Rede von
Steffen
Kampeter
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch die engagiert vorgetragenen Worte meiner Vorrednerin können nicht darüber hinwegtäuschen: Der Etat des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft, For-
Steffen Kampeter
schung und Technologie 1998 ist höher als der Etat 1997. Das ist eine gute Botschaft.
- Mehr ist mehr; daran wird auch ein wütender Zwischenruf der Opposition nichts ändern.
Der Etat 1998 wird sich von der Qualität her in der Beratung unter der Generalmaxime beurteilen lassen müssen: Können wir auch in diesem Bereich vom konsumtiven Sektor hin zu mehr Investitionen umschichten? Das ist die Generallinie, mit der wir an diesen Etat herangehen.
Frau Kollegin Bulmahn, Ihre Rede war
Jörg Tauss [SPD]: Gut!)
nicht sprachgleich, aber von der Anlage her identisch. Sie haben rund zehn Minuten auf die Regierung eingeprügelt, ohne irgendein Alternativkonzept zu unserer Politik vorzulegen.
Bei einem Begriff bin ich allerdings stutzig geworden. Sie haben ein staatliches Innovationsprogramm gefordert. Das scheint mir der grundlegende Unterschied zu sein, daß Ihnen die Aufgabenverantwortlichkeiten für den Prozeß, wie man aus Innovationen Arbeitsplätze schafft, nicht ganz klar sind.
Auf der einen Seite gibt es den unternehmerischen Bereich, wo es um Innovationen und deren Umsetzung in Arbeitsplätze geht. Auf der anderen Seite gibt es den staatlichen Bereich, der die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen hat, daß dieser Transformationsprozeß rasch vonstatten gehen kann.
Mit Ihrer irrigen Annahme, der Staat sei der eigentliche Innovator bzw. derjenige, der sozusagen aus Forschungsgeldern direkt Arbeitsplätze zu schaffen hat, führen Sie die Leute in die Irre. Es liegt an uns, nicht nur mit Haushaltsmitteln, sondern auch durch unsere Gesamtpolitik im Bereich Bildung und Forschung dazu beizutragen, daß in den Unternehmen Arbeitsplätze geschaffen werden. Dies ist auch schon in der Vergangenheit das Anliegen unserer Politik gewesen.
Wir können das auch an einigen Bereichen aus Forschung und Bildung illustrieren, auf die ich jetzt eingehen möchte, beispielsweise am Bereich der Hochschulen. Es ist hier ja allgemeiner Common sense, daß die Hochschulen dringend Reformimpulse brauchen. Der bisherige Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Hans-Uwe Erichsen, hat in einem Interview festgestellt - das sollten Sie sich übrigens hinter die Ohren schreiben, Frau Bulmahn - : Wer jammert, bewegt nichts.
Unsere staatliche Aufgabe - vom Haushalt her betrachtet - ist die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau, mit 1,8 Milliarden DM nicht reichlich, aber doch ausreichend ausgestattet. Man mag nun darüber streiten, ob die Gemeinschaftsaufgaben in einer zukünftigen Finanzverfassung überhaupt noch Bestand haben werden. Aber eines ist meine politische Grundüberzeugung: Das Hochschulrahmengesetz und die Novellierung des Hochschulrahmengesetzes, die mit großem Einsatz von Minister Rüttgers vorangetrieben worden ist und die jetzt schnell und ohne Scheingefechte verabschiedet werden muß, nützen den Hochschulen viel mehr als manche D-Mark, die wir in Beton investieren, und mobilisieren mehr Innovationskapital und Humankapital, als wir jemals aus dem Haushalt finanzieren werden können.
All diejenigen, die wirklich etwas tun wollen, müssen beides machen: Sie müssen sich für einen soliden Hochschulbau und natürlich für die Hochschulrahmengesetzgebung und ihre Novellierung einsetzen.
Ein weiterer Hinweis: Die Junge Gruppe in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion - der Kollege Rachel sitzt hier ja - hat sich intensiv mit dem Aspekt Globalisierung und Hochschule auseinandergesetzt. Im Etat 1998 investieren wir erstmals Geld in die Internationalisierung von Studiengängen, damit Hochschulen nicht ein nationales Relikt sind, sondern international operieren. Globalisierung hat auch in diesem Bereich viel verändert. Wir werden in den Haushaltsberatungen einiges zur Überprüfung der Arbeit in den Fachhochschulen leisten.
Einige Hinweise zum Bereich der institutionellen Förderung - dieser macht ungefähr ein Drittel des Haushaltes aus - : Hier haben wir eine Steigerung von 2,2 Prozent vorzuweisen; das ist im Vergleich zum Gesamthaushalt überproportional. Besonders gut ausgestattet werden DFG und MPG mit einem Zuwachs von 5 Prozent. Ich möchte ausdrücklich die Bemühungen der Max-Planck-Gesellschaft hervorheben, die bei der Restrukturierung im Westen einiges vorantreibt und gleichzeitig beim Ausbau ihrer Aktivitäten im Osten Großartiges vorzuweisen hat.
Auch die Fraunhofer-Gesellschaft kann sich mit einem überproportionalen Zuwachs zufrieden zeigen. Sorge bereitet mir allerdings die Situation in den Großforschungseinrichtungen, die jetzt schon im siebten Jahr überwälzt werden. Im Rahmen der Flexibilisierung und der wettbewerbsorientierten Forschungsleitlinien müssen da neue Chancen genutzt werden. Der Einzelplan 30 bietet diese Flexibilisierungsmaßnahmen wie kaum ein anderer Etat. Es
Steffen Kampeter
gilt, Effizienzrenditen zugunsten von Forschung und Entwicklung zu mobilisieren.
Die noch geringe Begeisterung der Länderfinanzminister für diese Flexibilisierung würde ich als steigerungsfähig charakterisieren. Für die Großforschungseinrichtungen gilt aber: Weniger Bürokratie bedeutet weniger Kosten und daher mehr Gestaltungsmöglichkeiten.
Ich weise auch ausdrücklich darauf hin, daß für die Helmholtz-Zentren 500 neue befristete Stellen ausgewiesen werden. Das heißt, wir haben hier eine zusätzliche Möglichkeit, gerade jungen Nachwuchswissenschaftlern einen Einstieg in das Berufsleben zu geben; dies als Belohnung für das Nutzen von Flexibilität.
Einige Hinweise zu den Projektförderungsmitteln: Wir halten fest an der Förderung der beruflichen Bildung, zum Beispiel in den überbetrieblichen Handwerksbildungszentren oder durch unseren bedarfsgerechten Fortbau und Ausbau der Maßnahmen im Bereich des Meister-BAföG. Trotzdem muß das flankiert werden, beispielsweise durch die kontinuierliche Modernisierung von Ausbildungsberufen oder durch mehr Flexibilisierung im Berufsschulalltag. Hierzu sind bereits Hinweise von den Fachpolitikern gegeben worden.
Wir wollen überprüfen, ob im Bereich der maritimen Projekttechnologien nicht noch zusätzliche Anstrengungen erforderlich sind. Insgesamt ist festzuhalten, daß die von Jürgen Rüttgers vorangetriebene Orientierung auf Leitprojekte der Projektförderung guttut. Wir müssen stärker von vielen Kleinprojekten wegkommen und zu begründet zusammengefaßten Projektgruppen hinkommen, die man sicherlich auch in der Öffentlichkeit besser darstellen kann.
Einiges zum Bereich Energie und Umwelt; die Kollegin Bulmahn hat bereits darauf hingewiesen. Insgesamt stehen für diesen Bereich 778 Millionen DM zur Verfügung.
Die Diskussion um die Windenergie zeigt, daß wir hier mit unserer Forschungsförderung der Vergangenheit eine Erfolgsgeschichte begründet haben. Es war auch richtig, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Windtechnologie zum Zeitpunkt ihrer Marktreife aus dem Forschungsetat hinauszunehmen und in den Markt zu entlassen. Die Diskussion um das Stromeinspeisungsgesetz zeigt, daß hier durchaus ein Markt vorhanden ist. Wir müssen uns dafür einsetzen, daß auch in mittleren Lagen eine rentable Produktion von Windenergie erfolgt.
Aber man muß auch in denjenigen Bereichen sehr sorgsam prüfen, in denen auf absehbare Zeit keine zusätzlichen technologischen Sprünge mehr zu erwarten sind. Ich nenne beispielsweise die Solarversorgung. Die regenerativen Energien müssen wettbewerbsfähig bleiben. Die Photovoltaikforschung müssen wir insbesondere stärker auf die Gesichtspunkte Wirkungsgrad und Preissenkung konzentrieren. Markteinführungsprogramme wie beispielsweise ein 200 000-Anlagen-Programm, die jetzt auch aus dem politischen Raum wieder gefordert werden, bringen für die Solartechnologie wirklich nichts.
Abschließend ein Wort zum großen Bereich der internationalen Zusammenarbeit; hierbei will ich mich auf die Raumfahrt konzentrieren. Die europäische Raumfahrtpolitik befindet sich auf einem Weg der Konsolidierung. 1995 haben wir mit der Ministerkonferenz in Toulouse das politisch und finanziell Mögliche beschrieben. Für die europäische Raumfahrtpolitik und den deutschen Beitrag bedeutet das, daß wir uns an dem Bau der internationalen Raumstation beteiligen wollen. Gleichwohl gilt es, die Fortentwicklung der Ariane V zu betreiben.
Ziel muß es sein, den deutschen Beitrag zur europäischen Raumfahrt stabil zu halten. Jenseits der Raumstation muß auch ein deutscher Beitrag mit Anwendungsbezug möglich sein. Die Perspektiven in diesem Bereich hat der kürzlich verabschiedete Kabinettsbericht aufgezeigt.
Im nationalen Bereich das wird in diesem Haushalt jetzt auch manifest - müssen wir uns ebenfalls stärker konzentrieren. Die Zusammenführung von DLR und DARA ist ein richtiger Schritt. Hier gilt es, Synergien zu mobilisieren, damit wir nicht unnützen Bürokratien verhaftet bleiben.
Insgesamt läßt sich festhalten, daß der Etat 1998 für den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie ein Haushalt des Aufwuchses ist. Er ist gleichwohl solide finanziert und Grundlage für eine gute Zukunft. Im Rahmen der Haushaltsberatungen werden wir alle Möglichkeiten prüfen, die Investitionen zu steigern. Ich lasse mich auch von keinem überbieten, wenn es darum geht, den Etat dabei über die magische Grenze von 15 Milliarden DM zu bringen. Allerdings muß es auch finanzpolitisch machbar sein.
In diesem Sinne werden wir den Einzelplan 30 beraten.
Herzlichen Dank.