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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/189 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 189. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 11. September 1997 Inhalt: Benennung des Abgeordneten Werner Lensing als Mitglied im Kuratorium des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung 17095 A Erweiterung der Tagesordnung 17095 A Tagesordnungspunkt 1: a) Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1998 (Haushaltsgesetz 1998) (Drucksache 13/8200) . . 17095 B b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1997 bis 2001 (Drucksache 13/8201) 17095 B Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 17095 C, 17125 C Norbert Formanski SPD 17097 A Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 17098 A Anke Fuchs (Köln) SPD . . . . 17099 B, 17125 A Dankward Buwitt CDU/CSU 17102 B Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17105 B Ernst Hinsken CDU/CSU 17106 D Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17108 C Ernst Hinsken CDU/CSU . . . 17109 A, 17128 C Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . 17109 C, 17126 A Rolf Kutzmutz PDS 17113 A Rolf Schwanitz .SPD 17114 D Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU . 17116 D,17120 D Dr. Christa Luft PDS 17120 A Otto Schily SPD 17120 C Ernst Schwanhold SPD . . . . 17122 A, 17127 C Hartmut Schauerte CDU/CSU . 17127 A, 17154 A Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17130 B Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 17131 B, 17138 B Rudolf Dreßler SPD 17134 B, 17138 B Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . . . . 17135 B Dr. Gisela Babel F.D.P 17136 B, 17150 A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17138 C Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU . . . 17139 A Rudolf Dreßler SPD 17139 C Ottmar Schreiner SPD 17140 C Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17142 C Dr. Norbert Blüm CDU/CSU . 17142 D, 17152 B Manfred Grund CDU/CSU . . 17144 A, 17153 A Dr. Gisela Babel F.D.P 17145 B Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17145 D Dr. Heidi Knake-Werner PDS 17147 C Ottmar Schreiner SPD 17149 A Dr. Hermann Kues CDU/CSU 17154 C Zusatztagesordnungspunkt 5: - Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Drucksachen 13/ 1685, 13/8488) . 17156 A - Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 28 GG) (Drucksachen 13/8340, 13/8488) 17156A Hansgeorg Hauser, Parl. Staatssekretär BMF 17156B Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD . 17157 B Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . 17157 C Hans Michelbach CDU/CSU 17158 C Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17160 A Gisela Frick F.D.P 17160 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 17161 C Dr. Dietrich Mahlo CDU/CSU 17162 B Detlev von Larcher SPD 17162 D Namentliche Abstimmung 17163 C Ergebnis 17173 A Dr. Jürgen Rüttgers, Bundesminister BMBF 17163 C Doris Odendahl SPD 17166 C Edelgard Bulmahn SPD 17168 A Steffen Kampeter CDU/CSU 17170 D Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17175 B Jürgen Koppelin F.D.P. 17176 A, 17199 B, 17203 B Dr. Karlheinz Guttmacher F.D.P. . . . . 17177 B Dr. Ludwig Elm PDS 17178 B Tilo Braune SPD 17179 C Claudia Nolte, Bundesministerin BMFSFJ 17181 A Christel Hanewinckel SPD 17184 C Wilfried Seibel CDU/CSU 17186 C Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17189 A Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P. 17190 B Dr. Edith Niehuis SPD 17190 D Rosel Neuhäuser PDS 17191 D Siegrun Klemmer SPD 17192 D Jochen Borchert, Bundesminister BML 17195 A Horst Sielaff SPD 17197 C Albert Deß CDU/CSU 17198 C Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein CDU/CSU 17200 D Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17202 D Jochen Borchert CDU/CSU 17204 A Günther Bredehorn F.D.P. 17204 D Dr. Günther Maleuda PDS 17206 A Ilse Janz SPD 17207 A Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 17208 C Gerhard Rübenkönig SPD 17210 D Roland Sauer (Stuttgart) CDU/CSU . . 17212 C Marina Steindor BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17215 A Jürgen W. Möllemann F.D.P. . . . . . 17216 C Dr. Ruth Fuchs PDS 17217 C Waltraud Lehn SPD 17218 B Nächste Sitzung 17220 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 17221* A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Birgit Homburger (F.D.P.) zur Abstimmng über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 28 GG) (Zusatztagesordnungspunkt 5) 17221* C Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Dr. Otto Graf Lambsdorff (F.D.P.) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 28 GG) 17221* D 189. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 11. September 1997 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 11. 9. 97 ** Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 11. 9. 97 ** 90/DIE GRÜNEN Eßmann, Heinz Dieter CDU/CSU 11. 9. 97 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 11. 9. 97 * * Friedhoff, Paul K. F.D.P. 11.9. 97 Günther (Duisburg), Horst CDU/CSU 11. 9. 97 Irmer, Ulrich F.D.P. 11. 9. 97 ** Dr. Kinkel, Klaus F.D.P. 11. 9. 97 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 11. 9. 97 Laumann, Karl-Josef CDU/CSU 11. 9. 97 Marx, Dorle SPD 11. 9. 97 Müller (Düsseldorf), SPD 11. 9. 97 Michael Dr. Probst, Albert CDU/CSU 11. 9. 97 * Dr. Rochlitz, Jürgen BÜNDNIS 11. 9. 97 90/DIE GRÜNEN Roth (Gießen), Adolf CDU/CSU 11. 9. 97 Schaich-Walch, Gudrun SPD 11. 9. 97 Schloten, Dieter SPD 11. 9. 97 ** Schmidt (Aachen), Ulla SPD 11. 9. 97 ** Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 11. 9. 97 ** Schmidt (Salzgitter), SPD 11. 9. 97 ** Wilhelm Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 11. 9. 97 90/DIE GRÜNEN Sebastian, Wilhelm Josef CDU/CSU 11. 9. 97 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 11. 9. 97 Terborg, Margitta SPD 11. 9. 97 * Dr. Thomae, Dieter F.D.P. 11. 9. 97 Vosen, Josef SPD 11. 9. 97 Dr. Wittmann, Fritz CDU/CSU 11. 9. 97 Zierer, Benno CDU/CSU 11. 9. 97 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an der 98. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Birgit Homburger (F.D.P.) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 28 GG) (Zusatztagesordnungspunkt 5) Ich begrüße, daß es aufgrund des langjährigen Drucks, insbesondere der Freien Demokratischen Partei, nun endlich gelungen ist, Konsens darüber zu erzielen, daß die Gewerbekapitalsteuer als Substanzsteuer unnötig Arbeitsplätze belastet und abgeschafft werden muß. Ich bedauere, daß es noch keinen parteiübergreifenden Konsens darüber gibt, daß auch die Gewerbeertragsteuer zu einer Doppelbelastung des Gewerbes und damit zu einer unnötigen Belastung von Arbeitsplätzen vor allem in den Bereichen führt, die besonders beschäftigungsintensiv sind. Obwohl ich die Ergänzung des Grundgesetzes, insbesondere im Art. 28, als überflüssig empfinde, stimme ich dem Gesetzentwurf zu, nachdem fraktionsübergreifend in der Begründung des Antrages klargestellt wird, daß die jetzt gefundene Formulierung einer späteren Abschaffung der Gewerbeertragsteuer nicht im Wege steht und daß eine Abschaffung der Gewerbeertragsteuer zu einem späteren Zeitpunkt auch keiner Grundgesetzänderung bedürfte. Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Dr. Otto Graf Lambsdorff (F.D.P.) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 28 GG) - Drucksache 13/8488 - Im Hause Görresstraße 34 ist vor Eröffnung der namentlichen Abstimmung nur wenige Male der Signalruf erfolgt, so daß meine Nichtteilnahme an der Abstimmung von mir nicht zu vertreten ist. Hätte ich die Abstimmung rechtzeitig erreichen können, hätte ich mich der Stimme enthalten.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Jochen Borchert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Einzelplan 10 des Bundeshaushaltes, den wir jetzt beraten, sind für 1998 rund 11,6 Milliarden DM vorgesehen. Das sind 1,8 Prozent weniger als im laufenden Jahr. Damit leistet der Agrarbereich auch im kommenden Haushaltsjahr wieder seinen Beitrag zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte.
    Die erforderlichen Einsparungen sind schmerzlich. Selbstverständlich ist es angenehmer und leichter, Zuwächse zu verteilen, als Sparmaßnahmen vorzunehmen. Aber der jetzt vorliegende Entwurf setzt auch ein deutliches Zeichen. Er beweist, daß die Bundesregierung auch in Zeiten knapper Kassen zu unserer bäuerlichen Landwirtschaft steht. Wir haben die schwierige wirtschaftliche Situation, in der sich ein Teil der Betriebe, vor allem die Futterbaubetriebe, befindet, bei den Haushaltsberatungen berücksichtigt und bei den Sparmaßnahmen Augenmaß bewahrt.
    Die Einsparungen sind so gestaltet, daß sie für die Land- und Forstwirtschaft vertretbar sind. Das war angesichts der angespannten Finanzsituation nicht einfach.
    Der Haushalt gibt den Bauern in Nord und Süd, in Ost und West Planungssicherheit und eröffnet Zukunftsperspektiven.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    So bleibt der Bundeszuschuß zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung auch 1998 mit 615 Millionen DM wieder stabil.

    (Dr. Gerald Thalheim [SPD]: Wie lange noch?)

    - Solange wir regieren. Das würde sich sicher ändern, wenn wir einmal nicht mehr regieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Bundesregierung setzt damit ihren Weg fort, die Mittel prioritär dort einzusetzen, wo sie bei den Bäuerinnen und Bauern unmittelbar ankommen und kostenentlastend für die Betriebe wirken. Die Kostenentlastung durch die Agrarsozialpolitik trägt in vielen Betrieben maßgeblich dazu bei, Eigenkapital zu bilden, das für betriebliche Investitionen und für die Zukunftssicherung der Betriebe benötigt wird. Wie in allen Bereichen unserer Wirtschaft brauchen wir auch in der Landwirtschaft Investitionen zur Sicherung von Arbeitsplätzen.
    Wer sich für den Beruf des Landwirts entscheidet, muß eine gehörige Portion Idealismus mitbringen. Aber vom Idealismus allein können unsere Bäuerinnen und Bauern nicht leben. Auch wenn der Gedanke so manchem Agrarromantiker nicht behagt: Landwirtschaft muß sich lohnen. Die Betriebe müssen ordentliche Gewinne abwerfen, um den Familien ein angemessenes Einkommen zu sichern, aber auch um Investitionen für die betriebliche Weiterentwicklung finanzieren zu können.
    Wie jeder Unternehmer muß auch ein Landwirt die Chancen und Risiken abschätzen können, wenn er Investitionsentscheidungen trifft. Mit einem Stallneubau oder der Anschaffung neuer Maschinen wird nun einmal viel Kapital gebunden und die betriebliche Ausrichtung langfristig festgelegt.
    Damit unsere Bauern auf Jahre hinaus nachhaltig planen können, muß Agrarpolitik langfristig angelegt und verläßlich sein. Deshalb bleibe ich dabei: Es ist nicht zumutbar, unseren Bäuerinnen und Bauern alle paar Jahre eine neue Agrarpolitik überzustülpen - erst recht nicht in solchen Bereichen, in denen sich die bisherige Agrarpolitik bewährt hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die Vorschläge zur zukünftigen Gemeinsamen Agrarpolitik, die die Kommission Mitte Juli mit der Agenda 2000 vorgelegt hat, werden diesem Anspruch aber nicht gerecht.

    (Lisa Peters [F.D.P.]: So ist es!)

    Genau das habe ich in meiner ersten Reaktion zur Agenda bemängelt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wie sich erst vor wenigen Tagen bei einem informellen Agrarministertreffen in Luxemburg wieder gezeigt hat, haben die meisten Mitgliedstaaten ebenso wie wir erhebliche Probleme mit den Vorstellungen der Kommission.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Es fehlt Geld!)

    Bevor man in die Diskussion um die Details dieser Agenda einsteigt, muß man sich über den Maßstab zur Beurteilung der Vorschläge im klaren sein. Deshalb müssen wir zunächst die Frage beantworten, welche Aufgaben die Landwirtschaft in Zukunft zu erfüllen hat. Anders ausgedrückt: Welche Leistungen erwartet die Gesellschaft von der Landwirtschaft? Ich denke, wir sind uns einig: Was unsere Landwirtschaft im Vergleich zu den Farmen in anderen Teilen der Welt besonders auszeichnet, ist ihre Multifunktionalität. Bei uns in Europa ist Landwirtschaft weitaus mehr als die möglichst effiziente Produktion von Agrarrohstoffen.
    Natürlich ist und bleibt die Erzeugung von Nahrungsmitteln zur Versorgung der Verbraucher in Europa, aber auch zur Versorgung einer weltweit wachsenden Bevölkerung, auch in Zukunft die zentrale Aufgabe der Bauern. Aber dabei geht es nicht nur um die Sicherung einer Grundversorgung. Die Landwirtschaft muß sich auch bemühen, den immer anspruchsvoller werdenden Erwartungen im Hinblick auf Produktsicherheit und -qualität, Gesundheitsschutz, Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit

    Bundesminister Jochen Borchert
    der Produktion sowie artgerechte Tierhaltung gerecht zu werden.
    Darüber hinaus erwartet man von der Landwirtschaft, daß sie auch weiterhin gesellschaftliche Leistungen erbringt, die bisher quasi als Koppelprodukt der Landbewirtschaftung anfallen, für die es aber keinen Markt gibt. Das sind zum Beispiel die Pflege und Erhaltung der Kulturlandschaft, der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen sowie die Stabilisierung des ländlichen Siedlungs- und Wirtschaftsraumes.
    Für mich steht zweifelsfrei fest: Diese Ziele lassen sich am besten mit einer leistungsfähigen und umweltorientierten Landwirtschaft erreichen. Genau das ist unsere bäuerliche Landwirtschaft, so wie sie aus der Tradition der nachhaltigen Bewirtschaftung des Familienbetriebes erwachsen ist. Dieses bäuerliche Selbstverständnis ist heute in Betrieben ganz unterschiedlicher Größe und Rechtsform anzutreffen.
    Was die Zielvorstellungen angeht, besteht zwischen uns und der Kommission kein Dissens. Aber sind die Vorschläge der Agenda 2000 wirklich geeignet, diese Ziele zu erreichen? Daran habe ich erhebliche Zweifel. Diese Ziele sind die entscheidenden Kriterien für die Beurteilung aller Vorschläge zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik - auch zur Beurteilung der Agenda 2000, die die Kommission Mitte Juli präsentiert hat.
    Für uns sind die Kommissionsvorschläge in ihrer jetzigen Form in weiten Teilen unannehmbar, und zwar aus folgenden Gründen:
    Erstens, weil sie faktisch nicht die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft fördern. Denn Wettbewerbsfähigkeit erreicht man nicht, indem man die Preise senkt, sondern indem man die Kosten senkt, das heißt, billiger produziert.
    Zweitens, weil die Umsetzung der Vorschläge in der vorliegenden Form vielfach zu einer einseitigen Benachteiligung der bei uns in Deutschland vorherrschenden Produktionsverfahren und damit zu erheblichen Einkommenseinbußen für die Bauern in Deutschland führen würde.
    Drittens, weil sie Bauern noch abhängiger von staatlichen Transferleistungen machen würden - und das, obwohl schon heute die Agrarausgaben oft im Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik stehen. Wir müssen alles tun, damit Landwirte auch in Zukunft den Hauptteil ihres Einkommens über den Markt erwirtschaften.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Viertens, weil sich die Kommission damit praktisch von den bewährten Prinzipien der Agrarreform von 1992 verabschiedet.
    Hinzu kommt noch: Falls die Kommissionsvorschläge so, wie sie jetzt auf dem Tisch liegen, umgesetzt würden, hätte das eine weitere Ausdehnung des europäischen Agrarhaushaltes und eine weitere
    Verschlechterung unserer Nettozahlerposition zur Folge. Dies kann nicht in unserem Interesse liegen.

    (Horst Sielaff [SPD]: Werden Sie einmal konkret!)

    - Nach den eigenen Vorschlägen und Berechnungen der Kommission bedeutete dies Mehrausgaben für den europäischen Agrarhaushalt von 8 Milliarden DM, das heißt, dies wäre keine Senkung des Anteils der Agrarausgaben am europäischen Haushalt, sondern eine Erhöhung.
    Auch die Begründung der Kommission für ihre Vorschläge - der Hinweis auf die nächste WTO- Runde ab 1999 und die möglichen Überschußprobleme nach dem Jahr 2000 - sind wenig überzeugend.
    Was die nächste WTO-Runde angeht, halte ich es für falsch, schon heute ohne Not Verhandlungsspielraum preiszugeben. Die Kommission tut so, als stünden die Ergebnisse der nächsten Welthandelsrunde schon fest. Man kann nicht, ohne daß diese Runde überhaupt begonnen hat, geschweige denn die Ergebnisse feststehen, heute bereits Positionen zur Diskussion stellen.
    Der richtige Weg besteht darin, daß wir in der Europäischen Union unsere eigenen Verhandlungsziele festlegen. Dabei sollten wir nicht nur über Marktöffnung, über den Abbau von Agrarförderung oder über Liberalisierung des Handels sprechen, sondern unsere Forderungen auch in den Bereichen festlegen, in denen es um die Durchsetzung verbindlicher Standards im Hygiene- und Umweltbereich sowie eines vorbeugenden Verbraucherschutzes geht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir müssen erreichen, daß wir die Anforderungen an unsere Produkte, die sich aus den Vorschriften, die wir in Europa haben, ergeben, auch an Importprodukte stellen. Wenn wir in Europa den Einsatz von Hormonen etwa in der Rindfleischproduktion verbieten, kann es nicht angehen, daß wir Fleisch, das mit dem Einsatz von Hormonen produziert worden ist, importieren sollen. Die gleichen Bedingungen müssen auch für Importprodukte gelten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir müssen diese Ziele und Forderungen im Laufe der Verhandlungen energisch vertreten. Erst wenn der Ausgang der Verhandlungen absehbar ist, erst wenn die notwendigen Schlußfolgerungen für unsere eigenständige Agrarpolitik in Europa gezogen werden können, erst dann können wir Veränderungen einleiten, wie wir dies auch bei den GATT-Verhandlungen 1992 getan haben.
    Auch die pessimistischen Erwartungen der Kommission bezüglich neuer Überschüsse sind aus meiner Sicht nicht nachvollziehbar, vor allem nicht im Getreidesektor. Hier sind sich nahezu alle Marktexperten einig: Die weltweite Nachfrage nach Nahrungsmitteln wird in den kommenden Jahren zunehmen. Die Weltbevölkerung und die Kaufkraft wachsen weiter. Deswegen gehen die meisten Institutionen und Marktexperten davon aus, daß das Preisni-

    Bundesminister Jochen Borchert
    veau im Getreidesektor auf dem Weltmarkt auf oder oberhalb der Höhe der Interventionspreise der Europäischen Union liegen wird, wie wir dies auch in den vergangenen Jahren erlebt haben.

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Außerdem sind die Lager leer!)

    Auf dem Rindfleischmarkt besteht dringender Handlungsbedarf. Hier müssen wir - unabhängig von der Agenda 2000 - Veränderungen möglichst schnell beschließen. Wir brauchen Maßnahmen zur Marktentlastung, damit die Probleme im Interesse der Produzenten und im Interesse der Steuerzahler gelöst werden können.
    Die Beratungen über den Agrarteil der Agenda 2000 werden im Mittelpunkt der agrarpolitischen Diskussionen in den vor uns liegenden Monaten stehen. Hier werden entscheidende Weichen für die Zukunft unserer bäuerlichen Landwirtschaft weit über das Jahr 2000 hinaus gestellt.
    Für mich sind bei den weiteren Beratungen folgende Eckpunkte maßgebend:
    Die bewährten Prinzipien der Agrarreform von 1992 sind beizubehalten und müssen behutsam weiterentwickelt werden.
    Soweit bei bestimmten Produkten eine Rücknahme des Stützungsniveaus erforderlich ist und dadurch Einkommensverluste entstehen, müssen diese vollständig und nicht nur zum Teil ausgeglichen werden.
    Diese Ausgleichszahlungen müssen langfristig abgesichert sein. Es darf nicht dazu kommen, daß wir Jahr für Jahr bei den Preisverhandlungen um die Höhe der Ausgleichszahlungen feilschen müssen.
    Wir werden auch in der kommenden Woche bei der Agrarministerkonferenz der Länder über die Agenda 2000 beraten.

    (Peter Harry Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: In Husum!)

    - In Husum, Herr Kollege. Wir freuen uns auf die Beratungen in Schleswig-Holstein. - Ich bin zuversichtlich, daß die Länder meine Verhandlungslinie unterstützen werden.
    Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, im Interesse unserer Bäuerinnen und Bauern müssen wir in Brüssel mit einer Stimme sprechen und dürfen nicht den Eindruck vermitteln, als könne man uns auseinanderdividieren. Wir müssen unseren Bäuerinnen und Bauern im Hinblick auf die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik genauso Planungssicherheit verschaffen, wie wir es mit dem Haushalt 1998 für das nächste Jahr tun. Dabei setze ich auf Ihre Unterstützung!
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Michaela Geiger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Ich erteile das Wort jetzt dem Abgeordneten Horst Sielaff, SPD- Fraktion.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Horst Sielaff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „So kann es nicht weitergehen" - diese Titelüberschrift des ,,Spiegel"-Gesprächs der Woche mit Altbundespräsident Richard von Weizsäkker

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wer ist das denn?)

    trifft, wie ich meine, voll und ganz auf die Agrarpolitik dieser Bundesregierung zu.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Wenn man die vielen, teilweise sogar schönen Reden des verantwortlichen Landwirtschaftsministers liest oder hört, sieht das ganz anders aus. Natürlich werden da die Verdienste des Ministers hervorgehoben und großgeschrieben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das haben Sie schon geschrieben, bevor Sie es gehört haben! Das ist unfair!)

    Es scheint dann teilweise sogar so, als wäre Borchert der Erfolgsgarant überhaupt.

    (Zuruf des Abg. Meinolf Michels [CDU/ CSU])

    - Nur, in Bayern hat man das offensichtlich noch nicht ganz gehört, lieber Kollege Michels, denn die Realität ist natürlich ganz anders. Das wissen auch die Bäuerinnen und Bauern. Wo sollten sie auch Erfolge feststellen, wenn sie auf ihrem Rindfleisch sitzenbleiben, die Auszahlungspreise für Milch immer geringer werden, ein Fleischskandal den anderen ablöst und Kontroll- bzw. Qualitätssicherungssysteme erst dann eingeführt oder verbessert werden, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist?

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, über weite Strecken ist diese Politik Ideen- und konzeptionslos. Das zeigt auch dieser Haushalt. Offene konzeptionelle Pionierarbeit ist Fehlanzeige.

    (Peter Harry Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Das ist ja die Rede vorn letzten Jahr!)

    Herr Borchert, ich habe den Eindruck, Sie entwikkeln sich zum bockigen Neinsager innerhalb der EU.

    (Beifall bei der SPD Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Das darf nicht unwidersprochen bleiben! Das stimmt nicht!)

    Schon 1991/92 wollte diese Bundesregierung die EU- Agrarreform verhindern. 1997 blockieren Sie, wenn es um die Agenda 2000 geht. Heute wie damals wird alles abgelehnt, was die EU-Kommission vorschlägt.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    So zu tun, als ob durch einen Verzicht auf Reformen alles beim alten bliebe, kommt einer Lüge gleich.

    (Beifall bei der SPD)


    Horst Sielaff
    So schrieb Kommissar Fischler in der FAZ vom 27. August dieses Jahres.

    (Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Ich dachte, Sie lesen nur den „Vorwärts"!)

    Eigene Vorstellungen, wie die Zukunft der Landwirtschaft zu bewältigen ist, hat der verantwortliche Minister nicht. Auch heute ist dazu nichts Konkretes gesagt worden. Er sagt nicht, wie die sichtbaren Fehlentwicklungen der Agrarreform von 1992 korrigiert werden sollen. Er hat kein tragfähiges Konzept für die bevorstehenden WTO-Verhandlungen, wie wir auch heute wieder spürten. Er hat kein Konzept für die bevorstehende, von allen politischen Kräften befürwortete Osterweiterung der Europäischen Union.
    Meine Damen und Herren, natürlich stehen die Ergebnisse der WTO-Verhandlungen noch nicht fest. Aber man muß doch ein eigenes Konzept haben, und man muß es doch im Parlament und im zuständigen Ausschuß diskutieren. Auch da weigert sich diese Bundesregierung, so daß man davon ausgehen muß, daß sie kein Konzept hat.

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Wollen Sie denn Kompromisse öffentlich diskriminieren?)

    Natürlich wollen wir gleiche Umweltstandards. Das haben wir immer gefordert. Auch wir wollen, daß die Ökologie gleichermaßen Standardwert in der WTO wird. Aber wir hören nicht, daß Sie dies deutlich wollen und einbringen.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Zuhören!)

    Meine Damen und Herren, heute wie auch schon vor der Agrarreform 1992 hält diese Bundesregierung an der Mengensteuerung fest. Sie ist gegen Stützpreissenkungen. Sie setzt weiterhin vorwiegend auf Mengenbegrenzungen. Sie setzt im Grunde auf Planwirtschaft.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie mißtraut marktwirtschaftlichen Kräften.

    (Zuruf von der F.D.P.: Für was sind denn Sie?)

    Sie mißtraut den unternehmerischen Landwirten. Herr Borchert, trauen Sie den Landwirten eigentlich gar nichts mehr zu? Mir scheint, Sie unterschätzen den Willen der Landwirtschaft, den Weg hin zu einer umweltverträglichen und marktorientierten Produktion zu gehen. Unterstützung von Ihrer Seite ist nicht erkennbar.
    Ein ganz trauriges Spiel treibt die Bundesregierung hinsichtlich der Auswirkungen der Agenda 2000 auf die Einkommen der Landwirtschaft - so sie denn umgesetzt wird. Am 17. Juli 1997 prognostizierte Herr Borchert auf einer Pressekonferenz 15 bis 20 Prozent Einkommensverluste für die deutsche Landwirtschaft. Am 11. August 1997 teilte er dem Parlament jedoch auf Grund einer Anfrage mit, hierzu keine Aussagen machen zu können. Seitdem wiederholt er seine Unkenrufe über die 15- bis 20prozentigen Einkommensverluste bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit.
    Nun pfeifen es allerdings die Spatzen vom Dach, daß der Einkommensrückgang in Deutschland bei Inkrafttreten der Agenda 2000 nach anderen Berechnungen glücklicherweise im Durchschnitt lediglich 2 bis 4 Prozent betragen soll. Allerdings gibt es zum Teil starke betriebsgruppen- und regionsspezifische Unterschiede. Wissenschaftler, die auf der Lohnliste des BML stehen, haben das berechnet.