Rede von
Erich G.
Fritz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Schmitt, es ist gut, daß Sie zu dem ersten der beiden Anträge, über die heute debattiert wird, nichts gesagt haben, denn dazu ist eigentlich alles gesagt worden. Es gibt seit 1995 keine neuen Argumente. Es ist alles durch Antworten auf Anfragen und in Ausschußberatungen gesagt worden. Die Nachrüstung des Kernkraftwerks in Mochovce ist sinnvoll. Sie ist ohnehin beschlossen. Sie bringt einen Gewinn an nuklearer Sicherheit. Dies ist sowohl in unserem Interesse als auch im Interesse der Nachbarländer und Europas. Es wird deshalb von der Europäischen Union unterstützt.
Der Antrag mit dem schönen Titel „Demokratische, ökologische und entwicklungspolitische Gestaltung der Vergabe von Hermes-Bürgschaften", zu dem Sie jetzt hauptsächlich gesprochen haben, hat einen langen Vorlauf. Die Diskussion ist nicht neu. Wir kennen das Anliegen aus vielen Gesprächen und Diskussionen mit Nicht-Regierungsorganisationen. Ich diskutiere mit diesen Gruppen gern auch über dieses Anliegen, weil ich weiß, daß die entwicklungspolitischen Anliegen und die Sorge um Umweltschäden von ihnen sehr ernst genommen werden.
Ich weiß allerdings nicht, ob es richtig ist, daß die Grünen dies nun 1 : 1 als Antrag vorlegen. Es könnte bedeuten, daß dieser Antrag nur eine Facette der außerparlamentarischen Diskussion ist. Sie müßten schon noch das eine oder das andere dazutun.
- Nein, die Transportfunktion ist in Ordnung. Aber das kann nicht alles sein.
Ich halte es für völlig in Ordnung, daß die Diskussion über Hermes zum Anlaß genommen wird, auf Projekte hinzuweisen, die Eine-Welt-Gruppen, kirchliche Organisationen, Friedensgruppen oder Umweltgruppen für falsch halten. Es ist aber sicher auch keine Überinterpretation, wenn man sagt, daß das Instrument der Außenwirtschaftsförderung durch Ausfuhrgewährleistungen natürlich nur deshalb von diesen Gruppen genutzt wird, um daran die Kritik am Staat festmachen zu können. Wenn man sich anders verhalten würde, müßte man mit vielen Adressaten umgehen. Das muß man wissen, wenn man sich damit auseinandersetzt.
Ich glaube, daß auch in diesem Antrag die Bedeutung von Hermes überschätzt wird. Es ist zum Teil eine symbolische Diskussion, auch wenn ich anerkenne, daß es den Beteiligten darum geht, daß in einer globalisierten Welt eine politische, soziale, ökologische und wirtschaftliche Verantwortung auch von den handelnden Unternehmen eingefordert werden muß. Denn in einer Welt, in der in allen Bereichen Zusammenhänge und Abhängigkeiten bestehen, kann nicht in bestimmten Teilen der Welt ohne Schaden für alle verantwortungslos gehandelt werden. Darin sind wir uns hoffentlich einig.
Diese Position unterstützen auch wir. Deshalb gibt es eine Fülle von Initiativen im Bereich des internationalen Umweltschutzes, der Politik für Menschenrechte und in anderen eingeforderten Politikbereichen.
Die Maßstäbe auf der Welt sind allerdings ziemlich unterschiedlich. Wir können nicht davon ausgehen, daß sich alle nur auf Grund der Diskussion hier schon nach unseren Maßstäben richten. Wir alle wissen, daß im Zuge einer Marktöffnung auch Standards transportiert werden. Das ist auch gut so. Das heißt aber natürlich nicht, daß jeder Standard, den wir für richtig halten, auch schon vom Rest der Welt anerkannt wird.
Konkret auf Ihren Antrag bezogen heißt das: Das Hermes-Instrument wird überschätzt, weil es nur bei 5 Prozent der deutschen Exporte angewandt wird. Es geht also um einen Umfang von 35 Milliarden DM. Der weitaus größte Teil kommt ohne staatliche Absicherung zustande und wird über Banken finanziert. Wichtig ist auch: Die meisten der Investitionen, deren Risiko auf diese Weise abgesichert wird, würden auch ohne solche Absicherung zustande kommen; dann wären allerdings deutsche Unternehmen eventuell nicht beteiligt. Die kurzfristigen Risiken sind übrigens seit einiger Zeit nur noch Angelegenheit der privaten Versicherungswirtschaft. Auch das ist gut so.
Die Richtlinien, nach denen entschieden wird, sind veröffentlicht und damit öffentlich zugänglich. Auch das ist richtig so. Die Entscheidungen im interministeriellen Ausschuß werden unter Beteiligung der von Herrn Schmitt schon genannten Ministerien getroffen. Für die Praxisnähe sorgen Vertreter der Wirtschaft, die allerdings kein Stimmrecht haben. Die Ministerien müssen im Einvernehmen entscheiden; nur der Finanzminister hat ein Vetorecht. Umgesetzt werden die Entscheidungen von dem Mandatarkonsortium aus Hermes Kreditversicherungs-AG und C&L Deutsche Revision AG. Auch das ist richtig so. Im Jahr sind es etwa 30 000 Anträge, die anders gar nicht abzuwickeln wären.
Erich G. Fritz
Die Zusammensetzung des IMA zeigt, daß der Wille besteht, neben den wirtschaftlichen Aspekten wie Arbeitsplatzwirksamkeit, Markterschließung sowie branchenmäßigen und strukturellen Überlegungen auch Gesichtspunkte in die Prüfung der Anträge eingehen zu lassen, die sich mit entwicklungs-, außen- und umweltpolitischen Fragestellungen befassen. Allerdings sagt die Bundesregierung auch ganz offen: Hermes ist kein umwelt- oder entwicklungspolitisches Instrumentarium, sondern ein Außenwirtschaftsförderungsinstrument, das Wettbewerbsgleichheit und Beweglichkeit insbesondere auf schwierigen Märkten sichern soll. Natürlich ist da von Bedeutung, daß man sich bemüht, dieses zu harmonisieren.
Die Zielsetzung dieses Instruments ist nicht verwerflich, aber natürlich will auch niemand, daß durch Ausfuhren aus Deutschland Umweltschäden und politische Schäden entstehen. Deshalb müssen die Aspekte abgewogen werden. Der Besteller ist natürlich nicht die Bundesregierung, sondern ein Kunde im Ausland. Dem zu erklären, daß er eigentlich etwas ganz anderes haben sollte, als er bestellt hat, dürfte schwerfallen. Übrigens würden Sie von den Grünen wahrscheinlich die Anwendung einer solchen Verkaufspraxis gegenüber den privaten Verbrauchern im Inland sehr in Frage stellen.
Daß das Hermes-Instrumentarium trotz gelegentlich vorgetragener Kritik ein hohes Ansehen genießt, liegt nicht zuletzt darin begründet, daß es nahe an der wirtschaftlichen Praxis ist, . daß schnell entschieden werden kann - das ist ganz entscheidend - und daß man sich sehr flexibel auf neue Situationen einstellen kann. Immer wenn sich irgend etwas geändert hat, sowohl in der Lage der Länder als auch hinsichtlich der Frage, auf welche Risiken man bei der Gewährung Rücksicht nehmen muß, ist das schnell gegangen. Es wurde also immer sehr flexibel gehandhabt. Die heutige Form ist ein Beitrag zur Sicherung von Arbeitsplätzen. Viele Aufträge kämen sonst nicht zustande; somit entstünden dann auch keine Arbeitsplätze.
Sieht man die Forderungen der Grünen zur Neugestaltung von Hermes an, so lassen sie doch vermuten, daß Mißtrauen angebracht ist. Viele Vorschläge lassen nämlich den Eindruck entstehen, daß ein sehr formalisiertes Verfahren entstehen könnte, das das Instrument in kurzer Zeit obsolet werden ließe. Mehr Bürokratie in der Außenwirtschaft brauchen wir nicht. Auch längere Verfahren können wir nicht gebrauchen.
Sie, Herr Schmitt, haben das Drei-Schluchten-Projekt angesprochen. Das ist ein Musterbeispiel dafür, daß solche Fragestellungen natürlich nicht ohne weiteres streitfrei zu stellen sind. Das ist ja auch gar nicht sinnvoll. Aber das zeigt, wie unterschiedlich die Betrachtungsweise ist. Es wird in diesem Zusammenhang als großes menschenrechtliches Problem angesehen, daß dort 1,2 Millionen Leute umgesiedelt werden. Das ist ein Promille der chinesischen Bevölkerung. Umsiedlungen dieser Art hat es auch schon häufig in Deutschland in einer vegleichsweisen Größenordnung gegeben. Im Braunkohlebergbau oder
bei Staudammprojekten war das gar nichts Außergewöhnliches.
Daß das nicht unter den gleichen Bedingungen geschieht, das wissen wir auch. Doch die Bewertung, die daraus zu treffen ist, ist eben nicht so einfach, genauso wie die Bewertung der Folgen für die Umwelt nicht so einfach ist. Vermutlich können Sie daher das, was in Ihrem Antrag steht, nicht realisieren. Um dort ein umfangreiches Ökobilanzierungsverfahren in Gang zu setzen, bräuchten Sie allein schon für eine Beurteilung die Ergebnisse des Zeitraums einer Vegetationsperiode. Bis dahin ist das Projekt schon gebaut bzw. von anderen geliefert. Das geht nicht. Ich kann mir schon gar nicht vorstellen, daß man diejenigen Verifikationsverfahren, die Sie vorgeschlagen haben, im nachhinein mit riesigen Verwaltungsverfahren durchführt. Darüber muß man intensiv sprechen.