Rede von
Oswald
Metzger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In den knappen öffentlichen Kassen fokussieren sich alle Probleme unserer Industriegesellschaft. Wir haben eine Abgaben- und Steuerlast, die zu umgehen viele Bürgerinnen und Bürger inzwischen versuchen. Das erkennt man daran, daß die Schattenwirtschaft zunimmt und daß sich die Gutsituierten in unserer Gesellschaft der steuerrechtlichen Ausnahmeregelungen schamlos bedienen und weniger Steuern zahlen als die eigentlichen Lastesel dieser Gesellschaft, die Angehörigen der Mittelschicht.
Wir haben eine Beschäftigungssituation, die durch das Abgabensystem verschärft wird, weil diese Regierung ständig neue Beitragssteigerungen in der Rentenversicherung beschließt. Wir stellen weiterhin fest, daß die ökologische Verantwortung dieser Gesellschaft in dem Ausmaß abnimmt, wie die öffentlichen Kassen kaputtgehen.
Für all dieses stehen eine Regierungskoalition, ein Bundesfinanzminister und ein Bundeskanzler, die mit zwei Hauptzielen in der Wirtschafts- und Finanzpolitik angetreten sind: Zum ersten wollten sie die öffentlichen Defizite begrenzen. - Fehlanzeige, Schuldenrekord in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Zum zweiten wollten sie die Steuer- und Abgabenlast senken. - Fehlanzeige, zumindest was die Abgabenlast betrifft. In bezug auf die Steuerlast ist zwar ein Absinken festzustellen. Das ist aber unfreiwillig und droht der Koalition das gesamte politische Geschäft kaputtzumachen. Denn Kollege Roth: Sämtliche Einsparungen auf Grund von Konsolidierungsmaßnahmen im Ausgabenbereich werden doch durch das Wegbrechen der Steuereinnahmen des Staates mehr als aufgefressen. Der Staat steht buchstäblich mit leeren Taschen da, und diese Koalition weiß nicht mehr, wie sie reagieren soll.
Ihnen muß es doch wie ein Geschenk des Himmels vorkommen, daß Sie in dieser Situation sagen können: Hätten wir doch nur diese große Einkommensteuerreform gemacht, die ja an der Sozialdemokratie gescheitert ist; dann wäre alles in Butter! Genau an
diesem Punkt, liebe Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, sollten wir als Opposition aus eigennützigem Interesse der Regierung die Maske vom Gesicht reißen.
Wo ist denn der Bundeskanzler, der analog dem Arbeitgeberpräsidenten Hundt und dem DIHT-Verbandspräsidenten Stihl vor dem Parlament erklärt: Wir haben als Regierung eingesehen, daß mit unserer Nettoentlastungsbotschaft kein Staat zu gewinnen ist? Wir kehren auf den Pfad der finanzpolitischen Tugend zurück und führen eine Einkommensteuerreform ohne Nettoentlastung durch, mit der wir die Bemessungsgrundlage verbreitern, die Steuerschlupflöcher, die inzwischen zu Scheunentoren entartet sind, schließen und dafür die Nominaltarife vom Eingangssteuersatz bis zum Spitzensteuersatz absenken.
Wir Grünen wären die letzten, die im Bundestag oder im Vermittlungsausschuß auf eine solche Aussage des Bundeskanzlers antworten würden: Nein, mit uns nicht.
Wir wollen ab 1999 regieren. Aber wir wollen mit Staatskassen regieren, die sich auf der Einnahmeseite wieder stabilisieren. Dazu muß man heute die Weichen stellen. Mit dieser Erblast, nämlich dem Verzicht auf eine Einkommensteuerreform in dieser Legislaturperiode, werden sich die jetzige und die künftige Bundesregierung und die Regierungen in den Bundesländern wundern, wie gnadenlos brutal die Unterfinanzierung der Haushalte des Jahres 1999 ausfällt.
Diese Erblast, Herr Finanzminister Waigel, die Sie uns hier hinterlassen, hat dermaßen brutale Auswirkungen, daß ohne die Einmaleffekte wie Tilgungsstreckungen und Erlöse durch die Privatisierung der Telekom, mit denen Sie das Jahr 1998 überbrücken wollen, die Nettoneuverschuldung 1999 auf bis zu 80 Milliarden DM steigen wird. Das ist eine Erblast sondergleichen, die zu Lasten schon dieser Generation geht, nicht nur zu Lasten der künftigen Generationen.
Wir alle sollten bei dem Pflichtprogramm, das wir in dieser Haushaltswoche absolvieren, bedenken: Wir kritisieren eine Regierung, die in ihren Reihen zwei kleine Regierungsparteien hat. Der einen, der kleinsten, nämlich der F.D.P., machen 12,4 Millionen DM mehr Probleme als die riesige Staatsverschuldung.
Die andere, die CSU, hat sich auf ihrem Parteitag am
Wochenende stärker an der norditalienischen Lega
Nord orientiert und ist zur Lega Süd degeneriert.
Oswald Metzger
Diese CSU redet einer Regionalisierung der Sozialversicherungsbeiträge das Wort. Das ist eine irreale Politik sondergleichen,
die auch dadurch nicht besser wird, daß Theo Waigel als wiedergewählter CSU-Vorsitzender bei uns Grünen keine Fundis und Realos mehr entdeckt, sondern nur noch Irrealos. Diese Wahrnehmung, Herr Finanzminister, fällt angesichts Ihrer Politik auf Sie zurück.
Lesen Sie Seite 8 des Gutachtens des Sachverständigenrates! Dieses Gutachten bescheinigt Ihrer Finanzpolitik im Jahr 1997 Orientierungslosigkeit, Ihre Finanzpolitik verstärkt die Probleme, die sie zu lösen vorgibt, noch durch Ihr politisches Handeln.
- Ob er anwesend ist oder nicht: Die Botschaft hört er wohl.
Der entscheidende Punkt in dieser Debatte ist - darauf möchte ich zurückkommen -: Wenn wir uns hier in einem Pflichtprogramm die Argumente, die wir zum tausendstenmal ausgetragen haben, gegenseitig um die Ohren schlagen, werden wir keinen Schritt weiterkommen. Die Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, von uns Grünen zu erfahren, was auf sie zukommt, wenn wir Regierungspartei werden. Wir haben für diesen Staat und diese Gesellschaft eine Gesamtverantwortung. Deshalb werde ich mich bemühen, aufzuzeigen, durch welche Richtung Finanzpolitik wieder solide, verläßlich und zukunftsfähig wird.
Diese Finanzpolitik muß drei Grundsätzen Genüge leisten: zum ersten soziale Gerechtigkeit, zum zweiten ökonomische Wohlfahrt und zum dritten ökologische Verträglichkeit. Für mich als Haushalts- und Finanzpolitiker sowie für meine Fraktion fängt alles bei einem Punkt an: Ohne die Einkommensteuerreform, über die wir alle reden, geht es nicht. Daher sollten wir sie machen. Bei Kompromissen muß jede Seite nachgeben. Ich habe vorhin zum Bundeskanzler gesagt: Verzicht auf die Nettoentlastung, und wir können sofort, noch in dieser Woche, über die Reform reden und eine Lösung zurechtzimmern. - Wir brauchen diese Einkommensteuerreform, damit sich die sehr gut Situierten für den Fiskus nicht mehr armrechnen können und sich die Mittelschichten nicht mehr als Lastesel des Steuerrechts empfinden, weswegen auch die Steuermoral in dieser Gesellschaft auf den Nenner zu bringen ist: Nur der Dumme zahlt noch Steuern; wer klug und clever ist, versucht, dem Fiskus möglichst nicht mehr das zu geben, was der Fiskus braucht.
Meine Damen und Herren von der F.D.P., da bieten Sie als Partei natürlich Angriffsflächen zuhauf. Wer
dem Staat seine Mittel vorenthalten will und wer dem blanken Egoismus der sehr gut Situierten, die für sich selber sorgen können, das Wort redet, der riskiert politische Verwerfungen in dieser Gesellschaft, die auch konservative, sozialdemokratische und natürlich erst recht grüne Wählerinnen und Wähler dazu bringen werden, festzustellen, daß soziale Sicherheit in einer Gesellschaft eine Qualität ist, die überhaupt nicht hoch genug zu bewerten ist, auch im immateriellen Sinn.
Deshalb wird es ohne eine große Einkommensteuerreform in dieser Legislaturperiode langfristig keine Stabilisierung der Einnahmen des Staates geben. Da sitzen alle hier im Haus - mit Ausnahme der PDS - in einem Boot, weil sie in den Bundesländern regieren - wir inzwischen in fünf Regierungen - und Einbrüche in der Einnahmebasis des Staates alle treffen.
Wir brauchen eine neue Säule im Steuersystem, die wir Grüne mit der Vokabel „Ökosteuer" belegen. Wir müssen den Ressourcenverbrauch verteuern und dafür den Faktor Arbeit entlasten. An dieser Grundbotschaft kommt eine zukunftsfähige Politik nicht vorbei.
Deshalb gibt es ohne Einstieg in die Ökosteuer keine Absenkung der Lohnnebenkosten und keine Impulse für Wachstum und Beschäftigung in dieser Gesellschaft.
Meine Damen und Herren, wer glaubt, hier der Opposition ein Stöckchen nach dem Motto „Wir machen es nur mit der Mehrwertsteuer" hinhalten zu müssen, der täuscht sich ganz gewaltig. Die Mehrwertsteuer weist in ihrer Verteilungswirkung ohnehin eine soziale Schieflage auf und beinhaltet gleichzeitig keine ökologisch substantielle Initiative für mehr Wachstum und Beschäftigung in zukunftsfähigen Feldern in unserer Gesellschaft.
Inzwischen hat selbst die OECD in ihrem neuesten Gutachten entdeckt, daß Ökosteuern Beschäftigungswirkungen entfalten. Die OECD steht sicher nicht im Geruch, mit Grünen oder Sozialdemokraten zu kungeln, sondern sie argumentiert normalerweise erstaunlich wirtschaftsnah. Aus empirischen Erfahrungen nationaler Volkswirtschaften, die bereits, wenn auch behutsam, ökologische Steuern eingeführt haben, so daß der Industrie Umstellungsmöglichkeiten gegeben werden, kommt sie zu dem Ergebnis, daß die Einführung einer Ökosteuer beschäftigungswirksam ist.
Meine Damen und Herren in der Koalition, aber natürlich auch in der Opposition, wir alle wissen, daß Haushalte, die strukturell defizitär sind, nur dann saniert werden können, wenn man nicht nur die Einnahmen, sondern auch die Ausgaben auf den Prüfstand stellt. Die öffentliche Hand muß eine Aufgabenkritik betreiben, die untersucht, ob die Steuern und Abgaben, die für bestimmte öffentliche Ausga-
Oswald Metzger
ben erhoben werden, tatsächlich effizient eingesetzt werden oder nicht.
Wir brauchen auch die Überprüfung der sozialen Sicherungssysteme. Ohne strukturelle Reformen in den sozialen Sicherungssystemen werden wir die Zukunftsfähigkeit dieser Gesellschaft nicht sicherstellen. Allein schon die demographische Entwicklung ist Grund genug, mahnend den Finger zu heben.
Ich rate allen, im Monatsbericht November der Bundesbank den Artikel über die Lastenverteilung zwischen den Generationen zu lesen. Dort wird in einem Modellversuch zu beziffern versucht, welche Lasten die heute lebenden Generationen den nachfolgenden Generationen hinterlassen und wie dramatisch der Anstieg der steuerfinanzierten Leistungsquote über den Lebenszyklus eines Menschen sein wird, wenn nicht die heute politisch verantwortliche Generation rechtzeitig die Weichen anders stellt.
Wenn man die Ausgaben auf den Prüfstand stellt, brauchen wir eine Aufgabenkritik; das habe ich bereits gesagt. „Ausgaben auf den Prüfstand stellen" heißt, auch bei Lieblingsprojekten dieser Koalition, beispielsweise beim Eurofighter, über den morgen entschieden wird, ehrlich zu sagen und klarzumachen, daß man mit dieser politischen Entscheidung, die stärker unter industriepolitischen Gesichtspunkten getroffen wurde - von ihr profitiert die Lega-SüdPartei CSU am meisten, weil die DASA ihren Hauptstandort in Bayern hat -,
nach heutigem Geldwert 30 Milliarden DM bis zum Jahre 2014 für diesen Vogel bindet. Gegen ihn sind 80 Prozent der Bevölkerung, weil sie sich nicht vorstellen können, daß man in Zeiten, in denen die Kleinrentnerin in der Apotheke ihre Zuzahlung leistet, gleichzeitig ein so unsinniges Projekt von staatlicher Seite finanziert.
Sie können sich aber vorstellen, daß man nicht nur solche Wahnsinnsprojekte wie den Eurofighter zur Disposition stellt, sondern auch klar und deutlich sagt: Die Personalstruktur der Bundeswehr mit 340 000 Soldaten wird sich mit oder ohne Wehrpflicht nicht halten lassen; in der nächsten Legislaturperiode muß diese Personalstruktur weiter zurückgeführt werden, und zwar aus rein ökonomischen Gründen,
weil der Anteil der Verteidigungslasten, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, bei politisch veränderter Sicherheitslage nicht so hoch bleiben kann wie in der Vergangenheit.
Genau das gleiche gilt für die Versorgungslasten im öffentlichen Dienst. Jeder weiß, wie viele Menschen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten pensioniert werden und welche Versorgungslasten auf die öffentlichen Haushalte, vor allem auf die Haushalte der Bundesländer, die einen höheren Personalkostenanteil haben, zukommen.
Wir werden im Jahr 2030 rund 1,3 Millionen Pensionen für Beamtinnen und Beamte aus den öffentlichen Haushalten zu finanzieren haben. Kein Mensch wird sich hier hinstellen und glaubwürdig sagen können: Die heutige Beamtenversorgung wird sich auf diesem Niveau halten lassen. Wir Grünen glauben deshalb beispielsweise, daß die 13. Monatspension zur Disposition gestellt werden muß, um auch in diesem Bereich eine faire Lastenverteilung zwischen Beamten und Arbeitnehmern zu gewährleisten.
Dies ist nur ein Beispiel von vielen. Es geht uns damm, den Menschen auch vor den Wahlen zu sagen, was auf sie zukommt.
Wir werden uns genauso die staatlichen Subventionen ansehen müssen, die auch der Lega-SüdPartei, also der CSU, außerordentlich nützen. Ich nenne hier nur die Subventionen in der Landwirtschaft. Wie viele Agrarsubventionen dienen nur dazu, Strukturen zu erhalten, die mit landschaftsverträglicher Landwirtschaft überhaupt nichts am Hut haben. Sie fördern Großbetriebe und geraten in Eurobürokratien, wo sie nicht hingehören!
Wenn Sie sich ein solches Konsolidierungskonzept ansehen, denken Sie vielleicht: Es klingt alles so vernünftig, damit könnten sich Leute von links bis rechts anfreunden. - So einfach ist es aber nicht. Bei der Umsetzung des Konzeptes wird plötzlich deutlich, aus welchem politischen Milieu man kommt. Die F.D.P. hätte im Zweifelsfall riesige Probleme damit, die Bemessungsgrundlage im Steuerrecht dort zu verbreitern, wo es ihrer gutsituierten Klientel ans Eingemachte geht.
Wir Grünen sind bereit, uns genau dieser Nagelprobe zu stellen und das anzutesten. Verzichten Sie auf die Nettoentlastung, dann werden wir uns über einen Katalog von Abschreibungsverschlechterungen unterhalten. Sie werden merken, wie Ihnen Ihre eigenen Lobbyisten auf den Zehenspitzen herumtreten werden, und zwar nicht zu knapp.
- Das haben Sie nicht gemacht. Selbst der Sachverständigenrat schreibt in seinem Gutachten, daß die Reformansätze der Petersberger Beschlüsse zwar in der Tendenz richtig seien, aber im Abschreibungsbereich eine breitere Bemessungsgrundlage durchaus wünschenswert wäre. Auch hier gilt natürlich: Wehret den Anfängen. Je breiter Sie die Bemessungsgrundlage gestalten, desto eher bekommen Sie eine Einkommensteuerreform dieser Prägung hin.
- Aha. Ich habe vorhin den Bundeskanzler angesprochen. Herr Kollege Thiele, Sie als Finanzausschußvorsitzender - Ihre Partei hat in ihren langen 27 Re-
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gierungsjahren immer den Finanzausschußvorsitz gehabt -, also als Vorsitzender des Ausschusses, der das heutige Steuerrecht gezimmert hat, das Sie jetzt beklagen, halten uns als Opposition den Spiegel vor. Sie sitzen im Glashaus und sollten nicht mit Steinen auf andere werfen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einen letzten Aspekt ansprechen, damit die Kür in der Schlußrunde trotzdem noch in der Linie bleibt und dies nicht auf den alten Schlagabtausch hinausläuft. Die Bevölkerung weiß sehr gut, daß diese Koalition am Ende ist. Das braucht die Opposition nicht ständig zu sagen.
Ich denke in die Zukunft und will, daß wir als Opposition die Regierung auf einer Geschäftsgrundlage übernehmen können, die tatsächlich zu einer Sanierung der öffentlichen Haushalte führt. Aber dazu muß man den Bürgerinnen und Bürgern die Wahrheit sagen und ihnen auch etwas zumuten. Dazu brauchen wir angesichts der bevorstehenden europäischen Währungsunion auch einen nationalen Stabilitätspakt. Was nützt es einer Bundesregierung, wenn man dann, wenn wir in Deutschland nach Einführung des Euro die Defizitkriterien in bestimmten Jahren nicht erreichen sollten und entsprechende Strafen mit dem Nationalstaat verrechnet werden, die Bundesländer nicht mit ins Boot steigen läßt? Die Länder können sich nicht aus der Verantwortung ziehen. Dies sage ich als Mitglied einer Partei, die in fünf Bundesländern mit Regierungsverantwortung trägt.
Wir brauchen mehr Finanzverantwortung zwischen den staatlichen Ebenen. Wir brauchen auch eine Reform des Finanzierungsgeflechts zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, denn die Gemeinden, die am Katzentisch des Vermittlungsausschusses sitzen, beißen bei der gesamten Debatte immer die Hunde. Hier kommt bei mir auch noch einmal der Kommunalpolitiker durch: Schauen Sie sich einmal an, wie in diesen Wochen und Monaten, in denen die Haushaltspläne der Landkreise in den Kreistagen beraten werden, die Mehrausgaben für die Sozialhilfe durch die Verschiebung der Kostenlast vom Bund auf die Kommunen bzw. von den Ländern auf die Kommunen dramatisch steigen. Die Kreisumlagen werden teilweise um 4 bis 6 Prozent erhöht. Den Gemeinden steht das Wasser bis zum Hals. Es gibt kaum noch Gemeinden, die ihre Haushalte ausgleichen können, obwohl sie in den letzten fünf bis sechs Jahren bei der Verwaltungsreform wesentlich weitergekommen sind, als das auf Bundesebene der Fall ist.
Der Bund hat noch eine Bringschuld im Hinblick auf effiziente Haushaltswirtschaft, Personalstrukturreformen, mehr Budgetierung, mehr Dezentralisierung, mehr Verantwortlichkeit von Verwaltungsabteilungen, mehr Produktorientierung und Abgehen von der Kameralistik. Hier brauchen Sie - egal, in welchem Lager Sie sitzen - den Kommunen nichts vorzuhalten. Die Zeiten, in denen in Sindelfingen noch Marmorpflasterstreifen verlegt wurden, sind längst vorbei. Den Kommunen steht das Wasser bis zum Hals. Solange Sie auf Bundesebene bestimmte Zöpfe nicht abschneiden, hat hier praktisch niemand das Recht, mit dem Finger auf die Kommunen zu zeigen.
Alles in allem: Wenn wir eine sozial gerechte Gesellschaft wollen, wo sich ökonomische Wohlfahrt mit ökologischer Gerechtigkeit paart, dann müssen wir heute die Weichen dafür stellen, daß die öffentlichen Haushalte ihre strukturellen Defizite langsam, aber stetig abbauen können und daß die Politik in dieser Gesellschaft für die Wirtschaftsakteure planbar und zukunftsfähig ist. Dadurch werden die Voraussetzungen geschaffen, daß sich das Produktivkapital in dieser Gesellschaft wieder ausweitet, daß die Ausrüstungsinvestitionen und die Anlageinvestitionen steigen und daß Wachstum und Beschäftigung wieder Einkehr in diese Gesellschaft halten. Ich glaube, wir von den Grünen haben hierfür die besseren Konzepte als die abgewirtschaftete Koalition.
Vielen Dank.