heute dennoch nicht zu, weil die Opposition diese Abstimmung zu einem Votum über die Mehrheitsfähigkeit von Koalition und der von dieser getragenen Regierung im Deutschen Bundestag machen will. Solch einem parteipolitischen und wahlkampfbestimmten Spielchen gebe ich meine Stimme nicht, zumal die Instrumentalisierung dieser wichtigen Sachfrage zu ganz anderen Zwecken dem Anliegen nicht gerecht wird und ihm schadet. Dr. Burkhard Hirsch (F.D.P.): Die heutige Behandlung und Entscheidung der vorliegenden Anträge zur Ausländerpolitik und zum Staatsangehörigkeitsrecht ist in Opposition und Koalition überwiegend motiviert von taktischen Überlegungen und der Hoffnung, jeweils der anderen politischen Seite eine „Schlappe" zufügen zu können. Das eigentliche politische Problem wird zum Mittel einer taktischen Auseinandersetzung um politische Vorteile und mit dem Ziel einer überflüssigen „koalitionspolitischen" Demonstration. Ich bin nicht bereit, das mitzumachen, weil es um das Schicksal von vielen hunderttausend Menschen geht. Die Integration der in Deutschland lebenden über 7 Millionen Ausländer stagniert. Sie wird zunehmend durch die schwierige Lage am Arbeitsmarkt belastet. Um so berechtigter und dringender werden die Fragen der in Deutschland geborenen und hier aufgewachsenen Kinder nach ihren eigenen Zukunftsaussichten und danach, von welchen unveränderbaren Gegebenheiten sie für ihre eigene Lebensplanung ausgehen können. Sie wachsen in unserer Gesellschaft auf und sind ein bleibender Teil dieser Gesellschaft. Die F.D.P. fordert deshalb seit langem als Partei und im Bundestag als Fraktion, den in Deutschland geborenen Kindern ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit bis zu einer Option nach Erlangung der Volljährigkeit zu geben, wenn schon ein Elternteil in Deutschland geboren wurde und die Eltern hier ein festes Aufenthaltsrecht haben. Eine solche Lösung liegt auch im ureigensten Interesse unseres Volkes. Ohne eigene Integrationsbemühungen werden wir immer schneller wachsenden, immer größeren und immer schwerer zu lösenden Problemen gegenüberstehen. Die Hinnahme der Mehrstaatigkeit in diesen Fällen entspricht dem Staatsangehörigkeitsrecht fast aller anderen westeuropäischen Staaten. Sie entspricht auch dem Europäischen Abkommen über die Vermeidung von Mehrstaatigkeit. Sie ist eine konsequente Folge der Tatsache, daß vor Jahren mit Zustimmung aller Fraktionen des Hauses ausländische Arbeitskräfte für die Bundesrepublik angeworben wurden. Es hat sich herausgestellt, daß die in der Koalitionsvereinbarung verabredete „ Kinderstaatszugehörigkeit " nicht in vernünftiger Weise verwirklicht werden kann. In dieser Koalitionsvereinbarung ist die gemein- same Zielsetzung vereinbart worden, daß diese Kinder in jeder Beziehung rechtlich wie deutsche Staatsangehörige behandelt werden sollen und daß ihnen eine abschließende Option nach Erreichung der Volljährigkeit ermöglicht und abverlangt werden soll. Wenn man diese Vereinbarung verwirklichen will, dann entspricht es dem Sinn und dem Geist der Koalitionsvereinbarung, eine zeitlich befristete Mehrstaatigkeit im Sinne der Optionslösung einzuführen. Ich möchte eine weitere Verschleppung dieser notwendigen Lösung politisch nicht verantworten, sondern mit meiner Stimmabgabe dazu beitragen, daß das verwirklicht wird, was die Koalitionspartner inhaltlich verabredet hatten. Daher stimme ich für eine Optionslösung, wenn sie beantragt wird, und werde mich, wenn dafür keine Mehrheit zustande kommt, im übrigen der Stimme enthalten. Sabine Leutheusse-Schnarrenberger (F.D.P.): Als wesentliches Element zur besseren Integration der in Deutschland lebenden Menschen ausländischer Herkunft ist eine umfassende Reform des am „Blutsrecht" orientierten deutschen Staatsangehörigkeitsrechts von 1913 überfällig. Da der zu Abstimmung stehende Gesetzentwurf des Bundesrats den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit mit Geburt vorsieht und damit im wesentlichen den Vorstellungen der F.D.P. entspricht, werde ich den Gesetzentwurf nicht ablehnen, sondern mich der Stimme enthalten. Mit meinem Abstimmungsverhalten will ich zum Ausdruck bringen, daß ich nicht bereit bin, mich auf ein bloßes Instrument parteitaktischer Erwägungen reduzieren zu lassen. Wie schon bei der Änderung des Grundgesetzes zur Einführung des großen Lauschangriffs das opportunistische Taktieren von SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Vermittlungsausschuß deutlich gemacht hat, geht es auch hier der Opposition nicht vorrangig um die Sache, sondern um parteitaktische Vorteile. Ich bin aber auch nicht bereit, mich dem gleichermaßen nur parteitaktisch motivierten Ritual der Unterwürfigkeit unter eine in ihrer Mehrheit offensichtlich reformunfähige CDU/CSU zu beugen. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Peter Altmaier, Franz Peter Basten, Rainer Eppelmann, Horst Eylmann, Ilse Falk, Ulf Fink, Dr. Heiner Geißler, Wilma Glücklich, Hermann Gröhe, Claus-Peter Grotz, Eckart von Klaeden, Andreas Krautscheid, Dr. Hermann Kues, Armin Laschet, Dr. Friedbert Pflüger, Ruprecht Polenz, Norbert Röttgen, Dr. Christian Schwarz-Schilling, Dr. Rita Süssmuth zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit durch Kinder ausländischer Eltern Wir sind der Auffassung, daß der Geburtserwerb der deutschen Staatsangehörigkeit für die Kinder von dauerhaft und rechtmäßig in Deutschland lebenden Ausländern der beste Weg für ihre Integration und damit für die langfristige Sicherung des sozialen Friedens ist. Erst nach Erreichen der Volljährigkeit müssen sie sich nach unserer Vorstellung zwischen der deutschen Staatsangehörigkeit und der Staatsangehörigkeit ihrer Eltern entscheiden. Zu diesem Konzept sehen wir keine vernünftige Alternative. Bei der heutigen Abstimmung geht es in Wirklichkeit aber nicht mehr um das Anliegen der Integration und damit nicht um eine Abstimmung in der Sache Wir bedauern, daß die Abstimmung statt dessen zu einem Votum über die Mehrheitsfähigkeit der Koalition gemacht wird. Das wichtige Thema der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts wird dadurch für parteiund machtpolitische Zwecke instrumentalisiert. Wir wollen angesichts dieser Situation nicht an einer parlamentarischen Niederlage der Koalition aus CDU/ CSU und F.D.P. mitwirken. Deshalb lehnen wir die Initiativen der Opposition ab. Schließlich ist der Zeitpunkt der heutigen Abstimmung - im beginnenden Bundestagswahlkampf - falsch und der Sache abträglich. Es schadet dem Anliegen der Integration und den demokratischen Parteien, die Ausländerpolitik zum Gegenstand einer polarisierenden Wahlkampfauseinandersetzung zu machen. Dafür wollen wir nicht die Verantwortung tragen. Wir hoffen, daß es in der nächsten Legislaturperiode zu der von uns vorgeschlagenen Lösung kommt und diese von einem breiten demokratischen Konsens getragen wird. Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Hans-Dirk Bierling und Wolfgang Engelmann (beide CDU/CSU) zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. „Zurückweisung des Einspruchs des Bundesrates gegen das Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes" (Zusatztagesordnungspunkt 11) Wir sind gegen das Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes hinsichtlich seiner Neuregelungen zur Promille-Grenze bei Teilnahme am Straßenverkehr. Nach unserer Auffassung genügt die nur geringfügig strafbewehrte Absenkung der PromilleGrenze von derzeit 0,8 auf 0,5 Promille nicht den Anforderungen für die dringend nötige Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr. Täglich werden erhebliche Überschreitungen der derzeit gültigen Promille-Grenze gemeldet, in viel zu vielen Fällen mit Unfallfolgen schrecklichen Ausmaßes, zu oft werden Unschuldige das Opfer der Zügellosigkeit beim Alkoholgenuß von Verkehrsteilnehmern. Allein am letzten Wochenende wurden aus Sachsen-Anhalt neun Jugendliche bei Verkehrsunfällen getötet. Wir wären daher für ein konsequentes Alkoholverbot für Straßenverkehrsteilnehmer, also eine PromilleGrenze Null! Leider ist dafür auch im Deutschen Bundestag keine Mehrheit zu mobilisieren. Ich frage: Wie viele Tote müssen nach unmäßigem Alkoholgenuß im Straßenverkehr noch gemeldet werden, wie viele unschuldige Opfer wollen wir noch hinnehmen, wieviele Jugendliche müssen noch in der vor der Blüte ihres Lebens sterben, bis wir Alkohol im Straßenverkehr ebenso konsequent verbieten wie Drogen?! Wir wissen wohl, daß eine Null-Promille-Grenze die Zügellosigkeit nicht total beseitigen kann, daß es auch in der früheren DDR mit ihrer Null-Promille.Grenze Übertretungen des Alkoholverbotes und alkoholbedingte schwerste Verkehrsunfälle gab. Aber: Eine Null-Promille-Grenze senkt die Hemmschwelle, jeder Verkehrsteilnehmer weiß um die Deutlichkeit dieser Grenze, die „Na, dieses eine Glas mehr wird schon noch verkraftet" -Mentalität wird reduziert. Übrigens: In der DDR-Zeit fühlten wir uns durch so manches Gesetz und manche Repression unterdrückt! - Die Null-Promille-Grenze zählten wir nicht dazu! Da wir aber wissen, daß für eine Null-PromilleGrenze eine Mehrheit bisher nicht zu finden ist, werden wir den Einspruch des Bundesrates zur 0,5-Promille-Grenze ablehnen, um wenigstens diesen kleinen Schritt in die richtige Richtung zu ermöglichen. Wie oft in der Politik, ist auch auf diesem Feld das Wünschenswerte nicht auch das Machbare, deshalb besser eine schwache 0,5-Grenze als weiter 0,8. - Deshalb lehnen wir den Bundesrats-Einspruch ab. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden Zu Tagesordnungspunkt 15 (Europol-Immunitätenprotokollgesetz) Erwin Marschewski (CDU/CSU): Wir leben jetzt in der Gemeinschaft der Europäer, der Europäischen Union. Wir können durch Frankreich und Spanien nach Portugal fahren. Wir werden an keiner Grenze kontrolliert. Das ist gut so. Das wollen wir. Leider aber profitieren von den offenen Grenzen in Europa auch Kriminelle, namentlich die organisiert Kriminellen. Es profitiert: die grenzüberschreitende, internationale, gewerbsmäßige Kriminalität von Banden: Rauschgift, Nuklearmaterial, Frauenhandel. Kriminalität macht erfahrungsgemäß an Staatsgrenzen nicht halt. Deshalb müssen wir gegensteuern. Denn wir wollen ein „Europa der Bürger" , ein Europa, in dem sich der Bürger frei bewegen kann, aber auch sicher leben kann. Jedermann weiß: Nationale Lösungsansätze zur Bekämpfung internationaler Kriminalität sind naturgemäß nicht ausreichend. Geboten ist: internationale Zusammenarbeit. Deshalb brauchen wir Europol. Europol ist neben der Zusammenarbeit im Rahmen von Schengen der wichtigste Baustein der inneren Sicherheit in Europa. Es ist die polizeiliche Zentralstelle in Europa für den Informationsaustausch. Es betreibt Verbrechensanalyse. Es unterstützt die nationalen Polizeibehörden in ihrer Arbeit. Daher gilt, nach Ratifizierung der Europol-Konvention und nach Annahme des Auslegungsprotokolls die letzte gesetzliche Grundlage für die Arbeitsaufnahme von Europol zu verabschieden. Und das ist die Immunitätenregelung. Sie muß vor Arbeitsaufnahme von Europol zwingend geschaffen sein; sie ist bereits in der vom Bundestag ratifizierten Europol-Konvention vorgesehen. Unsere europäischen Partner verlangen sie. Namentlich auch die für ihre Liberalität gerühmten Partnerländer Schweden und die Niederlande haben dem Immunitätenprotokoll bereits zugestimmt. Angesichts dessen haben wir keine Alternative. Wir müssen dem Protokoll zustimmen. Alles andere wäre schließlich widersprüchlich: Wenn auch die Immunitätenregelung eine Forderung unserer europäischen Partner darstellt, die Einrichtung von Europol beruht auf deutscher Initiative. Wenn wir auch gern mehr gehabt hätten - ein europäisches FBI -, wollen wir doch keine Regelungen, die sachwidrig und verfassungswidrig sind. Aber das Europol-Immunitätenprotokoll verstößt nicht gegen unsere Verfassung. Es ist auch - zumindest zur Zeit - nicht sachwidrig. Die Anhörung zum Immunitätenprotokoll im Innenausschuß hat eine seltene Klarheit gebracht. Nicht ein Sachverständiger hat durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Protokoll selbst vorgetragen. Der Europol-Koordinator Jürgen Storbeck hat die Notwendigkeit der Regelung deutlich gemacht: Solange in Europa kein einheitliches Straf- und Strafprozeßrecht besteht, muß der Europol-Mitarbeiter vor Verfolgung geschützt sein. Außerdem: Europol besitzt keine exekutiven Befugnisse, und Europol beschränkt sich auf die Informationsverarbeitung. Darüber hinaus wird Immunität nur mit bedeutenden Einschränkungen gewährt, gilt sie nicht für die Erweiterung von Europol-Befugnissen und auch nicht bei Verletzung von Verschwiegenheits- und Geheimhaltungspflichten. Damit zeigt sich, daß Immunität nur mit den gebotenen Einschränkungen gewährt wird: im praktisch bedeutsamen Anwendungsfall der Verletzung von Geheimhaltungspflichten. Es gibt die Möglichkeit auch der strafrechtlichen Verfolgung von Europol-Bediensteten. Dennoch seien kritische Anmerkungen gestattet. Erstens. Ist eine herkömmliche Immunitätenregelung angesichts der fortgeschrittenen Integration Europas noch zeitgemäß? Zweitens. Wiegen die Gründe für Immunitätsregelungen, wie sie in der Vergangenheit bei supranationalen Organisationen geschaffen wurden, noch wie früher? Sicher nicht! Um so mehr war es richtig, daß es auf deutsche Initiative zu den darge- stellten Einschränkungen bei der Immunitätenregelung gekommen ist. Nach alledem: Fragen um die Immunitätenregelung dürfen nicht dazu mißbraucht werden. Die Arbeitsaufnahme von Europol in Frage zu stellen. Das nützte nicht den Bürgern, sondern nur den Gangstern. Denn wir wollen ein Europa ohne Grenzen. Wir brauchen dann aber auch eine Polizei, die nicht an den nationalen Grenzen haltmachen muß. Geboten ist internationaler Datenaustausch. Geboten ist die gemeinsame europäische Analyse der Bedrohungslage. Diese Arbeit wird Europol verrichten. Deshalb brauchen wir das Europol-Immunitätenprotokoll. Denn wir müssen bei der Bekämpfung schwerster Formen der Kriminalität alle Mittel einsetzen, die der Rechtsstaat uns bietet, besser: gebietet. Europol muß schnellstens mit der Arbeit beginnen. Daher stimmt die CDU/CSU dem Immunitätenprotokoll zu. Dr. Jürgen Meyer (Ulm) (SPD): Die SPD-Bundestagsfraktion engagiert sich seit vielen Jahren für Europol. Sie hat in dieser Woche im Rahmen der Ausschußberatungen einer Reihe von Bestimmungen zugestimmt, die von der Kommission der Europäischen Union erarbeitet worden sind und die künftige Arbeit von Europol regeln sollen. Dabei handelt es sich beispielsweise um Bestimmungen über die externen Beziehungen von Europol zu EU- Stellen oder um Regelungen über die Entgegennahme der von Drittstaaten und Drittstellen gelieferten Informationen durch Europol. Wir haben durch unser Abstimmungsverhalten deutlich gemacht, daß wir Europol nach wie vor für notwendig erachten, nicht zuletzt deshalb, weil die grenzüberschreitend operierende Organisierte Kriminalität nur durch eine grenzüberschreitende Vernetzung polizeilicher Erkenntnisse und eine Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit wirkungsvoll bekämpft werden kann. Eine ganz andere Frage ist es aber, ob Europol-Beamte die ihnen im Immunitätenprotokoll zugesicherte „Immunität von jeglicher Gerichtsbarkeit hinsichtlich der von ihnen in Ausübung ihres Amtes vorgenommenen mündlichen und schriftlichen Äußerungen sowie Handlungen" erhalten sollten, und das auch noch nach Beendigung ihrer Tätigkeit. Bei der ersten Lesung des Protokolls am 27. November 1997 hat mein Kollege Hans-Peter Kemper zutreffend ausgeführt: „Polizeibeamte sollten keine Immunität genießen. Polizeiliches Handeln muß überprüfbar und transparent sein. Immunität, und sei sie auch noch so eingeschränkt, schürt Mißtrauen in polizeiliche Maßnahmen und schadet so auch den handelnden Polizeibeamten und der Institution Europol. " Deshalb haben wir die Bundesregierung mehrfach und frühzeitig aufgefordert, sich um Nachverhandlungen des Protokolls zu bemühen. Trotz entsprechender Aufforderungen des federführenden Ausschusses blieb Innenminister Kanther untätig, angeblich wegen fehlender Erfolgschancen. Untätigkeit wird zum Merkmal der Bundesregierung. In diesem Fall kommt eine Mißachtung des Parlaments hinzu. Am 20. Januar 1998 hat der federführende Innenausschuß eine Sachverständigenanhörung durchgeführt. Der rechtsstaatsfeindlicher Umtriebe schwerlich zu verdächtigende Generalbundesanwalt Kay Nehm hat in dem von ihm vorgetragenen Gutachten zutreffend festgestellt: „In einem zusammenwachsenden Europa bedeutet strafrechtliche Immunität für eine Exekutivbehörde, auf der Ebene polizeilicher Tagesarbeit, einen Anachronismus. Deren vielfältige Begründung überzeugt mich wenig. Die Gefährdung der Funktionsfähigkeit z. B. müßte auch für nationale Strafverfolgungsbehörden in gleicher Weise gelten. Tatsächlich war aber z. B. die Bundesanwaltschaft nie der Gefahr ausgesetzt, durch Strafanzeigen in ihrer Arbeit behindert zu werden. " Der bislang ebenfalls nicht als Revolutionär in Erscheinung getretene Direktor des Heidelberger MaxPlanck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Herr Professor Frowein, hat in dem von ihm vorgelegten schriftlichen Gutachten den unzureichenden Rechtsschutz gegen eventuelle Rechtsverstöße von Europol-Bediensteten als gravierendes Problem herausgearbeitet. Zusammenfassend hat er festgestellt: „Es ist bereits zweifelhaft, ob das Rechtsschutzsystem angesichts der Bedenken hinsichtlich der Gemeinsamen Kontrollinstanz und der eingeschränkten Effektivität der Durchsetzung des Auskunftsanspruchs die grundsätzlichen Anforderungen der Europäischen Menschenrechtskonvention an den Ersatzrechtsschutz durch zwischenstaatliche Organisation erfüllt. " Trotz dieser und anderer Bedenken haben uns alle Sachverständigen mit nur einer Ausnahme nahegelegt, die Immunitätenregelung vorübergehend hinzunehmen, um die nach Artikel 45 Absatz 4 des Europol-Übereinkommens festgelegte Voraussetzung für die Tätigkeitsaufnahme des Amtes herbeizuführen. Das bedeutet aber auch, daß die Kritik an der Immunitätenregelung keineswegs als erledigt betrachtet werden kann. Die SPD-Bundestagsfraktion hat ihre Auffassung in dem vorgelegten Entschließungsantrag noch einmal ausführlich begründet. Ich beziehe mich darauf und stelle fest, daß wir in einem Punkt durchaus mit dem von der Mehrheitskoalition vorgelegten Entschließungsantrag übereinstimmen. Ich meine die Aufforderung an die Bundesregierung, die Frage der Gewährung von Immunitäten nicht nur bei Europol, sondern auch bei anderen europäischen Einrichtungen zu überprüfen und Immunität nur noch zu gewähren, soweit dies angesichts der fortschreitenden Integration der Mitgliedstaaten in der Europäischen Union zwingend erforderlich ist. Diese Forderung ist um so berechtigter, als die Immunität auch in anderen Bereichen der Europäischen Union inzwischen kritisiert wird. Ich will an dieser Stelle nur auf die Zeitungsberichte verweisen, wonach die von uns gemeinsam für notwendig gehaltene Bekämpfung von Subventionsbetrügereien anscheinend dadurch wesentlich erschwert wird, daß an diesen Straftaten möglicherweise beteiligte EU-Bedienstete Immunität genießen. Was nützt es eigentlich, daß wir der Kommission in Brüssel eine eigene Ermitt- lungskompetenz zum Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft und damit letztlich der Interessen der Steuerzahler in allen Mitgliedsländern zugestanden haben, wenn die notwendigen Ermittlungen durch Immunitätsregelung erschwert werden. Dabei macht es gar keinen Unterschied, ob der Schaden durch rechtswidrig gewährte und erlangte Subventionen und vergleichbare Straftaten in jedem Jahr zwei Milliarden oder sogar, wie gelegentlich behauptet wird, mehr als zehn Milliarden Ecu beträgt. Die Aufklärung und Bekämpfung derartiger Straftaten darf durch Immunitätsregelungen nicht behindert oder auch nur verzögert werden. Was die Immunität für Polizeibeamte angeht, ist es schwer verständlich, daß dieselben Beamten, die für die Beachtung und Durchsetzung der in Europa geltenden Strafgesetze zuständig sein sollen, selbst über diesen Gesetzen stehen sollen, wenn auch mit gewissen Ausnahmen. Nach unserem Verständnis ist auch die Polizei, wie es in Artikel 20 Absatz 3 unseres Grundgesetzes vorgeschrieben ist, an Recht und Gesetz gebunden. Zwischen dem Entschließungsantrag der Regierungskoalition und dem von uns vorgelegten Entschließungsantrag gibt es einen wesentlichen Unterschied, der sich auch in unserem Abstimmungsverhalten ausdrücken wird. Die Koalition begnügt sich mit der Forderung, daß künftige Änderungen des Protokolls keineswegs dazu führen dürfen, daß Europol-Bedienstete in Zukunft bei exekutiven, den Eingriffsbefugnissen der nationalen Behörden der Mitgliedstaaten vergleichbaren Handlungen strafgerichtlich Immunität in Anspruch nehmen. Die SPD-Bundestagsfraktion fordert darüber hinaus, daß es Ziel künftiger Verhandlungen sein muß, auch die bisherigen Regelungen zurückzuführen. Wir halten es für eine Illusion, die Erstrekkung einer einmal eingeführten Immunitätsregelung auf künftige operative Befugnisse verhindern zu können, wenn die Kritik an der jetzt vorgesehenen Regelung nicht ernst genommen oder nur halbherzig vorgetragen wird. Nach unserer Auffassung muß es Ziel der Revisionsbemühungen sein, künftig keinen Unterschied zwischen den nationalen Polizeien und Europol zu machen, soweit es um die Rechtsstellung der Bediensteten geht. Wir halten eine Revision auch deswegen für unverzichtbar, weil zum einen dem von polizeilichen Maßnahmen betroffenen Bürger die unmittelbare Anrufung des Europäischen Gerichtshofs versperrt bleibt. Zum anderen fehlt auch eine parlamentarische Kontrolle auf europäischer Ebene. Das Europäische Parlament kann zwar zu Vorgängen im Zusammenhang mit Europol Position beziehen. Mitentscheidungsrechte hat es aber nicht. Wir wollen, daß dies geändert wird. Deshalb werden wir dem Immunitätenprotokoll nicht zustimmen. Andererseits wollen wir die Tätigkeitsaufnahme von Europol nicht verhindern. Deshalb können wir unsere Kritik am Immunitätenprotokoll nur durch Stimmenthaltung zum Ausdruck bringen. Wir wollen so, trotz unserer grundsätzlichen Unterstützung des Projekts Europol, die Ernsthaftigkeit unserer Kritik an der Immmunitätenregelung unterstreichen. Manfred Such (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vor fünf Monaten hat die Mehrheit dieses Hauses mit der Ratifizierung der Europol-Konvention grünes Licht für ein europäisches Kriminalamt gegeben. Unberücksichtigt blieb dabei die breite Kritik von Wissenschaft und Praxis an dem Übereinkommen. Die geplante Polizeibehörde untersteht ausdrücklich „keinerlei Weisung", steht nicht unter üblicher Sachherrschaft der Staatsanwaltschaft und ist nicht in reguläre EU-Strukturen eingebunden. Gleichwohl will die Koalition diesem Amt und seinen Bediensteten nun auch noch „Immunität von jeglicher Gerichtsbarkeit" zuerkennen. „Kritiklos und blindlings" - Hirsch - wurden für Europol Vorrechte übernommen, wie sie für Diplomaten und Bedienstete internationaler Organisationen gelten. Anders aber als für Diplomaten müssen Regelungen für hoheitlich handelnde Polizisten den aktuellen nationalen Standards angepaßt sein. Es gibt in den europäischen Demokratien keine von strafrechtlicher Verantwortung freigestellte Polizei. Das muß Standard auch für Europol sein. Wie wollen Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, einem Bürger erklären, daß er Rechtsschutz zwar gegen eine Straftat nationaler Polizeibeamte erlangen kann, nicht aber gegen das gleiche Delikt eines Europolizisten? Die kritische Debatte im schwedischen Reichstag und in anderen Staaten über die Immunität widerlegt die Behauptung der Bundesregierung, bei den Bedenken gegen die Immunität handele es sich um eine singuläre deutsche Aufgeregtheit. Die Bundesregierung versucht mit der Behauptung zu beschwichtigen, wenn Europol in fünf Jahren exekutive Befugnisse erhalte, werde auch die Immunität eingeschränkt. Mit derlei Schönfärberei soll den Menschen offenbar Sand in die Augen gestreut werden. Denn: Erstens handelt es sich bei der geplanten Verarbeitung sensibler Daten, etwa über politische oder sexuelle Präferenzen, auch gänzlich unverdächtiger Menschen, weder um harmlose noch um nur operative Befugnisse. Vielmehr übt Europol von Anfang an damit sogar exekutive Grundrechtseingriffe aus. Folglich müßte die Bundesregierung, wenn sie ihre eigene Formel „Je mehr Befugnisse - desto weniger Immunität" ernstnähme, wie meine Fraktion bereits heute gegen die umfassende Immunität stimmen. Zweitens könnten laut dem designierten EuropolLeiter Storbeck insbesondere amtliche Datenübermittlungen an unbefugte Personen straflos bleiben. Ja, dies sei sogar entscheidender Zweck der Immunität. Das ist um so mehr Anlaß, die Immunität heute nicht, wie vorgeschlagen, zu billigen. Drittens. Auch nach der Übertragung operativer Befugnisse binnen fünf Jahren wird die Immunität nicht etwa automatisch reduziert, sondern soll lediglich „überprüft" werden. Das Ergebnis dieser Überprüfung ist allerdings völlig offen. Selbst wenn am Ende dieses absehbar kurzen Zeitraums die Vorrechte verringert werden sollten, spräche erst recht nichts dafür, diese Privilegien heute in viel weiterem Umfang zuzubilligen. Einmal erteilte Befreiungen später wieder zu reduzieren, ist ungleich schwerer, als sie gar nicht erst einzuräumen. Zur Warnung mag dienen, daß Herr Storbeck heute schon über eine Erstreckung der Immunität auf nationale Polizeien laut nachdenkt. Bündnis 90/Die Grünen werden heute gegen die vorgeschlagene Immunität und auch gegen die begleitenden Entschließungen stimmen. Das Problem wird nämlich nur in die Zukunft verschoben. Heute müssen die notwendigen Nachverhandlungen mit den EU-Staaten fortgesetzt werden. Wer behauptet, hierfür sei keine Zeit, weil Europol zum 1. Juli aktiv werden müsse, sei daran erinnert, daß die Behörde unter anderem Namen ohnehin bereits seit drei Jahren tätig ist, dies auch während einer Prüfung der Immunität bliebe und sogar auch noch laufend expandiert. Wer durch Immunität rechtsfreien Raum schafft, fügt der notwendigen Akzeptanz für Bürgerinnen und Bürger schweren Schaden zu. Darum können wir einer Immunität für Polizeibeamte nicht zustimmen. Dr. Max Stadler (F.D.P.): Wir wollen Europol, damit die internationale grenzüberschreitende Kriminalität besser bekämpft werden kann. Wir wollen, daß Europol alsbald seine Tätigkeit aufgrund des Europol-Übereinkommens aufnehmen kann. Dies ist nur möglich, wenn auch das Immunitätenprotokoll von allen Vertragspartnern gebilligt wird. Deshalb sieht sich die F.D.P.-Bundestagsfraktion verpflichtet, dem Europol-Immunitätenprotokollgesetz zuzustimmen. Dies bedeutet nicht, daß wir uns mit dem Inhalt dieses Gesetzes vollständig identifizieren. Im Gegenteil: Immunitäten sind ein traditioneller Bestandteil des Schutzes von internationalen Organisationen vor Eingriffen durch einzelne fremde Staaten. An diesem Vorbild hat man sich bei der Europol-Immunitätenregelung orientiert. Je weiter der Integrationsprozeß der Europäischen Union voranschreitet, um so weniger ist aber eine solche Immunitätenregelung, die ja gewissermaßen Schutz vor den eigenen Mitgliedstaaten der Konvention bieten soll, gerechtfertigt. Zudem ist die Gewährung von strafrechtlicher Immunität für Polizeibeamte der deutschen Rechtstradition völlig fremd. Niemand käme auf die Idee, bayerischen Polizeibeamten Immunität gegenüber den Strafverfolgungsorganen des Bundes einzuräumen. Niemand käme auf die Idee, Polizeikräften des Bundes strafgerichtliche Immunität zuzubilligen. Unserer Rechtstradition entspricht es vielmehr, daß auch Polizeibeamte ganz selbstverständlich für etwaige im Dienst begangene Straftaten ohne weiteres verfolgt werden können. Dieselbe Rechtslage ist für die europäische Ebene anzustreben. Deswegen war es der Wunsch fast aller Redner, die in erster Lesung in diesem Gesetz gesprochen haben, daß die Bundesregierung die Streichung der strafrechtlichen Immunität zum Gegenstand von Nachverhandlungen mit den Partnerstaaten machen sollte. Dies ist nicht geschehen. Die Bundesregierung hat auf die Aussichtslosigkeit von Nachverhandlungen verwiesen, da in den Partnerstaaten die Immunitätenproblematik anders gesehen wird als bei uns. Dies mag richtig sein. Gleichwohl wäre uns die ZuStimmung zum Immunitätenprotokollgesetz leichter gefallen, wenn die Bundesregierung den in erster Lesung von vielen Rednern geäußerten Wunsch auf Nachverhandlungen respektiert hätte. Somit bleibt nur ein einziges Argument, das es uns ermöglicht, heute doch zuzustimmen. Der Bundesinnenminister hat mit Schreiben vom 13. Februar 1998 ausdrücklich zugesichert, daß die Bundesregierung bei Übertragung exekutiver Befugnisse einer neuen Europol-Immunitätenregelung nicht mehr zustimmen wird. Ohne diese Zustimmung kann es aber wegen der erforderlichen Einstimmigkeit keine neue Immunitätenregelung geben. Die jetzige Regelung betrifft nur die Tätigkeit von Europol aufgrund der bisher eingeräumten Befugnisse. Diese Befugnisse sind noch so eingeschränkt, daß eine große praktische Relevanz der Immunitätenregelung nicht zu erwarten ist. Wir können daher trotz unserer Bedenken für die Übergangszeit mit der derzeitigen Lösung auskommen. Entscheidend bleibt für uns, daß die Bundesregierung in aller Klarheit wissen muß: Wir vertrauen auf die Aussage des Bundesinnenministers, daß bei Übertragung exekutiver Befugnisse keine strafrechtliche Immunitätenregelung die Zustimmung Deutschlands finden wird. Aus der heutigen Debatte kann die Bundesregierung die Gewißheit in etwaige spätere Verhandlungen mit den Partnerstaaten mitnehmen, daß der Deutsche Bundestag zwar diesmal die praktisch noch nicht sehr bedeutsame Regelung passieren läßt, ein weiteres Mal aber einer strafrechtlichen Immunitätenregelung für Europol-Bedienstete nicht mehr zustimmen wird. Im Gegenteil: Wir fordern die Bundesregierung auf, die Frage der Gewährung von Immunitäten sowie die Frage von Ausnahmen der nationalen Besteuerung nicht nur bei Europol, sondern auch bei anderen europäischen Einrichtungen einer kritischen Überprüfung zuzuführen. Ulla Jelpke (PDS): Den heutigen Tag kann man bestimmt nicht als Tag der Bürgerinnen- und Bürgerrechte bezeichnen. Erst verweigert die angebliche Bürgerrechtspartei F.D.P. der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts die Zustimmung. Jetzt hilft sie Europol auf die Beine und sagt damit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung zumindest in Teilen adé. Die Ratifizierung des Immunitätenprotokolls ist Voraussetzung dafür, daß Europol seine Arbeit im Sommer aufnehmen kann. Für die F.D.P. ist dies Grund genug, all ihre Kritik an diesem Protokoll hintan zu stellen und Koalitionsräson zu demonstrieren. Auch die SPD hat ihre Gegnerschaft aufgegeben, man will in Wahlkampfzeiten schließlich nicht zum europapolitischen Blockadepunkt werden. Gäbe es auch nur einen Hauch demokratischer Verfahrensweise in der europäischen Innenpolitik, wären sowohl das Europäische als auch die nationalen Parlamente frühzeitig mit Europol und seinen Zusatzprotokollen befaßt worden. Ein Polizeiamt wäre in dieser Form mit Sicherheit nicht zustande gekommen. Europol ist ein beredtes Beispiel für mangelnde demokrati- sche Strukturen in dieser Europäischen Union, namentlich ihrer dritten Säule. Wenig Glauben vermag ich Ihrer Beteuerung schenken, Herr Minister Kanther, für die Bundesregierung komme - ich zitiere aus Ihrem Brief an den Kollegen Stadler vom 12. Februar 1998 - „ die Gewährung von strafgerichtlicher Immunität für die EuropolBediensteten bei Übertragung exekutiver Befugnisse nicht in Betracht" . Die im Amsterdamer Vertrag festgeschriebenen operativen Befugnisse haben Sie damit offenkundig nicht gemeint, sonst würde sich die Ratifizierung des Protokolls nicht mehr lohnen. Was verstehen Sie denn unter exekutiven Befugnissen? Europol wird eine gigantische Sammelstelle personenbezogener Daten, auch zu sensibelsten Fragen wie der persönlichen Weltanschauung oder sexuellen Vorlieben. Damit greift Europol tief in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der einzelnen ein. Europol hat längst exekutive Befugnisse, und Ihre Beteuerungen, Herr Minister, sind das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben sind. Wir lehnen das Europol-Immunitätenprotokoll ab. Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Das Europol-Immunitätenprotokoll ist bereits mehrfach im Parlament erörtert worden. Während der Beratungen des Europol-Gesetzes, das inzwischen in Kraft ist, konzentrierten sich die Beratungen auf die an sich gar nicht gegenständlichen Immunitäten. Es sind eine Reihe von Bedenken gegen das Protokoll geäußert worden. Der Innenausschuß hat schließlich im Januar eine öffentliche Anhörung durchgeführt. Die Experten haben weitgehend übereinstimmend keine Bedenken gegen Immunitäten für Europol in seiner gegenwärtigen Konzeption als Datensammelstelle vorgetragen. Lediglich für den Fall von erweiterten Befugnissen für Europol haben die Sachverständigen die Immunitäten abgelehnt. In diesem Zusammenhang stelle ich noch einmal klar: Das Immunitätenprotokoll gilt nur für die derzeitigen Aufgaben von Europol als Datensammelstelle. Im Falle einer veränderten Aufgabenstellung von Europol muß die Immunitätsfrage neu verhandelt werden. Ohne eine vorherige Änderung des Immunitätenprotokolls, die einstimmig erfolgen muß, werden die jetzt eingeräumten persönlichen Immunitäten für die neuen Kompetenzen also nicht automatisch weitergelten. Und es ist sichergestellt, daß so verfahren wird! Deshalb kein Raum für das früher geäußerte Mißtrauen. Der Bundesregierung ist es auch gelungen, im Protokoll wesentliche Einschränkungen insbesondere der strafgerichtlichen Immunitäten durchzusetzen, die die Anwendbarkeit des Protokolls in der Praxis auf wenige Ausnahmefälle beschränken werden. Lediglich für in Ausübung des Amtes vorgenommene Handlungen wird Immunität gewährt. Die tägliche Amtstätigkeit einer solchen Datensammelstelle wird sich dabei am Schreibtisch abspielen. Europol wird deshalb nicht in unmittelbaren Kontakt mit einzelnen Bürgern treten oder gar als staatliches Vollzugsorgan handeln. Für eine Verletzung von Verschwiegenheits- und Geheimhaltungspflichten beim Umgang mit Bürger-Daten sind Europol-Bedienstete uneingeschränkt verantwortlich. Da die Tätigkeit von Europol auf die Informationsverarbeitung beschränkt bleibt, deckt diese Ausnahme alle strafrechtlich relevanten Fälle ab. Soweit die Europol-Mitarbeiter als Privatpersonen handeln, unterliegen sie ohnehin ohne jede Einschränkung der nationalen Gerichtsbarkeit. Immunität bedeutet nicht Straffreiheit. Die Immunität ist aufzuheben, wenn sie verhindern würde, daß der Gerechtigkeit Genüge geschieht und eine Schädigung der Interessen von Europol nicht zu erwarten ist. Der Europol-Direktor oder der Europol-Verwaltungsrat haben hier nicht das letzte Wort. Vielmehr entscheidet bei Streitigkeiten über eine verweigerte Aufhebung der Rat. Die Bundesregierung wird sich im Rat ausdrücklich dafür einsetzen, daß die Verweigerung der Immunitätsaufhebung auf Ausnahmefälle beschränkt bleibt. In den Ausschußberatungen des Bundesrates wurde bereits zu Recht darauf hingewiesen, daß - zum Teil mit der ausdrücklichen Zustimmung des Deutschen Bundestages - auch andere Angehörige von europäischen wie internationalen Einrichtungen Immunitäten erhalten haben. Der Bundesrat hat nach sorgfältiger Prüfung der Materie im ersten Durchgang keinerlei Einwände erhoben. Das Protokoll entspricht internationalem Standard, weswegen die teilweise aufgeregte Debatte in Deutschland in anderen Staaten keinen Widerhall gefunden hat. So hat der Vorsitzende des Innenausschusses, Herr Dr. Penner, nach einem Gespräch mit der Kommission in Brüssel von europaweitem Unverständnis über die derzeit in Deutschland geführte Debatte berichtet und darauf hingewiesen, daß das Immunitätenprotokoll bereits in den Niederlanden und Schweden - auch Finnland hat das Protokoll bereits umgesetzt - ohne jedwede Beanstandung ratifiziert wurde. Die Ergebnisse einer Informationsreise des Innenausschusses durch mehrere europäische Staaten im September 1997 bestätigen dieses Bild. Das Protokoll sollte deshalb vom Bundestag jetzt rasch verabschiedet werden, um den Weg für eine schnelle Tätigkeitsaufnahme von Europol freizumachen. Anlage 9 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Europol-Immunitätenprotokollgesetzes (Tagesordnungspunkt 15) Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (F.D.P.): Ich lehne den Gesetzentwurf ab, der Europol-Beamten strafrechtliche Immunität hinsichtlich der von ihnen in Ausübung ihres Amtes vorgenommenen Äuße- rungen und Handlungen im Rahmen der EuropolKonvention gewährt. Immunität für Polizeibeamte in Europa verstößt gegen rechtsstaatliche Grundsätze. So selbstverständlich polizeiliche Tätigkeit auf nationaler Ebene nicht der gerichtlichen Überprüfung entzogen wird, so selbstverständlich muß dies auch für die Europol-Beamten gelten. Das Vertrauen der Menschen in die Polizei geht verloren, wenn ihre Tätigkeit nicht überprüfbar und transparent ist. Die überhaupt nur unter sehr engen Voraussetzungen mögliche Aufhebung der Immunität durch den Direktor von Europol, der dabei die Interessen von Europol entscheidend zu berücksichtigen hat, ist letztlich gerichtlich nicht überprüfbar. Damit wird die gesamte Institution Europol weitestgehend der gerichtlichen Kontrolle entzogen. Gilt die Immunitätenregelung erst einmal für die schon jetzt umfangreichen Kompetenzen von Europol zur Sammlung und Verabeitung auch höchstpersönlicher Daten sowie der entsprechenden Zusammenarbeit mit nationalen Polizeien, so ist davon auszugehen, daß die Immunität erst recht bei operativen Befugnissen von Europol eingefordert wird, die nach dem Vertrag von Amsterdam Europol in den nächsten Jahren übertragen werden. Jetzt wird mit der Immunitätenregelung eine falsche Weichenstellung vorgenommen, die kaum änderbar sein wird. Dem kann ich nicht zustimmen. Auch ohne die Ratifizierung des Immunitätenprotokolls kann Europol weiterarbeiten. Dr. Burkhard Hirsch (F.D.P.): Ich stimme dem Gesetzentwurf nicht zu, weil ich das Immunitätenprotokoll für einen schweren Verstoß gegen die rechtsstaatlichen Grundsätze unserer Verfassung halte. Das Protokoll räumt den Europol-Beamten Immunität selbst für vorsätzliche strafbare Handlungen ein, die sie im Zusammenhang mit ihrer Amtstätigkeit begehen. Diese Immunität gilt auch nach Beendigung ihrer dienstlichen Tätigkeit weiter. Sie kann zwar vom Direktor von Europol aufgehoben werden; er hat aber dafür einen äußerst weiten Ermessensrahmen, und seine Entscheidung kann nur mit einer einstimmigen Entscheidung des Rates, also eines politischen Gremiums, geändert werden. Eine gerichtliche Überprüfung durch den Europäischen Gerichtshof oder irgendein anderes Gericht ist nicht möglich. Diese Regelung kann auch nicht mit der Begründung hingenommen werden, daß den Beamten noch keine „exekutiven" Möglichkeiten zuständen. Die Beamten können zusammen mit nationalen Polizeibeamten zur „Beratung bei den Ermittlungen" auftreten und sie können in individuelle Rechte durch weitestgehende Verdatungen eingreifen, die sich auch auf den engsten Intimbereich beziehen. Der Innenausschuß des Bundestages hat zutreffend festgestellt, daß die Bundesregierung den Willen des Parlamentes mißachtet hat, indem sie trotz ausdrücklicher Aufforderung nicht versucht hat, durch Nachverhandlung die vorliegende Regelung zu verbessern. Ich hoffe, daß das Bundesverfassungsgericht alsbald Gelegenheit bekommen wird, die Verfassungswidrigkeit dieser gesetzlichen Regelung festzustellen. Anlage 10 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 722. Sitzung am 6. März 1998 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 Grundgesetz nicht zu stellen: - Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze - Neuntes Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Neuntes SGB V-Änderungsgesetz -9. SGB V- ÄndG) - Fünftes Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (5. SGG-ÄndG) - Gesetz zur Änderung des Raumfahrtaufgabenübertragungsgesetzes - Gesetz über die Zulassung von Stückaktien (Stückaktiengesetz - StückAG) - Gesetz über die Zusammenarbeit mit dem internationalen Strafgerichtshof für Ruanda (Ruanda-Strafgerichtshof-Gesetz) - Zweites Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften - Gesetz über die Statistik der Bautätigkeit im Hochbau und die Fortschreibung des Wohnungsbestandes (Hochbaustatistikgesetz - HBauStatG) - Gesetz zu dem Abkommen vom 31. Oktober 1996 zur Änderung des Abkommens vom 8. April 1960 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über niederländische Kriegsgräber in der Bundesrepublik Deutschland (Kriegsgräberabkommen) - Gesetz zu dem Vertrag vom 5. Juni 1996 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Bau einer Straßenbrücke über den Rhein zwischen Altenheim und Eschau - Gesetz zu dem Abkommen vom 29. Februar 1996 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Kuba über die Seeschiffahrt - Gesetz zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 23. Januar 1995 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kasachstan andererseits - Gesetz zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 22. April 1996 zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Aserbaidschan andererseits - Gesetz zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft vom 21. Juni 1996 zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Usbekistan andererseits - Gesetz zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 28. November 1994 zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Moldau andererseits - Gesetz zu dem Vertrag vom 22. Dezember 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Aserbaidschanischen Republik über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Gesetz zu dem Vertrag vom 25. Juni 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Georgien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Gesetz zu dem Vertrag vom 3. Mai 1996 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kenia über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Gesetz zu dem Abkommen vom 29. Oktober 1996 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Saudi-Arabien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Gesetz zu dem Vertrag vom 21. September 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Föderativen Republik Brasilien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Gesetz zu dem Vertrag vom 21. März 1996 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ecuador über die Förderung und den Schutz von Kapitalanlagen - Gesetz zu dem Abkommen vom 10. Juli 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Indien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Gesetz zu dem Abkommen vom 14. Juni 1996 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Katar über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Gesetz zu dem Vertrag vom 30. April 1996 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kuba über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Gesetz zu dem Vertrag vom 6. Mai 1996 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Nicaragua über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Gesetz zu dem Vertrag vom 25. Juni 1996 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Gesetz zu dem Vertrag vom 14. Mai 1996 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Venezuela über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Gesetz zur Änderung der Strafprozeßordnung und der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (Gesetz zum Schutz von Zeugen bei Vernehmungen im Strafverfahren und zur Verbesserung des Opferschutzes; Zeugenschutzgesetz - ZSchG) - Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität - Gesetz zur Stärkung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung in den neuen Ländern (GKV-Finanzstärkungsgesetz - GKVFG) - Gesetz zur Neueinteilung der Wahlkreise für die Wahl zum Deutschen Bundestag (Wahlkreisneueinteilungsgesetz - WKNeuG) - Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Drittes Finanzmarktförderungsgesetz) Zu den drei letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat die folgenden Entschließungen gefaßt: Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zur Stärkung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung in den neuen Ländern (GKV-Finanzstärkungsgesetz - GKVFG): Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, daß in Artikel 7 des GKV- Finanzstärkungsgesetzes der Auftrag an den Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen formuliert ist, in einem Gutachten auch eine Regionalisierung des Risikostrukturausgleichs und der Beitragssätze der gesetzlichen Krankenversicherung zu untersuchen. Der Bundesrat sieht keine Veranlassung für eine Regionalisierung des Risikostrukturausgleichs. Nur mit Hilfe eines überregionalen Risikostrukturausgleichs können die Beitragssatzunterschiede in der gesetzlichen Krankenversicherung in einem vertretbaren Rahmen gehalten werden. Für die gleiche Leistung der Krankenkasse muß bei gleichem Einkommen auch ein vergleichbarer Beitrag erhoben werden. Der überregionale Risikostrukturausgleich trägt auch zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland bei. Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zur Neueinteilung der Wahlkreise für die Wahl zum Deutschen Bundestag (Wahlkreisneueinteilungsgesetz - WKNeuG): Der Bundestag hat mit seinem Beschluß über die Wahlkreisneueinteilung bedauerlicherweise wesentliche Änderungen in der Wahlkreiseinteilung gegenüber den einvernehmlichen Empfehlungen der Reformkommission zur Größe des Deutschen Bundestages (vgl. BT-Drucksachen 13/7950, 13/8270), die die Grundlage für eine konsensuale Einigung über die Neueinteilung der Wahlkreise bilden sollten, vorgenommen. Dies betrifft insbesondere die Wahlkreiseinteilung in einer Reihe von Ländern, für die sachlich begründete, vom Gesetzentwurf abweichende Vorschläge keine Berücksichtigung gefunden haben. Der damit vorgenommene Neuzuschnitt der Bundestagswahlkreise orientiert sich damit offensichtlich in etlichen Fällen nicht an regionalen und örtlichen Gegebenheiten. Der Bundesrat bedauert daher nachdrücklich, daß über die Wahlkreisneueinteilung unter den Fraktionen des Deutschen Bundestages keine Einigung erzielt werden konnte. Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Drittes Finanzmarktförderungsgesetz) Der Bundesrat begrüßt die vom Deutschen Bundestag verabschiedete Regelung des § 7 a Börsengesetz, die unter anderem vorsieht, daß der Inhaber des Nutzungs- und Verwertungsrechts eines an einer Wertpapierbörse durch die Börsenordnung geregelten elektronischen Handelssystems jeder anderen Wertpapierbörse auf deren Verlangen die Einführung des Systems zu angemessenen Bedingungen zu gestatten hat. Der Bundesrat geht davon aus, daß bei der Bestimmung der Angemessenheit der Bedingungen insbesondere folgende Gesichtspunkte Berücksichtigung finden: - Faires Verhältnis zwischen dem Preis für die Integration und den möglichen Ertragsaussichten für die jeweilige Wertpapierbörse, - Orientierung an nachvollziehbaren Maßstäben, die auch die Zukunftsentwicklung berücksichtigen, - Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und Ausschluß von Diskriminierung. Dies gilt auch für Verhandlungen über den Zugang zu anderen Handels-, Informations- und Abwicklungssystemen und sonstigen börsenbezogenen Dienstleistungseinrichtungen im Sinne des § 2 a Abs. 1 Börsengesetz. Der Bundesrat erwartet, daß jeweilige Verhandlungen ohne Verzögerungen zum Abschluß gebracht werden. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit der Westeuropäischen Union für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1996 - Drucksachen 13/8479, 13/8752 Nr. 1.1-Finanzausschuß - Unterrichtung durch die Bundesregierung Zwischenbericht des Arbeitsstabes Europäische Wirtschafts- und Währungsunion beim Bundesministerium der Finanzen über die Einführung des Euro in Gesetzgebung und öffentlicher Verwaltung vom 28. April 1997 - Drucksachen 13/7727, 13/7855 Nr. 1.2- Haushaltsausschuß - Unterrichtung durch die Bundesregierung Ober- und außerplanmäßige Ausgaben im ersten Vierteljahr des Haushaltsjahres 1994 - Drucksachen 12/7534, 12/7654 Nr. 1.11, 13/725 Nr. 80- - Unterrichtung durch die Bundesregierung Über- und außerplanmäßige Ausgaben im zweiten Vierteljahr des Haushaltsjahres 1994 - Drucksachen 12/8391, 12/8467 Nr. 1.20, 13/725 Nr. 81- - Unterrichtung durch die Bundesregierung Über- und außerplanmäßige Ausgaben im dritten Vierteljahr des Haushaltsjahres 1994 - Drucksachen 13/105, 13/265 Nr. 1.28- - Unterrichtung durch die Bundesregierung Ober- und außerplanmäßige Ausgaben im vierten Vierteljahr des Haushaltsjahres 1994 - Drucksachen 13/843, 13/1233 Nr. 1.2 -Ausschuß für Wirtschaft - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung Info 2000- Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft Fortschrittsbericht der Bundesregierung - Drucksache 13/8859- Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die gesetzliche Rentenversicherung, insbesondere über die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben, der Schwankungsreserven sowie des jeweils erforderlichen Beitragssatzes in den künftigen 15 Kalenderjahren gemäß § 154 SGB VI (Rentenversicherungsbericht 1997) Gutachten des Sozialbeirats zu den mittel- und langfristigen Voraussetzungen des Rentenversicherungsberichts 1997 - Drucksache 13/8300 - - Unterrichtung durch die Bundesregierung Lagebericht der Bundesregierung fiber die Alterssicherung der Landwirte 1997 - Drucksachen 13/8919, 13/9304 Nr. 5 -Ausschuß für Verkehr - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung zur Förderung der Seeschifffahrt in Deutschland - Konzept zur Behandlung der Unternehmen der deutschen Seeschiffahrt und der Seeleute auf Schiffen unter deutscher Flagge - Drucksachen 13/8298, 13/8507 Nr. 1.13 - Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit - Unterrichtung durch die Bundesregierung Umweltgutachten 1996 des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen Zur Umsetzung einer dauerhaft-umweltgerechten Entwicklung - Drucksache 13/4108- Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuß Drucksache 13/8615 Nr. 1.10 Innenausschuß Drucksache 13/9086 Nr. 2.51 Drucksache 13/8615 Nr. 2.70, 13/9086 Nr. 4 Drucksache 13/9477 Nr. 1.6 Drucksache 13/9668 Nr. 2.15 Rechtsausschuß Drucksache 13/725 Nr. 33 Finanzausschuß Drucksache 13/9086 Nr. 2.63 Drucksache 13/9668 Nr. 2.10 Drucksache 13/9668 Nr. 2.25 Drucksache 13/9668 Nr. 2.7 Drucksache 13/9668 Nr. 2.35 Drucksache 13/9668 Nr. 2.38 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/9477 Nr. 2.13 Drucksache 13/9477 Nr. 2.14 Drucksache 13/9477 Nr. 2.16 Drucksache 13/9477 Nr. 2.18 Drucksache 13/9477 Nr. 2.19 Drucksache 13/9477 Nr. 2.26 Drucksache 13/9477 Nr. 2.29 Drucksache 13/9477 Nr. 2.31 Drucksache 13/9477 Nr. 2.32 Drucksache 13/9477 Nr. 2.34 Drucksache 13/9668 Nr. 2.2 Drucksache 13/9668 Nr. 2.3 Drucksache 13/9668 Nr. 2.5 Drucksache 13/9668 Nr. 2.6 Drucksache 13/9668 Nr. 2.8 Drucksache 13/9668 Nr. 2.11 Drucksache 13/9668 Nr. 2.12 Drucksache 13/9668 Nr. 2.16 Drucksache 13/9668 Nr. 2.23 Drucksache 13/9668 Nr. 2.24 Drucksache 13/9668 Nr. 2.26 Drucksache 13/9668 Nr. 2.28 Drucksache 13/9668 Nr. 2.30 Drucksache 13/9668 Nr. 2.31 Drucksache 13/9668 Nr. 2.32 Drucksache 13/9668 Nr. 2.34 Drucksache 13/9668 Nr. 2.37 Drucksache 13/9668 Nr. 2.41 Drucksache 13/9668 Nr. 2.42 Drucksache 13/9668 Nr. 2.43 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 13/9312 Nr. 1.5 Drucksache 13/9477 Nr. 2.30 Drucksache 13/9668 Nr. 1.1 Drucksache 13/9668 Nr. 2.21 Ausschuß für Verkehr Drucksache 13/7959 Nr. 2.2 Drucksache 13/8615 Nr. 2.31 Drucksache 13/8615 Nr. 2.43 Drucksache 13/8615 Nr. 2.48 Drucksache 13/8615 Nr. 2.84 Drucksache 13/9086 Nr. 1.16 Drucksache 13/9086 Nr. 2.56 Drucksache 13/9477 Nr. 2.21 Drucksache 13/9477 Nr. 2.27 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/6861 Nr. 2.9 Drucksache 13/7706 Nr. 2.15 Drucksache 13/8615 Nr. 2.105 Drucksache 13/9086 Nr. 2.48 Drucksache 13/9477 Nr. 2.9 Drucksache 13/9668 Nr. 2.22 Drucksache 13/9819 Nr. 2.59 Drucksache 13/9935 Nr. 1.4 Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 13/6129 Nr. 1.22 Drucksache 13/9668 Nr. 2.1 Drucksache 13/9668 Nr. 2.19 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/8106 Nr. 1.3 Drucksache 13/8615 Nr. 1.5 Drucksache 13/8615 Nr. 1.6 Drucksache 13/8615 Nr. 1.11 Drucksache 13/9477 Nr. 2.15 Drucksache 13/9477 Nr. 2.22 Drucksache 13/9477 Nr. 2.23 Drucksache 13/9477 Nr. 2.28
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    Rede von Rolf Kutzmutz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Rede von Herrn Rexrodt fiel mir das Sprichwort ein: Der Ruhm vieler Propheten beruht auf dem schlechten Gedächtnis ihrer Zuhörer.

    (Beifall bei der PDS)

    Schon aus diesem Grund lohnt es sich, einen Blick in Ihren vor über einem Jahr vorgelegten Bericht zu werfen. Die Prognose der Bundesregierung für 1997 wich praktisch in allen bedeutenden Positionen erheblich, und zwar negativ, von den tatsächlichen Entwicklungen ab. Ich erwähne die Zahl der Beschäftigten, die Lohnentwicklung bei den abhängig Beschäftigten, die Verwendung des Bruttoinlandprodukts und insbesondere die Einnahmen und Ausgaben des Staatssektors, jenen Bereich, den die Regierungskoalition mit ihren Beschlüssen maßgeblich beeinflußt, also nicht irgendeine von ihr nicht beeinflußbare Konjunktur oder Globalisierung.
    Nur ein Bereich wurde von der Bundesregierung - zum wiederholten Male - erheblich unterschätzt: die Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen. Statt avisierter 7 gab es dort sogar 8,9 Prozent Zuwachs. Da kann ich nur - auch das zum wiederholten Male - fragen: Wo bleiben denn nun die versprochenen Arbeitsplätze, wenn die von Ihrer Partei, Herr Rexrodt, ernannten Leistungsträger nur ordentlich mehr verdienen? Erstmals in der Geschichte der neuen Bundesrepublik schrumpfen sogar die Nettoeinkommen der Masse der Bevölkerung, in den alten Ländern um 1,6 Prozent, in den neuen sogar um 3,2 Prozent.
    Für die massive Umverteilung von unten nach oben trägt die Bundesregierung die Hauptverantwortung: durch ihre politischen Entscheidungen und durch ihr massives ideologisches Trommelfeuer auf eine der beiden Tarifparteien; denn dieses Trommelfeuer ist Ideologie.

    (Vorsitz : Vizepräsidentin Michaela Geiger)

    Wie wollen Sie erklären, daß es bekanntlich auch 1995 einen deutschen Rekordaußenhandelsüberschuß gab, obwohl in jenem Jahr - anders als heuer - die Mark deutlich teurer geworden ist und die Löhne gestiegen sind? Steigende Löhne richten diesen Standort gewiß nicht zugrunde, sehr wohl aber Ihre Politik, die an den Reallöhnen und damit an der privaten Kaufkraft, der tragenden Säule der Binnennachfrage, sägt.

    (Beifall bei der PDS)


    Rolf Kutzmutz
    Herr Minister, Sie begeistern sich im Jahreswirtschaftsbericht an einer Wende bei den Ausrüstungsinvestitionen. Sicherlich ist das gut. Aber was nutzen neue Maschinen, was nutzen selbst neue Produkte, wenn nicht genügend Menschen sie kaufen können?
    Zudem attackieren Sie die Binnennachfrage gleich noch von einer zweiten Seite. Schließlich wurden im Maastricht-Wahn auch noch die öffentlichen Investitionen um 9,4 Prozent gekürzt. Dabei könnte gerade ein öffentlich finanziertes Investitionsprogramm auf der einen Seite einen Beschäftigungseffekt und auf der anderen Seite einen strukturellen und ökologischen Lenkungseffekt bewirken.
    Meine Damen und Herren von der Koalition, wenn Sie über den Standort Deutschland fabulieren, dann schauen Sie nicht dauernd in die weite Welt hinaus. Nehmen Sie endlich einmal zur Kenntnis, daß nach wie vor knapp zwei Drittel des Bruttosozialproduktes ohne jede außenwirtschaftliche Verflechtung zustande kommen. Nehmen Sie endlich von einer Politik Abschied, die allein eine Minderheit der wirtschaftlichen Tätigkeit im Visier hat.

    (Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Mit zwei Dritteln kann man nicht leben!)

    Orientieren Sie sich nicht länger an Aktienkursen, sondern an Menschenschicksalen, Herr Heinrich.

    (Beifall bei der PDS)

    Das betrifft auch und im besonderen Maße den Umgang mit dem Euro. In diese Kritik muß ich leider auch die beiden anderen Oppositionsparteien einschließen. Wir hören gebetsmühlenartig: Der Euro kommt. Durch ihn werde der Binnenmarkt vollendet, durch ihn würden Arbeitsplätze gesichert, weil westeuropaweit Geldwertstabilität erreicht, Währungsspekulationen erschwert und Transaktionskosten wegfallen würden.
    Was sind denn die volkswirtschaftlichen Tatsachen, ganz egal, wie die sogenannten Konvergenzkriterien erfüllt wurden? Die Geldwertstabilität steht in den Sternen; denn sie hängt nicht von der bisherigen, sondern von der künftigen Finanzpolitik der Mitgliedstaaten und der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank ab. Allen gegenteiligen Bekundungen zum Trotz haben dazu die heutigen Voraussagen den Wert von Lotterietips.
    Wer außer Großbanken und multinational agierenden Unternehmen profitiert massiv von wegfallenden Währungstransaktionskosten? Profitieren Kleinunternehmer, Handwerker, Selbständige oder Existenzgründer, die überwiegend rein regional tätig sind, hierzulande aber fast zwei Drittel aller Arbeiter und Angestellten und 80 Prozent aller Auszubildenden beschäftigen? Profitieren die kleinen Leute, von denen bisher höchstens die Hälfte und auch dann nur einmal im Jahr ins künftige Euro-Land verreisen? Wer bezahlt die Kosten für die Umstellung auf den Euro, von der Brüsseler Kommission intern vorsichtig auf umgerechnet mindestens 300 Milliarden DM beziffert? - Letztlich allein diese kleinen Leute, sei es über Preise für Waren und Dienstleistungen, sei es über Abgaben und Steuern.
    Was aber erwerben sie dafür? - Eine Währung ohne Flankierung durch homogene Steuern, Umwelt- und Sozialstandards, die deshalb einen gnadenlosen Wettlauf um niedrigste Kosten provoziert und ihren Arbeitsplatz einer noch größeren Unsicherheit aussetzt. Klingt es nicht wie eine Drohung, wenn ein Konjunkturexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung feststellt:
    Mit der Abschaffung der Wechselkurse zwischen den EU-Ländern wird den Lohnabschlüssen eine viel größere Bedeutung zukommen.
    Und im übrigen: Eine Angleichung der Arbeits- und Lebensverhältnisse in Ostdeutschland an den Standard der alten Länder dürfte dann endgültig passé sein - aber vielleicht ist der umgekehrte Weg ja auch von den vehementen „EURO - jetzt"-Verfechtern beabsichtigt.
    Vermutlich jede Kollegin und jeder Kollege dürfte am Dienstag das Buch „Perspektiven der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion" von Professor Reimut Jochimsen erhalten haben. Ihnen ist also auch der Begleitbrief des Präsidenten der Landeszentralbank NRW und Mitglieds des Zentralbankrates der Bundesbank bekannt.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Das hat er nur an die Opposition geschickt!)

    - Wenn er es nur an die Opposition geschickt hat, war es ein Fehler. Deshalb zitiere ich um so lieber:
    Die so sehr notwendige Konvergenz im Wollen, Denken und Handeln unter den Mitgliedsländern der EU ist noch immer nicht erreicht. Auch die im Maastrichter Vertrag angelegten Qualifikationsnormen können allenfalls durch den Griff in die Trickkiste erfüllt werden. 1998 darf nicht zum Jahr des „Augen zu und durch" werden, das viele Menschen frustriert und resignierend be fürchten. Mehr denn je verdient die Einführung dieser unkündbaren Solidargemeinschaft eine kritische Begleitung.

    (Beifall bei der PDS Ina Albowitz [F.D.P.]: Seit wann macht er Politik? Ich dachte, er wäre Banker!)

    Ich kann uns alle nur davor warnen, diese Begleitung zu verweigern. Der europäischen Idee und damit allen betroffenen Volkswirtschaften droht ansonsten ein Schaden, der ungleich größer sein wird als bei jeder noch so langen Verschiebung des Euro.
    Die Tatsachen des Jahres 1997 und die Entwicklung in den ersten Monaten dieses Jahres sagen schon viel über die wahrlich miserablen Voraussetzungen bei der Binnenkonjunktur, auf denen eine wirtschaftliche Entwicklung 1998 aufbauen muß. Vor diesem Hintergrund sind die Prognosen dieses Jahreswirtschaftsberichts schon erstaunlich und laufen Gefahr, daß sie dasselbe Schicksal wie die vorjährigen ereilt.
    Mit seiner „stabilen" Arbeitslosenprognose hatte der Bundeswirtschaftsminister wenigstens die Courage, dem wildgewordenen Kohl-Wahlkämpfer Hundt in die Parade zu fahren. Jemand, der sich Ar-

    Rolf Kutzmutz
    beitgeberpräsident nennt, aber höchstens die Verantwortung für den Arbeitsplatz seiner Sekretärin übernehmen kann und dennoch 500 000 neue Jobs binnen Monatsfrist verspricht, ist reif für den Ruhestand.
    Die Probleme sind viel zu groß und zu ernst, als daß man damit so leichtfertig umgehen kann. Dabei - das weiß jeder - gibt es keinen Königsweg, und es werden keine Wunder, auch keine Wahlwunder geschehen. Deshalb müssen alle Vorschläge kritisch nach ihren Inhalten und nicht, wie es so oft geschieht, zuerst nach ihrem Absender geprüft werden.
    Wir haben vor einem halben Jahr erneut einen Antrag mit einem Wirtschaftsförderungskonzept eingebracht. Er wurde - anders als vergleichbare PDS-Initiativen - Anfang März im federführenden Wirtschaftsausschuß von den übrigen Oppositionsparteien nicht einfach abgelehnt. Ich bin gespannt, meine Damen und Herren von der SPD und den Bündnisgrünen, ob Sie das auch heute so sehen können. Ich gehe - damit Sie mich nicht mißverstehen - nicht davon aus, daß Sie zustimmen. Im Interesse des Arbeits- und Lebensstandorts wäre es schon toll, wenn Sie auch nur Teile davon aufnehmen und demnächst in Regierungspolitik umsetzen würden.
    Am Montag beispielsweise veranstaltete die CDU/ CSU-Fraktion eine hochinteressante Konferenz: „Deutschland, ein guter Wirtschaftsstandort" . Nicht nur diesen Tenor, auch die ihn begründenden Argumente der dort aufgebotenen Manager hätten von der Koalition schon im Oktober in unserer Analyse nachlesen können: die Bundesrepublik Deutschland als relativ großer Binnenmarkt, der im Zentrum eines der wichtigsten Wirtschaftsräume der Welt liegt, der sich durch eine hervorragende materielle und soziokulturelle Infrastruktur, eine sehr gute Qualifikation der Beschäftigten und soziale Stabilität auszeichnet. In den Konsequenzen aus dieser mittlerweile übereinstimmenden Analyse unterscheiden wir uns natürlich von der Koalition. Wir teilen aber auch nicht alle Positionen der anderen Oppositionsparteien.
    Eben weil der ökologische Umbau von allen Menschen bewältigt werden muß und nicht nur von einem neuen Mittelstand, muß an seinem Anfang eine massive Steuerentlastung der sozial Schwachen stehen, nicht 5 DM für den Liter Benzin. Im übrigen würde das von uns favorisierte Konzept der Mengenregulierung nicht erneuerbarerer Rohstoffe tatsächlich die Umweltentlastung garantieren. Durch seine wesentlich stärkere marktwirtschaftliche Ausrichtung dürfte es dennoch weniger soziale Härten als eine Ökosteuer hervorrufen. Es ist auch praktikabel und durchsetzbar; schließlich funktionieren das deutsche Branntweinmonopol und diverse Quotenregelungen im Agrarsektor auch.
    Noch etwas: Ich meine, daß es darauf ankommt, das Programm-Dickicht bei der Förderung auszulichten, nicht wie Sie, Kollegen und Kolleginnen von der SPD, durch zusätzliche Institutionen besser verwalten zu wollen, denn dann marschieren wir unseres Erachtens bei der Wirtschaftsförderung in die falsche Richtung.
    Wir hingegen wollen die unzähligen Kredit- und Zuschußprogramme sowie Steuervorteile in vier Instrumenten zusammenfassen. Mit ihnen könnten dennoch die vielen unterschiedlichsten Herausforderungen im Wirtschaftsleben gemeistert werden, die öffentliche Unterstützung rechtfertigen; und dies bei weniger Bürokratie und ohne Verstaatlichung, sondern durch Entscheidungen vor Ort durch die Betroffenen in den regionalen Verflechtungsräumen und Unternehmen selbst.
    Herr Schäuble und Herr Uldall präsentierten am Montag beispielsweise AMD Dresden als leuchtendes Standortbeispiel. Pikanterweise haben wir schon im November letzten Jahres im Material zu unserem Antrag ausgerechnet an dieser auch von uns sehr begrüßten Neuansiedlung den Vorschlag einer sogenannten stillen Beteiligung der öffentlichen Hand illustriert. Auch nach unserem Modell hätten die Amerikaner 0,8 oder sogar 1,8 Milliarden DM vom Staat bekommen, cash und zur freien Verfügung, ohne Möglichkeit der Rückforderung des Geldes oder der Einflußnahme auf das Geschäft.
    Daß die Amerikaner diese atypische stille Beteiligung baldmöglichst aufgeben würden, wäre dennoch sicher; denn solange auch nur eine Mark Steuergeld im Betrieb steckt, müßte AMD nicht nur einen Betriebsrat zulassen; Betriebsräte und Gewerkschaftsvertreter würden solange auch mindestens die Hälfte der Sitze im Aufsichtsgremium der Firma - hier die Gesellschafterversammlung der GmbH - innehaben. Sie würden auch allein über die Ernennung des für Personal- und Beschäftigungsfragen zuständigen Mitglieds der Geschäftsleitung entscheiden.
    Eine solche Wirtschaftsförderung ist vor den berüchtigten Mitnahmeeffekten gefeit, denn auf sie greifen Unternehmer gewiß nur zurück, wenn sie das nötige Kapital nicht anderswo beschaffen können. Ihr Mechanismus ist keineswegs utopisch, weil er der geltenden Montan-Mitbestimmung entlehnt ist und bis hinunter in Kleinunternehmen praktizierbar wäre. Anders als heute würde Minister Rexrodts Lieblingsmotto „Wirtschaft findet in der Wirtschaft statt" dann tatsächlich zutreffen, aber mit wirklich allen Beteiligten.
    Unser Konzept, das wir vorlegen, meine Damen und Herren, ist gesamtdeutsch. Es wuchs aus den ostdeutschen Erfahrungen und knüpfte an diese an. Deshalb muß ich zum Schluß noch auf Minister Rexrodts Bemerkung zurückkommen, dank der Politik der Bundesregierung befänden sich die neuen Länder auf gutem Weg.
    Die Eckzahlen des Jahreswirtschaftsberichts sprechen eine andere Sprache, und dies, obwohl die Angebotspolitik in Ostdeutschland nahezu ideale Bedingungen erhalten hat: geringe Tarifbindung, niedrige Regulierungsdichte, hohe Förderintensität der Investitionen, Steuervorteile und günstige Abschreibungsbedingungen. Der dennoch wachsende Rückstand der neuen gegenüber den alten Ländern beweist das Scheitern Ihrer Konzeption. Wer solche Empfehlungen weiter propagiert, der verfestigt für den Osten nur die Perspektive als Rückstandsregion

    Rolf Kutzmutz
    Deutschlands und der EU, die künftig nicht nur territorial am Rande des Eurolandes liegen bleiben wird.
    Gerade aus ostdeutscher Sicht ist kein bloßer Macht-, sondern ein tatsächlicher Politikwechsel nötig. Wenn das für Herrn Rexrodt, wie er vorhin von der Regierungsbank bemerkte, eine gräßliche Vorstellung ist, dann sollten alle dies als Ansporn sehen, die diesen Regierungs- und Politikwechsel tatsächlich wollen.

    (Beifall bei der PDS)



Rede von Michaela Geiger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Peter Ramsauer, CDU/CSU-Fraktion.

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    Rede von Dr. Peter Ramsauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was die Opposition heute bislang zum Jahreswirtschaftsbericht vorgetragen hat, das kann man auf folgenden einfachen Nenner reduzieren: Man schürt aus wahltaktischen Überlegungen die Ängste der Menschen in unserem Land; man beklagt die hohe Arbeitslosigkeit, ohne die Mitverantwortung der SPD oder der Opposition insgesamt in Form von Blockadepolitik und Verweigerungskurs zu nennen; man verschweigt, daß vieles von der Koalition auf einen guten Weg gebracht worden ist und es wirtschaftlich aufwärts geht. Ich glaube, das sind die drei ganz wesentlichen Punkte, die man aus all diesen Aussagen der Opposition herauskristallisieren kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Sosehr uns allen die hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland Sorge bereitet, sowenig besteht heute Grund zum Pessimismus. Die deutschen Unternehmen haben schmerzhafte Anpassungsprozesse durchlaufen; das kann man nicht leugnen. Diese Anpassungsprozesse haben aber ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit in erheblichem Maße verbessert. Die Tarifpartner sind 1996 und 1997 auf den Weg der Mäßigung und Flexibilität eingeschwenkt; etwas, was noch in den 80er Jahren fast ausgeschlossen war, wird jetzt im Tarifgeschehen Gott sei Dank mehr und mehr zur Selbstverständlichkeit.
    Die Bundesregierung hegt mit den wirtschaftspolitischen Annahmen ihres Jahreswirtschaftsberichts aber auch keinesfalls übertriebene Erwartungen. Wir sind Realisten. Der DIHT geht für dieses Jahr sogar von einem Wirtschaftswachstum von gut 3 Prozent aus. Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung in Essen prognostiziert für 1999 sogar 3,5 Prozent. Falls dies jemand vergessen haben sollte: Dies sind die höchsten Wachstumsraten seit der Wiedervereinigung und dem Wiedervereinigungsboom im Jahre 1991.
    Noch einige Glanzlichter — ich nenne sie bewußt Glanzlichter, weil sie Dinge sind, von denen eigenartigerweise nicht mehr gesprochen wird, obwohl sie großartige Verdienste sind —: Man nimmt es als selbstverständlich hin, daß die Preise in Deutschland stabil sind; es herrscht Preisstabilität: Seit 1995 haben wir bei der Inflationsrate eine 1 vor dem Komma.
    Die Kapitalmarktzinsen sind so dauerhaft niedrig wie nie zuvor.

    (Ernst Schwanhold [SPD]: Die sind real sehr hoch!)

    Deutschland erfüllt mit einem Defizit von 2,7 Prozent ein ganz wesentliches Kriterium für die Schaffung der einheitlichen europäischen Währung. Die Exporte der deutschen Wirtschaft wachsen mit zweistelligen Raten.
    Die deutschen Unternehmen haben ihre Position bei Spitzentechnologien ausgebaut; in Dresden entsteht ein deutsches Silicon Valley in Form eines führenden Kompetenzzentrums für Mikroelektronik. Die Automobilindustrie wird 1998 ihren bisherigen Höchststand bei der Fahrzeugproduktion aus dem Jahre 1992 brechen.
    Lassen Sie mich aber noch eine Weile beim Thema Arbeitslosigkeit bleiben, weil es auch von Ihnen in der Opposition in dieser Debatte vorgetragen worden ist. Ich glaube, auch hier ist die Wende da, zumindest in Westdeutschland. Im Februar lag die Zahl der Arbeitslosen zum zweitenmal hintereinander bei der monatlichen Berichterstattung unter dem jeweiligen Vorjahresstand. Die Zahl der offenen Stellen lag zuletzt um gut 50 000 höher als vor einem Jahr. Das sind ganz wichtige Frühindikatoren für einen sich positiv entwickelnden Arbeitsmarkt. Seit Monaten kommen vermehrt Meldungen aus Unternehmen und Handelskammern, wonach wieder zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden.

    (Ernst Schwanhold [SPD]: Das Ifo redet von einer schlechten Wirtschaftsentwicklung! Haben Sie den letzten Ifo-Bericht gelesen?)

    Am 19. Februar schrieb die „Wirtschaftswoche": Fast jedes fünfte Unternehmen stockt zur Zeit Personal auf.
    In der deutschen Computer- und Telekommunikationsbranche sollen in den nächsten beiden Jahren 100 000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen.

    (Ernst Schwanhold [SPD]: Das würde uns übrigens sehr freuen!)

    In der Umwelttechnik werden bis zum Jahr 2000 150 000 Arbeitsplätze geschaffen. In der Bio- und Gentechnik gibt es ein Potential von 70000 neuen Jobs. Die Automobilbranche stellt wieder ein.
    Das vor drei Jahren eingeführte Meister-BAföG ist ein absoluter Renner.

    (Ernst Schwanhold [SPD]: Nachdem ihr es erst abgeschafft habt!)

    Jährlich werden sich etwa 20 000 der Meister-BAföGEmpfänger selbständig machen. Dadurch werden etwa 60 000 neue Arbeitsplätze geschaffen.

    (Ernst Schwanhold [SPD]: Warum habt ihr 'es denn abgeschafft?)

    Dies alles kann uns noch nicht zufriedenstellen, aber es zeigt, daß die Richtung stimmt: Es geht aufwärts auf dem Arbeitsmarkt. Deswegen gilt es jetzt,

    Dr. Peter Ramsauer
    Kurs zu halten und die wichtigen Reformen voranzubringen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich bleibe weiter beim Thema Arbeitsmarkt. Ich schaue mir immer die wirtschaftliche Praxis draußen im Lande an; ich mache Unternehmensbesuche, spreche mit Unternehmern und bin in Arbeitsämtern.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Die sagen dann: Jetzt muß sich endlich etwas ändern!)

    - Herr von Larcher, bevor sich etwas ändern kann - und es wird sich etwas ändern -, tut man gut daran, Gespräche mit den Beteiligten vor Ort zu führen,

    (Detlev von Larcher [SPD]: Die habe ich zitiert!)

    mit den Praktikern in den Arbeitsämtern - was ich regelmäßig tue -, mit Unternehmern, mit Gewerkschaftern - mit Gewerkschaftern allerdings am besten unter vier Augen, weil sie dann viel offener über die wirtschaftlichen Realitäten und die Realitäten des Arbeitsmarktes sprechen,

    (Detlev von Larcher [SPD]: Das stimmt! Sehr richtig! Das ist wahr! Wolf-Michael Catenhusen [SPD]: Das ist auch unsere Erfahrung!)

    als wenn man sie in einem größeren Kreis anspricht, weil der Meinungs-Herdentrieb beispielsweise Gewerkschafter daran hindert, die Wahrheit zu sagen.
    Die Wahrheit, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist, daß die Unternehmen und Betriebe oft die Facharbeiter überhaupt nicht bekommen, die sie dringend brauchen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr wahr! Dr. Ruth Fuchs [PDS]: Das ist doch der Höhepunkt! Sie wollen wohl sagen: Die wollen nicht arbeiten!)

    Dauernd werden Klagen, beispielsweise aus der Baubranche, dahin gehend geäußert, daß Arbeitskräfte nicht zu bekommen sind, obwohl man sie händeringend sucht. Jeder von uns hört solche Klagen. Ich habe mir einmal einen diesbezüglichen Bericht aus dem „Münchner Merkur" der letzten Woche ausgeschnitten. Ich würde diesen Bericht, Herr Kollege Schwanhold, hier nicht anführen, wenn ich diesen Sachverhalt nicht noch einmal ganz genau recherchiert hätte. Es geht darum, daß eine große bayerische Baufirma für den Ausbau von Gleisanlagen in Südbayern zusätzliche Arbeitskräfte benötigte.
    Jetzt zitiere ich aus dem Bericht:
    Trotz spürbarer Arbeitslosigkeit konnten die umliegenden Arbeitsämter keinen einzigen Mann vermitteln.
    So schreibt der Unternehmer.
    Mit dem Arbeitsamt in München habe das Bauunternehmen unter 50 Arbeitslosen versucht, geeignete Baufachleute zu finden.
    Jetzt sagt der Unternehmer:
    Als wir unsere Anforderungen geschildert hatten, verließ etwa die Hälfte der Bewerber den Raum ...
    So schilderte der Unternehmer die Suche.
    Nach Einzelgesprächen mit dem Rest der Teilnehmer seien zehn Kandidaten verblieben. Die Hälfte davon sei nicht zur Arbeit erschienen, und von den übrigen fünf sei heute noch ein Mann, der aus Österreich stamme, da. Einer befreundeten Firma sei es in München ähnlich ergangen.

    (Zuruf von der SPD: Was sagt uns das?)

    - Hören Sie sich das einmal an; das ist die Realität auf dem Arbeitsmarkt. Und das ausgerechnet in der Baubranche!
    Weiter heißt es in dem Bericht:

    (Zuruf von der SPD: Sie müssen einmal in unser Arbeitsamt kommen!)

    Von 120 Kandidaten blieben einige Wochen später noch zwei neue Mitarbeiter.
    Jetzt wieder Zitat:
    Was uns öffentlich aus Bonn und Nürnberg berichtet wird, gehört in das Reich von Grimms Märchen.
    So kommentiert der Unternehmer seine Erfahrung mit den Arbeitsämtern.

    (Ernst Schwanhold [SPD]: Die Bayern sind zu faul zum Arbeiten!)

    Meine Damen und Herren, das ist ein Teil der Realität auf dem Arbeitsmarkt. Ich gehe so weit, zu sagen, daß man dann, wenn man sich diese Erfahrungen anschaut, festhalten muß, daß ein großer Teil der arbeitslos Gemeldeten in Wirklichkeit dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht.

    (Ernst Schwanhold [SPD]: Na, na!)

    Man muß hier vorsichtig formulieren, weil Sie einem ja das Wort im Munde umdrehen: Sie stehen in Wirklichkeit nicht zur Verfügung. Das Beispiel, das ich eben geschildert habe, belegt, wie es in der Praxis aussieht.
    In dem Regierungsprogramm der SPD - es ist ja ein Entwurf - schreiben Sie dazu - ich zitiere -:
    Sollten angebotene Arbeitsplätze ohne wichtigen Grund nicht angenommen werden, so müssen die bestehenden gesetzlichen Vorschriften zur Kürzung der Sozialhilfe angewandt werden.
    Offensichtlich kommt es Ihnen sehr entgegen, daß wir in diesem Bereich Reformen beschlossen haben, und zwar nicht nur im Bereich des Arbeitsförderungsrechts, wo wir die Grenze der Zumutbarkeit für die Annahme von Arbeit verschärft haben, sondern auch bei der Sozialhilfe.
    Sie reden jetzt von der Rücknahme von Reformen. Hier schreiben Sie aber, daß dann, wenn von Arbeitslosen Arbeitsplatzangebote nicht angenommen werden, die gesetzlichen Vorschriften zur Kürzung von

    Dr. Peter Ramsauer
    Lohnersatzleistungen usw. Anwendung finden müssen. Daran werden wir Sie erinnern. Welche Reformen wollen Sie denn zurücknehmen? Diese Reformen waren außerordentlich wichtig, notwendig und richtig, aber noch lange nicht hinreichend. Wir wären, wenn Sie uns bei diesem ursprünglich zustimmungspflichtigen Gesetz zur Reform des Arbeitsförderungsrechts nur gelassen hätten, in Wirklichkeit noch viel weiter gegangen, um ein noch moderneres Arbeitsförderungsgesetz zu schaffen. Wir wollten die Strukturen im Bereich der Arbeitsverwaltung wirklich zukunftsträchtig gestalten. Sie haben uns leider daran gehindert. Das tut einem leid.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU Ernst Schwanhold [SPD]: Sagen Sie einmal, was Sie gemacht hätten und wieweit Sie gegangen wären!)

    Herr Schröder hat weiter einen zweijährigen Entlassungsstopp vorgeschlagen. Darüber, meine Damen und Herren, lacht nun wirklich jeder Wirtschaftsfachmann. Ich kann mich gut an den Beginn meines wirtschaftswissenschaftlichen Studiums an der Universität München erinnern. Dort lernt jeder angehende Diplom-Kaufmann oder Diplom-Volkswirt im Grundstudium, was man in der Wirtschaft mit Preisstopp oder Entlassungsstopp oder ähnlichen Instrumenten anrichtet. Man muß sich die Folgen überlegen: Ein Entlassungsstopp hat unweigerlich auch einen Anwerbestopp an anderer Stelle zur Folge - das ist doch vollkommen klar -, wenn ich die Wirtschaft sozusagen in eine Zwangsjacke stecke oder unter Zwangsverwaltung stelle. Damit sperren Sie auch an anderer Stelle des Arbeitsmarktes Menschen, die in den Arbeitsmarkt hinein wollen, vom Arbeitsmarkt aus. Das ist eine Form der Aussperrung vom Arbeitsmarkt und ein Stück Ellenbogengesellschaft auf dem Arbeitsmarkt, Herr Kollege Schwanhold. Sie haben uns vorhin vorgehalten, wir würden mit Ellenbogen arbeiten.

    (Ernst Schwanhold [SPD]: Ich habe Ihnen vorgehalten, was Heiner Geißler gesagt hat!)

    Nein, es ist Ellenbogengesellschaft, wenn man mit einem Entlassungsstopp auf der einen Seite bewirkt, daß auf der anderen Seite Leute nicht mehr eingestellt werden.

    (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Wenn einer wie Schröder das vorschlägt, dem nachgesagt wird, er verstehe etwas von Wirtschaft, dann muß ich entgegnen: Es stimmt irgend etwas nicht.

    (Beifall des Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU])

    Ich habe die von Ihnen genannten Zahlen, Herr Schwanhold, vorhin ganz genau verfolgt. Sie haben uns Vergleichszahlen zu den heutigen Arbeitsmarktzahlen vorgehalten, die sich auf Westdeutschland bezogen haben. Sie müssen natürlich Gleiches mit Gleichem vergleichen. Da Sie vorhin westdeutsche Zahlen genannt haben, ohne sie als solche zu kennzeichnen, und so getan haben, als bezögen sich die Arbeitslosenzahlen in der Größenordnung von unter 2 Millionen aus den 80er Jahren auf - -

    (Ernst Schwanhold [SPD]: Das war die Diktion der Rede!)

    - Na ja, es war für die Öffentlichkeit bewußt mißverständlich formuliert. - Wenn ich mich auf Westdeutschland beziehen würde, dann könnte ich auch sagen, wie es aussehen würde, wenn wir keinen Arbeitskräftezuzug aus dem Ausland und vor allen Dingen aus den nichteuropäischen Ländern gehabt hätten. Wir haben das innerhalb der CSU-Landesgruppe ganz genau durchgerechnet. Durch Zuwanderung haben wir von 1988 bis Mitte 1996 - -

    (Ernst Schwanhold [SPD]: Sagen Sie mal, wie es denn weitergeht! Was wollen Sie denn machen?)

    - Hören Sie sich die Zahlen einmal an, Herr Kollege Schwanhold.

    (Ernst Schwanhold [SPD]: Wie geht es denn weiter?)