Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist auch für mich ungewöhnlich, direkt nach einer Entscheidung des Bundesrates hier vor Ihnen zu einem Thema Stellung zu beziehen, das wir selbst als Initiative in den Bundesrat eingebracht haben, die jetzt im übrigen - wenn Sie den Text vorliegen haben - ohne Ziffer 3 beschlossen worden ist.
Vielleicht ist es hilfreich, an dieser Stelle noch einmal auf die Grundsatzinitiative Berlins zurückzugreifen. Uns ging es primär darum, eine Angleichung zwischen dem Asylbewerberleistungsgesetz und dem BSHG zu schaffen. Das sind unsere beiden größten Leistungsgesetze. Es gab bisher eine unterschiedliche Behandlung von Ausländern nach dem BSHG und nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Es wäre schon längst, eigentlich schon bei der letzten Novelle zum Asylbewerberleistungsgesetz, fällig gewesen, hier eine Rechtsangleichung vorzunehmen. Es geht um die sogenannte „Um-zu-Regelung" . Wer eindeutig nach Deutschland kommt, um Leistungen zu beziehen, hat keinen Rechtsanspruch auf diese Leistungen.
Es gab darüber eine sachliche Diskussion auch in den Ausschüssen des Bundesrates, die insgesamt der Situation der Länder sehr angemessen war. Ich war von der Atmosphäre während der Diskussion, die immerhin ein Vierteljahr angedauert hat, angenehm überrascht und angetan. Ich habe mich letzten Endes auch darüber gefreut, daß andere Bundesländer - und das unabhängig von den Regierungen - Erweiterungen eingebracht haben, die für meine Begriffe auch hilfreich sind, um dem sozialen Mißbrauch entgegenzuwirken.
Wenn Sie, Frau Fischer, sagen: Es gibt keinen Mißbrauch, kann ich Ihnen dazu eine Zahl aus Berlin nennen. Immerhin sind im letzten Jahr 800 Bürger aus Ex-Jugoslawien illegal eingereist, meist mit Hilfe von Schlepperbanden, die allein in Berlin Kosten von 10 Millionen DM, hochgerechnet auf das Jahr, verursachen. Bei der derzeitigen Haushaltslage kann man solche Summen nicht außer acht lassen, obwohl der finanzielle Aspekt nicht der primäre Grund für die Initiative Berlins war.
Die Stellungnahme des UNHCR bezieht sich im wesentlichen auf die Einbeziehung der Asylbewerber bzw. Ausländer in den § 55 des Ausländergesetzes. Es bestehen da Bedenken, daß unter diese Regelung auch die Personen fallen, die nach § 53 oder § 54 des Ausländergesetzes eindeutig einen Anspruch auf Leistungen und auf Bleiberecht in Deutschland haben. Das sind diejenigen, denen Gefahr an Leib und Leben oder Folter droht, oder solche, denen auf Grund von Beschlüssen des Innenministeriums ein besonderes Bleiberecht gewährt wurde. Diese Perso-
Senatorin Beate Hübner
nenkreise fallen eindeutig nicht unter die Regelung. Es ist lediglich gesagt worden, daß dem Personenkreis, der zwar geduldet wird, aber dessen Rückkehr kein Hindernis entgegensteht, keine Leistungen mehr zusteht. Das heißt nicht, daß er keine Leistungen mehr bekommt oder daß er Deutschland sofort verlassen muß. Ich bitte an dieser Stelle darum, die Probleme auseinanderzuhalten. Wir sprechen hier nämlich nicht über die Novelle zum Ausländergesetz, also über das Statusrecht, sondern ausschließlich über die Novelle zum Asylbewerberleistungsgesetz. Wenn man diese beiden Dinge auseinanderhält, dann dürften eigentlich die Probleme, die Sie in die Diskussion eingebracht haben, an dieser Stelle nicht auftauchen.
Frau Sonntag-Wolgast, vielleicht kann ich auch auf Ihre Frage eine direkte Antwort geben: Selbstverständlich sind die Sondertatbestände nach dem Asylverfahrensrecht durch diese Novelle zum Asylbewerberleistungsgesetz nicht tangiert.
Ich würde mich eigentlich freuen, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn die sachliche Diskussion ohne die Polemik, die heute gerade von seiten der Oppositionsparteien betrieben wurde, weiter fortgeführt werden könnte und wenn man gerade auch in diesem Gremium bei dieser hochsensiblen Thematik, die natürlich Gelegenheit dazu bietet, daß man sie politisch und polemisch überfrachtet, eine sachgerechte Diskussion führte, die diesem Personenkreis gegenüber angemessen ist. Es ist nämlich wichtig, immer deutlich zu machen, daß jeder, der unserer Hilfe bedarf, diese Hilfe auch in Deutschland bekommt. Allein durch Verhinderung von Mißbrauch können wir diese Personenkreise endgültig auch aus der Mißbrauchsdiskussion heraushalten.
Deswegen bitte ich Sie an dieser Stelle inständig, sachgerecht und nicht polemisch zu diskutieren.
Ich bedanke mich.