Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Bisher habe ich einigen Pressebemerkungen, daß der Kabinettsposten von Herrn Kanther gefährdet sei, keinen Glauben geschenkt. Aber nach dieser hochfahrenden, aggressiven Rede, die Sie gehalten haben, Herr Kanther,
muß ich den Eindruck haben, daß meine Skepsis nicht so ganz falsch zu sein scheint. Vielmehr müssen Sie offenbar um Ihren Kabinettsposten kämpfen. Ich weiß nur nicht, ob Ihnen das auf diese Weise gelingt.
Es ist bedauerlich, daß Sie versuchen, ein Ergebnis, das wir gemeinsam in mühsamen Verhandlungen erreichen wollten, in anmaßender Form nun so zu interpretieren, als ob wir nur Ihre Forderungen abgehakt hätten.
So war es gewiß nicht. Wer die Verhandlungen kennt, weiß, daß wir uns, wie ich finde, in einem fairen und freimütigen Meinungsaustausch aufeinander zubewegt haben. Sie sollten eine solche Möglichkeit gemeinsamen Handelns nicht durch derartige Reden in Gefahr bringen.
Am 26. Mai 1994 hat der Bielefelder Polizeipräsident Horst Kruse in einem Vortrag vor der FriedrichEbert-Stiftung seine Überlegungen zur Kriminalitätsbekämpfung unter das Leitmotiv gestellt: Mehr Sicherheit durch Zusammenarbeit. Er hat in diesem Zusammenhang zugleich vor der Illusion gewarnt, die juristische Regelung eines Sachverhalts der tatsächlichen Problemlösung gleichzusetzen.
In der Tat, verehrte Kolleginnen und Kollegen, brauchen wir ein breites gesellschaftliches Bündnis gegen Kriminalität und gegen Gewalt. Wenn diese Erkenntnis an Boden gewinnt - ich zitiere noch einmal Horst Kruse -, wird sich auch zunehmend die Überzeugung durchsetzen, daß die Gewährleistung der inneren Sicherheit nicht nur Sache von Polizei und Justiz ist, sondern letztlich jeden einzelnen von uns angeht.
Um den Gefahren für die innere Sicherheit zu begegnen, die insbesondere in Gestalt der organisierten Kriminalität besonders bedrohliche Ausmaße erreicht haben, ist die Sozialdemokratie zur Zusammenarbeit im Bund, in den Ländern und in den Kommumen, wo immer sie möglich ist, bereit.
In diesem Sinne ist es zu begrüßen, daß wir in den Verhandlungen über ein Gesamtkonzept zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität einen guten Kompromiß gefunden haben, der hoffentlich auch die Zustimmung dieses Hauses finden wird, einen Kompromiß, der die Möglichkeiten zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität deutlich verbessert und zugleich garantiert, daß staatliches Handeln an rechtsstaatliche Grundsätze gebunden bleibt. Mit Ruhe und Respekt sollte jedoch auch das Gespräch mit jenen gesucht werden, die Vorbehalte gegen die Einschränkung des Grundrechts in Art. 13 geltend machen. Die Unverletzlichkeit der Wohnung, die in Art. 13 des Grundgesetzes verbürgt wird, ist ein hohes Gut, dessen Rang außer Zweifel stehen sollte. In einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat muß - das ist meine tiefe Überzeugung - das Individuum einen Raum haben, in dem er nur für sich ist und in dem er der Kontrolle und Aufsicht des Staates entzogen bleibt. Das ist übrigens ein Unterscheidungsmerkmal zum totalitären Staat, der in alle Lebensverhältnisse des Menschen eindringt und sich ihrer bemächtigt.
Der Staat hat aber nicht nur die Pflicht, das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung zu achten und zu schützen, sondern er steht ebenso in der Verantwortung, die Menschen in ihren anderen Grundrechten zu schützen, in ihrem Grundrecht auf Leben, auf körperliche Unversehrtheit, auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit und auf Wahrung ihrer Würde.
Durch die sich ausbreitende organisierte Kriminalität sind diese Grundrechte in hohem Maße bedroht. Wenn beispielsweise in Europa, leider auch in Deutschland, Frauen in großer Zahl von gewissenlosen Verbrecherbanden verschleppt und zur Prostitution gezwungen werden, ist das eine massive Verletzung von Grundrechten, denen der Staat ebenso wie anderen Formen des organisierten Verbrechens nicht tatenlos zusehen kann.
Deshalb muß, wenn alle anderen Mittel zur Strafverfolgung nicht zum Ziel führen, in Ausnahmefällen auch das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung zurückstehen, wenn es um die Aufklärung schwerster Verbrechen geht. Selbstverständlich muß ein solcher Eingriff in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung immer am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gemessen werden und darf nur letztes Mittel bei der Strafverfolgung sein. Wir überschätzen dabei keineswegs - um auch diesem Mißverständnis zu begegnen - die Erfolgschancen einer akustischen Wohnungsüberwachung. Wir folgen aber dem Rat von Experten, darunter Luigi Violante, dem italienischen Parlamentspräsidenten und früheren Vorsitzenden des Anti-Mafia-Ausschusses, der uns dringend empfohlen hat, auch die akustische Wohnungsüberwachung zur Strafverfolgung zuzulassen, nicht zuletzt um die internationale Zusam-
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menarbeit bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität zu unterstützen.
Die weitaus größere Bedeutung bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität hat für uns der Zugriff auf kriminell erworbenes Vermögen. Das Bündel von Maßnahmen, das wir vorgesehen haben, wird es Polizei und Justiz ermöglichen, das organisierte Verbrechen an der empfindlichsten Stelle zu treffen, dem Geld. Wir verdanken es der Initiative meines Fraktionskollegen Jürgen Meyer, daß wir ein weiteres wichtiges Instrument mit einsetzen, nämlich das Steuerrecht, was in anderen Rechtsgebieten heute schon zu erheblichen Erfolgen führt.
Ich will Sie, wenn Sie schon diese hochfahrende Rede hier heute gehalten haben, Herr Kanther, daran erinnern, daß das Wirtschaftsministerium noch in letzter Minute versucht hat, diese Regelung abzuschwächen und diese Maßnahme aus dem Paket herauszubekommen.
Wir hoffen, daß es außerdem gelingt, zusätzlich im Polizeirecht entsprechende Regelungen zu verankern. Ohnehin kann das, was wir vereinbart haben, nur Teil einer Gesamtstrategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität sein.
Leider verweigern Sie sich insbesondere einer Neuorientierung in der Drogenpolitik. Mit Recht hat der angesehene frühere Präsident des Bundeskriminalamtes, Herr Zachert, auf folgendes hingewiesen - ich zitiere -:
Die gebotene Aburteilung organisierter Straftäter hat langfristig nur Sinn, wenn gleichzeitig die von den Tätern genutzten Logistikstrukturen aufgebrochen und die Beschaffungs- und Absatzmärkte zerstört werden.
Ohne eine solche Gesamtstrategie dürfte eine bloß strafrechtliche Verurteilung der OK-Straftäter langfristig eher zu einer Stärkung besonders gefährlicher Straftäterorganisationen führen als zu deren Zerschlagung.
Ich denke, daraus sollten auch Sie, Herr Geis, die notwendigen Konsequenzen ziehen.
Innerhalb einer Gesamtstrategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität muß ferner die internationale Zusammenarbeit intensiviert werden. Insbesondere muß unter anderem das Europol-Abkommen zügig ratifiziert und umgesetzt werden. Die sicherheitsrelevanten Rechtsbereiche müssen vergemeinschaftet werden. Defizite der Durchführungsbestimmungen des Schengener Abkommens müssen bereinigt werden. Gemeinsam müssen international arbeitende Ermittlungsgruppen zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität gebildet werden.
Nebenbei sei angemerkt: Wir müssen nicht zuletzt auf punktgenauen Einsatz der knappen Ressourcen von Justiz und Polizei achten. Wenn beispielsweise die Staatsanwaltschaft ein halbes Jahr damit verbringt, herauszufinden, ob die bekannte Wehrmachtsausstellung in irgendeiner Weise strafrechtliche Bedeutung hat, muß man sich nicht wundern, daß anderswo Kapazitäten zur Strafverfolgung fehlen.
Wenn die Polizei zur Überwachung der Einhaltung von Parkverboten eingesetzt wird, dann muß man sich, denke ich, nicht wundern, daß es anderswo an den notwendigen Polizeikräften mangelt.
Die innere Sicherheit, meine Damen und Herren Kollegen, wird nicht nur - das wissen wir alle - durch das organisierte Verbrechen, sondern auch durch die sogenannte Alltagskriminalität bedroht, wobei - das sollte nicht übersehen werden - die sogenannte Alltagskriminalität häufig zum Aktionsfeld der organisierten Kriminalität gehört.
Alltagskriminalität wird in der Bevölkerung unmittelbar wahrgenommen. Zunehmende Gewalttätigkeiten in den Großstädten, eine besorgniserregende Entwicklung der Jugendkriminalität, Drogenhandel, Wohnungseinbrüche, Taschendiebstähle, Betrügereien und ähnliches beeinträchtigen das Sicherheitsgefühl der Menschen. Der Staat ist in der Pflicht, Rechtsverletzungen zu unterbinden und die Menschen vor Straftaten zu schützen.
Auch auf dem Gebiet der Alltagskriminalität erreichen wir mehr Sicherheit nur durch Zusammenarbeit. So wichtig wirksame Strafverfolgung durch Justiz und Polizei ist - wichtiger ist die Prävention, die Verbrechensvorbeugung. Auf diesem Gebiet ist noch viel zu tun.
Selbstverständlich, Herr Kanther - Sie haben das erwähnt -, sind wir bereit, auf Ihren Vorschlag einzugehen, in deutschen Großstädten unter Federführung der jeweiligen Landespolizei Modellversuche zur Kriminalitätsbekämpfung unter Mitwirkung des Bundesgrenzschutzes zu beginnen. Herr Glogowski hat diese Anregung bekanntlich aufgenommen. Sie hätten ihm nicht so antworten sollen, wie Sie das heute hier im Bundestag getan haben.
Ihre Anregung - manches, was Sie in Pressemeldungen verlautbaren, ist von gleicher Art und Güte -, in den Städten und Kommunen Polizeiarbeit gemeindenah zu gestalten und Sicherheitsräte oder Bürgerkomitees einzurichten, kommt allerdings ein wenig spät; denn diese Sicherheitsräte gibt es seit Jahren. Sie nennen sich unterschiedlich, haben aber dieselbe Zielsetzung. Ob deren Arbeit noch verbesserungsbedürftig ist, sollten wir gemeinsam vorurteilsfrei prüfen.
Otto Schily
Soweit Sie auch Kräfte des Bundesgrenzschutzes für eine dezentrale Verbrechensbekämpfung anbieten, sollten Sie, Herr Innenminister Kanther, Ihre Planungen im Bereich der Strukturreform des Bundesgrenzschutzes überdenken und Einheiten des Bundesgrenzschutzes weiterhin dort stationieren, wo sie benötigt werden.
Verbesserung und Intensivierung von Kriminalitätsbekämpfung haben im übrigen zur Voraussetzung, daß wir uns nicht an Schlagworten orientieren, sondern mit großer Sorgfalt daran arbeiten, unsere Erkenntnisse über Erscheinungsformen der Kriminalität auszuweiten und zu präzisieren.
Leider hat die Bundesregierung die Anregungen meines Fraktionskollegen Frank Hofmann bis heute nicht aufgenommen, ein Sachverständigengremium zur Beurteilung der Sicherheitslage der Bundesrepublik Deutschland einzurichten, das periodisch einen Sicherheitsbericht erstellt und die unterschiedlichen Statistiken - Kriminalstatistik, Strafverfolgungsstatistik usw. - mit dem Ziel verknüpft, ein besseres Lagebild der Kriminalitätsentwicklung zu liefern.
Nur auf einer solchen Grundlage - auch das sollte Sie interessieren, Herr Marschewski -, die die qualitativen Komponenten bei der Auswertung kriminalpolizeilicher Erkenntnisse stärker berücksichtigt und die Ergebnisse der kriminologischen Forschung einbezieht, ist eine zuverlässige Analyse der Erscheinungsformen von Kriminalität möglich. Ohnehin ist eine allzu forsche Wortwahl in Fragen der Innenpolitik unangebracht.
Innenpolitik muß Aggression abbauen und darf sie nicht fördern. Es ist sicherlich zulässig und sogar notwendig, ohne Beschönigungsversuche zu prüfen, ob und auf welchen Gebieten Ausländer an bestimmten Deliktsformen überproportional beteiligt sind. Aber pauschale und vergröbernde Schuldzuweisungen sollten wir tunlichst unterlassen.
Ich rate im übrigen zur Vorsicht gegenüber Anwandlungen, Modelle aus Übersee oder anderswo umstandslos zu übernehmen.
Wer uns die Erfolge der Polizei in New York anpreist und deren Methoden zur Nachahmung empfiehlt, sollte daran erinnert werden, daß allein in New York immer noch dreimal soviel Morde begangen werden wie in ganz Deutschland.
Verbrechensvorbeugung gelingt dann am besten, wenn wir die Gesellschaft gegen Kriminalität immunisieren. Nun hören Sie gut zu, Herr Marschewski: In einer Gesellschaft jedoch, in der der soziale Zusammenhalt brüchig wird, in einer Gesellschaft, die vielen Jugendlichen die Teilhabe an Ausbildung und am Arbeitsleben verweigert, in einer Gesellschaft, in der die Gerechtigkeit notleidend wird, nehmen die Abwehrkräfte gegen Verbrechen ab.
Justiz und Polizei können nie und nimmer die Versäumnisse aufholen, die der Bundesregierung und der Koalition auf den Gebieten der Wirtschafts- und Sozialpolitik, der Bildungs-, der Finanz- und Steuerpolitik anzulasten sind.
Wenn wir diesen Zusammenhang aus dem Auge verlieren, verkommt Strafjustiz zu einer Alibiveranstaltung, die von den wahren Ursachen gesellschaftlicher Fehlentwicklungen ablenkt.
Herr Kanther, da Sie von der „geistigen Basis" gesprochen haben: Ich weiß gar nicht, wo Ihre geistige Basis ist. Ich kenne Ihre geistige Basis nicht. Weil Sie hier ein Pflichtgefühl beschwören, sage ich Ihnen: Wenn Pflicht nicht mit Werten verbunden ist, dann kann Pflichtgefühl in der Tat vom Staat mißbraucht werden, wie wir das in der dunkelsten Vergangenheit Deutschlands leider erlebt haben. Daran sollten Sie sich orientieren, und darüber müssen Sie mit Jugendlichen sprechen.
Deshalb dürfen wir uns keinesfalls auf törichte Vorschläge einlassen, das Strafmündigkeitsalter herabzusetzen.
Ich halte auch nichts davon, Kinder zu vermeintlichen Erziehungszwecken in geschlossenen Heimen unterzubringen. Solche Überlegungen führen in die Irre. Ein Kind einzusperren, weil die Erziehung durch Familie und Gesellschaft scheitert, ist die erbärmlichste Antwort auf eigenes Versagen.
Wir sollten aber auch einsehen, daß die zunehmende Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen mit anderen gesellschaftlichen Strukturen etwas zu tun hat: mit dem geistig-kulturellen Umfeld, mit verfehlter Erziehung, mit einer Verschandelung des Menschenbildes und nicht zuletzt mit den verrohenden und brutalisierenden Suggestivbildern, mit denen wir Kinderseelen überfluten und verwüsten.
Otto Schily
Das läßt sich auch nicht durch beschwörerische Formeln vom Werteverfall und ähnlichem kompensieren.
Ich denke, Sie sollten die Shell-Jugendstudie einmal sehr intensiv lesen. Daß die Politik insgesamt bei der Jugend an Ansehen eingebüßt hat, werden Sie nicht durch Appelle ausgleichen, sondern nur durch selbstkritische Prüfung, ob Worte und Taten in der Politik wirklich übereinstimmen.
- Das gilt für alle.
Wir werden uns zudem fragen müssen, ob die Legitimationsverluste des Staates ganz allgemein nicht auch dadurch zustande kommen, daß eine durchgreifende Modernisierung der Verwaltung und des Staatsapparates bis heute nicht gelungen ist.
Ungeachtet vieler verdienstvoller Ansätze in den Kommunen hat die Bundesregierung auf diesem Gebiet außer zahllosen Ankündigungen so gut wie nichts zustande gebracht.
Sie versäumt die Chance, den Umzug von Bonn nach Berlin für eine grundlegende Reform auf der Bundesebene zu nutzen. Sie war nicht bereit, die Dienstrechtsreform mit einer umfassenden Reform der Verwaltung zu verbinden. Dadurch läßt sie viele Möglichkeiten brachliegen, erhebliche Effizienzgewinne zu erzielen, die den Bundeshaushalt in nicht unbeträchtlichen Größenordnungen entlasten könnten.
Von einer Bundesregierung, die offen eingesteht, daß sie im letzten Jahr der Legislaturperiode ihre Arbeit einstellt und nur noch Wahlkampf betreiben will, kann leider eine notwendige und durchdachte Verwaltungsmodernisierung nicht erwartet werden.
Zur Negativbilanz Ihrer Innenpolitik gehört schließlich, daß Sie bis heute ungeachtet aller Versprechungen und Ankündigungen kein Konzept zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts und zur Steuerung von Zuwanderung vorgelegt haben. Wer aber die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts verweigert, erschwert und verhindert die Integration von vielen Menschen, die zu Unrecht noch Ausländerinnen und Ausländer genannt werden.
Diesen Menschen wird ein Rechtsstatus vorenthalten, der sie zu gleichberechtigten Bürgerinnen und Bürgern dieses Staates macht. Ein veraltetes, ethnisch verortetes Staatsverständnis hindert Sie daran, ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht zu schaffen, in dem das Abstammungsprinzip mit dem Territorialprinzip verbunden wird.
Eine angstbesetzte Abwehrhaltung hindert Sie daran, sich auf ein modernes Zuwanderungskonzept einzulassen, in dem Zuwanderung nicht als Verhängnis, sondern als kulturelle und wirtschaftliche Bereicherung unseres Landes verstanden wird, das aber zugleich nicht in den wirklichkeitsfremden Irrtum verfällt, daß unbegrenzte Zuwanderung möglich sei.
Innenpolitik verträgt am allerwenigsten ein Entweder-Oder. Wer Kriminalität wirksam bekämpfen will, muß umsichtige und umfassende Kriminalitätsvorbeugung mit einer entschlossenen Bekämpfung der akut auftretenden Kriminalität verbinden. Wer die Verwaltung modernisieren will, sollte staatliche Bürokratie dort abbauen, wo es vernünftig ist, und zugleich staatliche Institutionen dort verstärken, wo sie zur Aufgabenerfüllung besser geeignet sind. Wer den inneren Frieden wahren will, muß Integration und Steuerung der Zuwanderung als gleichgewichtigen Bestandteil einer Gesamtaufgabe verstehen.
Eine ausgewogene moderne Innenpolitik kann von dieser Bundesregierung nicht erwartet werden. Dazu bedarf es einer Erneuerung der Politik. Dazu wird im nächsten Jahr Gelegenheit sein.