Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon interessant, was hier heute wieder einmal gesagt wird und daß man eine Volksabstimmung über eine ganz andere Drogenpolitik als die in Deutschland zum Anlaß nimmt, wieder alte Hüte hervorzuzaubern.
Wenn Sie sich einmal den Text der Abstimmung genau angeschaut hätten, wüßten Sie, daß es gar nicht nur um Heroinabgabe ging, sondern zum Beispiel auch darum, Methadon nicht mehr verschreiben zu dürfen. Deswegen können Sie das Votum, das in der Schweiz abgegeben worden ist, nicht als Votum gegen die deutsche Politik auffassen; denn die deutsche Politik ist eine andere als die, die durch diese Volksinitiative gefordert wurde.
Sehen Sie einmal die Umfragen in Deutschland. Wenn Sie so viel Wert auf Volkes Meinung legen, dann schauen Sie sich doch einmal die größte Umfrage der letzten Zeit von Allensbach an. Da wurde gefragt, wie viele Menschen aus der Bevölkerung dafür wären, über den Arzt Heroin verschreiben zu lassen. Sie werden feststellen: Ganze 29 Prozent teilen Ihre Auffassung.
- Das ist so.
Über zwei Drittel der deutschen Bevölkerung meint, daß sogar der Besitz kleiner Mengen von Drogen hart bestraft werden müsse. Das geht viel weiter als das, was wir wollen.
Aber wenn Sie wirklich Volkes Willen in Ihrer, in unserer Republik ernst nehmen, dann müßten Sie von der SPD und Sie vom Bündnis 90/Die Grünen Ihre Anträge schon längst eingestampft haben.
Meine Damen und Herren, ich habe mir den Bericht, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, wirklich einmal angeschaut. Ich habe mir, wie Sie auch, vor Ort die Problematik angesehen. Es ist eben eine Tatsache - Herr Sauer hat schon darauf hingewiesen -, daß eben nicht die Gruppe der Schwerstabhängigen erreicht worden ist. Die stehen wieder auf der Straße.
Ich will Ihnen einmal etwas aus dem Bericht darlegen, den derjenige verfaßt hat, der selbst daran interessiert war, dieses Projekt durchzuziehen. Nach diesen Zahlen liegt bei der ersten Gruppe die Haltequote lediglich bei 61,5 Prozent. Das heißt, fast 40 Prozent sind wieder auf der Straße, sind tot oder haben sich in das Programm zurückbegeben, aus dem sie gekommen sind.
Ich halte es für nicht anständig - das muß ich einmal sagen -, wenn wie zum Beispiel im „Spiegel" gefeiert wird, daß 15 Prozent von diesen Leuten zu einem Methadon-Programm übergewechselt sind, wenn man weiß - das wird im letzten Bericht natürlich nicht mehr erwähnt, weil Professor Uchtenhagen, der den Artikel verfaßt hat, ja weiß, daß es ein
Hubert Hüppe
Argument gegen ihn ist -, daß man vorher 60 Prozent aus einem aktuellen Methadon-Programm herausgenommen hat. Das müssen Sie doch einmal zur Kenntnis nehmen.
Jetzt nenne ich Ihnen einmal die Eingangsuntersuchung. Dort wurde von ärztlicher Seite - das ist wenigstens neutral - festgestellt, nur ein Prozent der Teilnehmer habe sich in einem sehr schlechten Gesundheitszustand befunden, weitere 20 Prozent in einem schlechten Zustand, aber insgesamt 79 Prozent in einem guten oder sehr guten Gesundheitszustand.
Dasselbe gilt für den Ernährungszustand. 80 Prozent waren in einem guten oder sehr guten Ernährungszustand, 19 Prozent in einem schlechten. Bezüglich der Psyche befanden sich immerhin noch 59 Prozent in einem guten oder sehr guten Zustand. Ganze 13 Prozent waren überhaupt obdachlos. Jetzt sagen Sie mir mal, ob diese Beschreibung tatsächlich auf das Bild des verelendeten Junkies oder nicht vielmehr auf Personen zutrifft, die man wirklich noch für eine Therapie hätte gewinnen können.
Wenn Sie, Frau Leutheusser-Schnarrenberger - es wäre ganz gut zuzuhören, weil ich Ihnen noch ein paar wichtige Sachen zu sagen habe -, wirklich sagen, es habe sich um Therapieresistente gehandelt, dann frage ich Sie: Wie kommen Sie auf diese Idee? In dem Bericht steht drin, daß 47 Prozent der Teilnehmer nie eine drogenfreie Langzeittherapie angefangen haben. Wie kommen Sie darauf, daß sie dafür nicht zu gewinnen seien? Das verstehe ich überhaupt nicht. Es stimmt natürlich, daß in der Gruppe selbst die Leute natürlich nicht mehr in dem Maße straffällig geworden sind. Aber man kann doch nicht als Erfolg werten, daß dann, wenn man die tödliche oder krankmachende Droge gibt, nicht mehr so viel Beschaffungskriminalität auftritt. Tatsache ist, daß die Kriminalität im Kanton Zürich insgesamt erheblich gestiegen ist. Es hat also nicht geholfen. Auch die offene Szene, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, hat weiter bestanden, als es die Abgabe gab. Sie ist erst dadurch aufgelöst worden, daß man mit einem massiven polizeilichen Einsatz gegen die Leute vorgegangen ist. Man hat dafür 100 Millionen Franken ausgegeben. Wenn Sie heute durch diese Viertel gehen, werden Sie feststellen, daß nirgendwo eine solch hohe Polizeipräsenz wie in diesen Vierteln besteht. Mit anderen Worten: Das Programm ist gescheitert. Das ist, wenn man den Bericht gelesen hat, eindeutig.
- Ja gut, Herr Schlauch, wenn Sie sagen, es sei ein Erfolg der Therapie von Herrn Professor Uchtenhagen, -