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ID1320107500

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    Plenarprotokoll 13/201 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 201. Sitzung Bonn, Freitag, den 31. Oktober 1997 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung ..... 18165 A Tagesordnungspunkt 17: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung (Drucksachen 13/8704, 13/8869, 13/8873) . . . 18165 B b) Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Entlastung der Versicherten und der Unternehmen von Lohnzusatzkosten (Drucksachen 13/8042, 13/8863, 13/8874) . 18165 B Andreas Storm CDU/CSU 18165 D Rudolf Dreßler SPD 18167 D Andreas Storm CDU/CSU . . 18171B, 18172 A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18172 D Dr. Gisela Babel F.D.P 18174 B Dr. Barbara Höll PDS 18175 C Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 18176 C Peter Rauen CDU/CSU 18178 B Namentliche Abstimmungen . . 18180A, 18182 C Ergebnisse 18180B, 18186 A Tagesordnungspunkt 18: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Haushaltsrechts von Bund und Ländern (Haushaltsrechts-Fortentwicklungsgesetz) (Drucksachen 13/8293, 13/ 8875) 18182 D b) Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Oswald Metzger, Antje Hermenau, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine umfassende Haushalts- und Finanzreform: Transparenz, Wirtschaftlichkeit und parlamentarische Kontrolle (Drucksachen 13/8472, 13/8876) 18183 A Dietrich Austermann CDU/CSU 18183 B, 18195 C Uta Titze-Stecher SPD 18188 B Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18190 C Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. . 18191 D Dr. Christa Luft PDS 18193 B Irmgard Karwatzki, Parl. Staatssekretärin BMF 18194 C Karl Diller SPD 18195 A Karl Diller SPD 18195 D Zusatztagesordnungspunkt 8: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung sowie zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften (Drucksachen 13/8447, 13/ 8882, 13/8887) 18196 D Tagesordnungspunkt 20: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Heuer, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Artikels 38 des Grundgesetzes (Drucksache 13/3519) . . . . 18197 B b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Heuer, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS eingebrachten Entwurfs eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (Drucksache 13/3520) . 18197 B c) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Heuer, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS eingebrachten Entwurfs eines Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (Drucksache 13/3523) . 18197 C d) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Heuer, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Europawahlgesetzes (Drucksache 13/3521) 18197 C Dr. Gregor Gysi PDS 18197 D, 18204 C Michael Teiser CDU/CSU 18199 A Dieter Wiefelspütz SPD 18200 B Dr. Gregor Gysi PDS 18201 B Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18202 A Dieter Wiefelspütz SPD 18202 D Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 18203 C Zusatztagesordnungspunkt 7: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zu den Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten . 18204 D Dr. Gregor Gysi PDS 18205 A Friedhelm Ost CDU/CSU 18206 A Hans Martin Bury SPD 18207 A Wolfgang Schmitt (Langenfeld) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18208 A Rainer Funke F D P. 18208 D Hansgeorg Hauser, Parl. Staatssekretär BMF 18209 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 18210 D Wolgang Steiger CDU/CSU 18211 D Bernd Scheelen SPD 18212 D Nächste Sitzung 18213 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 18214* A Anlage 2 Nachträglich zu Protoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 13 (200. Sitzung am 30. Oktober 1997) (Große Anfrage: Rückstände von Tierarzneimitteln in Lebensmitteln) Editha Limbach CDU/CSU 18214* D Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 18 (a - HaushaltsrechtFortentwicklungsgesetz, b - Antrag; Für eine umfassende Haushalts- und Finanzreform; Transparenz, Wirtschaftlichkeit und parlamentarische Kontrolle) Irmgard Karwatzki, Parl. Staatssekretärin BMF 18215* B Karl Diller SPD 18216* D Anlage 4 Amtliche Mitteilungen 18218* A 201. Sitzung Bonn, Freitag, den 31. Oktober 1997 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Becker-Inglau, Ingrid SPD 31. 10. 97 Behrendt, Wolfgang SPD 31. 10. 97 * Blunck, Lilo SPD 31. 10. 97 Dr. Feldmann, Olaf F.D.P. 31. 10. 97 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 31. 10. 97 Frick, Gisela F.D.P. 31. 10. 97 Friedhoff, Paul K. F.D.P. 31. 10. 97 Dr. Fuchs, Ruth PDS 31. 10. 97 Geiger, Michaela CDU/CSU 31. 10. 97 Günther (Plauen), F.D.P. 31. 10. 97 Joachim Hanewinckel, Christel SPD 31. 10. 97 Heistermann, Dieter SPD 31. 10. 97 Hempelmann, Rolf SPD 31. 10. 97 Heyne, Kristin BÜNDNIS 31. 10. 97 90/DIE GRÜNEN Homburger, Birgit F.D.P. 31. 10. 97 Dr. Hornhues, Karl-Heinz CDU/CSU 31. 10. 97 Hovermann, Eike SPD 31. 10. 97 von Klaeden, Eckart CDU/CSU 31. 10. 97 Klemmer, Siegrun SPD 31. 10. 97 Dr. Küster, Uwe SPD 31. 10. 97 Kurzhals, Christine SPD 31. 10. 97 Lengsfeld, Vera CDU/CSU 31. 10. 97 Lotz, Erika SPD 31. 10. 97 Mante, Winfried SPD 31. 10. 97 Marx, Dorle SPD 31. 10. 97 Dr. Mayer CDU/CSU 31. 10. 97 (Siegertsbrunn), Martin Dr. Ortleb, Rainer F.D.P. 31. 10. 97 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 31. 10. 97 Reschke, Otto SPD 31. 10. 97 Dr. Rexrodt, Günter F.D.P. 31. 10. 97 Rupprecht, Marlene SPD 31. 10. 97 Dr. Scheer, Hermann SPD 31. 10. 97 * Schild, Horst SPD 31. 10. 97 Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 31. 10. 97 Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 31. 10. 97 90/DIE GRÜNEN Schultz (Everswinkel), SPD 31. 10. 97 Reinhard Schwanitz, Rolf SPD 31. 10. 97 Sielaff, Horst SPD 31. 10. 97 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Singer, Johannes SPD 31. 10. 97 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 31. 10. 97 Thierse, Wolfgang SPD 31. 10. 97 Vosen, Josef SPD 31. 10. 97 Graf von Waldburg-Zeil, CDU/CSU 31. 10. 97 Alois Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 31. 10. 97 Weißgerber, Gunter SPD 31. 10. 97 Zeitlmann, Wolfgang CDU/CSU 31. 10. 97 *) für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungen des Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPU Abgeordnete(r) Behrendt, Wolfgang SPD Hornung, Siegfried CDU/CSU Dr. Scheer, Hermann SPD Siebert, Bernd CDU/CSU Anlage 2 Nachträglich zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 13 (200. Sitzung am 30. Oktober 1997, Seite 18143 A) (Große Anfrage: Rückstände von Tierarzneimitteln in Lebensmitteln) Editha Limbach (CDU/CSU): Zunächst möchte ich der Bundesregierung für die ausführliche Antwort zur Großen Anfrage „Rückstände von Tierarzneimitteln in Lebensmitteln" herzlich danken. Diese Antworten bilden nämlich eine gute Grundlage für die Beratungen, die zu diesem Thema im Gesundheitsausschuß des Bundestags noch stattfinden werden. Wir haben außerdem mit großem Interesse die Verhandlungen auf dem Symposium der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verfolgt, das kürzlich zu diesem Thema auf Anregung der Regierung in Berlin stattfand. Den Bericht über diese Tagung werden wir ebenfalls im Gesundheitsausschuß sorgfältig analysieren. Gerade weil das angesprochene Thema geeignet ist, die Menschen zu verunsichern und zu ängstigen, ist eine sehr sorgfältige und den vorsorgenden gesundheitlichen Verbraucherschutz beachtende Dis- kussion ebenso notwendig wie jede Vermeidung von unsinniger Panikmache. So muß festgehalten werden - und das ist unter Fachleuten, aber auch im Gesundheitsausschuß weitgehend unstrittig -, daß in der Tierhaltung zu therapeutischen Zwecken auch der Einsatz von bestimmten Antibiotika als Tierarzneimittel durchaus sinnvoll sein kann, zumal auch Tierarzneimittel zugelassen sein müssen und den arzneirechtlichen Vorschriften unterliegen. Vor der Zulassung werden Tierarzneimittel, wie alle Arzneimittel, auf Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit geprüft. Auch nach der Zulassung wird weiter beobachtet, seit 1995 ist die Einrichtung von Pharmakovigilanzsystemen in allen Ländern der Europäischen Union Pflicht. Etwas weniger einfach ist die Antwort auf die Frage, ob bestimmte Antibiotika wegen ihrer Bedeutung in der Humanmedizin und möglicher Verstärkung der weltweit zu beobachtenden Entwicklung der Resistenzsituation gegenüber Antibiotika zurückgedrängt oder gar in der Tiermedizin ganz ausgeschlossen werden müssen. Und wie verhält es sich mit der Anwendung von antimikrobiellen Stoffen in der Tierhaltung z. B. als Futterzusatzstoff? Auch diesen Fragen werden wir im Gesundheitsausschuß unsere Aufmerksamkeit widmen. Ich gehe davon aus, daß wir in vielen Punkten hier keinen parteipolitischen Streit führen müssen, sondern gemeinsam zu guten Ergebnissen kommen können. Diese guten Ergebnisse werden aber in vielen Fällen nur wirksam werden, wenn wir auch international, vor allem auf EU-Ebene zu gemeinsamen Regelungen finden; dies müssen wir in unsere Überlegungen einbeziehen. So ist nach unserer Auffassung z. B. die Einführung eines Resistenz-Monitorings für Arzneimittel, wie es bereits in der Bundesrepublik existiert, auch auf europäischer Ebene mit Nachdruck anzustreben. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 18 (a - Haushaltsrecht-Fortentwicklungsgesetz, b - Antrag: Für eine umfassende Haushalts- und Finanzreform: Transparenz, Wirtschaftlichkeit und parlamentarische Kontrolle) Irmgard Karwatzki, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen: 1. Schlanker Staat. Eine Herausforderung unserer Zeit ist die Verschlankung des Staates. Eine Staatsquote im Bereich von 50 Prozent läßt den Bürgern wenig Raum zur Entfaltung. Wir stehen vor der Aufgabe, hier eine Trendwende einzuleiten. 2. Haushaltsrecht auf dem Prüfstand. Wir haben dabei auch das Haushaltsrecht auf den Prüfstand gestellt und mit dem vorliegenden Gesetzentwurf Konsequenzen aus den Ergebnissen der Prüfung gezogen. Der Gesetzentwurf geht von folgenden Überlegungen aus: Die Effizienz der öffentlichen Verwaltung muß erhöht werden, wenn Deutschland im internationalen Wettbewerb bestehen will. Ein fortentwickeltes Haushaltsrecht ist dafür ein entscheidender Baustein. 3. Erfolgreiche Modellvorhaben. Wir haben das seit 1995 in der Bundesverwaltung durch Modellvorhaben erprobt. Übereinstimmendes Element ist, Anreize für einen effizienten Mitteleinsatz zu schaffen. Die Ergebnisse sind bisher positiv. 4. Umsetzung der Ergebnisse. Der Gesetzentwurf schafft die Rahmenbedingungen für die Umsetzung in der Breite. In der öffentlichen Anhörung im Haushaltsausschuß wurde die Richtigkeit unseres Weges bestätigt. 5. Eckpunkte des Gesetzentwurfs. Wesentliche Eckpunkte sind: Die Flexibilität der Haushaltswirtschaft wird durch eine Erweiterung der Deckungsfähigkeit erhöht. Das Jährlichkeitsprinzip wird durch eine Erweiterung der Übertragbarkeit zielgerechter angewandt. Der Grundsatz der Gesamtdeckung wird gelockert, um verstärkte Anreize zur Erzielung von Mehreinnahmen zu schaffen. Die Kosten- und Leistungsrechnung wird im Haushaltsgrundsätzegesetz und in der Bundeshaushaltsordnung verankert. Schließlich ist eine Verpflichtung zu Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei allen finanzwirksamen Maßnahmen vorgesehen. 6. Sicherung des parlamentarischen Budgetrechts. Es gibt aber auch Stimmen aus dem parlamentarischen Bereich, die fürchten, das parlamentarische Budgetrecht könnte durch die angestrebte Flexibilisierung des Haushaltsrechts beeinträchtigt werden. Ich meine, der Gesetzentwurf trägt diesen berechtigten Sorgen Rechnung; denn mit dem Gesetzentwurf gehen wir einen mittleren Weg zwischen notwendiger Flexibilisierung und parlamentarischer Verantwortung und Kontrolle der Regierung. Durch die Verankerung der Kosten- und Leistungsrechnung und die Pflicht zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen werden die Möglichkeiten für eine ergebnisorientierte parlamentarische Budgetkontrolle gestärkt. Zusätzlich organisieren wir die externe Finanzkontrolle neu. Künftig werden die neuen Prüfungsämter unter der Leitung des Bundesrechnungshofes verstärkt die Wirtschaftlichkeit prüfen. Das neue Haushaltsgrundsätzegesetz ist ein Angebot für mehr Flexibilität an die Haushaltsgesetzgeber in Bund und Ländern. Es kommt darauf an, was Bund und Länder daraus machen. 7. Praktische Konsequenzen. Deshalb haben wir die Modellvorhaben im Bundesbereich eingehend bewertet und im Bundeshaushalt 1998 mit der Umsetzung begonnen. Die Verwaltungsausgaben sind in der Regel die Bereiche, die durch regelmäßig anfallende Ausgaben des Staatsverbrauchs geprägt sind. Dort setzen wir mit der Reform des Haushaltsrechts an. Es handelt sich hierbei um Ausgaben des Bundeshaushalts in Höhe von 27 Milliarden DM; dort sehen wir den Handlungsbedarf für den Bund. Bisher ist kennzeichnend eine detaillierte Festlegung aller Ausgaben. Bei einem Haushaltsvolumen von fast 500 Milliarden DM werden zum Teil Ausgaben für wenige tausend Mark verbindlich geregelt. Das Messen einer Behörde an ihren Ergebnissen gerät hierbei teilweise aus dem Blick. Das wollen wir ändern. Zukünftig werden wir verstärkt eine ergebnisorientierte Steuerung schaffen. Im politisch und zahlenmäßig wichtigen Bereich der Programmausgaben, wie zum Beispiel Wohnungsbau, Straßenbau, Verteidigung und Landwirtschaft und dem gesetzlich geregelten Sozialbereich werden die Ausgabenzwecke weiterhin die Einzelentscheidung und damit der Prioritätensetzung durch das Parlament unterliegen. Ein Volumen von mehreren Milliarden DM bei einer Reihe von Programmtiteln verdeutlicht, daß hier die Grenze der vertretbaren Flexibilität erreicht ist. Wenn wir unsere Aufgabe als Parlamentarier ernst nehmen, müssen wir diese Entscheidungen weiterhin selbst treffen. 8. Budgetierung. Lassen Sie mich zum Abschluß auf weitergehende Vorstellungen eingehen, die mit „Budgetierung" und „kaufmännische Buchführung" gekennzeichnet werden können. In der bisherigen politischen Diskussion wird immer wieder hervorgehoben, die Vorschläge seien doch viel moderner und effizienter als der vorliegende Entwurf. Vor solchen Instrumenten kann ich aber gerade vor dem Hintergrund des Budgetrechts des Parlaments nur dringend warnen. Eine dezentrale Verantwortung ist schon nach geltendem Haushaltsrecht zulässig. Im Bundesbereich liegt die Mittelbewirtschaftung bei den jeweiligen Dienststellen, zum großen Teil dezentral unter der Verantwortung der Beauftragten für den Haushalt, eine weitgehende dienststelleninterne Delegation ist möglich. Die vorgesehenen Erleichterungen bei der Übertragbarkeit und der Deckungsfähigkeit lassen die erforderliche Flexibilität der Bewirtschaftung zu. Überflüssig wäre es auch, wenn es nur darum geht, eine kaufmännische Buchführung ergänzend zum geltenden System zuzulassen. Im Rahmen der kaufmännischen Buchführung hat jedes Unternehmen neben der Aufwands- und Ertragsrechnung eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung. Darauf kann kein Unternehmen verzichten. Die Verwaltung, die vom Budgetrecht des Parlaments abhängt, kann dies erst recht nicht. Deshalb ist im Grundgesetz zwingend vorgesehen, daß der Haushalt nach Einnahmen und Ausgaben aufzustellen ist und daß auf dieser Grundlage Rechnung zu legen ist. Soll die Doppik, also die doppelte Buchführung aber an die Stelle der Einnahme-Ausgabe-Rechnung treten, kann der so finanzierte Teil der öffentlichen Hand sehr schnell zur „Black box" für das Parlament werden. Denn dann bleibt offen, wie die laufende Kontrolle des haushaltsrechtlichen Ermächtigungsrahmens während des Haushaltsjahres sichergestellt werden soll. 9. Kosten-/Leistungsrechnung. Mit der Einführung einer kaufmännischen Buchführung alleine ist es nicht getan. Um eine Kostentransparenz zu erreichen, müssen wir eine Kosten- und Leistungsrechnung einführen und daraus Kennzahlen als Leistungsvorgabe ableiten. Wir sind sicher, daß damit das Prinzip des eigenverantwortlich handelnden Bediensteten gestärkt wird. Wir haben deshalb im Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG) vorgeschrieben, daß in geeigneten Bereichen eine Kosten- und Leistungsrechnung eingeführt werden soll; für den Bundesbereich verlangen wir dies in der Bundeshaushaltsordnung sogar zwingend. 10. Änderung Staatsbankgesetz (DKB). Das Gesetz zur Fortentwicklung des Haushaltsrechts wurde aktuell ergänzt um eine rechtstechnische Klarstellung im Zusammenhang mit der seinerzeitigen Umstrukturierung des Bankwesens der DDR auf ein zweistufiges Bankensystem entsprechend den Vorgaben des Einigungsvertrages. Damit soll eine kürzlich aufgetretene Rechtsunsicherheit im Interesse von Schuldnern und Gläubigern beseitigt und die Inhaberschaft von Forderungen eindeutig festgestellt werden. 11. Resümee. Lassen Sie mich zum Haushaltsrecht selbst noch einmal herausstellen: Wir gehen einen Mittelweg zwischen den sehr weitgehenden Flexibilisierungsforderungen und dem Interesse des Parlaments, sein Budgetrecht nicht zu beeinträchtigen. Die vorgeschlagene Lösung läßt Bund und Ländern den erforderlichen Gestaltungsspielraum für die Reform des Haushaltsrechts. Ich bitte Sie daher, dem Haushaltsrechts-Fortentwicklungsgesetz zuzustimmen. Karl Diller (SPD): Die Regierung hat sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf auf wenige punktuelle Änderungen des Haushaltsrechts beschränkt. Sie ist offensichtlich nicht in der Lage, die notwendige umfassende Modernisierung des Haushaltsrechts in Angriff zu nehmen. Erstens. Zum Sparargument: Die Regierung hat die Flexibilisierungsregelungen damit begründet, sie würden zu Einsparungen führen, und hat im Haushaltsentwurf 1998 eine sogenannte Effizienzrendite von 350 Millionen DM eingesetzt. Seitens der Sachverständigen, insbesondere aus dem Kommunalbereich - der in der Reform des Haushaltswesens schon viel weiter ist und fundierte Erfahrungen hat -, ist in der Anhörung klargestellt worden, Einsparungen seien nicht zu erwarten. Auch Innenminister Kanther hat diese Auffassung tendenziell vertreten. Meine Vermutung, die Effizienzrendite sei größenordnungsmäßig nichts anderes als die ohnehin anfallenden Minderausgaben, hat das Finanzministerium nicht entkräften können. Die Sachverständigen betonten, den flexibilisierten Ausgabenbereich dürfe man keinesfalls nachträglich mit einer Haushaltssperre belegen, da sonst der Handlungsspielraum wieder beseitigt und so Verläßlichkeit und Glaubwürdigkeit der Flexibilisierung untergraben würden. Dieses Steuerungsinstrument des Bundesfinanzministers wird also beeinträchtigt. Für einen Finanzminister, der erst gestern nach einem Ausgabenstopp als letztem Strohhalm zur Rettung seiner desaströsen Finanzsituation greifen mußte, sicher eine bittere Erkenntnis. Zweitens. Zum Motivationsargument: Richtig ist - und das begrüßen wir ausdrücklich -, daß eine moderne Haushaltswirtschaft zu einer stärkeren Eigenverantwortung der Bewirtschafter führen muß. Durch größeren Handlungsspielraum kann die Eigenverantwortung des einzelnen gestärkt werden. Die Modellversuche zeigen, daß die Flexibilisierung sinnvolle Änderungen bei Ausgabeentscheidungen ermöglicht und so die Effizienz der eingesetzten Mittel situationsangepaßt steigert. Drittens. Zum Budgetrecht des Parlaments: Handlungsspielraum läßt sich in der Regel nur auf Kosten anderer gewinnen. Werden deshalb die vorgesehenen Flexibilisierungen das Budgetrecht des Parlaments einschränken? Niemand kann ernsthaft bestreiten, daß dies in der Tendenz so ist: Die Frage ist nur, ob die Einschränkung noch akzeptabel ist oder eine kritische Größe überschreitet. Ein Urteil dazu ist sicher erst nach einigen Erfahrungen mit den Flexibilisierungsregelungen möglich. Festzustellen ist, daß das Gesetz kein angemessenes zusätzliches Instrumentarium enthält, um die größeren Gestaltungsmöglichkeiten der Exekutive im Vollzug kontrollierend begleiten und notfalls eingreifen zu können. Zweifellos ist der einzelne Berichterstatter stärker gefordert. Er muß entscheiden, ob überhaupt, wo und in welchem Umfang im Verwaltungsbereich seines Einzeletats die Flexibilisierungsregelungen angewandt werden können. Stimmt der Berichterstatter der Flexibilisierung für seinen Etat zu, ist er gefordert, den Vollzug zu beobachten und, falls nötig, zu korrigieren. Es bleibt abzuwarten, ob die Ressorts ihre jeweiligen Absichten zeitnah offenlegen. Es empfiehlt sich, ein System regelmäßiger Berichterstattergespräche zu institutionalisieren. Für die Kolleginnen und Kollegen in den Landtagen, die das Berichterstattersystem gar nicht kennen, bedeutet diese Neuordnung, daß sie erst ein solches System einrichten müssen, um eine effiziente Begleitung überhaupt zu ermöglichen. Viertens. Zum Modernisierungsumfang: Alle Sachverständigen waren der Auffassung, es handle sich bei dem vorgelegten Gesetz lediglich um geringfügige Änderungen im Haushaltsrecht, eine echte Modernisierung sei dies nicht. Diese Bewertung teilt die SPD-Fraktion. Wie der Bundesrat haben wir gefordert, eine grundlegende Neuorientierung hin zur Budgetierung als Kann-Bestimmung gesetzlich abzusichern. Wir wollen ein modernes Haushaltsrecht, das denjenigen, die dies wollen, die Einführung der Budgetierung erlaubt. Wir wollen eine leistungsbezogene Planaufstellung und -bewirtschaftung ermöglichen. Als Endstufe soll eine leistungsbezogene Mittelzuteilung möglich sein, die anstelle der bisherigen ausgabeorientierten Steuerung eine zielbezogene Steuerung vorsieht. Um das Budgetrecht der Parlamente dabei zu sichern, sind geeignete Informations- und Steuerungsinstrumente zu entwickeln, z. B. eine regelmäßige Berichtspflicht auf der Grundlage eines betriebswirtschaftlich orientierten Controlling-Verfahrens mit Informationen aus der Kosten- und Leistungsrechnung. Ferner forderten wir in Übereinstimmung mit dem Bundesrat, in einer Kann-Regelung die Buchführung nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung des Handelsgesetzbuches zu ermöglichen. Die doppelte kaufmännische Buchführung erlaubt den lückenlosen Ausweis der aktuellen Vermögenswerte, der Verbindlichkeiten und der Forderungen aufgrund einer kontinuierlichen Ergebnisrechnung, so daß eine zuverlässige Beurteilung der Finanzlage und des Werteverzehrs möglich wird. Dies ist insbesondere wichtig für den Einsatz in wirtschaftsnahen Verwaltungsbereichen wie z. B. Hafenbetrieben, Forstämtern oder Katasterverwaltungen. Dabei ist zweifellos wichtig, parallel dazu die Rechtslegung einschließlich Haushaltsrechnung nach kameralen Gesichtspunkten zu gewährleisten, um die Aufstellung bundeseinheitlicher Finanzstatistiken zu ermöglichen. Die Bundesregierung sperrt sich gegen diese echte Modernisierung des Haushaltsrechts, die Koalition hat unsere entsprechenden Änderungsvorschläge im Haushaltsausschuß abgelehnt. Ihre Argumente überzeugen dabei nicht - zumal sich in der öffentlichen Anhörung etliche der Sachverständigen entschieden für diese weitergehende Modernisierung ausgesprochen haben und nicht einer sich dagegen gewandt hat. Um es zu betonen: Es handelt sich um KannBestimmungen, die Möglichkeiten erschließen, die einige Länder unbedingt nutzen wollen. Wieso will ihnen die Bundesregierung dies verwehren? Fünftens. Zum Reformbedarf im Haushaltsrecht: Das Haushaltsrecht bedarf nicht nur mit Blick auf Flexibilisierung und Budgetierung der Modernisierung, auch andere Bereiche sind dringend überarbeitungsbedürftig. Ich erinnere an die überfällige Neuregelung zu den Restkreditermächtigungen. Zum Haushaltsgesetz 1997 hatten wir Änderungsvorschläge dazu unterbreitet, die der Neigung des Finanzministers, sich über Beschlüsse des Parlaments hinwegzusetzen, Einhalt gebieten sollten. Die Koalition hat die Vorschläge damals abgelehnt. Wir haben das Problem dem Bundesverfassungsgericht zur Beurteilung vorgelegt, und auch der Bundesrechnungshof hat in seinem jüngsten Bericht eine Regelungsänderung hinsichtlich der Restkreditermächtigungen gefordert. Diese Koalition ist leider unfähig - entgegen öffentlichen Äußerungen der F.D.P. -, hier das Richtige zu tun. Ich erinnere ferner an die von uns ebenfalls dem Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung vorgelegte Regelung für überplanmäßige Ausgaben. Es kann nicht mit dem Budgetrecht des Parlaments vereinbar sein, wenn es bei milliardenschweren Mehrausgaben nur deshalb keines Nachtragshaushalts bedarf, weil sie auf Rechtsverpflichtungen beruhen. Immerhin beruhen 90 v. H. aller Ausgaben auf Rechtsverpflichtungen. Es kann nicht angehen, daß das Parlament nur in dem Restbereich der Ausgaben gefragt werden muß. Im Klartext: Es ist absurd, daß bei einer 20-Millionen-DM-Mehrausgabe bei einem Titel in diesem Restbereich ein Nachtragshaushalt vorgelegt werden muß, bei einer tausendmal größeren Mehrausgabe in dem anderen Bereich aber nicht. Ein weiterer Punkt ist die vom Bundesverfassungsgericht in dem Urteil von 1989 zu Art. 115 GG geforderte sachgerechte Abgrenzung der Investitionsausgaben. Auch in diesem Punkt hat die Bundesregierung sich bislang der entsprechenden Änderung des Haushaltsrechts entzogen. Es kann doch nicht sachgerecht sein, wenn z. B. jetzt fällige Zahlungen auf Grund von notleidend gewordenen Ausfuhrgarantien nach geltendem Haushaltsrecht als Investitionen eingestuft werden. Die jetzigen Zahlungen stellen mit Sicherheit keine Investitionen, d. h. keine Mehrung des Kapitalstocks unserer Volkswirtschaft dar, werden aber gleichwohl nach dem Haushaltsrecht als Investitionen eingestuft. Das ist doch widersinnig. Ich fasse zusammen: Der Gesetzentwurf enthält nur halbherzige Ansätze und erfüllt bei weitem nicht den Reformbedarf im haushaltsrechtlichen Bereich. Angesichts der nicht weit genug gehenden Modernisierung des Haushaltsrechts sowie der Untätigkeit der Regierung und der Koalition hinsichtlich des Änderungsbedarfs in anderen Bereichen des Haushaltsrechts enthält sich die Fraktion der SPD bei der Abstimmung zum Haushaltsrechts-Fortentwicklungsgesetz der Stimme. Anlage 4 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 717. Sitzung am 17. Oktober 1997 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 Grundgesetz nicht zu stellen: - Gesetz zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung im Baugewerbe - Drittes Gesetz zur Änderung statistischer Rechtsvorschriften (3. Statistikbereinigungsgesetz -3. StatBerG) - Gesetz zur Abschaffung der gesetzlichen Amtspflegschaft und Neuordnung des Rechts der Beistandschaft (Beistandschaftsgesetz) - Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts (Kindschaftsrechtsreformgesetz - KindRG) - Gesetz zu dem Vertrag vom 2. Dezember 1994 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Barbados über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Gesetz zu dem Vertrag vom 13. September 1994 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Costa Rica über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Gesetz zu dem Vertrag vom 24. Februar 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ghana über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Gesetz zu dem Vertrag vom 21. März 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Honduras über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Gesetz zu dem Vertrag vom 28. Februar 1994 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Moldau über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Gesetz zu dem Vertrag vom 11. August 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Paraguay über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Gesetz zu dem Abkommen vom 29. September 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Simbabwe über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Gesetz zu dem Vertrag vom 28. Oktober 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Slowenien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Gesetz zu dem Vertrag vom 11. September 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Südafrika über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Kapitalanlagen - Gesetz zu dem Vertrag vom 28. April 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Usbekistan über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Gesetz zu dem Vertrag vom 3. April 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Republik Vietnam über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Gesetz zu dem Abkommen vom 31. Januar 1996 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung Hongkongs zur Förderung und zum gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen Der Vorsitzende des folgenden Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Innenausschuß - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag gemäß § 5 Abs. 3 Bundesstatistikgesetz (BStatG) für die Jahre 1995 und 1996 - Drucksachen 13/7390, 13/7700 Nr. 1.2 - Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuß Drucksache 13/7867 Nr. 1.8 Innenausschuß Drucksache 13/7959 Nr. 1.2 Drucksache 13/8106 Nr. 1.2 Drucksache 13/8106 Nr. 2.22 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/7959 Nr. 2.1 Drucksache 13/7959 Nr. 2.3 Drucksache 13/8269 Nr. 1.4 Drucksache 13/8269 Nr. 1.6 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/7959 Nr. 1.6 Drucksache 13/8106 Nr. 2.28 Drucksache 13/8508 Nr. 2.32 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 13/8106 Nr. 2.20
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    Rede von Andrea Lederer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Wollen Sie das machen, Herr Kollege Fischer? Dann warte ich auf Ihren Ruf. - Jetzt ist der Staatssekretär da.
    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben diese Aktuelle Stunde nicht deshalb beantragt, weil uns das Schicksal von Großaktionären und anderen Börsenspekulanten besonders am Herzen liegt - damit hat sicher auch niemand gerechnet -, sondern weil wir auf Fehlentwicklungen hinweisen wollen, von denen wir überzeugt sind, daß sie dringend der Korrektur bedürfen.
    An diesen Turbulenzen an den Börsen wird eines deutlich: Es gibt keinen Zusammenhang mehr zwischen der Wirtschaftsentwicklung und der Entwicklung der Finanzmärkte. Die Börsen reagieren völlig unabhängig von der konkreten wirtschaftlichen Situation in den betreffenden Ländern. Auf den Finanzmärkten hat wirklich eine ungeheure Globalisierung stattgefunden.
    Hier gibt es ein Problem. Das Problem ist, daß die Bundesregierung 1985 alle Instrumente zur Regulierung von Kapitaltransfers - auch zur Regulierung auf dem Aktienmarkt und damit auf dem Finanzmarkt - beseitigt hat. Nachdem sie diese Instrumente beseitigt hat, erklärt sie jetzt immer, daß sie leider nichts machen könne. In solchen Situationen bleibt Bundesfinanzminister Waigel als einziges Instrument das Telefongespräch. Dies führt er nachts, und dadurch ändert sich natürlich auch nichts.
    Wir stehen hier vor der grundsätzlichen Frage: Soll sich wirklich das Konzept der F.D.P. durchsetzen, daß Politik immer schwieriger bis unmöglich wird, das heißt, daß sich die Politik vollständig den Wirtschaftsinteressen unterordnen muß? Sollten wir nicht lieber wenigstens über Instrumente nachdenken, wie man auf solche Märkte Einfluß nehmen kann? Denn letztlich hat dies alles Auswirkungen bis hin zu den Arbeitsplätzen. Deswegen sind hier Instrumente von entscheidender Bedeutung, die Politik möglich machen.

    (Beifall bei der PDS)

    Wenn wir über den Euro sprechen, kommen wir wieder in eine ganz ähnliche Situation, in der ebenfalls die Instrumente fehlen werden, um auf Finanzmärkte Einfluß nehmen zu können. Sie wissen sicher noch, daß ein einzelner Spekulant das europäische Währungssystem zu Fall gebracht hat. Nun muß sich die Politik fragen, ob man so etwas noch einmal zulassen will oder ob man nicht eher Instrumente braucht, um auf Finanzmärkte wirklich Einfluß nehmen zu können. Sie haben diese Instrumente beseitigt und tragen deshalb die Verantwortung dafür. Wir müssen uns jetzt gemeinsam darüber Gedanken machen, wie man diese politischen Instrumente zurückbekommt.

    (Beifall bei der PDS)

    Ich möchte eine zweite Bemerkung machen: Wenn die Spekulation solche Blüten treibt, wenn sie zum Teil völlig unabhängig von wirtschaftlichen Entwicklungen stattfindet - die Börse in Hongkong hat auch Auswirkungen auf Leipzig, unabhängig davon, welche Entwicklung es gerade in Leipzig gibt -, müssen wir wirklich neu über unser Steuerrecht nachdenken
    und die Spekulationsfrist abschaffen. Wir müssen Spekulationsgewinne wesentlich höher besteuern.

    (Beifall bei der PDS)

    Es kann nicht dabei bleiben, daß der Spekulant derjenige ist, der in dieser Gesellschaft am günstigsten gestellt ist. Das Steuerrecht ist im Augenblick aber so ausgelegt. Sie haben eine Situation geschaffen, in der in erster Linie Geld mit Geld und nicht mehr Geld mit Produktion verdient wird.
    Eines Tages kommt es zu einem Börsenkrach, nicht zu so einem, über den man lachen kann, bei dem man gar nicht richtig versteht, welcher Auslöser wie zu was geführt hat, sondern zu einem, der vergleichbar - vielleicht sogar noch sehr viel schlimmer - ist mit dem Schwarzen Freitag des Jahres 1929. Sie alle kennen die Auswirkungen.
    Ich frage Sie: Wenn es eine solche Situation gäbe, welche Instrumente hätte die Bundesregierung heute noch, um darauf Einfluß zu nehmen? Außer dem berühmten nächtlichen Telefongespräch von Theo Waigel hätten Sie praktisch überhaupt keine Instrumente mehr. Deswegen müssen wir Politik wieder möglich machen und zurückgewinnen.

    (Beifall bei der PDS)

    Spekulationssteuern - sie mögen nicht Ihren Interessen entsprechen, sie entsprechen vor allem nicht den Interessen der F.D.P. - wären dringend erforderlich, die Spekulationsfrist gehört abgeschafft. Herr Schmidt, darf ich Sie daran erinnern, daß schon einmal ein CDU-Parteitag beschlossen hat, diese Frist abzuschaffen, um Spekulationsgewinne schneller und uneingeschränkter besteuern zu können? Wieder scheitert ein solches Vorhaben an der F.D.P. Es lohnt sich wirklich, darüber nachzudenken.

    (Beifall bei der PDS)

    Noch ein letzter Hinweis: Wir erleben in letzter Zeit zunehmend, daß Bürgerinnen und Bürgern geraten wird, ihre kleinen Sparguthaben in Aktien anzulegen. Das passiert nicht nur durch bestimmte Schauspieler in bestimmten Werbesendungen - dafür mag die Politik nicht unmittelbar verantwortlich sein -, sondern das passiert auch durch die Bundesregierung und dieses Haus.
    Ich finde, dieses Beispiel zeigt, daß man Bürgerinnen und Bürger davor warnen muß, ihre kleinen Sparguthaben in Aktien anzulegen. Sie können ganz schnell verlorengehen. Deshalb ist dies sicher nicht die richtige Orientierung, die von der Politik ausgeht. Wir stehen hier in der Verantwortung; denn viele verlassen sich auf die Informationen durch bestimmte Medien und die Politik.
    Das gilt auch für die Vorstellung, daß man Lohnerhöhungen vielleicht dadurch ersetzen könne, daß man Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen kleine Aktienpakete überreicht. Wenn die dann an Wert verlieren, war es nichts mit der Lohnerhöhung; statt

    Dr. Gregor Gysi
    dessen gibt es nur Verluste. Deshalb sollte man von solchen Vorstellungen lieber Abschied nehmen.

    (Beifall bei der PDS Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum spekuliert die PDS? Warum spekuliert der PDS-Schatzmeister?)



Rede von Hans-Ulrich Klose
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Kollege Friedhelm Ost, CDU/CSU.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Friedhelm Ost


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Also Gysi als Soros-Nachfolger: Das kann sich keiner vorstellen, aber er hat es hier versucht. Mich hat es sehr gewundert, Herr Gysi, wie Sie über Märkte reden. Sie haben nämlich überhaupt noch nicht begriffen, was Märkte sind. Ich verstehe aber Ihre große Sorge. Ich könnte mir vorstellen, daß Sie Ihr obskures Parteivermögen in Red Chips in Hongkong angelegt haben und jetzt wegen einiger Marktkorrekturen bangen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    An den internationalen Aktienmärkten haben sich in nervösem Verlauf in den letzten Tagen einige Korrekturen ergeben.

    (Wolfgang Schmitt [Langenfeld] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So kann man es auch nennen!)

    Die Kurse sind Achterbahn gefahren. Heute haben Sie bei den Kursen überall Pluswerte, gestern gab es wieder überwiegend ein Minus. Damit muß man sich beschäftigen. Ich denke, die Märkte reagieren besser, als es jede Regierung tun könnte.

    (Zuruf von der PDS: Quatsch!)

    - Natürlich. Sie haben es doch versucht. Es gab keine Märkte. Sie haben am Ende die Lektion lernen müssen, was es heißt, den Markt fast 50 Jahre lang außer Kraft zu setzen. Die Firma Honecker und Genossen ist in den betrügerischen Konkurs gerannt.

    (Zurufe von der PDS)

    - Ohne Märkte, natürlich! Sie haben doch daran mitgewirkt. Sie haben keinen Sinn für Märkte und deswegen auch nicht für Börsen. Man merkt das auch an Ihrer Fragestellung.
    Natürlich neigen Börsen zu Übertreibungen. Nicht die Finanzmärkte generell, sondern die Aktienmärkte haben übertrieben reagiert. Da gab es große Ausschläge nach unten. Aber die anderen Finanzmärkte haben überhaupt nicht reagiert. Die Devisenmärkte zum Beispiel haben sich relativ ruhig verhalten. Betrachten Sie doch das Verhältnis der D-Mark zu den Währungen unserer wichtigsten Handelspartner. Betrachten Sie auch die Märkte für festverzinsliche Wertpapiere und die Geldmärkte. Sie müssen auch einmal den Finanzteil einer Zeitung lesen und nicht nur Ihre Blättchen, in denen wenig darüber steht.

    (Zurufe von der PDS)

    - Sie können doch nicht von der großen Weltwirtschaftskrise, vom Börsencrash reden, wenn der DAX
    - das ist der Index für die deutschen Standardaktien
    - seit Anfang des Jahres um 55 Prozent gestiegen ist.

    (Lachen bei der PDS)

    - Ich erkläre Ihnen das; Sie haben das wahrscheinlich nicht begriffen.
    Der DAX ist um 55 Prozent gestiegen, und jetzt hat er sich um 15 bis 20 Prozent abgeschwächt. Das ist eine Normalisierung, die gesund ist. Das ist in Ordnung.
    Ich sage Ihnen: Alle Ihre Warnungen sind unnötig. Auch die Kleinaktionäre in Deutschland haben sich ganz vernünftig und ruhig verhalten. Es gab keinen Run aus den Aktien, keinen Crash. Es normalisiert sich auf ein vernünftiges, normales Maß, und am Ende spielen die fundamentalen Daten eine große Rolle.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Auf die Fundis kommt es an im Kapitalismus!)

    Ich sage Ihnen: Die Bundesbank und die Bundesregierung haben sich hervorragend verhalten. Sie haben kein nervöses und unsinniges Gerede in die Welt gesetzt, wie Sie es uns gerade erzählt haben. Sie haben statt dessen auf die fundamentalen Daten und Fakten in Deutschland, aber auch in Amerika verwiesen.
    Ich gebe zu: Diese Entwicklungen an den internationalen Aktienmärkten spiegeln die Globalisierung und Internationalisierung der Wirtschaft und der Finanzströme wider. Das ist schon richtig. Aber Sie können doch nicht sagen: Wenn in Hongkong eine Grippe ausbricht, haben wir hier sofort eine Lungenentzündung und die Welt geht unter. Wenn hier das Jahr 1929 beschworen wird: 1987 war der Einbruch am Aktienmarkt viel stärker als 1929. Lesen Sie es nach!

    (Zuruf von der CDU/CSU: Da war die PDS noch nicht im Bundestag!)

    Die Welt ist heil geblieben. Sie haben an Hand der Entwicklungen in den letzten zehn Jahren gesehen, daß es sich auch für den Kleinaktionär lohnt, sein Geld in Aktien anzulegen. Aktienkapital ist Risikokapital; das ist schon richtig. Aber letztendlich orientieren sich die Aktienkurse an der Entwicklung der einzelnen Gesellschaft, an der Entwicklung der fundamentalen Daten.
    Die Haltung der Bundesregierung, nach der Sie fragen, kann ich nur loben. Sie hat auf die fundamentalen Daten in Deutschland hingewiesen. Wir befinden uns in einer guten Wachstumsphase. Wir haben großen Erfolg in der Außenwirtschaft; der Export steigt um 10 bis 12 Prozent.

    (Zuruf von der SPD: Die Arbeitslosigkeit auch!)

    - Erst einmal gilt es doch, die Wirtschaft in Schwung zu bringen. Wenn Sie nicht weiterhin alles bremsten
    - die große Steuerreform, die Rentenreform -, dann wäre die Entwicklung noch positiver.

    (Beifall des Abg. Ulrich Heinrich [F.D.P.])


    Friedhelm Ost
    Die Politik, die Sie betreiben, ist eindeutig eine Politik gegen Arbeitslose, gegen den Mittelstand und auch gegen Investitionen.

    (Widerspruch bei der SPD)

    - Natürlich, Sie bremsen alles aus. Das haben wir in den letzten Tagen mehrfach erlebt.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Reden Sie doch am Freitag um 12.30 Uhr nicht so einen Quatsch! Glocke des Präsidenten)

    Die Stabilität der D-Mark zeigt das Vertrauen der nationalen und der internationalen Anleger in unsere Wirtschaft und auch in die Politik, wie sie die Bundesregierung immer wieder dargelegt hat.
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)