Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir erleben hier die Neuauflage einer Diskussion, wie wir sie früher unter anderen Aspekten schon mehrfach hatten: Antikernkrafthaltung der Grünen, Antikernkrafthaltung der Sozialdemokraten, Antikernkrafthaltung gerade auch bei der PDS.
Das einzig Neue ist: Früher hatten Sie wirklich aktuelle Anlässe. Meine Kollegin hat mit Recht darauf hingewiesen, daß es beschämend ist, wenn sich hier Repräsentanten des Parlaments zu Vertretern außer-
Dr. Klaus W. Lippold
parlamentarischer Initiativen machen und hier Aktuelle Stunden beantragen, weil Greenpeace eine Aktion startet. Ich sage einmal ganz deutlich: Das ist unzumutbar. Daß sich die SPD hier mit anschließt, ist, ehrlich gesagt bedauerlich.
Diesen Vorgang kann man in einem Zusammenhang mit ähnlichen Vorfällen bringen, wie wir sie früher auch in der Bundesrepublik hatten: Keiner von Ihnen hat gesicherte Daten vorliegen. Aber Sie alle beteiligen sich an einer Vorverurteilung. Wir haben das gleiche auch bei deutschen Kernkraftwerken gehabt. Nie haben Sie nachweisen können, daß hier eine Signifikanz ist. Immer blieb es bei Ihren Behauptungen.
Sie schüren Ängste, insbesondere bei Eltern von Kindern. Das ist viel schlimmer als der Vorgang selbst. Gerade dieses Ängsteschüren ist unverantwortlich. Was ist aus der Stoffdiskussion, die Sie früher hatten - gerade Ihre Partei, Herr Rochlitz -, geworden? Vergessen ist alles, was Sie vor Jahren in den Bundestag hineingetragen haben. Das haben Sie damals benutzt, um Ängste zu schüren. Das ist abscheulich; das sage ich Ihnen.
Aber Ihnen geht Ihr parteipolitischer Knigge über alles. Herr Fischer hat in Hessen doch nur von seiner Antikernenergiehaltung gelebt, weil diese Partei nichts anderes zustande gebracht hat. Was ist von Ihren früheren Initiativen zu den vielen Stoffen, die die ganze Welt vernichten, übriggeblieben? - Nichts als Ihre Behauptung! Jetzt machen Sie dieses jämmerliche Spiel auf Veranlassung von Greenpeace nochmal. Sie sollten sich schämen!
Ich sage ganz deutlich: Es ist nicht gut, wenn diejenigen, die aus Kohlerevieren kommen, jetzt auf einmal entdecken, daß die Kernkraft nicht notwendig sei - nur um den Absatz deutscher Steinkohle über „effiziente Nutzung" fortzuführen, wie es dann immer so heißt.
Es ist doch erstaunlich, daß von Ihnen kein Satz dazu kommt, daß die Abstrahlung im Umfeld von Kohlekraftwerken - genauso wie bei den Kohlegruben - größer ist als die Abstrahlung bei Kernkraftwerken. Warum machen Sie denn da nicht einmal Untersuchungen darüber, welche Schäden eintreten?
Aber das interessiert Sie nicht; denn da geht es um Kohle, und Kohle darf nicht in die Diskussion kommen. Es ist jämmerlich, wie hier gewertet wird. Wenn es um etwas geht, was man will, wird alles herangezogen, werden alle Register gezogen. Wenn es aber - wie in diesem Fall - um Kernkraft geht, dann sieht das alles ganz anders aus.
Ich hoffe, daß die Arbeitnehmer bei Preussenelektra, bei Bayernwerke und bei RWE diese Diskussion verfolgen;
denn die Äußerungen, die gerade gefallen sind, waren wirklich mit dem Verantwortungsbewußtsein der Arbeitnehmer in diesen Betrieben unvereinbar. Sie können, so sehr Sie es auch versuchen, daraus kein deutsches Problem machen. Wer - wie Sie - mit allen ihm zur Verfügung stehenden häßlichen und schändlichen Mitteln versucht, Endlagerung zu verhindern, und gleichzeitig sagt, daß die Wiederaufarbeitung nicht kommen soll, der muß sich doch fragen lassen, wie ernst er überhaupt genommen werden kann.
Geben Sie Ihre Antihaltung auf! Kehren Sie zu einer vernünftigen Haltung zurück und erzählen Sie mir nichts von Konsensgesprächen! Wenn einer Ihrer drei Häuptlinge aufsteht, tunken die beiden anderen ihn sofort wieder unter Wasser, und man weiß nicht, an was man sich halten kann. Heute morgen wurde schon deutlich: Der Häuptling, den Sie da in die Schlacht geführt haben, kennt noch nicht einmal das, was der Kronprinz aus Nordrhein-Westfalen, Clement, sagt. Er kennt noch nicht einmal das, was der Fachmann Vahrenholt in Hamburg zu Umweltfragen sagt. Aber er setzt sich hier hin, schreibt auf, was ihm vorgegeben wurde, und muß sich dann in der Debatte anhören, daß das zum Thema nichts beiträgt. Nein, kehren Sie zu einer sachbezogenen Politik zurück. Dann können wir die Dinge angehen.
Im übrigen: Tun Sie doch nicht so, als sei das alles geheim. Die Daten liegen vor. Sie können sie nachprüfen. Auch die EU tut dies.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.