Rede von
Renate
Diemers
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Auch der Etat des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unterliegt in Zeiten, in denen die Verteilungsmittel knapper und die Verteilungsspielräume enger werden, dem Sparzwang. Daß wir der Notwendigkeit des Sparens gerecht werden und trotzdem einen Haushaltsansatz für unseren Bereich vorlegen können, mit dem wir unsere bisherige erfolgreiche Familienpolitik fortsetzen, haben wir mit dem Einzelplan 17 bewiesen. Genau das, meine Damen und Herren, unterscheidet eine handlungsfähige Regierung von einer konzeptlosen Opposition.
Wir schaffen mit dem Etat des Familienministeriums durch gesetzliche Leistungen Modelle und Projekte, Fördermöglichkeiten und Chancen für den einzelnen, für die Familie, aber auch für Verbände und Vereine. Und diese Chancen müssen als Sprungbretter in die Eigenverantwortlichkeit genutzt werden.
Der Familienleistungsausgleich besteht nicht nur aus dem Kindergeld. Die Leistungen, die für die Familien erbracht werden, sind in vielen Ministerien verankert. Die Liste der Leistungen ist lang. Sie reicht von der Zahlung des Kindergeldes über das BAföG bis zum Erziehungsurlaub und zur Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung.
In diesem Zusammenhang weise ich noch einmal nachdrücklich darauf hin, daß es in den 80er Jahren die CDU/CSU-Regierung unter unserem damaligen Familienminister Heiner Geißler war, die das Erziehungsgeld und den Erziehungsurlaub durchgesetzt hat. Als ich in jenen Jahren die kommende Anerkennung der Kindererziehungszeiten in der Rente vorausgesagt habe, zum Beispiel die Anerkennung der Kindererziehungszeiten für Geburten ab 1992 für
Renate Diemers
drei Jahre und die Anhebung der Anerkennung von 75 auf 100 Prozent, bin ich von SPD-Mitgliedern ausgelacht worden. Aber wer lacht jetzt?
Erwähnt werden muß auch, daß wir mit unserem Beschluß der additiven Anrechnung bis zur Beitragsbemessungsgrenze bei bestehenden und bei neuen Renten über die Einlassung des Bundesverfassungsgerichts hinausgegangen sind.
Neben den schon genannten Transfers müssen aber auch die Steuervergünstigungen für die Familien genannt werden. Zusätzlich zu den Kinderfreibeträgen gibt es Ausbildungsfreibeträge und Haushaltsfreibeträge für Alleinerziehende. Es gibt das Baukindergeld, den gestaffelten Mietzuschuß nach Anzahl der Kinder.
Aber auch in anderen Fällen werden die Familien nach unserem Willen bessergestellt. Die Familienversicherung zum Beispiel in der gesetzlichen Krankenversicherung kostet die Beitragszahlenden insgesamt zirka 44,4 Milliarden DM. Und das Ehegattensplitting - Sie haben recht - schlägt mit gut 40 Milliarden DM zu Buche. Aber diese Förderung ist von uns gewollt, da auch Familien ohne Kinder eine gegenseitige Verpflichtung eingehen, die vom Staat unterstützt werden soll.
Ich nenne diese Beispiele nicht, um aufzurechnen, sondern um die Diskussion um den Familienleistungsausgleich zu versachlichen. Sie sehen bereits an dieser kurzen Aufstellung, in der ich noch längst nicht alle unsere familienfreundlichen Leistungen aufgezählt habe, daß für uns die Familie nach wie vor Dreh- und Angelpunkt der Gemeinschaft ist und wir sie deshalb auch weiterhin bevorzugt fördern werden.
Gerade junge Menschen fordern zunehmend, daß mehr Wert auf Mitmenschlichkeit mit Bezug auf die Familie und das gesellschaftliche Zusammenleben gelegt werden soll. Nach ihrer Überzeugung darf sich Familie nicht darin erschöpfen, zu fragen, wieviel Geld dabei herausspringt. Vielmehr wollen sie heiraten und eine Familie gründen, um in Gemeinschaft zu leben und mitmenschliche Orientierung weiterzugeben.
Mir macht diese Haltung junger Menschen, die ich bei vielen persönlichen Gesprächen in meinem Wahlkreis gehört habe, Mut. Nicht die Höhe oder die Summe sozialer Leistungen ist die Meßlatte für die soziale Wärme unseres Staates, sondern der Umfang unserer Bereitschaft zur Mitmenschlichkeit.
Wie die Familienpolitik einer rot-grünen Regierung aussehen würde, hat übrigens in jüngster Zeit die Landesregierung Nordrhein-Westfalens eindrucksvoll dokumentiert.
Der dort entworfene Plan für Neuregelungen bei Kindergärten - von einem Konzept kann man hier beim besten Willen nicht reden - ging an den Wünschen und dem Bedarf der Eltern und Kinder, der Erzieher und Träger vollständig vorbei. Folgerichtig löste er nach seinem Bekanntwerden bei der CDU-Opposition im Düsseldorfer Landtag und bei den Betroffenen einen Sturm der Entrüstung aus und mußte nach den Protesten im ganzen Land kleinlaut zurückgezogen werden.
Bei der Altenpolitik erwarten uns große Aufgaben. Die materielle Bewältigung der Herausforderungen durch den demographischen Wandel - und das wissen wir alle - liegt im Zusammenspiel von Wirtschafts-, Struktur- und Sozialpolitik.
Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Altenpolitik ist für mich allerdings, daß alle Menschen begreifen, daß Altenpolitik weder im engeren noch im weiteren Sinne etwas mit „Betreuungsmentalität" zu tun hat und auch nicht zu tun haben darf.
Um dieses Verständnis auch in der Gesellschaft zu fördern, unterstützt das Ministerium beispielsweise auch 1998 mit 5 Millionen DM Forschungsprojekte mit dem Ziel, alten Menschen die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme an unserer Gesellschaft zu erhalten.
Im Bereich der Frauenpolitik finden Sie neben den vielen Leistungen der Familienpolitik, die natürlich auch den Frauen zugute kommen, einen Ansatz von 20 Millionen DM für Arbeiten und Maßnahmen zur Verwirklichung der Gleichberechtigung von Frau und Mann in der Gesellschaft.
Schwerpunkte der Förderung sind unter anderem die Wiedereingliederung von Frauen nach der Familienphase, der Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt, die Teilhabe von Frauen in Politik und Gesellschaft und vieles mehr. Ich nenne auch hier noch einmal ausdrücklich die Leistungen des neuen Arbeitsförderungs-Reformgesetzes und das Gesetz zum Schutz vor Vergewaltigung in der Ehe.
Auch hier zeigt sich die kontinuierliche Weiterführung unserer Frauenpolitik.
Wir bieten Frauen vielfältige Fördermöglichkeiten,
aber wir schreiben ihnen ihre Lebensmodelle nicht
Renate Diemers
vor, sondern bekennen uns ausdrücklich zur Wahlfreiheit.
Die Frauen müssen aber auch lernen, die Rechte, die ihnen nach den Gesetzen zustehen, für sich einzufordern.
Es gibt allerdings einen Punkt im Haushaltsansatz für 1998, mit dem ich nicht glücklich bin. Ich finde es wirklich bedauerlich, daß wir im Zuge der Sparmaßnahmen gezwungen waren, die Mittel für die Mutter-Kind-Stiftung wieder auf die mit 180 Millionen DM vorgegebene Mindesteinlage des Bundes zurückzuführen. Allerdings bleibt die Stiftung damit auch weiterhin in der Lage, werdenden Müttern, die sich in einer Konfliktlage befinden, unbürokratische Hilfe geben zu können. Natürlich werden wir aber dafür kämpfen, die Mittel dieser Bundesstiftung so schnell wie möglich wieder aufzustocken.
Mir ist allerdings der Sturm der Entrüstung völlig unverständlich, der jetzt mit Bezug auf die Kürzung durch die Reihen der Opposition geht. Ich erinnere mich nämlich noch allzugut an unzählige Sitzungen im Familienausschuß, in denen die gleichen Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, die jetzt Betroffenheit und Empörung zur Schau tragen, noch viel weitergehende Kürzungen genau bei dieser Stiftung gefordert haben. Darum sind Ihre jetzigen Einlassungen hierzu wirklich doppelzüngig.
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat nicht nur geldliche Verpflichtungen. Es hat auch die Verpflichtung, die Menschen für bestehende Probleme zu sensibilisieren. Damit sich in den Köpfen der Menschen etwas ändert, müssen wir aufklären und informieren. Alle Maßnahmen, liebe Kolleginnen und Kollegen, unserer Politik dienen dazu, die Stellung von Familie, Frauen, Senioren und jungen Menschen weiter zu verbessern.
Unter Berücksichtigung all dieser Fakten, meine Damen und Herren von der Opposition, werden auch Sie unserem Haushalt eigentlich Ihre Zustimmung nicht verweigern können.