Rede von
Dr.
Winfried
Pinger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich schließe mich natürlich dem Glückwunsch an Herrn Schmitt an. Mir scheint, daß er etwas länger und ausgiebiger gefeiert hat, was ich ja verstehen kann; jedenfalls scheint er heute noch gut drauf zu sein. Er ist hierhingekommen, hat den Colt herausgeholt, kräftig in die Luft geschossen und gemeint, der Minister stehe konzeptionell vor einem Trümmerhaufen.
Es ist ja das gute Recht der Opposition, Kritik zu üben. Dazu mag es ja hin und wieder auch eine gewisse Berechtigung geben. Aber das scheint mir nun richtig danebenzuliegen. Ich komme nachher darauf zurück.
Lassen Sie mich feststellen - es ist ja bekannt -, daß die 80er Jahre für Afrika ein verlorenes Jahrzehnt waren. Das Bruttosozialprodukt pro Kopf verringerte sich von Jahr zu Jahr, um insgesamt 15 Prozent pro Kopf. Die Leidtragenden waren die Ärmsten der Armen. Die Situation hat sich geändert. Es scheint so, daß sie sich nachhaltig geändert hat. Für dieses Jahr stellt der Internationale Währungsfonds eine Steigerung des Bruttosozialproduktes um 5 Prozent fest, auch für Schwarzafrika. Die Weltbank prognostiziert in ihrem gestern vorgestellten Bericht, den Sie heute in allen Zeitungen lesen können, daß die Entwicklungsländer ihren Weltmarktanteil bis zum Jahr 2020 insgesamt verdoppeln werden.
Das Erfreuliche ist, daß diese Entwicklung an Afrika nicht vorbeigeht, sondern auch für Schwarzafrika auf Grund der vorhandenen Fakten eine durchschnittliche Steigerungsrate von 4,1 Prozent prognostiziert wird. Nun sind Prognosen immer etwas vorsichtig zu behandeln, aber die Tendenz ist eindeutig. Und die Tendenz hat sich geändert. Sie hat sich gebessert. Die Ursachen hierfür sind im wesentlichen Änderungen der Politik in den Entwicklungsländern, aber auch Verbesserungen der Entwicklungspolitik; daran hat die deutsche Entwicklungspolitik konzeptionell, Herr Kollege Schmitt, wesentlichen Anteil. Die Formulierung der Schwerpunkte - Armutsbekämpfung, Bildungsförderung und Umweltschutz - und nicht zuletzt der Kriterien im Jahre 1991 hat ein Signal gegeben. Nun geht es darum, diese in der Politik umzusetzen. Das ist in der Tat nicht ganz so einfach.
Wir müssen uns allerdings auch die Gefahren der Entwicklung vor Augen halten, die insgesamt positiv ist. Nehmen wir die Länder, die im Transformationsprozeß sind. Das sind fast alle Länder, mehr oder weniger, vor allem aber auch die ehemals kommunistischen Länder. Dort ist ein Teil der Wirtschaft dynamisch und privat; an den Vorteilen hat ein Teil der Bevölkerung besonders Anteil. Aber wir müssen einfach sehen, daß die Gefahr besteht, daß ein anderer Teil der Bevölkerung nicht partizipiert, weil er die Chancen in einem veränderten, privatwirtschaftlichen Umfeld nicht wahrnehmen kann. Da muß die Entwicklungspolitik ansetzen.
Armutsbekämpfung ist nicht eine Randerscheinung der Entwicklungspolitik, sondern zentrale Aufgabe. Unsere Zielgruppen sind nicht die, die weniger leistungsfähig sind, sondern die leistungsfähigen, die unterprivilegiert waren und auch heute noch unterprivilegiert oder gar diskriminiert sind. Das ist in vielen Ländern die Masse der Bevölkerung. Das heißt Armutsbekämpfung. Wir wollen nicht Umverteilung, sondern wollen, daß die produktiven Fähigkeiten dieser Bevölkerungsschichten gestärkt und dazu
Dr. Winfried Pinger
auch institutionell die Voraussetzungen geschaffen werden,
zum Beispiel dadurch, -