Rede von
Ulrike
Höfken-Deipenbrock
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Der Agenda ist als Diskussionsgrundlage das Votum der Bundesregierung beigegeben worden. Sie können doch nicht sagen, daß sämtliche Ihrer Kollegen, die dies verkündet haben, plötzlich auf einer anderen Veranstaltung waren.
Wir werden sehen und hören, was aus dieser Agenda wird. Sie mögen persönlich der Auffassung sein, daß sie nicht zustimmungswürdig ist. Das glaube ich Ihnen sogar. Aber Ihre Kollegen sind doch offensichtlich insgesamt einer anderen Auffassung.
- Dann müssen Sie Ihre Wirtschaftspolitiker einmal genauer fragen.
Bis heute hat die Bundesregierung die notwendigen Schutzmaßnahmen für die Landwirtschaft und die Verbraucher und Verbraucherinnen in bezug auf die Rinderseuche BSE nicht ergriffen. Weder Herkunftskennzeichnungen noch die Sicherheitsmaßnahmen der europäischen Tiermehlfabriken sind umgesetzt worden. Gleichzeitig betreibt die von der
Bundesregierung geförderte CMA durch eine völlig verwirrende Gütezeichenpolitik weitere Verbrauchertäuschungen. Das heißt, die schlechte Einkommenssituation im Milch- und Rindfleischbereich geht zu einem guten Teil auch auf das Konto der Bundesregierung, und zwar durch unterlassene Hilfeleistung.
Obwohl die Möglichkeiten der gestaltenden Politik für die Landwirtschaft, den Küstenschutz und den ländlichen Raum bis auf die Schmerzgrenze eingeschränkt wurden, gibt es einen Bereich, für den lokker noch Geld da ist. Über 2 Millionen DM sollen für eine umfangreiche Kampagne mit Hochglanzbroschüren und Videos für die Jugendlichen und Verbraucher zur Verbesserung der Akzeptanz der Gentechnik ausgegeben werden.
Es ist wirklich ein Skandal, daß hier die knappen Finanzmittel auch noch dazu zweckentfremdet werden, der chemischen Industrie die Werbungskosten für Gentechprodukte, die die Verbraucher und Verbraucherinnen nicht wollen und die Landwirtschaft sicher nicht braucht, in den Schlund zu werfen.
Es spricht für sich, daß die Verbraucherzentralen, die sich im übrigen beim BML durch eine der Gentechnik gegenüber kritische Position unbeliebt machen, gleichzeitig finanziell ausgeblutet werden. Beispiel Rheinland-Pfalz: 1996 standen der Verbraucherzentrale für Energieberatung noch 140 000 DM zur Verfügung. Im Jahr 1997 bzw. nach der Sperre des Finanzministeriums sind es noch 73 000 DM. Mit einer solchen Finanzausstattung kann die Beratung nicht mehr vorgenommen werden. Die möglicherweise notwendige und sinnvolle Eigenfinanzierung der Verbraucherzentralen kann nicht geleistet werden, weil Sie ihnen überhaupt keine Möglichkeit geben, eine solche Umstellung zu gewährleisten.
Angesichts dieses Desasters ist eine neue Bundesregierung notwendig - am besten schon jetzt und nicht erst in einem Jahr -, die nicht auf Absatzmärkte in China hofft, sondern den regionalen und europäischen Markt erschließt und für eine umweit- und tiergerechte Produktion von Lebensmitteln die Voraussetzungen schafft. Einer solchen neuen Marktnachfrage nach gesunden Lebensmitteln muß in Zukunft mit einer entsprechenden Förderpolitik Rechnung getragen werden.
Danke.