Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Fast eine Odyssee", so kann man die Debatten um die heute zur Verabschiedung anstehenden Gesetzentwürfe nennen, wobei es um eine ganz Reihe von unstreitigen Themen geht, insbesondere bei der Frage der Umsetzung der Euro-Richtlinien für Führerscheine, Fahrerlaubnisse und Fahrlehrerausbildung. Die strittigen Punkte waren - sie sind es letztlich auch heute noch, wie die eingebrachten Anträge zeigen -, wie wir in Zukunft mit der Fahrtüchtigkeit in bezug auf den Konsum von Alkohol und Drogen umgehen.
Es ist kein Geheimnis, daß ein Großteil unserer Fraktion gerne bei der 0,8-Promille-Grenze geblieben wäre, weil die meisten keinen Handlungsbedarf sahen. Es war und ist eine Illusion, zu glauben, daß diejenigen, die in der Vergangenheit unter Alkoholeinfluß gefahren sind, deswegen keinen Alkohol mehr trinken, weil das Überschreiten einer von 0,8 auf 0,5 Promille abgesenkten Grenze als einer Warnfunktion oder Schwellenstufe mit einem Ordnungswidrigkeitengeld und mit Punkten in Flensburg belegt wird.
Viel wichtiger ist, daß in Zukunft neben der Blutprobe auch die Atemalkoholanalyse zugelassen ist, wobei hier sicher noch nicht das letzte Wort gesprochen ist, weil die Erfahrung der Praxis noch die eine oder andere nicht erkennbare Auswirkung mit sich bringen wird.
Mein Vorschlag, es im Regelfall bei der Grenze von 0,8 Promille zu belassen, dafür aber für die Zeit des Führerscheins auf Probe eine 0,0-Promille-Regelung einzuführen, hat leider nicht die Mehrheit gefunden. Auch die SPD hat in diesem Punkt keine Gegenliebe gezeigt. Durch diese Regelung hätte ich mir eine Verstärkung der Vernunft unserer jungen Leute versprochen, die im übrigen heute schon überwiegend für die Fahrt zum Disco-Besuch und zu Veranstaltungen Fahrgemeinschaften bilden. Die Crew achtet dabei sehr genau darauf, daß derjenige, der für diese Aufgabe, an diesem Abend zu fahren, ausgesucht oder auch ausgewürfelt wurde, keinen Tropfen Alkohol trinkt. Trotzdem: Mit dem Damoklesschwert, schon bei geringsten Alkoholmengen die Fahrerlaubnis zu verlieren, wäre auf manchen Neuling ein noch stärkerer Druck ausgeübt worden.
Auch Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen, müssen ja immer wieder montags beim Aufschlagen der Zeitung die Berichte über Unfälle von meist jungen Leuten lesen, die an den Wochenenden ihr Leben verloren haben. Häufigste Unfallursachen sind überhöhte Geschwindigkeit und Alkoholkonsum. Sie verursachen die für junge Leute typischen Unfälle.
Dennoch stehe ich voll und ganz hinter dem Kompromiß der Koalition, weil naturgemäß die Regelungsdichte und Einführung der 0,5-PromilleGrenze, sozusagen die gelbe Karte im Straßenverkehr, wieder die Aufmerksamkeit auf die Unfälle lenkt, bei denen Alkohol im Spiel ist.
Wir sollten aber eines wissen: Wir sind kein Volk von alkoholisierten Fahrern, wie manche uns weismachen wollen. Alkoholfahrten sind die Ausnahme.
Fahren ohne Alkohol ist in über 98 Prozent die Regel.
Wissenschaftliche Erkenntnisse haben gezeigt, daß über den Alkohol hinaus jede Art und jede Menge von Drogen im Straßenverkehr zu verminderten Reaktionen, zu Fehlreaktionen oder auch Aggressionen führt. Deswegen haben wir, zunächst im Einklang mit den Damen und Herren von der Opposition, die Drogenproblematik aufgenommen.
Wir waren uns einig, daß - unabhängig von anderen Vorschriften - der Konsum von Drogen dann eine Ordnungswidrigkeit darstellt, wenn der Betroffene ein Fahrzeug führt. Er kann nun mit einem Bußgeld bis zu 3 000 DM oder auch einem Fahrverbot belegt werden. Ich glaube, das ist eine wirksame Maßnahme.
Wir sind mit der SPD-Opposition deswegen nicht einig geworden, weil die Sozialdemokraten nicht bereit waren, jede Art Drogennachweis für jemanden, der ein Kraftfahrzeug führt, ausreichen zu lassen, sondern abgestufte Kriterien forderten.
Unabhängig davon, daß es schwierig ist, bei den sehr unterschiedlichen zugrunde liegenden Substanzen Stufen einzuführen, ist dies auch ordnungsrechtlich sehr bedenklich. Jeglicher Handel mit Betäubungsmitteln aller Art ist strafbar, und wenn schon der Eigenverbrauch als solcher nicht verfolgt wird, so sind doch die Bürger vor den Folgen dieser Handlungen zu schützen.
Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten
So ist es nicht mehr als konsequent, jegliche Einnahme von berauschenden Mitteln im Straßenverkehr zu verbieten, urn auch nicht den leisesten Verdacht aufkommen zu lassen, daß man geringe Mengen für ungefährlich hält und durch Billigung verniedlicht.
Folgerichtig werden zu den klassischen berauschenden Mitteln wie Cannabis, Heroin, Morphin, Kokain auch die Amphetamine einschließlich der Designer-Amphetamine hinzugerechnet, um keine Lükken zu lassen. Wir haben vorgesorgt, daß seitens des Bundesministers für Verkehr im Einvernehmen mit dem Minister für Gesundheit und dem Minister der Justiz sowie mit der Zustimmung des Bundesrates weitere Mittel und Substanzen hinzugerechnet werden können.
Zusammen mit Herrn Hartenbach ist es mir gelungen, etwas durchzusetzen, was andere jetzt als ihren Erfolg feiern, nämlich die Möglichkeit für diejenigen, die noch nicht mit einem Fahrverbot belegt waren, sich als Ersttäter den Termin dafür innerhalb von vier Monaten aussuchen zu können, damit es sie nicht gleich wie einen Keulenschlag trifft. Davon versprechen wir uns eine deutliche Entlastung der Gerichte, weil vielfach Rechtsmittel nur eingelegt wurden, um mit der Rücknahme des Rechtsmittels zu einem geeigneten Zeitpunkt das Fahrverbot in Kraft treten zu lassen. Richtig ist, daß wir dies nicht für Wiederholungstäter wollen.
Eine Expertengruppe der CDU/CSU hat in den vergangenen Wochen ein deutliches Signal setzen wollen. Wir wollen nämlich nicht den Eindruck erwecken, daß Autofahrer Gegner sind, und wir finden, daß Autofahrer nicht Melkkühe werden dürfen.
Wir wollen deswegen in Zukunft - dazu dient unser Entschließungsentwurf - deutlich auch dem Gestrüpp von unübersichtlichen Bestimmungen entgegentreten und Autofahrer, die sich lange Zeit ordnungsgemäß verhalten haben, die keinen Eintrag aufweisen, mit einem Bonussystem belohnen.
Dazu gehört unter Umständen auch - das ist noch etwas strittig -, daß Fahrverbote auf Zeit ausgesetzt werden können, eigentlich eine logische Folge. Warum sollte, wenn ich eine Freiheitsstrafe auf Zeit aussetzen kann, dies nicht auch für eine geringere Nebenstrafe bei Ersttätern möglich sein? - Wir wollen damit zeigen, daß wir ein autofreundliches Land sind und nicht die Autofahrer verteufeln.
Der große Teil der Autofahrer fährt verantwortungsbewußt, und wir wollen das mit einem Bonussystem belohnen. Einzelheiten will ich hier nicht nennen, aber es ist wichtig, daß jeder weiß, daß er auch einen „Fehltritt" wiedergutmachen kann.
Meine Damen und Herren, die medizinisch-psychologische Untersuchung ist für Betroffene oft zu einem Horror- und Folterinstrument geworden.
Für die Betroffenen - entweder mit hohem Blutalkoholgehalt oder Wiederholungstäter - ist die vom Gericht ausgesprochene Sperre völlig uninteressant, weil die Probleme erst dann beginnen, wenn der Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis bei der Verwaltungsbehörde gestellt wird. Was hier geschieht, ist oft nicht nachvollziehbar, und es wird höchste Zeit, daß wir einheitliche Richtlinien auf stellen, damit manche Willkür entfällt.
Der Schilderwald ist zu durchforsten; notwendige Geschwindigkeitsbeschränkungen sind auf ihren Zweck zu begrenzen. Temposchilder zum Beispiel an Schulen und Kindergärten verlieren nachts und in den Ferien völlig ihren Zweck.
Geschwindigkeitsanordnungen sind auch zu überprüfen, wenn sie zur Begrenzung des Lärmpegels dienen. Eine solche Begrenzung müßte für Lkws ausreichen und nicht auf Pkws ausgedehnt werden.
Meine Damen und Herren, wenn die SPD generell Tempo 30 in der Stadt fordert, so ist das wirklichkeitsfremd und auch nicht einzuhalten.
Wenn dann noch morgens um 6 Uhr oder nachts um 24 Uhr in solchen Zonen Geschwindigkeitskontrollen durchgeführt werden, dann dient dies eben nicht der Sicherheit, sondern der Autofahrer wird zugunsten des Stadtsäckels abgezockt. Dies wollen wir in Zukunft verhindern. Wir werden daran arbeiten, diese Gesetzesänderung noch in dieser Legislaturperiode vorlegen zu können.
Meine Damen und Herren, mit den heute vorgelegten Gesetzentwürfen sind sinnvolle, maßvolle und nachvollziehbare Regeln eingeführt, die den redlichen Autofahrer nicht berühren und die Fahrer durch Geldbußen oder Strafen zur ordnungsgemäßen Teilnahme am Verkehr anmahnen, wenn sie gefehlt haben. Ich bitte daher um Zustimmung zu den vorliegenden Gesetzentwürfen. Die Regierungskoalition aus CDU, CSU und F.D.P. wird die von der SPD, den Grünen und der PDS vorgelegten anderen Gesetzentwürfe und Entschließungen als überzogen, unnötig oder nicht durchführbar ablehnen.
Danke schön.