Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Haushaltsansatz 1998 für den Einzelplan 23 bewegt sich fast auf der gleichen Höhe von 1997. Offen ist allerdings noch, wie der Mittelabfluß in 1997 tatsächlich aussehen wird.
Die Fortschreitung der Mittel in einer Zeit des knappen Geldes wird natürlich nicht jeder Wunschvorstellung gerecht, aber wir liegen mit unseren Möglichkeiten und Mitteln durchaus im Rahmen dessen, was andere große Geberländer aufbringen.
Wer uns unterstellt, wir würden nur wiederwillig einer lästigen Pflichtaufgabe nachgehen, verkennt die wirtschaftliche und finanzielle Gesamtsituation. Er verkennt aber auch das elementare Interesse Deutschlands, im Kampf gegen Hunger und Elend, gegen Unterdrückung und Unfreiheit mitzuhelfen. Er verkennt insbesondere aber das, was von Tausenden auch ehrenamtlich Tätigen, was von Kirchen und Stiftungen und anderen Nichtregierungsorganisationen in der Entwicklungshilfe mit unserer finanziellen Unterstützung geleistet wird. Wir sind den vielen in diesem Bereich engagierten Menschen zu großem Dank verpflichtet. Sie können auch weiterhin auf unsere Unterstützung rechnen.
Auf Kritik gehen wir im Rahmen der Haushaltsberatungen noch ein, vielleicht nicht immer so, wie Betroffene es sich vorstellen. Bei den Stiftungen und Kirchen - das kann ich hier schon zusagen - werden wir den Ansatz noch etwas nach oben korrigieren.
Wir wissen alle, meine Damen und Herren, daß nackte Zahlen allein nichts über Effizienz und Effektivität aussagen. Angesichts der manchmal überraschenden Rückschläge in einzelnen Ländern muß
unser Augenmerk bei den Projekten mehr denn je der Nachhaltigkeit gelten.
Ich begrüße deshalb, daß der BMZ die begleitende Kontrolle und die abschließende Bewertung von Maßnahmen verstärkt hat.
Der Anteil der multilateralen Leistungen liegt bei etwa 2,5 Milliarden DM, was rund ein Drittel des Gesamtetats ausmacht. Wir sind damit noch von unserem Ziel entfernt, die 30-Prozent-Marke wieder deutlich zu unterschreiten.
In den nächsten Jahren werden unsere Zahlungen an internationale Finanzierungsinstitute, die heute noch rund 1,8 Milliarden DM ausmachen, deutlich absinken, weil dank der Darlehensrückflüsse in diesem Bereich eine immer größere Selbstfinanzierungskraft heranwächst.
Die deutsche Beteiligung an Einrichtungen der Weltbankgruppe kann daher 1998 um 103 Millionen DM auf nunmehr 918 Millionen DM zurückgenommen werden. Bei der Asiatischen Entwicklungsbank und auch bei der Afrikanischen Entwicklungsbank sind noch einmal Kapitalerhöhungen zu finanzieren, die den Haushalt zusätzlich mit 141 Millionen DM belasten.
Wir werden hier im Haushaltsausschuß einen Bericht der Bundesregierung anfordern, insbesondere bezüglich der Asiatischen Entwicklungsbank.
Das erscheint uns vor dem Hintergrund der jüngsten Währungsturbulenzen in Ostasien angezeigt.
Deutschland nimmt mit seinen Zahlungen an internationale Organisationen und Einrichtungen eine Spitzenstellung ein. Es bleibt für uns deshalb eine Daueraufgabe, zu prüfen, inwieweit wir Entlastungen erreichen können. Dies gilt insbesondere bezüglich der Beiträge an verschiedene internationale Organisationen. Im Haushalt 1998 werden bereits die UNDP-Mittel von 120 Millionen DM auf. 90 Millionen DM zurückgenommen, und für UNIDO sind es nur noch 10 Millionen DM gegenüber bisher 17,6 Millionen DM. Der. Vorschlag von Minister Spranger, aus der UNIDO auszutreten, hat meine volle Unterstützung gefunden. Die Satzung der UNIDO ist überholt; das Ziel der Industrialisierung der Entwicklungsländer steht offenbar nicht mehr allein im Mittelpunkt, da man sich ständig neue Aufgaben sucht, so daß man Überschneidungen mit anderen internationalen Organisationen herbeiführt. Ich füge auch hinzu: Das Image der UNIDO wird sich nicht unbedingt verbessern, wenn sich das Gerücht bewahrheiten sollte, daß jemand zum Generalsekretär berufen werden soll, der früher im kommunistischen Polen Professor für Planwirtschaft war.
Michael von Schmude
Obwohl die Zahlungen an internationale Organisationen künftig sinken werden, wird das deutsche Volumen für den Europäischen Entwicklungsfonds auf Grund der vertraglichen Vereinbarungen weiter anwachsen und in der Spitze zu einer Zahllast von 1,2 Milliarden DM jährlich führen. Hier rächt sich, daß nur Zuschüsse gewährt werden und somit keine Darlehensrückflüsse zur Refinanzierung zur Verfügung stehen. In den Haushalten 1996 und 1997 hatten wir für den EEF jeweils 850 Millionen DM eingeplant, ausgegeben wurde 1996 nur ein Betrag von 472 Millionen DM, und auch 1997 wird das Haushaltssoll bei weitem nicht erreicht. Der Mittelabfluß beim Europäischen Entwicklungsfonds läßt sich bedauerlicherweise kaum noch realistisch einschätzen. Hier wirkt sich nicht nur negativ aus, daß der achte EEF immer noch nicht ratifiziert ist, sondern hier spiegelt sich auch die Schwerfälligkeit bei der Umsetzung von Maßnahmen in Brüssel wider.
Die Bindung von Haushaltsmitteln, die möglicherweise in größerem Umfang nicht in Anspruch genommen werden, ist für den Einzelplan ein großes Hemmnis. Der Finanzminister hat ja immer wieder Möglichkeiten genutzt, nicht abgeflossene Mittel zur Deckung anderer Positionen und auch für Einsparmaßnahmen einzufordern. Angesichts des deutschen Anteils beim Europäischen Entwicklungsfonds von 26 Prozent muß der deutsche Einfluß auf die entwicklungspolitischen Vorstellungen der Europäischen Union bei der Projektauswahl verstärkt werden. Darüber hinaus entspricht die deutsche Beteiligung bei der Auftragsvergabe im Rahmen der Projekte immer noch nicht unseren Vorstellungen. Das
gleiche gilt für EU-Mittel hinsichtlich deutscher Nichtregierungsorganisationen.
Der Haushalt 1997 stand unter dem Eindruck eines rasanten Anstiegs der Baranforderungen bei der finanziellen Zusammenarbeit. Die Opposition geriet geradezu in Panik. Wir hatten die Bundesregierung ermächtigt, zusätzlich zu den bar veranschlagten 2,2 Milliarden DM durch Forderungsverkauf gegebenenfalls weitere 250 Millionen DM als Barmittel einzusetzen. Davon brauchte bis heute noch kein Gebrauch gemacht zu werden. Dennoch halten wir es für richtig, eine solche Klausel im Haushalt auch für 1998 beizubehalten. Das Volumen der FZ bestimmt vor allem mittel- und langfristig Projekte der Infrastruktur. Um mehr Kontinuität und Planungssicherheit zu erreichen, werden wir hier ein Zeichen setzen und im Rahmen der Haushaltsberatungen die Verpflichtungsermächtigungen deutlich anheben. Damit aber sollen nach unseren Vorstellungen beschäftigungspolitische Effekte in der Bundesrepublik ausgelöst werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die Konzentration bei der Förderung der mittel- und osteuropäischen Länder ist nun ein gutes Stück vorangekommen. Dem Ministerium stehen 136 Millionen DM zur Verfügung, die wohl noch etwas aufgestockt werden, weil Bulgarien neu dazugekommen ist.
Wir Haushälter werden uns dabei aber auch mit der Frage auseinandersetzen müssen, warum beim BMZ drei Beamte ausreichen, um diese Mittel zu bewirtschaften, in den übrigen Ministerien für 150 Millionen DM MOE-Mittel aber 43 Beamte eingesetzt werden.
Das ist ein Punkt, der uns gemeinsam beschäftigen wird.
Auch in diesem Jahr erreichen uns zeitgerecht zu den Haushaltsberatungen Wünsche nach totalem Schuldenerlaß. Das, was wir in der Vergangenheit dazu gesagt haben, gilt auch heute noch. Wir bewegen uns aus gutem Grund nicht anders als die Solidargemeinschaft des Pariser Clubs. In bestimmten Fällen und unter ganz bestimmten Auflagen sind wir aber bereit, neue Wege zu gehen. Wir haben das bewiesen bei der Umwandlung der DDR-Altforderungen und mit dem Schuldenerlaß in einer Größenordnung von bis zu 210 Millionen DM, wenn die betreffenden Länder im Gegenzug Projekte zur Armutsbekämpfung und für den Umweltschutz realisieren.
Wir, die Union, und auch die F.D.P. wollen diesen Haushaltsvermerk erweitern, damit auch der Bildungsbereich einbezogen werden kann. Ich glaube, darüber gibt es unter den Fraktionen Einvernehmen. Damit wird auch sichergestellt, daß dieser Titel wirklich ausgeschöpft wird.
Wirtschaftliche Zusammenarbeit in der Entwicklungshilfe setzt faire Partnerschaft voraus. Das gilt für das gesamte Spektrum der politischen Zusammenarbeit. Wir können es deshalb nicht länger dulden, daß sich Regierungen in Afrika weigern, ihre eigenen Bürger zurückzunehmen.
Bei den rund 140 000 in Deutschland offiziell lebenden Schwarzafrikanern - von den anderen rede ich gar nicht - gibt es 26 282 Abschiebungs- und 1 360 Ausweisungsfälle. Bei fast allen muß die Identität geklärt werden, weil sie ihre Ausweispapiere vernichtet oder versteckt haben. Wir erwarten von ihren Heimatländern, daß sie mit uns zusammenarbeiten, wenn es darum geht, die Herkunft zu klären, um die Rückkehr zu ermöglichen.
Es ist schon bemerkenswert, daß einer der SPD-Kanzlerkandidaten zunächst mit markigen Worten die deutsche Entwicklungshilfe als Druckmittel gegenüber diesen Ländern ins Gespräch bringt und dann aus dem eigenen Lager gescholten wird, er würde die Stammtische in Deutschland von rechts bedienen.
Inzwischen läßt Herr Schröder seine Äußerungen schon wieder modifizieren, man kann auch sagen: einsammeln. Er muß seine Thesen jetzt von links abräumen. Man könnte es auch anders formulieren. Er
Michael von Schmude
hat an den Stammtischen Platz genommen und schleicht sich jetzt als Zechpreller davon.
Es ist für uns - da stimmen wir mit Minister Spranger überein - überhaupt keine Frage, daß mit den betreffenden Ländern eine deutliche Sprache zu sprechen ist. Einige Länder ragen besonders heraus. Ich will das hier mal deutlich machen. Ghana: Spitzenreiter mit 3 859 Abschiebungs- und 348 Ausweisungsmaßnahmen, Zaire mit 3 282 Abschiebungs- und 47 Ausweisungsmaßnahmen,
Liberia mit 2652 Abschiebungs- und 51 Ausweisungsmaßnahmen, Nigeria mit 2 597 Abschiebungs- und 218 Ausweisungsmaßnahmen.
Die Liste läßt sich beliebig fortsetzen. Es sind 23 Länder, von denen nicht nur etliche in beträchtlichem Umfang Hilfe von uns erhalten, sondern die zudem noch in erheblichem Maße bei uns verschuldet sind. Diesen Ländern muß klargemacht werden, daß uns ihr Verhalten erhebliche Kosten verursacht und daß wir diese Gelder viel besser für andere Zwecke - auch für die Entwicklungshilfe - einsetzen könnten.
Wir erwarten aber auch von den Bundesländern, daß sie Abschiebungen konsequent vollziehen und daß nicht wie in Niedersachsen 30 000 Asylbewerbern, die keinen Anspruch auf Bleiberecht haben, ein Bleiberecht gewährt wird, wovon insgesamt eigentlich nur 5 Prozent politisch Verfolgte sind.
Zum Schluß gilt mein Dank den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums, die unsere Vorgaben im Bereich der Entwicklungshilfe erfolgreich und kostengünstig umgesetzt haben. Das letztere wird an der Entwicklung der Verwaltungsausgaben beim Einzelplan 23 deutlich, die 1998 fast auf dem Stand von 1997 fortgeschrieben werden.
Die Personaldecke des Hauses ist heute kleiner als vor der Vereinigung Deutschlands, wovon andere Häuser noch weit entfernt sind. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gebührt deshalb unser besonderer Dank.