Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Haushalt des Bundeswirtschaftsministeriums fügt sich ein in den finanzpolitischen Kurs der Konsolidierung und in den wirtschaftspolitischen Kurs zur Stärkung von Wachstum und Arbeitsplätzen. Er ist eng bemessen, und manches, was wünschenswert wäre, ist aus ihm nicht zu leisten.
Aktiv werden gestaltet Existenzgründung und Existenzsicherung, die Integration mittlerer und kleiner Unternehmen in die Weltwirtschaft und immer wieder die Verbreiterung der wirtschaftlichen Grundlage in den neuen Ländern. Von den insgesamt 16,1 Milliarden DM gehen 8,7 Milliarden DM in die Kohle. Das begrenzt den Rahmen, und das zeigt, wie notwendig es ist, diese Hilfen des Bundes konsequent bis zum Jahr 2005 auf 4 Milliarden DM zurückzufahren.
So wichtig finanzielle Spielräume sind: Wichtiger ist, daß die Wirtschaftspolitik ihren Beitrag zur Reformpolitik in diesem Lande leistet, zu Reformen, die erstarrte Strukturen überwinden und Verhaltensweisen verändern sollen, Strukturen, die, einst als Errungenschaften gepriesen, sich heute als Investitionsbremse erweisen. Ich sage es gleich vorab: Am Entstehen dieser Strukturen, die wir heute zum Teil beklagen, haben viele mitgewirkt: die Parteien, die heute die Koalition bilden - auch meine Partei -, die heutigen Oppositionsparteien, die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer sowie viele gesellschaftliche Institutionen. Wir haben uns damals von anderen, aus sich heraus verständlichen und nachvollziehbaren
Bundesminister Dr. Günter Rexrodt
Prioritäten leiten lassen, und wir waren stolz auf das Erreichte. Aber wir haben dann auch feststellen müssen, daß viele der zunächst bewährten Regeln Anpassung verhindern, daß unser Steuersystem unübersichtlich und zum Teil ungerecht geworden ist, daß Schutzvorschriften im Arbeitsrecht zur Einstellungsbremse geworden sind und vor allem, daß wir überall an finanzielle Grenzen stoßen. Das Richtige tut, wer diese Strukturen aufbricht, wer Reformen voranbringt. Das Falsche tut, wer diese Reformen verhindert.
Reformen verlangen Augenmaß und Konsequenz; Augenmaß, weil es nicht darum geht, den Sozialstaat abzuschaffen, und Konsequenz, weil notwendige Reformen nicht zerredet und verwässert werden dürfen. Das letztere schließt einen sachgerechten Kompromiß durchaus ein.
Wo ist nun die Alternative der Opposition zu dieser Reformpolitik? Sie wäre im übrigen eine Alternative zur Politik von Tony Blair und den Sozialdemokraten in Holland und in Skandinavien. Aber davon ist weit und breit nichts zu sehen.
Dabei geht es mir nicht um die Höhe des Steuersatzes für Nachtzuschläge oder den Streit darüber, was nun eine versicherungsfremde Leistung ist oder nicht. Es geht mir auch nicht darum, in welchem Jahr punktgenau das Strommonopol aufgegeben werden muß. Es geht darum - das darf ich in aller Ruhe und Konsequenz sagen -, daß Sie im Grundansatz keine Alternative haben zu einer Politik, die auf die Senkung von Steuern und Abgaben hinausläuft, auf die Neuorganisation der Arbeitswelt, auf die Schaffung neuer Beschäftigungsfelder und auf den wirtschaftlichen Aufbau in den neuen Ländern.
Wenn es ernst wird, verweigern Sie sich entgegen Ihren Bekundungen jeder wirksamen Veränderung. Sie verweigern sich nicht, weil Sie es besser wissen, sondern weil Sie sich davon einen parteipolitischen Vorteil versprechen.
Meine Damen und Herren, die SPD irrt sich auch, wenn sie Umverteilung propagiert und damit. die Massenkaufkraft zu stärken versucht. Das hieße, das Pferd vom Schwanz her aufzuzäumen. Wir wollen die Nachfrage stärken durch mehr Reformen, das heißt durch mehr Beschäftigung. Wir wollen die Differenz zwischen brutto und netto geringer machen. Das steigert die Nettokaufkraft. Lesen Sie dazu nach, was uns der IWF und die OECD ins Stammbuch geschrieben haben.
Sie haben genau die Politik, die von uns gemacht wird, bestätigt.
Dennoch muß ich sagen: Es hat sich eine Menge verändert. Ich habe vor wenigen Tagen eine Übersicht über die Umsetzung des 50-Punkte-Programms für Investitionen und Arbeitsplätze und des Programms für mehr Wachstum' und Beschäftigung vorgelegt. Wer genau hinsieht und nicht in billiger Polemik macht, der wird zugeben müssen, daß Reformpolitik in vielen Bereichen und vorwiegend da, wo es nicht auf die Zustimmung des Bundesrats ankommt, weit vorangekommen ist.
- Auch beim Ladenschluß. - Ich nenne die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, auch in der Gentechnologie. Ich verweise auf die Reform des Arbeitsförderungsgesetzes, die Reform der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die Privatisierung der Telekom und anderer Bereiche,
die Reform des Finanzmarkts und wichtige Veränderungen sogar im Steuerrecht.
Dabei bin ich weit davon entfernt, mich zurückzulehnen und selbstgefällig zu sagen: Das ist genug. Entscheidende Schritte stehen noch aus, vor allem in der Steuerreform. Aber da ist klar, wer blockiert und warum blockiert wird.
Im Haushalt 1998 des Bundeswirtschaftsministers sind erstmals Mittel für Aufgaben in der Telekommunikation und im Postbereich vorgesehen. Ich will jetzt nicht darauf eingehen, daß der Weg zur Privatisierung der alten Bundespost ein dornenreicher war, bei dem die SPD gemeinsam mit der Postgewerkschaft zunächst die Rolle des Verhinderers, dann die des Bremsers spielte und heute die Rolle des Besitzstandswahrers spielt.
Ich muß aber einräumen, daß die Integration der politischen Teile des Postministeriums in das BMWi und BMF und die Errichtung der Wettbewerbsbehörde im ersten Anlauf nicht zu Einsparungen führen können. Ich bedaure das, gebe aber zu bedenken: Erstens. Wir brauchen für die neuen wettbewerbspolitischen Aufgaben hochqualifizierte Leute. Zweitens. Jeder von Ihnen kennt das Dienstrecht.