Rede von
Dr.
Guido
Westerwelle
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Zunächst einmal haben wir, Herr Kollege, ganz offensichtlich einen Meinungsunterschied darüber, was Florett ist, was Degen ist und was die Keule ist. Das ist eine Frage
des Stils; das bleibt Ihnen unbenommen. Ich habe das nicht zu kommentieren.
Aber das andere ist eine sachliche Frage, die ich doch sehr bemerkenswert finde. Ich finde, es ist ein starkes Stück, daß Sie, wenn es zum Beispiel um die Konsolidierung der Haushalte geht, pausenlos zum Beispiel im Bereich des Bundesrates Einsparungsmaßnahmen blockieren. Sie beklagen die Haushaltslöcher, die Sie im Bundesrat selber graben. Sie graben die Haushaltslöcher, stellen sich fröhlich pfeifend daneben und haben den Spaten noch in der Hand. Das, was Sie machen, ist nicht seriöse Politik.
Der zweite Punkt: die Frage der bisherigen Steuer- und Abgabenquote. Wir haben zur Zeit eine Steuer- und Abgabenquote, die bei etwa 45 Prozent liegt; wir haben eine Staatsquote, die bei etwa 50 Prozent liegt. Das kann vorübergehend im Hinblick auf die Sonderaufgabe der deutschen Einheit sehr wohl gerechtfertigt werden. Wir sagen aber als Koalition, wir sollten uns nicht an diesen hohen Anteil von Staatswirtschaft in diesem Lande gewöhnen, sondern wir sollten Jahre nach der Einheit begreifen, daß die staatswirtschaftlichen Strukturen verringert werden müssen, die Staatsquote gesenkt werden muß und deswegen die Steuer- und Abgabenlast zurückgeführt werden muß.
- Nein! - Das ist die Auffassung der Koalition. Sie haben sich hier als nichts anderes als Umverteilungspolitiker gezeigt, die gegen marktwirtschaftliche Erneuerung Opposition machen. Das ist der Punkt, um den es hier geht.
Auch Sie haben die notwendigen Reformen angesprochen, die ich übrigens ausdrücklich unterstütze. Auch wir sind der Meinung, daß man für eine Steuersenkungspolitik Zwischenfinanzierungen braucht, bis es zu einem Beschäftigungseffekt kommen kann.
Deswegen wollen wir zum Beispiel eine Privatisierungspolitik, die nicht nur ordnungspolitisch geboten ist, sondern auch fiskalisch.
Ich möchte Ihnen einmal folgendes Beispiel nennen. Mit teutonischer Ignoranz mag für Sie Neuseeland ein Land von Kiwis und Schafen sein. Schauen Sie sich aber einmal an, was in Neuseeland mit marktwirtschaftlichen Reformen gemacht worden ist: Abbau der Arbeitslosigkeit von 11 Prozent auf 6 Prozent in drei Jahren, reales Wachstum von durchschnittlich 5 Prozent in den letzten drei Jahren, Geldwertstabilität für die Lebenshaltung von 2 Prozent. Die Defizitquote wurde von 7 Prozent in den Jahren 1991/1992 umgewandelt in einen Haushaltsüberschuß von 3 Prozent.
Dr. Guido Westerwelle
Die Schuldenstandsquote ist gesunken. Die Staatsquote sank von 45 Prozent auf 35 Prozent.
Wir sagen Ihnen: Die sozialste Politik in diesem Lande ist immer noch die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen.
Nicht diejenigen, die mit Neidparolen durch die Straßen ziehen, sind Arbeitnehmerparteien, sondern diejenigen, die mit marktwirtschaftlichen Bedingungen für Investitionen und neue Arbeitsplätze sorgen. Wir sind die Arbeitnehmerparteien in diesem Hause.