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    Plenarprotokoll 13/186 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 186. Sitzung Bonn, Dienstag, den 5. August 1997 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt: Erklärung durch die Bundesregierung: Die Hochwasserkatastrophe an der Oder und die Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung 16823 B in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 1: a) Vereinbarte Debatte zur Hochwasserkatastrophe an der Oder 16823 B Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 16823 D Dr. Manfred Stolpe, Ministerpräsident (Brandenburg) 16826 C Ulrich Junghanns CDU/CSU 16827 D Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16829 D Jürgen Türk F.D.P 16831 A Rolf Kutzmutz PDS 16832 C Dr. Mathias Schubert SPD 16833 C Tagesordnungspunkt 2: a) Vereinbarte Debatte zu Steuern und Arbeitsplätzen 16835 A b) Erste Beratung des von den Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 28 GG) (Drucksache 13/8340) 16835 A Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 16835 B Dr. Henning Voscherau, Präsident des Senats (Hamburg) 16839 C Johannes Selle CDU/CSU 16841 A Dr. Gerhard Stoltenberg CDU/CSU . 16841 D, 16842 A Dr. Gerhard Stoltenberg CDU/CSU . . . 16845 B Hans-Peter Repnik CDU/CSU 16845 D Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16848 C Carl-Ludwig Thiele F.D.P. 16852 A Joachim Poß SPD 16852 D Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16853 A Peter Dreßen SPD 16855 D Dr. Gregor Gysi PDS 16856 C Dr. Peter Struck SPD 16859 C Joachim Hörster CDU/CSU 16859 D Tagesordnungspunkt 3: a) Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform (Drucksachen 13/901, 13/7000, 13/7570, 13/7579, 13/8325) 16860 B b) Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Steuerreformgesetz 1998 (Drucksachen 13/7242, 13/7775, 13/8020, 13/8177, 13/8178, 13/8326) 16860 C c) Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Steuerreformgesetz 1999 (Drucksachen 13/7480, 13/7917, 13/8022, 13/8023, 13/8177, 13/8179, 13/8327) 16860 C Nächste Sitzung 16861 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 16863* A Anlage 2 Erklärung nach §31 GO der Abgeordneten Bernd Reuter, Barbara Imhof, Erika Lotz, Erwin Horn, Brigitte Lange, Gerhard Rübenkönig, Gerd Höfer, Berthold Wittich, Heidemarie Wieczorek-Zeul, Dr. R. Werner Schuster, Alfred Hartenbach, Joachim Tappe (alle SPD) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform 16864* A 186. Sitzung Bonn, Dienstag, den 5. August 1997 Beginn: 13.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andres, Gerd SPD 5. 8.97 Barnett, Doris SPD 5. 8. 97 Beck (Bremen), BÜNDNIS 5. 8. 97 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Bierstedt, Wolfgang PDS 5. 8. 97 Börnsen (Ritterhude), SPD 5. 8. 97 Arne Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 5. 8. 97 Böttcher, Maritta PDS 5. 8. 97 Bredehorn, Günther F.D.P. 5. 8. 97 Brunnhuber, Georg CDU/CSU 5. 8. 97 Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 5. 8. 97 Buntenbach, Annelie BÜNDNIS 5. 8. 97 90/DIE GRÜNEN Caspers-Merk, Marion SPD 5. 8. 97 Conradi, Peter SPD 5. 8. 97 Dr. Dregger, Alfred CDU/CSU 5. 8. 97 Graf von Einsiedel, PDS 5. 8. 97 Heinrich Eppelmann, Rainer CDU/CSU 5. 8. 97 Faße, Annette SPD 5. 8. 97 Fischer (Berlin), BÜNDNIS 5. 8. 97 Andrea 90/DIE GRÜNEN Friedrich, Horst F.D.P. 5. 8. 97 Ganseforth, Monika SPD 5. 8. 97 Geiger, Michaela CDU/CSU 5. 8. 97 Gilges, Konrad SPD 5. 8. 97 Gloser, Günter SPD 5. 8. 97 Großmann, Achim SPD 5. 8. 97 Günther (Plauen), F.D.P. 5. 8. 97 Joachim Gysi, Andrea PDS 5. 8. 97 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 5. 8. 97 Hartmann, Hanns-Peter PDS 5. 8. 97 Hauser (Esslingen), Otto CDU/CSU 5. 8. 97 Dr. Hellwig, Renate CDU/CSU 5. 8. 97 Dr. Höll, Barbara PDS 5. 8. 97 Dr. Hoyer, Werner F.D.P. 5. 8. 97 Dr. Jens, Uwe SPD 5. 8. 97 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 5. 8. 97 Dr.-Ing. Kansy, Dietmar CDU/CSU 5. 8. 97 Kauder, Volker CDU/CSU 5. 8. 97 Dr. Kiper, Manuel BÜNDNIS 5. 8. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Knake-Werner, Heidi PDS 5. 8. 97 Körper, Fritz Rudolf SPD 5. 8. 97 Kolbow, Walter SPD 5. 8. 97 Abgeordnete(r) entschuldigt bi! einschließlich Kossendey, Thomas CDU/CSU 5. 8. 97 Dr. Graf Lambsdorff, Otto F.D.P. 5. 8. 97 Laumann, Karl-Josef CDU/CSU 5. 8.97 Lemke, Steffi BÜNDNIS 5. 8.97 90/DIE GRÜNEN Dr. Lippelt, Helmut BÜNDNIS 5. 8. 97 90/DIE GRÜNEN Löwisch, Sigrun CDU/CSU 5. 8. 97 Marschewski, Erwin CDU/CSU 5. 8. 97 Dr. Meister, Michael CDU/CSU 5. 8. 97 Dr. Meyer (Ulm), Jürgen SPD 5. 8. 97 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 5. 8. 97 Mogg, Ursula SPD 5. 8. 97 Müller (Berlin), PDS 5. 8. 97 Manfred Neumann (Bramsche), SPD 5. 8. 97 Volker Onur, Leyla SPD 5. 8. 97 Dr. Penner, Willfried SPD 5. 8. 97 Dr. Pfaff, Martin SPD 5. 8. 97 Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 5. 8. 97 Richter, Roland CDU/CSU 5. 8. 97 Robbe, Reinhold SPD 5. 8. 97 Dr. Rochlitz, Jürgen BÜNDNIS 5. 8. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Rössel, Uwe-Jens PDS 5. 8. 97 Schäfer (Mainz), Helmut F.D.P. 5. 8. 97 Schaich-Walch, Gudrun SPD 5. 8. 97 Dr. Scheer, Hermann SPD 5. 8. 97 Schild, Horst SPD 5. 8. 97 Schmidt (Aachen), Ulla SPD 5. 8. 97 Schumann, Richard SPD 5. 8. 97 Dr. Schulte (Schwäbisch CDU/CSU 5. 8. 97 Gmünd), Dieter Seidenthal, Bodo SPD 5. 8. 97 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 5. 8. 97 Dr. Stadler, Max F.D.P. 5. 8. 97 Steen, Antje-Marie SPD 5. 8. 97 Dr. Tiemann, Susanne CDU/CSU 5. 8. 97 Tippach, Steffen PDS 5. 8. 97 Titze-Stecher, Uta SPD 5. 8. 97 Voigt (Frankfurt), SPD 5. 8. 97 Karsten D. Wagner, Hans Georg SPD 5. 8. 97 Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 5. 8. 97 Welt, Jochen SPD 5. 8. 97 Wester, Hildegard SPD 5. 8. 97 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 5. 8. 97 Wilz, Bernd CDU/CSU 5. 8. 97 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 5. 8. 97 Wolf (München), Hanna SPD 5. 8. 97 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Bernd Reuter, Barbara Imhof, Erika Lotz, Erwin Horn, Brigitte Lange, Gerhard Rübenkönig, Gerd Höfer, Berthold Wittich, Heidemarie Wieczorek-Zeul, Dr. R. Werner Schuster, Alfred Hartenbach, Joachim Tappe (alle SPD) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform (Drucksache 13/8325) Das Ergebnis des Vermittlungsausschusses bezüglich der Kompensation für den Wegfall der Gewerbekapitalsteuer ist aus unserer Sicht nicht ausreichend befriedigend für einen Teil hessischer Kommunen. Die Ursache liegt darin, daß CDU/CSU und F.D.P. verhindert haben, daß 2,3 % der Umsatzsteuer den Gemeinden zur Kompensation zur Verfügung gestellt werden, wie es der SPD-Forderung entsprach. Vielmehr wollten CDU/CSU und F.D.P. ursprünglich nur 1,9 % zur Verfügung stellen. Angesichts des Verhaltens der Parteien der Bundesregierung mußte die 2,2 %-Kompensation als Kompromiß erst durchgekämpft werden. Es ist ein Erfolg der sozialdemokratischen Seite, daß die Gewerbeertragsteuer - entgegen Forderungen der F.D.P. - grundgesetzlich abgesichert wird und entsprechend sichergestellt wird, daß zur kommunalen Selbstverwaltung eine den Kommunen zustehende wirtschaftskraftbezogene und mit Hebesatzrecht versehene Steuerquelle gehört. Wir stimmen deshalb den Gesamtregelungen zu, auch weil die ostdeutschen Länder ohne entsprechenden Beschluß die Gewerbekapitalsteuer hätten einführen müssen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Rolf Kutzmutz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Verehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es ist keine leere Floskel, sondern eine durchaus nötige Wiederholung, wenn ich hier sage, daß unsere uneingeschränkte Solidarität all denen gilt, die vom Hochwasser betroffen sind, und wenn ich natürlich unsere Bereitschaft zur Hilfeleistung nach Notwendigkeit und eigenen Möglichkeiten erkläre.
    Es ist auch keine leere Floskel, wenn ich hier den Dank, den andere Kolleginnen und Kollegen schon ausgesprochen haben, an die Tausenden Helfer der Bundeswehr, des Bundesgrenzschutzes, des Technischen Hilfswerkes, des Deutschen Roten Kreuzes und an die vielen zivilen Heller bekräftige und sage: Danke schön für das bisher Geleistete und auch Mut für das noch zu Leistende.

    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD und der F.D.P. sowie des Ministerpräsidenten Dr. Manfred Stolpe [Brandenburg])

    Es zeigt sich im übrigen, wie sinnvoll eine Armee sein kann, wenn sie Landesverteidigung in diesem geschilderten und erlebten Sinne praktiziert.

    (Beifall bei der PDS)

    Noch ist das Ausmaß des Schadens nicht festgestellt. Die ungefähren Zahlenangaben zeigen aber trotzdem das Ausmaß der Probleme, vor denen die Menschen stehen. Zehntausende leben praktisch seit Wochen im Ausnahmezustand. So wie mit dem Steigen des Pegels der Oder die Bereitschaft überall stieg - auch das ist hier schon gesagt und anerkannt worden -, unmittelbar Hilfe zu leisten, so wird jetzt eines deutlich: Jeder Zentimeter, den das Hochwasser nachgibt, weckt die Hoffnung, daß dies auch so bleibt, bei denen, die bisher verschont blieben, und zeigt zugleich den unmittelbar Betroffenen, wie groß das Ausmaß des persönlich erlittenen Schadens ist. Bei vielen, mit denen wir und auch Sie aus den Fraktionen gesprochen haben, wächst die Verzweiflung, ob das alles bewältigt werden kann.
    Die Frage wird in unterschiedlichster Form gestellt und immer wieder aufgeworfen: Was wird, wenn das Hochwasser abgezogen, das Medieninteresse zurückgegangen ist und sich das öffentliche Interesse auf andere Aufgaben konzentriert? Wird die Bereitschaft zur Hilfeleistung auch dann noch vorhanden sein, und werden die vielen Zusagen zur Hilfeleistung auch dann noch gültig sein? Es wird an uns gemeinsam liegen, den Satz eines Betroffenen „Wenn das Hochwasser nicht mehr auf Titelseiten schwappt, dann vergessen die Politiker schnell" zu widerlegen. Das sind Äußerungen und Fragen, die sich auch daraus ergeben, weil zu lesen und zu hören war, daß Hochwasseropfer aus dem Rhein-Main-Gebiet, die 1995 betroffen waren, zum Teil noch heute auf das zugesagte Geld warten.
    Es geht mir nicht um eine Beteiligung an Spekulationen, wie hoch die nötige Summe sein wird, die erbracht werden muß, um die Hochwasserfolgen zu überwinden, auch nicht um einen Wettbewerb, wie viele Millionen DM eingesetzt werden. Wichtig aber

    Rolf Kutzmutz
    ist, daß die Mittel wirklich unbürokratisch und schnell zur Verfügung gestellt werden.
    Natürlich spielten in den vielen Gesprächen das 20-Millionen-DM-Sofortprogramm des Bundes und des Landes Brandenburg und auch das 200-Millionen-DM-Programm der KfW eine Rolle. Aber darin liegt ein entscheidendes Problem. Ein Landwirt aus dem Oderbruch hat gesagt: Zum Wieder-Wiedereinrichter fehlt mir die Kraft. Das heißt nichts anderes, als daß Kredite, seien sie noch so zinsgünstig, letztlich doch wieder neue Schulden sind, daß solche Kredite wegen der generellen Einkommenssituation, der Eigenkapitallage von Unternehmen, des eingetretenen Verlusts banküblicher Sicherheiten von Privatpersonen und Unternehmen nur eingeschränkte Hilfe leisten können; das heißt auch, daß die angekündigten steuerlichen Begünstigungen zwar Bestandteil eines Gesamtprogramms sein können, sie jedoch wegen der zeitlichen Verzögerung, mit der sie wirksam werden, nur eine begrenzte Wirkung entfalten. Ich meine, bei der Hilfe für die Hochwasseropfer muß es um einen Ersatz des Verlorenen gehen.

    (Beifall bei der PDS)

    Wir sollten als Gesetzgeber auch über eine Veränderung des Versicherungsrechts nachdenken; denn Versicherungen lehnen es bisher ab, in hochwassergefährdeten Gebieten - mit Ausnahme eines Bundeslandes - entsprechende Zusatzpolicen zu unterzeichnen.
    Meine Damen und Herren, der Herr Bundeskanzler hat in seiner Erklärung davon gesprochen, daß jeder einzelne aufgerufen sei, das in seinen Möglichkeiten Stehende zu tun, um Hilfe zu leisten. Das ist mir Veranlassung, Ihnen einen Vorschlag zu unterbreiten. Die Gruppe der PDS hat beschlossen, daß jeder Abgeordnete 1000 DM spendet, die für ein vom Land Brandenburg vorgeschlagenes Projekt zum Einsatz kommen sollen. Wir haben unsere Mitarbeiter gebeten, sich entsprechend ihren Möglichkeiten zu beteiligen. Ich bitte Sie, zu prüfen, ob Sie sich einer solchen Aktion auch in Ihrer Fraktion anschließen können. So könnten wir Mitglieder des Deutschen Bundestages ein größeres Projekt gemeinsam direkt finanzieren.

    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Zwei Anmerkungen zum Abschluß.
    Erstens. Bei den Gesprächen im Oderbruch spielte eine Rolle, daß es gut sei, daß die Oder nicht betoniert ist und eine halbwegs intakte Flußlandschaft vorhanden ist. Was für die Oder gilt, müßte auch für andere Flüsse, so zum Beispiel für Elbe und Havel, gelten. Frau Eichstädt-Bohlig hat dazu gesprochen; ich kann mich dieser Meinung nur anschließen.
    Zweitens. Es wurde betont, daß das Hochwasser nicht parteipolitisch vereinnahmt werden solle. Es liegt ein Entschließungsantrag aller Fraktionen vor. Für mich ist es schlicht nicht nachvollziehbar, daß die Gruppe der PDS keine Gelegenheit erhält, diesen
    Antrag mit einzubringen. - Geschenkt; wir werden trotzdem unseren Beitrag weiter leisten.
    Danke schön.

    (Beifall bei der PDS)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Abschließend in dieser Aussprache spricht der Kollege Dr. Mathias Schubert.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Mathias Schubert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Lage an der Oder scheint sich langsam zu entspannen. Die Pegelstände zwischen Ratzdorf und Bad Freienwalde sinken. Die Deiche, die eigentlich längst weggeschwemmt sein müßten, halten noch immer. In der vergangenen Nacht war zum erstenmal seit Wochen ein Deichbruch nicht unmittelbar zu befürchten. Gott sei Dank ist bisher kein einziges Menschenleben zu beklagen.
    Dieses - wie es manche nennen - „Wunder von der Oder" hätte sich nicht ereignet, wenn nicht drei Wochen lang Tausende von Helfern jeden Tag bis zur Erschöpfung gearbeitet hätten.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der F.D.P. und der PDS sowie des Ministerpräsidenten Dr. Manfred Stolpe [Brandenburg] und des Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine [Saarland])

    Dabei gab es Situationen, wo es gar nicht mehr uni die Rettung der Deiche, sondern nur noch um die Verzögerung der Überflutung ging.
    Die Überflutung der Ziltendorfer Senke konnte nicht verhindert werden. Dagegen war der Kampf um den Deich bei Hohenwutzen erfolgreich. Ein Deichbruch dort hätte leicht die Ursache für ein überflutetes Oderbruch sein können und kann dies immer noch werden. Das wäre die Katastrophe. Dies würde für die Bewohnerinnen und Bewohner der Oderregion nicht nur den Verlust ihrer Häuser, ihrer Ernten, ihrer Geschäfte und ihrer Firmen, sondern für viele nach der Vertreibung von 1945 einen neuerlichen Verlust von Heimat bedeuten. Das ist eine besondere Situation, die ich zu verstehen bitte und die auch die Zähigkeit, jedenfalls zum Teil, erklärt, mit der von allen Beteiligten um die Oderdeiche gerungen wurde und noch wird.
    Ich bin, da der Oderbruch zu meiner Heimat gehört, in den letzten Wochen oft dort gewesen. Viele der Dörfer sind verlassen; aber sie sind nicht aufgegeben. Bei vielen Menschen wandelte sich im Laufe der Hochwassertage die Stimmung von Panik und Ohnmacht in vorsichtige Zuversicht, da sie und die vielen Helfer mehr getan haben, als eigentlich hätte getan werden können. Wenn die Flut dennoch gekommen wäre, hätten sie wohl noch einmal alles oder wenigstens sehr vieles verloren. Aber sie hätten sich nicht noch einmal vertreiben lassen.
    Deshalb ist es nötig, den vielen Helfern nicht nur für. ihre Arbeit zu danken, sondern auch dafür, daß

    Dr. Mathias Schubert
    sie mit ihrem Einsatz mehr getan haben, als nur die Oderregion vor der Überflutung zu retten.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Ministerpräsidenten Dr. Manfred Stolpe [Brandenburg])

    Sie haben gemeinsam mit den Bewohnerinnen und Bewohnern mehreren zehntausend Menschen die Heimat erhalten und gezeigt, daß dies eine' Aufgabe ist, die uns alle betrifft.
    Aus diesen Gründen sage ich aufrichtigen und herzlichen Dank allen, die mit ihren Kräften die Deiche gehalten haben: den Freiwilligen, den Feuerwehren, dem Technischen Hilfswerk, den Rettungsdiensten, den Tauchern, der Bundeswehr, den Krisenstäben in Bad Freienwalde, Eisenhüttenstadt und Potsdam und meiner Landesregierung.
    Ich möchte dabei niemanden hervorheben; aber der Einsatz der Bundeswehr war und ist für uns von besonderer Bedeutung.

    (Dr. Peter Struck [SPD]: Das ist wahr!)

    Auf der Tribüne haben einige Soldaten der Bundeswehr Platz genommen. Ich bitte Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ihnen stellvertretend für ihre Kameraden, die jetzt an der Oder sind, mit einem herzlichen Applaus zu danken.

    (Beifall im ganzen Hause)

    Ihnen, Herr Minister Rühe, einen besonderen Dank dafür, daß die Bundeswehr auch für den Wiederaufbau an der Oder zur Verfügung stehen wird.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Selbstverständlich danken wir genauso herzlich der Europäischen Union, dem Bund und dem Land Brandenburg für die Bereitstellung finanzieller Soforthilfen über das beim Kampf um die Deiche Geleistete hinaus.
    Gedankt werden muß aber auch den vielen Spendern in der ganzen Bundesrepublik. Mit den Geld-und Sachspenden kann vor allem den Menschen wirksam geholfen werden, deren Häuser und Grundstücke in der Ziltendorfer Senke überschwemmt sind, die damit zum Teil eben auch ihre Existenzgrundlagen verloren haben und die deshalb unsere besondere Soforthilfe benötigen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin, es geht die Rede durchs Land, die Rettung der Oderregion vor der Flut sei zu einer nationalen Aufgabe geworden, um eine nationale Katastrophe zu verhindern. Die Rettung vor der Flut als Symbol für die innere Einheit, ein Neubeginn nach einer verhinderten Sintflut - vielleicht können die letzten drei Wochen an der Oder wirklich so etwas wie ein Symbol dafür werden. Aber ich warne davor, das zu überziehen. Denn um hier ein wirklich dauerhaftes Zeichen zu setzen, bleibt noch vieles zu tun. Nur drei Aspekte dafür möchte ich kurz ansprechen.
    Da ist erstens der Wiederaufbau. Er wird lange Zeit in Anspruch nehmen und teuer werden. Wir müssen und werden unmittelbar, schnell und unbürokratisch helfen. Ich nehme dabei auf, was Ministerpräsident Stolpe gesagt hat. Wir brauchen günstige Kredite für die Landwirte und für die Gewerbetreibenden. Aber wir brauchen natürlich auch Mittel und Wege, um es ihnen überhaupt zu ermöglichen, diese Kredite aufzunehmen. Also sollten wir über Möglichkeiten wie Ausfallbürgschaften und ähnliches beim konkreten Vollzug unseres gemeinsamen Antrags ernsthaft nachdenken.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Zweitens ist es dringend notwendig, nicht nur an der Oder, sondern in der gesamten Bundesrepublik Hochwasser- und Katastrophenschutz auch als präventive ökologische Aufgabe zu begreifen und in die Tat umzusetzen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Drittens. Das Oderhochwasser hat - viele haben es schon gesagt - die grenzüberschreitende Dimension der Aufgabe gezeigt. Über 150000 Menschen in Polen sind evakuiert. 40 Prozent aller Tschechen sind vom Hochwasser betroffen. Der frühere Raubbau an der Natur in diesen Gebieten ist einer der Gründe für diese Katastrophe.
    Wir müssen um unserer selbst willen mit beiden Nachbarn schnell nach Wegen suchen, um solche Flutrisiken in Zukunft möglichst zu minimieren. Dazu gehört auch ein gemeinsames Hochwasserschutzprogramm über die Europäische Union. Die Europäische Union hat hier die Pflicht, koordinierend und auch mit finanziellen Hilfen das Ihre dazu beizutragen. Ich danke Ihnen ganz herzlich, daß - sollten meine Informationen stimmen - es möglich ist, in unserem gemeinsamen Antragsentwurf noch eine entsprechende Passage aufzunehmen.
    Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wenn wir es in den kommenden Monaten schaffen, diese Aspekte im Blick unseres politischen Handelns zu behalten, mag der Kampf um die Deiche an der Oder ein Symbol wachsender innerer Einheit genannt werden. Dann hätten wir auch die Menschen im Oderbruch, die Helfer und die Spender richtig verstanden.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS und bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P. sowie des Ministerpräsidenten Dr. Manfred Stolpe [Brandenburg] und des Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine [Saarland])