Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Karsten Voigt hat einen Begriff in die Debatte eingebracht, der mir gut gefallen hat: Außenpolitik bedeutet Semantik. Als Haushälter sage ich: Außenpolitik bedeutet natürlich auch Geld.
Ich bitte die hochgeehrten Vertreter der noch höheren Diplomatie in diesem Haus um Nachsicht, wenn in dieser ersten Lesung des Haushalts für das Auswärtige Amt auch das Geld angesprochen werden muß. Es tut mir leid; aber wir sind ja in der ersten Lesung des Haushalts.
Herr Kollege Zöpel, hinsichtlich Ihres Appells, angesichts der dramatischen, menschenverachtenden Situation in Algerien das Thema Abschiebung von Algeriern aus Deutschland nach Algerien einer besonderen Würdigung zu unterziehen, haben Sie die Unterstützung unserer Fraktion. Ich bin genauso wie Sie über die verheerenden Massaker bedrückt, die angesichts vieler dramatischer Massaker in ganz Afrika eigentlich fast beispielhaft sind. Aber Algerien ist in bezug auf das Mittelmeerprogramm der EU beinahe schon im Türrahmen des Hauses Europa. Daher sollten wir dieses Thema im Bundestag und, soweit wir es von der Kompetenz her können, mit den deutschen Innenministern so diskutieren, wie Sie es angesprochen haben.
Der Regierungsentwurf für 1998 sieht für den Haushalt des Auswärtigen Amtes eine Summe von rund 3,5 Milliarden DM vor. Das sind 1,2 Prozent weniger als 1997, auch wenn man den Nachtrag, den wir hier ebenfalls behandeln, mit einbezieht. 3,5 Milliarden DM sind natürlich eine Menge Geld; in der Relation gesehen ist es jedoch nominell der niedrigste Haushaltsansatz für das Auswärtige Amt seit 1992. Ich erinnere mich noch an die erstaunten Gesichter der Kolleginnen und Kollegen, als ich im letzten Jahr den Anteil des Einzelplans 05 am gesamten Bundeshaushalt erwähnte. Auch 1998 geht der Anteil des Etats des deutschen Außenministeriums, gemessen am gesamten Bundeshaushalt, wieder ein Stück zurück und beträgt jetzt nur noch 0,77 Prozent. Die Statistik besagt, Herr Minister, daß dies der niedrigste Anteil des Einzelplans 05 am Gesamthaushalt der Bundesrepublik Deutschland seit ihrer Gründung im Jahr 1949 ist.
Sie erbringen damit - ich will das auch als Mitglied im Haushaltsausschuß sagen - einen bemerkenswerten Beitrag zur Stabilität und zur Haushaltskonsolidierung in Deutschland.
- Er hat es ja nicht ganz einfach; denn er hat soeben auch mit Ihrer Zustimmung, meine Damen und Herren, an uns appelliert, daß wir vielleicht noch ein bißchen mehr für die deutsche Außenpolitik nach der
Wiedervereinigung Deutschlands leisten sollten. Wir bewältigen ja die Aufgaben der deutschen Außenpolitik heute - bis auf wenige 0,0 ... Prozent - mit dem gleichen Personal wie im geteilten Deutschland.
In groben Zügen teilt sich dieser Haushalt in vier Blöcke auf, in drei große und einen winzigen. Der größte Block sind die Betriebsausgaben mit 42 Prozent des Haushalts oder 1,5 Milliarden DM. Dann kommt der Kulturhaushalt, also die Finanzierung der deutschen auswärtigen Kulturpolitik, mit 33 Prozent oder 1,2 Milliarden DM. Dann kommen mit erstaunlich niedrigen 900 Millionen DM oder 24 Prozent Anteil die Ausgaben für den sogenannten politischen Bereich. Daß das Deutsche Archäologische Institut mit 1 Prozent beim Außenminister etatisiert ist, kommt unter anderem daher, daß wir kein deutsches Bundeskultusministerium haben, was unserer Verfassung entsprechend ja auch richtig ist.
Ich habe einmal die Betriebskosten von 1,5 Milliarden DM auf die etwas mehr als 80 Millionen Einwohner in Deutschland umgerechnet und dabei nach Adam Riese festgestellt, daß auf jeden Bundesbürger rund 18 DM pro Jahr für die Bezahlung der Betriebskosten des deutschen auswärtigen Dienstes entfallen. Das ist bei über 8000 Mitarbeitern einschließlich der lokalen Kräfte - wir sind mit dem deutschen auswärtigen Dienst rund um die Welt tätig - eigentlich eine sehr gut vertretbare Ausgabe. Wenn man sich einmal überlegt, daß sich Millionen Deutsche jahraus, jahrein im Ausland befinden und nicht wenige von ihnen die Unterstützung unserer Auslandsvertretungen dringend brauchen, dann ist dies meiner Ansicht nach - ich sage es noch einmal - eine vernünftige Ausgabe.
Beim Kulturhaushalt ist das ähnlich: Die deutsche auswärtige Kulturpolitik kostet jeden deutschen Bundesbürger im Jahr rund 14 DM.
In diesem Haushalt haben wir ein Problem besonderer Art, das ich erwähnen möchte. Dies ist die leider nicht mehr ganz wiederherstellbare Etatisierung der Ausgaben für den politischen Bereich. Wir müssen uns einmal im Auswärtigen Ausschuß und im Haushaltsausschuß darüber unterhalten, ob wir durch Umschichtung mehr erreichen können. So wird zum Beispiel der Etat für die humanitäre Hilfe, der 1996 immerhin 80 Millionen DM betragen hat, im Vorschlag für 1998 mit 70 Millionen DM angesetzt. Herr Kollege Kuhlwein, wir müssen einmal überlegen, wie wir umschichten.
Zur UNICEF. Ich habe der Generalsekretärin der UNICEF leichtfertigerweise versprochen, daß sie 1998 genausoviel bekommt wie 1997.
- Du hast der charmanten Präsidentin mehr versprochen als ich. Das kommt, weil du dem Charme dieser Dame offensichtlich mehr unterlegen bist als ich.
Dr. Erich Riedl
- Dich nehme ich gar nicht mit, weil du, was das anbetrifft, noch gefährlicher bist.
Hier geht es um eine Summe in Höhe von 2 Millionen DM.
Auch im Bereich UNHCR müssen wir noch ein bißchen nachbessern und den Betrag von 8,2 Millionen DM auf 9 Millionen DM anheben. Das müßte uns durch Umschichtung gelingen.
Ein Problem besonderer Art sind die Haushaltskürzungen. Wir haben bei der Wochenendklausurtagung der Haushaltsgruppe von CDU/CSU und F.D.P. einmal grundsätzlich die Frage erörtert: Wie oft kann es sich der Staat noch leisten, jährlich 1,5 Prozent Personal einzusparen? Ich muß offen gestehen, daß wir, die Haushälter, bei Bundesfinanzminister Dr. Waigel auf ein sehr offenes Ohr gestoßen sind, und dafür bin ich dankbar. Wir haben es schon im letzten Jahr einmal versucht.
- Da hätte ich an Ihrer Stelle weniger Angst.
Ich hole mir dann Ihren Rat ein, wie man so etwas macht. Sie haben ja, als Sie noch bei der F.D.P. waren, bei Ihren Außenministern gewisse Erfahrungen sammeln können, Herr Verheugen.
Das war eine positive Bemerkung. Ich bitte, sie mir nicht allzusehr nachzutragen.
- Das werde ich Theo Waigel schon ersparen. So solidarisch bin ich; darauf können Sie sich verlassen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in den letzten Wochen ist das Wort „Nettobeitrag" durch die Gazetten gegeistert; die Gesellschaft für deutsche Sprache wird es vielleicht zum Wort des Jahres erheben. Ich will dazu einige Worte verlieren: Deutschland hat im Zeitraum von 1991 bis 1996 insgesamt 140 Milliarden DM mehr an die EU gezahlt, als es zurückerhalten hat; das ist ein echtes Problem. Allein im Jahr 1996 hat Deutschland trotz verstärkter Rückflüsse aus den EU-Strukturfonds einen Nettobeitrag von 22,5 Milliarden DM an den EU-Haushalt geleistet. Dies beruht auf dem sogenannten Eigenmittel- beschluß der EU von Edinburgh vom 31. Oktober 1994.
Da wir dies alle miteinander beklagen, muß ich doch einmal feststellen - ich habe das Bundesgesetzblatt zu diesem Eigenmittelbeschluß in meinem Büro liegen -, daß er fast einstimmig vom Deutschen Bundestag gefaßt worden ist und auch fast einstimmig
vom Bundesrat ratifiziert wurde. Wir haben ebenfalls zugestimmt; auch ich war dabei.
Jetzt stellen wir fest - das ist eine Frage, Herr Minister, die einmal grundsätzlich angegangen werden muß -, daß der Zeitraum der Beschlußfassung durch den EU-Ministerrat und die EU-Kommission mit dem Zeitraum, den wir bräuchten, um solche Beschlüsse ausführlich zu überprüfen, gar nicht vereinbar ist. Wenn ich die Wirkungen des Edinburgher Eigenmittelbeschlusses heute bewerte, dann muß ich sagen - dies gilt nur für mich -: Ich habe dies weitgehend unterschätzt. Ohne Vorwürfe sage ich: Auch die verfassungsgebenden Organe, die Gesetzgebungsorgane in Deutschland konnten die Auswirkungen gar nicht überblicken. Dies zeigen die Zahlen, die jetzt vorliegen.