Rede von
Dr.
Erich
Riedl
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Vielen Dank für diese Frage. Gestern oder vorgestern hat uns der Bundesfinanzminister den von uns angeforderten Bericht genau zu diesem Thema übermittelt. Wir werden ihn in einer der ersten Sitzungen des Haushaltsausschusses beraten. Es verhält sich in der Tat so, daß es hier gravierende Unterschiede gibt. Ich hätte besser von den überzogenen Gehältern bei allen internationalen Organisationen sprechen sollen, angefangen bei den Vereinten Nationen über die Weltbank und die OECD bis zur EU, der WTO und wie sie alle heißen. Ich darf Ihnen einmal folgendes sagen. Wir haben uns neun Monate - der Kollege Kuhlwein weiß das - über die Bundesregierung bemüht, nur das Gehalt des Generalsekretärs der WTO in Genf zu ermitteln. Neun Monate mußten wir warten, um hinter dieses Problem zu kommen. Gleichzeitig machen wir in Deutschland Nullrunden im öffentlichen Dienst. Das Thema muß angesprochen werden; ich habe es x-mal angesprochen - ich freue mich ja, daß Sie meine Presseerklärungen lesen -, aber wir sind noch zu keinem Ergebnis gekommen.
Im übrigen gibt es hier unter den Parteien im Deutschen Bundestag nicht den geringsten Konsens.
- Dissens, ja. Der Kollege schaut so liebenswürdig, daß es mir gar nicht in den Sinn kommt, von Dissens zu sprechen.
Herr Kollege, Sie sehen es mir nach, daß ich Sie schon rein optisch so positiv beurteile.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch ich könnte jetzt einen Katalog von Beispielen bringen, an Hand dessen wir den europäischen Verwaltungsapparat einmal kritisch durchleuchten könnten. Ich brauche mir nur die europäischen Agenturen anzuschauen, die in ganz Europa wie Pilze aus dem Boden geschossen sind. Ich kann das aus zeitlichen Gründen nicht tun, weil ich zum Schluß noch auf das eingehen möchte, was der Kollege Zöpel im Hinblick auf die Vereinten Nationen als wichtigen Rahmen
Dr. Erich Riedl
der deutschen Außenpolitik und der Außenpolitik überhaupt gesagt hat. Ich will das Thema Finanzreform kurz anschneiden, auch unter dem Gesichtspunkt, daß Sie, Herr Minister, wie ich glaube, in 14 Tagen zur 52. Generalversammlung der Vereinten Nationen fahren.
Immer, wenn wir hier im Deutschen Bundestag das Thema UNO-Finanzreform diskutierten, hatte ich als - das gebe ich zu - relativer außenpolitischer Laie den Eindruck: Das schaffen wir. Jetzt muß ich feststellen: Nichts ist geschafft worden. Wer dachte, die Anfang des Jahres 1995, also vor fast zweieinhalb Jahren, von der UNO-Generalversammlung beschlossene Überprüfung der prekären finanziellen Situation der UNO durch eine eigens eingesetzte Arbeitsgruppe erfolgreich umsetzen zu können, sieht sich jetzt, nach fast zwei Jahren, einer großen Enttäuschung, nämlich dem Scheitern, gegenüber. Am 16. Juni hat die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen eingesetzte Arbeitsgruppe ihre Arbeit eingestellt, ohne substantielle Ergebnisse vorzuweisen. Ich dachte immer, wenn Boutros-Ghali weg ist und Annan kommt, dann klappt es. Ich dachte immer, die Amerikaner haben dieses Personalproblem dazu benutzt, die UNO-Finanzreform voranzutreiben. Nichts ist passiert. Heute stehen wir vor einem Scherbenhaufen.
Die wohl schwerste Finanzkrise in der Geschichte der Vereinten Nationen - ich habe mir lange überlegt, ob ich das so sagen soll - ist durch ein Zusammenspiel zahlreicher Faktoren entstanden, erstens durch die nach wie vor mangelnde Zahlungsmoral zahlreicher Mitgliedstaaten, insbesondere des größten Beitragszahlers, der USA, zweitens durch das Zahlungsunvermögen von Staaten, die durch das überkommene Beitragssystem überbelastet sind, drittens durch eine ungerechtfertigte Begünstigung von Staaten, die nicht ihrem eigentlichen Leistungsvermögen entsprechend veranlagt werden, und viertens durch das unbefriedigende Ressourcenmanagement und die schwerfälligen administrativen Abläufe im VN-Sekretariat. Ich sage es jetzt einmal als meine ganz persönliche Meinung: Vielleicht war es doch falsch, Herr Minister, daß man zum neuen Generalsekretär der Vereinten Nationen einen Mann gemacht hat, der, ich glaube, schon fast 35 Jahre lang Beamter der Vereinten Nationen war. Ich weiß es nicht. Ich will ihm auch nicht unrecht tun. Ich habe den neuen Generalsekretär durch freundliche Vermittlung von Karsten Voigt hier in Bonn kennenlernen dürfen. Er hat einen sehr guten Eindruck gemacht.
Das Scheitern der jetzigen Finanzreformkommission ist ein größeres Desaster, als es die Zustände waren, die wir zur Zeit von Boutros-Ghali hatten. Der Zahlungsrückstand der Amerikaner beträgt 1,5 Milliarden US-Dollar. Jeder kennt den heutigen Dollarkurs und weiß, was das bedeutet. Herr Minister, ich beneide Sie schon allein wegen dieses Punktes nicht um Ihre Reise zur 52. Generalversammlung der Vereinten Nationen.
Ich befürchte, daß es, wenn die Frist zur Festlegung neuer Beitragsskalen und Finanzierungsrichtlinien am 31. Dezember dieses Jahres abgelaufen sein wird, ein Desaster in der Arbeit der Vereinten Nationen gibt, das sich verheerend für die Bevölkerung in Algerien, im Iran und im Nahen Osten auswirken kann.