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    Plenarprotokoll 13/176 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 176. Sitzung Bonn, Freitag, den 16. Mai 1997 Inhalt: Absetzung des Punktes 5 von der Tagesordnung 15855 A Tagesordnungspunkt 11: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes (Drucksache 13/7494) 15855 A Tagesordnungspunkt: Vereinbarte Debatte zu den Ergebnis- sen der neuesten Steuerschätzung . . 15855 B Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 15855 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 15860 B Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15863 C Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 15864 B Dr. Gregor Gysi PDS 15866 D Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 15869 A Dr. Norbert Wieczorek SPD 15872 D Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. 15874 C Rudoll Scharping SPD 15875 C Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15878 C Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 15881 A Karl Diller SPD 15886 C Nächste Sitzung 15886 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 15887* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 11 (Änderung des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes) Editha Limbach CDU/CSU 15887* D Regina Schmidt-Zadel SPD 15888* A Halo Saibold BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15888* D Dr. Dieter Thomae F.D.P 15889* D Wolfgang Bierstedt PDS 15890* A Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretärin BMG 15890* D Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 15891* B 176. Sitzung Bonn, Freitag, den 16. Mai 1997 Beginn: 15.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Behrendt, Wolfgang Bierstedt, Wolfgang Bindig, Rudolf SPD PDS SPD SPD SPD 16. 5.97 * 16. 5. 97 16. 5. 97 * 16. 5. 97 16. 5. 97 Blunck, Lilo SPD CDU/CSU SPD 16. 5. 97 16. 5. 97 * 16. 5. 97 16. 5. 97 16. 5. 97 16. 5. 97 16. 5. 97 16. 5. 97 Börnsen (Ritterhude), SPD F.D.P. Arne SPD CDU/CSU BÜNDNIS Braune, Tilo 90/DIE GRÜNEN Bühler (Bruchsal), Klaus Ferner, Elke Gansel, Norbert Genscher, Hans Dietrich Grasedieck, Dieter Dr. Jobst, Dionys Dr. Kiper, Manuel Krautscheid, Andreas Kriedner, Arnulf CDU/CSU CDU/CSU CDU/CSU PDS 16. 5. 97 16. 5. 97 16. 5. 97 * 16. 5. 97 16. 5. 97 16. 5. 97 16. 5. 97 16. 5. 97 16. 5. 97 16. 5. 97 Lenzer, Christian CDU/CSU SPD 16. 5. 97 16. 5. 97 * 16. 5. 97 Dr. Maleuda, Günther Marten, Günter F.D.P. 16. 5. 97 Meckel, Markus Möllemann, Jürgen W. Mosdorf, Siegmar SPD 16. 5. 97 Müller (Zittau), Christian Neumann (Bramsche), SPD Volker SPD Pesch, Hans-Wilhelm Dr. Probst, Albert CDU/CSU CDU/CSU SPD Dr. Rappe (Hildesheim), SPD BÜNDNIS Hermann 90/DIE GRÜNEN Reschke, Otto Dr. Rochlitz, Jürgen Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16. 5. 97 Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 16. 5. 97 Schönberger, Ursula BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16. 5. 97 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schultz (Everswinkel) Reinhard SPD CDU/CSU SPD 16. 5. 97 Dr. Schwarz-Schilling, Christian SPD 16. 5. 97 Dr. Skarpelis-Sperk, Sigrid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16. 5. 97 Steen, Antje-Marie Steindor, Marina 16. 5. 97 16. 5. 97 Verheugen, Günter Wallow, Hans SPD 16. 5. 97 Wolf (Frankfurt), SPD 16. 5. 97 Margareta BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16. 5. 97 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 11 (Änderung des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes) Editha Limbach (CDU/CSU): Gestern, am 15. Mai 1997, trat die europaweite Regelung zur Kennzeichnung neuartiger Lebensmittel in Kraft. Diese Verordnung dient mit ihren Zulassungs- und Kennzeichnungsvorschriften, die nicht zuletzt auch auf unser Drängen und die beharrlichen Verhandlungen der Bundesregierung zurückzuführen sind, sowohl dem freien Warenverkehr im Binnenmarkt als auch dem Schutz und der Information der Verbraucherinnen und der Verbraucher in Europa. Es wäre gut, wenn wir auch für die Kennzeichnung von Aromen und Zusatzstoffen ein so gutes Ergebnis erzielen könnten. Aber heute geht es zunächst einmal um die schnelle und effektive Umsetzung des Erreichten. Das vorgeschriebene Zulassungsverfahren für Neuartige Lebensmittel, vor allem für gentechnisch veränderte Lebensmittel, bedarf entsprechender Durchführungsverordnungen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Koalition soll das Bundesgesundheitsminsterium ermächtigt werden, durch eine Rechtsverordnung das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin oder das Robert-Koch-Institut als zuständige Behörde zu bestimmen. Damit wird sichergestellt, daß die erforderlichen Prüfungen mit hohem Sachverstand durchgeführt werden. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion erwartet zügige Beratung im Ausschuß, damit die Umsetzung der entsprechenden Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Richtlinie des Rates über Lebensmittelhygiene möglichst bald erfolgt. Regina Schmidt-Zadel (SPD): Nach langwierigen und zähen Verhandlungen zwischen dem Europäischen Parlament und dem Ministerrat der Europäischen Union sind die beschlossenen Bestimmungen der Verordnung über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten in Kraft getreten. Der uns heute vorliegende Gesetzentwurf der Koalition versucht dieser Verordnung gerecht zu werden. Es werden rechtliche Grundlagen geschaffen, die die Möglichkeit eröffnen, dem Robert-Koch-Institut oder dem Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin Zuständigkeiten zur Durchführung der Verordnung über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten zuzuweisen und Verfahrensvorschriften zur Durchführung dieser Verordnung zu erlassen. Es ist erfreulich, daß nach einer solch langen Anlaufphase von insgesamt sieben Jahren zumindest ein in Grundsätzen positiv zu bewertendes Ergebnis zustande gekommen ist. Die SPD setzte sich im Vorfeld dieser Übereinkunft uneingeschränkt dafür ein, daß der Verbraucherschutz und die persönlichen Gesundheitsinteressen der Bürger berücksichtigt werden sollten. Der grundlegende Durchbruch wurde nunmehr erzielt - weitere Schritte zu einem unfassenden gesundheitlichen Verbraucherschutz müssen jetzt folgen! Insbesondere bei Nahrungsmitteln sind die Maßstäbe für strenge Sicherheitskontrollen und Überwachung besonders hoch anzusetzen. Gerade vor dem Hintergrund der Lebensmittelskandale der Vergangenheit - denken Sie hier an gepanschte Weine, an pestiziddurchsetzte Babykost oder gar an das alles überlagernde Skandalthema der letzten Monate: die transmissiblen spongiformen Enzephalopathien, auch BSE genannt - erschien im Bereich des Lebensmittelrechts eine zufriedenstellende Lösung auch bei gentechnisch veränderten Produkten erforderlich. Transparenz im Entscheidungsverfahren und Vertrauen der Bürger in uns Politiker besaßen somit oberste Priorität - gerade bei diesem sensiblen Thema. Durch die neue Regelung haben die Verbraucher in vielen Fällen nun die Möglichkeit, zwischen gentechnisch manipulierten und „normalen" Lebensmitteln zu wählen. Ich betone an dieser Stelle bewußt „in vielen Fällen", denn leider bietet die vorliegende Verordnung bei genauerer Betrachtung Anlaß zur Kritik. Viele Zusatzstoffe fallen nämlich nicht unter die Kennzeichnungspflicht der Verordnung. Darüber hinaus wird die Kennzeichnungspflicht auch nur dann angewandt, wenn ein Nachweis über eine gentechnische Manipulation vorgelegt werden kann. Diese Regelung reicht nicht aus! Es kann doch nicht angehen, daß Lebensmittelherstellern die Möglichkeit gegeben wird, ihre Produkte nicht kennzeichnen zu müssen, obwohl genmanipulierte Produkte verwendet werden. Diese Regelung wird in Zukunft eher dazu führen, daß Lebensmittelhersteller mehr Geld investieren, um Wege ausfindig zu machen, auf welche Art und Weise die gentechnische Manipulation nicht mehr nachweisbar zu machen ist, anstatt das Geld für die Optimierung der Produktion „natürlicher" Lebensmittel zu verwenden. Für die SPD steht in diesem Zusammenhang fest, daß ein wirklich umfassender gesundheitlicher Verbraucherschutz nur dann gewährleistet wird, wenn die wichtige Kennzeichnungspflicht auf alle Produkte angewandt wird. Aus diesem Grunde bewertet die SPD die Verordnung der Europäischen Union als einen ersten wesentlichen Schritt in die richtige Richtung. Handlungsbedarf besteht jedoch noch, und der Appell an die Lebensmittelhersteller genmanipulierte Rohstoffe bei der Produktion möglichst auszuschließen oder die hergestellten Erzeugnisse zumindest freiwillig über die gesetzliche Verpflichtung hinaus zu kennzeichnen, bleibt unverändert bestehen. Lassen Sie mich noch kurz auf eine mögliche Entwicklung nach der Umsetzung der Verordnung hinweisen, die uns in naher Zukunft beschäftigen könnte. Durch die Verordnung der Europäischen Union hat also der Bürger durch die Deklarationspflicht grundsätzlich die Möglichkeit, bei vielen Produkten zwischen gentechnisch manipulierten und „normalen" auszuwählen. Hierbei stellt sich aber die Frage, ob die Verbraucher diese vermeintliche Entscheidungsfreiheit auch nutzen können. Es ist nämlich davon auszugehen, daß im Zuge dieser neuen Technologie solche Produkte billiger angeboten werden als herkömmliche Nahrungsmittel. Sollte dies tatsächlich der Fall sein, dann werden viele Bürgerinnen und Bürger vor dem Hintergrund der zunehmenden Armut und Einkommensausfälle in der Bundesrepublik Deutschland praktisch dazu gezwungen, Produkte zu kaufen, die sie eigentlich wegen gesundheitlicher Bedenken sonst meiden würden. Halo Saibold (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Tatsache, daß wir heute im Deutschen Bundestag diesen Gesetzentwurf in erster Lesung debattieren, ist nicht den Urhebern zuzuschreiben. Heimlich, still und leise - so wie das schleichende Eindringen gentechnisch hergestellter Enzyme, Lebensmittelzutaten oder genmanipulierter Sojaprodukte auf den Markt - wollte die Regierungskoalition noch vor wenigen Wochen eine Gesetzesänderung durch das Parlament ziehen, welche die notwendigen nationalen Anpassungen unseres Lebensmittelrechtes an die heute in Kraft getretene Novel-Food-Verordnung der EU ermöglichen sollte. Heimlich, still und leise, weil sie uns wohl suggerieren will, daß mit der Verabschiedung der europäischen Verordnung nun auf nationaler Ebene an der Schraube „Einführung gentechnischer Lebensmittel" nicht mehr zu drehen ist. Wir sehen das nicht so. Heimlich, still und leise wohl auch aus Angst, daß die Öffentlichkeit eins und eins zusammenzählen könnte und erkennt, daß diese Regierung und die zuständigen Behörden auf das Inkrafttreten der doch ansonst sehnsüchtig erwarteten Verordnung nicht entsprechend vorbereitet sind. Nun ist die Katze also doch aus dem Sack und es zeigt sich, daß zwar ab heute die Novel-Food-Verordnung als durchgreifendes europäisches Recht gilt, aber weder die nationalen Zuständigkeiten geregelt sind noch ein angemessenes Verfahren existiert, wie die Länder, in deren Zuständigkeitsbereich die Durchführung der Verordnung und deren Überwachung fällt, beteiligt werden. Wenn morgen in der EU gentechnische Lebensmittel nach der Novel-Food-Verordnung zugelassen werden sollen, trifft das Zulassungsverfahren auf ein bloßes Provisorium nicht endgültig geklärter Kompetenzen. Noch nicht einmal die Frage nach der für Novel Food zuständigen nationalen Behörde ist abschließend geklärt. Auch mit dem Text des vorliegenden Gesetzentwurfes bleibt offen, wann und warum denn nun das BgVV zuständig sein soll und wann das RKl. Und wenn man es munkeln hört, daß das RKG als Gentechnikbehörde mit der Lebensmittelbehörde um die Zuständigkeit konkurriert, muß sich Herr Seehofer fragen lassen, ob er seinen Stall noch im Griff hat. Weiterhin bleibt unklar, welche der Länderbehörden nun überhaupt für eine Erstprüfung des „neuartigen Lebensmittels" zuständig ist, auf deren Basis entschieden werden muß, ob nach Art. 7 bzw. 13 der Verordnung zugelassen werden muß. Die Frage nach der „Gleichwertigkeit" des neuartigen Lebensmittels mit gewohnten Produkten muß hier ja vorab geklärt werden. Aber bisher sind nur wenige Lebensmittelüberwachungsbehörden von ihrer Ausrüstung her in der Lage, den Anforderungen an die Analytik und Labortechnik zur Prüfung und Überwachung von Novel Food zu genügen. Die Konsequenz aus der Summe der Versäumnisse lautet: Bis dieses heute debattierte Gesetz den Bundestag passiert hat, wird sich Novel Food bei uns noch monatelang im rechtlich grauen Raum abspielen. Dabei soll mit dem vorliegenden Änderungsgesetz erst die Ermächtigungsgrundlage für eine entsprechende Rechtsverordnung geschaffen werden, wodurch endgültige Rechtsklarheit sich noch weiter verzögern wird. Die Verantwortung für diesen untragbaren Zustand liegt einzig und allein beim Gesundheitsministerium. Ganz davon abgesehen wäre die Vorlage dieses Gesetzes selbst eine Angelegenheit des zuständigen Ministeriums gewesen; da hat wohl die Regierungsfraktion einem vor lauter Gesundheitsreform paralysierten Herrn Seehofer auf die Sprünge helfen müssen. Daß diese Aufgaben auf Sie zukommen, Herr Seehofer, das war doch spätestens im Januar dieses Jahres klar, wenn nicht schon im November 1996, als sich der Vermittlungsausschuß zwischen EP und Kommission auf den nun verabschiedeten Verordnungskompromiß einigte. Wenn das Wort Mogelpackung auf gesetzliche Vorschriften zutrifft, dann auf die Novel-Food-Verordnung. Sie ist heute in Kraft getreten, ohne daß von der Kommission und den Mitgliedstaaten abschließend festgelegt wurde, welche wissenschaftlichen Kriterien für eine Zulassung erfüllt sein müssen und wie die Kennzeichnungsvorschriften ausgestaltet werden. Nach Schätzungen von Initiativen und Verbänden müssen 80 Prozent aller mit Gentechnik in Berührung gekommenen Lebensmittel auch mit der Novel-Food-Verordnung nicht gekennzeichnet werden. Wir alle wissen, daß gentechnische Enzyme, Zusatzstoffe und Extraktionsmittel gar nicht erfaßt werden und deshalb auch nicht gekennzeichnet werden müssen. Und Sie geben derweil Entwarnung und tun so, als wäre alles paletti. Aus unserer Sicht hätte die Verordnung in dieser Form gar nicht verabschiedet werden dürfen. Vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern geht es um mehr als nur die eigene Gesundheit. Sie wollen verantwortungsbewußt handeln und Risiken für Pflanzen, Tiere, Boden, Wasser und Luft in der ganzen Produktionskette ausschließen. Sie wollen mit dem Kauf eines Produktes nicht den Weg der weiteren Industrialisierung der Landwirtschaft unterstützen. Die Novel-Food-Verordnung weist eine Reihe weiterer Defizite auf: Sie mißachtet das Vorsorgeprinzip und die Anforderungen des Verbraucherschutzes, die technologische Notwendigkeit neuartiger und gentechnischer Lebensmittel muß nicht geprüft werden, und ökologische und soziale Folgen werden nicht berücksichtigt. Bündnis 90/Die Grünen werden deshalb weiterhin vehement für gentechnikfreie Produkte kämpfen. Dr. Dieter Thomae (F.D.P.): Jeder von uns nimmt jeden Tag Nahrung zu sich. Um so wichtiger ist es, im Bereich der Lebensmittel den Verbraucherschutz zu gewährleisten und größtmögliche Sicherheit zu schaffen. Das gilt insbesondere für neuartige Produkte. Die EU hat daraus die Konsequenzen gezogen und in Verordnungen über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten sowie über die Lebensmittelhygiene Anwendungsstandards für die europäischen Länder geschaffen. Dadurch wird in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft einheitlich geltendes Recht gewährleistet, das dem Verbraucherschutz dient und Handelshemmnisse beseitigt. Alle Lebensmittel, die durch den Einsatz neuer Technologien oder unter Verwendung neuer Rohstoffe hergestellt werden, dürfen nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn sie keine Gefahr für den Verbraucher darstellen, keine Irreführung bewirken und sich bei Lebensmitteln aus gentechnisch veränderten Organismen von konventionellen Produkten nicht so unterscheiden, daß sie bei normalem Verzehr Ernährungsmängel verursachen können. Um diese Verordnung in der Bundesrepublik Deutschland praktikabel anwenden zu können, fehlt zur Zeit jedoch die Ermächtigungsgrundlage. Es ist nicht, wie ursprünglich angenommen, möglich, diese Angelegenheit auf dem Verwaltungsweg zu regeln, sondern wir müssen die Ermächtigungsgrundlage im Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz schaffen. Das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin und das Robert-Koch-Institut müssen in die Lage versetzt werden, die Verordnungen des Europäischen Parlamentes zügig umzusetzen. Ziel ist es, die auf nationaler Ebene erforderlichen Schritte des Zulassungsverfahrens möglichst zügig, koordiniert und sicher durchführen zu können. Dort, wo es notwendig ist, müssen deshalb Verfahrensvorschriften zur Durchführung der Verordnungen erlassen werden können. Das gleiche gilt für die Schulungsbestimmungen über Lebensmittelhygiene, die in Form von spezifizierten Regelungen umgesetzt werden müssen. Mit dieser Änderung des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes schaffen wir die Grundlage dafür, daß die europäischen Sicherheitsstandards im nationalen Bereich vernünftig umgesetzt werden können. Wolfgang Bierstedt (PDS): Es ist eine Farce, daß wir über die Frage der Kennzeichnung und der Sicherheitskriterien für gentechnisch hergestellte und veränderte Lebensmittel hier debattieren müssen, während die Novel-Food-Verordnung heute morgen in Kraft getreten ist. Diese Frage nur aus dem formalen Anlaß einer Verordnungsermächtigung anschließend zu behandeln zeigt, daß allein Vollzug gemeldet werden soll, um inhaltlicher Kritik möglichst aus dem Weg zu gehen. Denn zweifellos ist die europäische Novel-FoodVerordnung ein Thema, daß viele Bürgerinnen und Bürger interessiert,. insbesondere deshalb, weil sie keinerlei Interesse am Verzehr von Gen-Nahrungsmitteln haben, sondern diese Lebensmittel bei ihnen Ängste auslösen. So hatten sie zumindest darauf gehofft, diese Nahrungsmittel in den Regalen erkennen zu können. Leider war dies eine trügerische Hoffnung; eine wirklich umfassende Kennzeichnungspflicht von Gen-Nahrungsmitteln wird es nicht geben - auch wenn dies von der Bundesregierung wissentlich falsch in alle Welt hinausposaunt wird. Tatsächlich werden auch in der Bundesrepublik schon Lebensmittel verkauft, die mit Hilfe der Gentechnik entstanden sind. Genetisch veränderter Soja und. Mais werden bereits seit Monaten importiert, ohne daß die Bundesregierung sich für eine Kennzeichnung oder gar einen Importstop engagiert hätte. Dies beweist ihren mangelnden Willen, für verbraucherfreundliche Regelungen einzutreten. Die Novel-Food-Verordnung ist völlig unzureichend, sowohl im Hinblick auf die Kennzeichnungspflicht gentechnischer Nahrungsmittel als auch im Hinblick auf die erforderlichen Sicherheits- und Umweltprüfungen für das Inverkehrbringen solcher Lebensmittel. Es kann doch nicht sein, daß die Verordnung Enzyme, Aromen und Zusatzstoffe - aller Voraussicht nach der größte Markt für Gentechnik in Lebensmitteln - überhaupt nicht erfaßt. Wenn zugleich unterlassen wird, Großlieferungen von Nahrungsmitteln danach zu differenzieren, ob Teile mit Hilfe der Gentechnik entstanden sind oder nicht, dann wird doch jede sogenannte Kennzeichnungspflicht zur Makulatur. Zumal Nahrungsmittel nur dann gekennzeichnet werden müssen, wenn sie „nicht mehr gleichwertig" mit herkömmlichen Nahrungsmitteln sind und diese Veränderung „wissenschaftlich nachweisbar" ist. Abgesehen davon, daß praktikable Nachweismethoden bislang kaum zur Verfügung stehen, bleibt doch die konkrete Regelung, was als gleichwertig zu gelten hat und welche Grenzwerte hierfür gelten sollen, vollkommen offen. In der Verordnung werden keine verbindlichen Sicherheitskriterien formuliert; sicher ist demgegenüber, daß Umweltprüfungen nicht zwingend vorgeschrieben sind. Erneut wird deutlich, daß die ökologischen Gefahren des Einsatzes der Gentechnik nicht wahrgenommen werden bzw. nicht wahrgenommen werden sollen. Unserer Meinung nach müssen bei einem Einsatz der Gentechnik im Lebensmittelbereich nicht nur die möglichen gesundheitlichen Gefährdungen berücksichtigt werden, sondern auch die sozialen und ökologischen Folgewirkungen des Einsatzes dieser Technologie. Die Verordnung wird diesen Anforderungen jedoch in keiner Weise gerecht, auch gibt sie keine Antwort auf die noch immer offene Frage des Sinnes genmanipulierter Nahrungsmittel zum Beispiel aus ernährungsphysiologischer Sicht, Kostensenkungen bei Herstellung, Transport und Lagerung und - in Verbindung mit der Patentierung von Genen - erhöhte Gewinnchancen für die Lebensmittelindustrie, das sind die Gründe für diesen Einsatz der Gentechnik. Eine wirklich umfassende Kennzeichnung wäre ein Minimalziel gewesen. So wie die Verordnung jetzt gültig ist, muß das begründete Engagement gegen Gen-Nahrungsmittel andere Formen finden. Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes werden die gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, um die Zuständigkeit für bestimmte Maßnahmen zur Durchführung der EG-Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten von den grundsätzlich für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Bundesländern auf das Robert-Koch-Institut bzw. auf das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin zu übertragen. Außerdem wird die gesetzliche Ermächtigung geschaffen, die europäische Lebensmittelhygiene-Richtlinie vollständig in deutsches Recht umzusetzen. Nach langjährigen und schwierigen Verhandlungen in Brüssel konnte die EG-Verordnung über neuartige Lebensmittel zum Abschluß gebracht werden. Dieser Verhandlungserfolg wurde sowohl von den Koalitionsparteien als auch von der SPD, aber auch von seiten der Verbraucherschaft und der Lebensmittelwirtschaft zu Recht begrüßt, weil hiermit für neuartige Lebensmittel europaweit einheitlich strenge Vorschriften zum Gesundheitsschutz sowie umfas- sende Kennzeichnungsvorschriften zur Information des Verbrauchers geschaffen wurden. Die in allen Mitgliedstaaten unmittelbar geltende EG-Verordnung trat bereits am 15. Mai 1997 in Kraft. Die Änderung des deutschen Lebensmittelrechtes ist erforderlich, weil das in der EG-Verordnung vorgesehene Zulassungsverfahren auf nationaler Ebene beginnt und auf Gemeinschaftsebene fortgeführt wird. Im Interesse einer innerhalb Deutschlands einheitlichen Handhabung auf hohem wissenschaftlichen Niveau besteht Einvernehmen zwischen Bund und Ländern, daß die nationale Erstprüfung von den fachlich besonders qualifizierten Bundesbehörden, nämlich dem Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin und dem Robert-Koch-Institut durchzuführen ist. Die formalen Voraussetzungen für diese Zuständigkeitszuweisung schafft der vorliegende Gesetzentwurf. Die Durchführung der EG-Verordnung wird - wie dies vorauszusehen war - in der Anfangsphase noch eine Reihe von Fragen zur Auslegung der materiellen Regelungen aufwerfen. Dies gilt sicherlich auch für den Bereich der Kennzeichnung. Zu den die Auslegung des materiellen Inhalts der EG-Verordnung betreffenden Problemen sind weitere Beratungen auf Gemeinschaftsebene zwischen der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten geplant. Dies gilt auch hinsichtlich der Frage, ob Lebensmittel, die gentechnisch veränderte Sojabohnen und Maiskörner enthalten, kennzeichnungspflichtig sind. Diese Erzeugnisse sind bereits nach anderen EG- Vorschriften zugelassen worden, so daß in diesem Fall nicht die Kennzeichnungsvorschriften der EG- Verordnung über neuartige Lebensmittel gelten. Die Bundesregierung unterstützt die Bemühungen, auch für diese Produkte gemeinschaftseinheitliche Bestimmungen mit dem Ziel einer umfassenden und praktikablen Kennzeichnung zu erlassen. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 711. Sitzung am 25. April 1997 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: - Drittes Gesetz zur Verbesserung des Wahlrechts für die Sozialversicherungswahlen und zur Änderung anderer Gesetze (3. Wahlrechtsverbesserungsgesetz - 3. WRVG) - Gesetz zu dem Geheimschutzübereinkommen der WEU vom 28. März 1995 - Gesetz zu dem Übereinkommen vom 28. April 1995 über den Beitritt der Republik Österreich zu dem am 19. Juni 1990 unterzeichneten Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 (Gesetz zum Beitritt der Republik Österreich zum Schengener Durchführungsübereinkommen) - Gesetz zu dem übereinkommen vom 5. September 1980 über die Ausstellung von Ehefähigkeitszeugnissen - Gesetz zu dem Obereinkommen vom 13. November 1991 zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften über die Vollstreckung ausländischer strafrechtlicher Verurteilungen - Gesetz zu dem Abkommen vom 20. Juni 1996 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, den Vereinten Nationen und dem Sekretariat des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaveränderungen über den Sitz des Sekretariats des Übereinkommens und zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes - Gesetz zu dem Abkommen vom 5. Mai 1995 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Hongkong über den Fluglinienverkehr - Erstes Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgeseizes - Gesetz über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten (Bundeskriminalamtgesetz - BKAG) Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: Der Bundesrat bekräftigt, daß die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für die internationale Verbrechensbekämpfung (Artikel 73 Nr. 10 GG) nur die grenzüberschreitende Verfolgung strafbarer Handlungen und die Amtshilfe deutscher Behörden auf Ersuchen ausländischer Behörden im Rahmen der Strafverfolgung, nicht aber den Bereich der Gefahrenabwehr umfaßt und daß § 3 BKAG einem unmittelbaren Dienstverkehr der Länderpolizeien mit ausländischen Dienststellen im Bereich der Gefahrenabwehr nicht entgegensteht. Begründung: Dem Bund steht nach Artikel 73 Nr. 10 des Grundgesetzes eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz im Bereich der internationalen Verbrechensbekämpfung zu. Der Begriff „Internationale Verbrechensbekämpfung" umfaßt jedoch nur die grenzüberschreitende Verfolgung strafbarer Handlungen und die Amtshilfe deutscher Behörden auf Ersuchen ausländischer Behörden im Rahmen der Strafverfolgung (von Münch, Kommentar zum Grundgesetz, Rd.Nr. 69 zu Artikel 73; von MangoldtKlein, Kommentar zum Grundgesetz, Anm. XVII, 2c). Der Bereich der Gefahrenabwehr wird hiervon nicht umfaßt. Zwar geht der Bundestag, wie sich aus der Beschlußempfehlung und dem Bericht seines federführenden Innenausschusses zu Artikel 1 § 3 Abs. 2 und 3 (internationaler Dienstverkehr) ergibt, davon aus, daß nicht jeder internationale Dienstverkehr dem BKA vorbehalten sein soll und den Belangen der Länder durch die klarstellende Regelung in § 1 Abs. 3 BKAG Rechnung getragen sei (BT-Drs. 13/7208, S. 39). Der Wortlaut des § 3 Abs. 2 stellt jedoch nicht in hinreichender Deutlichkeit dar, daß j 3 BKAG nicht den in Länderzuständigkeit fallenden Bereich der Gefahrenabwehr umfaßt und somit nicht dem unmittelbaren Dienstverkehr der Länderpolizeien mit ausländischen Dienststellen in diesem Bereich entgegensteht. Insoweit bedarf es einer Bekräftigung durch den Bundesrat. Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 6. Mai 1997 ihre Große Anfrage „Zwischenbilanz zum Abbau von sozialen Leistungen - Auswirkungen auf die Betroffenen und das gesellschaftliche Klima" -Drucksache 13/7220 - zurückgezogen. Des weiteren hat die Fraktion der SPD mit Schreiben vom 14. Mai 1997 ihren Antrag „Investieren in eine lebenswerte Zukunft: Die Modernisierung des dualen Systems vorantreiben" - Drucksache 13/ 6743 - zurückgezogen. Die Abgeordneten Anni Brandt-Elsweier, Ingrid Matthäus-Maier, Dr. Rita Süssmuth und Verena Wohlleben haben den Gesetzentwurf „Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes - §§ 177 bis 179 StGB (... StrÄndG)" - Drucksache 13/7324 - nachträglich unterschrieben. Der Abgeordnete Heinrich Lummer hat seine Unterschrift zu dem Antrag „Eckpunkte für die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen" - Drucksache 13/6591- zurückgezogen. Der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über den Stand der Unfallverhütung und das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik Deutschland 1994 - Unfallverhütungsbericht Arbeit 1994 - - Drucksachen 13/3091, 13/3528 Nr. 1.2 - - Unterrichtung durch die Bundesregierung Beschäftigung Schwerbehinderter bei den Bundesdienststellen - Drucksachen 13/5132, 13/5550 Nr. 1.5 - Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuß Drucksache 13/3938 Nr. 1.3 Drucksache 13/4636 Nr. 1.2 Drucksache 13/5295 Nr. 1.6 Drucksache 13/7017 Nr. 1.13 Innenausschuß Drucksache 13/6454 Nr. 1.10 Drucksache 13/7117 Nr. 2.16 Drucksache 13/7216 Nr. 2.20 Rechtsausschuß Drucksache 13/4678 Nr. 2.8 Drucksache 13/5056 Nr. 2.9 Drucksache 13/6152 Nr. 2.1 Finanzausschuß Drucksache 13/7017 Nr. 2.16 Drucksache 13/7017 Nr. 2.43 Drucksache 13/7117 Nr. 2.4 Drucksache 13/7117 Nr. 2.18 Drucksache 13/7216 Nr. 2.29 Drucksache 13/7306 Nr. 2.2 Drucksache 13/7306 Nr. 2.3 Haushaltsausschuß Drucksache 13/7017 Nr. 2.12 Drucksache 13/7017 Nr. 2.14 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/7117 Nr. 2.1 Drucksache 13/7117 Nr. 2.8 Drucksache 13/7117 Nr. 2.12 Drucksache 13/7117 Nr. 2.17 Drucksache 13/7216 Nr. 2.24 Drucksache 13/7216 Nr. 2.27 Drucksache 13/7216 Nr. 2.28 Drucksache 13/7216 Nr. 2.30 Drucksache 13/7306 Nr. 2.8 Drucksache 13/7306 Nr. 2.10 Drucksache 13/7306 Nr. 2.13 Drucksache 13/7306 Nr. 2.17 Drucksache 13/7306 Nr. 2.21 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 13/4466 Nr. 2.26 Drucksache 13/5555 Nr. 2.6 Drucksache 13/5866 Nr. 1.2 Drucksache 13/7017 Nr. 1.4 Drucksache 13/7017 Nr. 1.11 Drucksache 13/7117 Nr. 2.5 Drucksache 13/7117 Nr. 2.6 Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 13/4921 Nr. 2.29 Drucksache 13/7017 Nr. 1.7 Drucksache 13/7017 Nr. 1.8 Ausschuß für Gesundheit Drucksache 13/6766 Nr. 2.19 Ausschuß für Verkehr Drucksache 13/7017 Nr. 2.5 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 13/6766 Nr. 2.2 Drucksache 13/7017 Nr. 2.4 Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 13/6861 Nr. 2.2 Drucksache 13/7017 Nr. 1.10 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/6861 Nr. 1.6 Drucksache 13/6861 Nr. 1.7 Drucksache 13/7017 Nr. 1.2
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Schäuble


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Zahlen, die unserer Debatte zugrunde liegen, und die sich daraus ergebende Lage für die öffentlichen Haushalte und den Arbeitsmarkt sind nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Wir sollten in dieser Debatte auch nicht den Eindruck erwecken, als sei es anders und als ob wir der Versuchung zur Schadenfreude darüber nicht widerstehen könnten, daß die Lage so schwierig ist. Ich finde, die Menschen in unserem Lande, soweit sie unsere Debatte verfolgen, haben einen Anspruch darauf, daß wir nicht darum herumreden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Zuruf vom Bündnis 90/Die Grünen: Gute Kritik an Herrn Waigel!)

    - Nein, es ist eine Aufforderung an uns selbst. Wenn wir schon heute nachmittag debattieren, sollten wir es mit dem gebührenden Ernst und mit der gebührenden Konzentration auf das Thema tun.

    (Wolf-Michael Catenhusen [SPD]: Dann man los!)

    - Halten Sie es noch drei Minuten aus. Ich fange ja gerade an.
    Lassen Sie uns einmal die Zahlen einen Moment anschauen. Die Veränderung des Betrages der zu erwartenden Steuereinnahmen in 1997 und in den Folgejahren zwischen der Schätzung im November vergangenen Jahres - der Bundesfinanzminister hat ja ausführlich dargelegt, wie objektiv sie abläuft und daß das Ergebnis glücklicherweise nicht in unserer Hand liegt - und der im Mai liegt in einer Größenordnung, daß man über den Ernst der Lage auch heute nachmittag ernsthaft reden muß. Nun fällt ja an diesen Zahlen etwas auf.

    (Zuruf von der SPD: Das kann man wohl sagen!)

    Ich finde es schon höchst bemerkenswert, daß sich die zugrunde liegende Annahme, wie sich das nominale Bruttoinlandsprodukt im Jahre 1997 entwickelt, von November vergangenen Jahres bis zum Mai dieses Jahres um rund 18 Milliarden DM - 17,8 Milliarden DM - verringert hat.
    Das Bruttoinlandsprodukt wird übrigens ein halbes Jahr später nicht deshalb geringer geschätzt,
    weil wir weniger Wachstum hätten. Die reale Wachstumsrate, die den Schätzungen zugrunde gelegt wird, ist konstant geblieben; sie beträgt 2,5 Prozent. Was sich vielmehr gegenüber November verändert hat, ist, daß die Stabilitätsrate gestiegen ist, so daß das nominale Wachstum geringer ausfällt. Deswegen ist mit einem um 17,8 Milliarden DM geringeren Bruttoinlandsprodukt zu rechnen.
    Jetzt kommt der Punkt, über den wir ernsthaft reden müssen. Die Steuereinnahmen sind um 18 Milliarden DM niedriger, als noch vor einem halben Jahr erwartet. Das heißt - der Bundesfinanzminister hat das eben vorgetragen, aber durch die Art und Weise, wie Sie darauf reagiert haben, ist es ein wenig untergegangen; deswegen wiederhole ich es -: Die zu erwartenden Steuereinnahmen sind in absoluten Beträgen stärker zurückgegangen als das Bruttoinlandsprodukt.

    (Zuruf des Abg. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    - Herr Kollege Fischer, wenn Sie eine seriöse Debatte führen wollen, können Sie der Erkenntnis nicht ausweichen, daß die Reform der Struktur unseres Steuersystems angesichts dieser Zahl noch notwendiger geworden ist, als sie es bisher war.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Warum gehen die Steuereinnahmen stärker zurück als das nominale Bruttoinlandsprodukt? Dafür gibt es nur eine Erklärung. Es gibt nur die Erklärung, daß der internationale Standortwettbewerb hinsichtlich der Steuersysteme in Europa und die zu große Zahl von Sonderregelungen steuerrechtlicher Art bei Einkommen- und Körperschaftsteuer dazu führt, daß die Veranlagung insbesondere zur Einkommen- und Körperschaftsteuer durch immer mehr Vermeidungs- und Verlagerungseffekte hinter dem zurückbleibt, was eigentlich finanzpolitisch notwendig und gewollt ist. Deswegen sinken die Steuereinnahmen stärker. Über diese objektive Erkenntnis wird man seriös nicht streiten können. Wenn dies so ist, ist die Grundkonzeption unserer Steuerreform noch notwendiger, als sie es bis zum gestrigen Tag gewesen ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir brauchen weniger Ausnahmen von der Besteuerung bei niedrigeren Sätzen für alle Steuerpflichtigen, weil wir nur so die Umgehungs-, Vermeidungs- und Verlagerungseffekte ins Ausland verhindern können. Nur auf diesem Weg werden wir erreichen, daß die nach dem Steuergesetz geschuldeten Steuern auch tatsächlich gezahlt werden. Ansonsten werden wir in Zukunft auch bei noch so viel Wachstum weiter rückläufige Steuereinnahmen haben. Das kann doch niemand vernünftigerweise wollen.
    Deswegen glaube ich, daß es richtig ist, wenn wir aus den Zahlen dieser Woche Konsequenzen ableiten. Es ist nun noch notwendiger, daß die Gewerbekapitalsteuer abgeschafft wird und daß wir eine Reform der Struktur unseres Einkommen- und Körperschaftsteuergesetzes zustande bringen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Dr. Wolfgang Schäuble
    Ich würde gern eine zweite Bemerkung machen; damit ist es mir genauso Ernst. Schauen wir uns ein-. mal an, wie sich die Annahmen bezüglich der Zahl der Erwerbstätigen und der Arbeitslosen seit November verändert haben. Im November ist erwartet worden, daß wir im Jahre 1997 eine Erwerbstätigenzahl von 34,64 Millionen haben werden; im Mai wird nur noch mit 34,12 Millionen, 420 000 weniger, gerechnet. Entsprechend ist die Zahl der Arbeitslosen von 3,95 Millionen, im Jahresdurchschnitt gerechnet, jetzt auf 4,3 Millionen gestiegen. Daß das natürlich Auswirkungen auf die Bundesanstalt für Arbeit in einer Größenordnung von bis zu 20 Milliarden DM haben wird, ist schlimm genug, aber nur die eine Seite.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Jetzt müssen Sie Herrn Jagoda auch zitieren! Weitere Zurufe von der SPD)

    - Reden Sie doch nicht soviel dazwischen! Es gibt Leute, die nur dazwischenreden und nicht zuhören.
    Lassen Sie uns doch einen Moment darüber nachdenken, was notwendig ist - wir haben diese Debatten oft geführt -, was wir tun können, damit wir am Arbeitsmarkt eine Trendwende erreichen. Ohne eine Trendwende am Arbeitsmarkt werden nämlich alle unsere Bemühungen um Haushaltskonsolidierung und soziale Sicherung vergeblich sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich sagen Ihnen: Wir brauchen mehr Investitionen. Wir müssen durch eine Steuerreform die Verlagerung von Investitionen, Arbeitsplätzen und Erwerbstätigkeit ins Ausland stoppen. Deswegen sind die Steuerreform und die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer notwendig.
    Wir sind ja auf dem richtigen Weg.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Detlev von Larcher [SPD]: Das sehen wir an den Ergebnissen!)

    - Hüten Sie sich! Sie könnten in den Verdacht geraten - ich sage es einmal ganz vorsichtig -, daß Sie erst einmal alles bekämpfen. Sie haben uns doch in den letzten Jahren nicht vorgeworfen, wir würden zuwenig sparen. Sie haben uns doch immer vorgeworfen, wir würden zuviel sparen. Jetzt werfen Sie uns vor, wir würden zuwenig sparen.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Sie sparen falsch!)

    Sie haben doch unsere Sparvorschläge immer abgelehnt. Das können Sie doch nicht bestreiten. Ich bin ja bereit, unter die Vergangenheit einen Schlußstrich zu ziehen und zu sagen: Was kümmert es mich noch?

    (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Wolf-Michael Catenhusen [SPD]: So kommen Sie nicht davon!)

    Ich komme zu einem weiteren Punkt.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Aber vorher müssen wir noch den Rosenkranz beten!)

    Sie wissen, daß die Verantwortlichen in der Gewerkschaftsbewegung in der Erkenntnis, was notwendig ist und daß wir mit unseren grundsätzlichen Maßnahmen auf dem richtigen Weg sind, viel weiter sind als die Sozialdemokraten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich nenne Ihnen ein paar konkrete Beispiele - ich fange einmal von vorne an -: Wie lange haben Sie uns wegen unserer Vorschläge, das Monopol der Bundesanstalt für Arbeit aufzulockern, diffamiert? Inzwischen hat die Stadt Hamburg - bis zum September ist immer noch ein Sozialdemokrat Bürgermeister
    - eine private Arbeitsvermittlung, ,,Maatwerk" heißt sie, eingeschaltet, um Sozialhilfeempfänger in reguläre Arbeitsplätze zu vermitteln. Viele andere Gemeinden machen das gleiche.
    Ich komme zum zweiten Beispiel. Wir wären viel weiter, wenn Sie uns durchgreifendere Reformen bei der Sozialhilfe nicht kaputtgemacht hätten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir müssen eine bessere Verzahnung von Sozialleistungen und Angeboten auf dem Arbeitsmarkt erreichen. Es kann nicht sein, daß die Menschen lieber arbeitslos sind, als daß sie eine geringer bezahlte Beschäftigung annehmen. Da muß man ansetzen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU Widerspruch bei der SPD)

    - Aber natürlich. In allen Ländern - von Holland bis Schweden, von den USA bis Großbritannien - ist das der Fall.

    (Zurufe von der SPD)

    - Sie können es nachlesen. An dieser Tatsache führt doch kein Weg vorbei.
    Mit dem Diffamieren und dem Zeichnen von Katastrophengemälden ändert sich überhaupt nichts an unserer Lage. Wir werden nur etwas erreichen, wenn wir beweglicher und flexibler sind und differenzierter handeln. Wir sollten nicht immer alles gleich diffamieren. Ich halte für richtig, daß man private Arbeitsvermittler stärker einsetzt, um Sozialhilfeempfänger in Arbeit zu bringen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich nenne Ihnen noch ein anderes Beispiel. Wir hören ja ständig, auch in solchen Debatten, daß Sie unsere Vorschläge bezüglich der Steuerreform ablehnen. Wir werden aber auf die Dauer Einkommen nicht unterschiedlich - je nachdem, an welchem Wochentag sie erzielt wurden - besteuern können. Alle Sonderregelungen - das gilt entsprechend auch für den Kapitalmarkt und die Besteuerung von Zinserträgen bei Lebensversicherungen - sind immer problematisch. Natürlich kann man über die Frage von Übergangsregelungen reden. Aber daß wir generell

    Dr. Wolfgang Schäuble
    zu viele Verzerrungen auf dem Kapitalmarkt wie auf dem Arbeitsmarkt haben, ist doch gar keine Frage.
    Sie diffamieren unsere Vorschläge immer sehr schnell. Wenn ich es richtig weiß, hat die Hans-Böckler-Stiftung des Deutschen Gewerkschaftsbundes in einer Studie dargelegt, daß eine Besteuerung der Überstundenzuschläge dazu beitragen könnte, daß die Tarifpartner stärker den Freizeitausgleich in Anspruch nehmen. Auf diese Weise würden wir durch eine gleichmäßigere Besteuerung mehr Arbeitsplätze bekommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Lassen Sie uns doch einmal ernsthaft über Alternativen und darüber reden, was man tun kann, damit wir mehr Beschäftigungsverhältnisse bekommen!
    Frau Matthäus-Maier hat - außer daß sie den Eurofighter nicht erwähnt hat - nichts Neues geboten.

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Das ist wahr! Zurufe von der SPD)

    Ich will Sie noch auf etwas anderes aufmerksam machen, weil ich gerne hätte, daß wir nicht ständig solche Debatten führen.

    (Zurufe von der SPD)

    - Frau Präsidentin, könnten Sie vielleicht das Mikrophon so laut stellen, daß man mich hört und ich nicht in meiner Rede gehindert werde. Wenn man ernsthaft darüber reden will, wie man die Lage am Arbeitsmarkt in Deutschland verbessern will, dann kommt immer nur Geschrei von den Sozialdemokraten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich werde das Mikrophon nicht lauter einstellen, sondern wir werden einander zuhören, und dann werden wir sehen.

(Zurufe von der SPD)

- Das gilt für alle Beteiligten.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Schäuble


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich möchte gerne, nachdem Frau Matthäus-Maier wieder eine Senkung der Beitragssätze durch eine Erhöhung von Verbrauchsteuern gefordert hat, das Stichwort Rentenreform nennen. Wir haben gesagt: Jawohl, wir sind bereit, das gemeinsam zu machen. Das haben wir Ihnen angeboten. Sie waren dabei. Dies muß allerdings unter einer Voraussetzung geschehen, nämlich daß sie Einsparungen nicht ersetzt.

    (Vorsitz : Vizepräsident Hans-Ulrich Klose)

    Wir werden unsere Probleme, die zu hohen Lohnzusatzkosten, nicht lösen, wenn wir nur andere Finanzierungsquellen erschließen. Wir müssen die Ausgabendynamik bremsen. Daran führt kein Weg vorbei.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Nun möchte ich Sie auf Informationen - ich gebe es Ihnen gerne, Herr Scharping - hinweisen, die der Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes am 6. Mai 1997 herausgegeben hat, Abteilung
    Wirtschafts- und Strukturpolitik, verantwortlich Michael Geuenich: „Steuerfinanzierung oder Beitragsfinanzierung von versicherungsfremden Leistungen für die soziale Sicherung?'' Was sagt die Ausarbeitung des Deutschen Gewerkschaftsbundes in dürren Worten - ich könnte sie lang zitieren, der Deutsche Gewerkschaftsbund sagt dasselbe wie wir -: Eine bloße Umfinanzierung hat keine beschäftigungswirksamen Effekte. Das erfolgt nur dann, wenn Einsparungen auf der Ausgabenseite hinzukommen. Das steht auf Seite 25.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Deswegen sage ich noch einmal: Es muß Ihnen doch zu denken geben, daß selbst der Deutsche Gewerkschaftsbund bei der Rentenreform viel weiter ist als Sie. Das hat er Ihnen auch gesagt. Deswegen lassen Sie uns doch zu einer ernsthaften Debatte darüber kommen, wie wir die Steuerstruktur so verändern können, daß die Steuereinnahmen nicht stärker zurückgehen als das Bruttoinlandsprodukt und wie wir durch deregulierende Maßnahmen dazu kommen, daß wir bei einem Wirtschaftswachstum mehr Arbeitsplätze bekommen.
    Ich sage Ihnen übrigens: Ein Großteil unserer Maßnahmen greift. Das braucht länger, als wir gedacht haben. Da gibt es eine Verzögerung. Sie haben vom Einzelhandel gehört, daß der Ladenschluß nicht ohne Wirkung geblieben ist. Sie sehen, daß die Maßnahmen, wie die Aufhebung des Vermittlungsmonopols, wirken. Viele der Maßnahmen, die wir beschlossen haben - daß zum Beispiel kleine Unternehmen, wenn sie Langzeitarbeitslose einstellen, Lohnkostenzuschüsse von der Arbeitsverwaltung bekommen -, sind noch unbekannt. Viele wissen auch nicht, daß man befristete Arbeitsverhältnisse abschließen kann. Das ist in der Art des Getöses, das in der Debatte aufkommt, untergegangen und bei vielen nicht angekommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Daß wir mit der Neuregelung der Lohnfortzahlung in den Tarifverhandlungen sehr viel mehr Bewegung geschaffen haben, bestreitet inzwischen auch kein Mensch mehr, der noch seriös genommen werden will.
    Deswegen sage ich Ihnen: Wir sind auf dem Wege. Es gibt doch keinen Stillstand. Aber wir haben eine schwierige Übergangszeit. Deswegen sage ich zu den aktuellen Zahlen für das Jahr 1997: Ich weiß nicht - heute ist der 16. Mai -, wie wir angesichts der Situation, die der Bundesfinanzminister beschrieben hat - daß alle unsere Vorschläge für gesetzliche Maßnahmen zur Begrenzung des Ausgabenanstiegs im Bundesrat ganz oder teilweise abgelehnt worden sind -, und angesichts einer bisher unveränderten Einlassung von Ihrer Seite in diesem Jahr durch gesetzliche Maßnahmen noch zusätzliche Einsparungen erschließen sollen. Ich sehe keine realistische Möglichkeit. Das ist eine bittere Erkenntnis.
    Ich sehe und höre auch von Ihnen keine Sparvorschläge, wie wir im Bereich des Haushaltsvollzugs diese erhebliche Lücke, die durch Steuerminderein-

    Dr. Wolfgang Schäuble
    nahmen und höheren Zuschußbedarf der Bundesanstalt entstanden ist, decken sollen. Ich sehe keine Einsparmöglichkeiten für dieses Jahr.

    (Zuruf des Abg. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    - Im Gegensatz zu mir waren Sie bei den Demonstrationen zum Erhalt der Steinkohlesubventionen dabei. Ich hätte mir auch in diesem Bereich noch ein paar mehr Einsparungen vorstellen können. Sie können nicht montags Einsparungen verhindern und freitags die zu hohen Schulden beklagen. Das hat keinen Sinn.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich finde, es mag auch manchmal ganz glücklich kommen. Aber wenn das Europäische Währungsinstitut eine Neubewertung der Devisenreserven aller Zentralbanken empfohlen hat -

    (Zuruf von der SPD: Das kommt günstig!)

    - Ja, das kommt günstig.

    (Weitere Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren, ich habe der gestrigen Debatte zur Europäischen Währungsunion aufmerksam zugehört. Da waren sich die Sprecher der Koalition und zumindest der Vorsitzende der SPD-Fraktion einig, daß wir die Europäische Währungsunion, die richtig und notwendig ist und die wir alle wollen
    - das ist ja gut; wollen wir nicht auch noch die Gemeinsamkeiten, die wir in Restbeständen haben, zerreden -, um unsere Arbeitsmarktprobleme besser lösen zu können, nicht mit dem Verdacht in unserer Bevölkerung belasten sollten, wir würden das, was notwendig ist, um unser Land voranzubringen, nur wegen der Europäischen Währungsunion machen. Das ist sehr gefährlich. Das haben Sie gesagt.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Ein wichtiger Satz!)

    - Das ist meine Position schon immer gewesen. - Lassen Sie uns doch froh sein, daß wir durch die Notwendigkeit der Neubewertung der Währungsreserven

    (Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    in der Lage sind, diese Debatte nicht unter dem Gesichtspunkt Euro führen zu müssen. Wir müssen sie unter dem Gesichtspunkt Neuverschuldung führen.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, der Kollege Adolf Roth, unser Sprecher im Haushaltsausschuß, hat mir einige Protokolle des Ausschusses mitgegeben. Schon in der 66. Sitzung des Haushaltsausschusses am 19. Februar hat der Bundesfinanzminister davon gesprochen, daß man natürlich nicht - wie es die Position von manchen Sozialdemokraten war - daran denke, Gold zu verkaufen. Er hat aber wohl gesagt:
    Dabei stehe die Frage der Bewertung dessen,
    was bei der Bundesbank im Devisen- und Goldbereich erfolge, auf einem anderen Blatt. Er
    glaube, daß es innerhalb der Bundesbank auch diesbezügliche Überlegungen gebe, wie eine vernünftige Regelung zu erzielen sei.

    (Widerspruch bei der SPD)

    - Entschuldigung, bleiben Sie doch mal bei der Wahrheit.

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Das steht im Protokoll!)

    Ich habe aus dem Protokoll des Haushaltsausschusses vorgelesen.

    (Zurufe von der SPD)

    - Entschuldigung, ich bin kein Mitglied des Haushaltsausschusses.
    Am 19. März 1997 war Bundesbankpräsident Tietmeyer im Ausschuß. Er ist ausweislich des Protokolls mehrfach danach gefragt worden und hat keineswegs davon geredet, daß eine Neubewertung auf Grund der Empfehlung des Europäischen Währungsinstituts vom vergangenen Jahr nicht notwendig ist. Tun Sie doch nicht so! Reden Sie den Menschen doch nicht diesen Unfug ein, es werde jetzt Tafelsilber oder anderes verkauft. Es wird überhaupt nichts verkauft.
    Es geht ausschließlich darum, daß eine Neubewertung der Währungsreserven notwendig ist. Wir nehmen die Neubewertung nicht in den laufenden Haushalt auf. Keine Mark kommt in den laufenden Haushalt. Sie soll ausschließlich mit dem Erblastentilgungsfonds verrechnet werden. Da sich das auf die Maastricht-Kriterien auswirkt, sage ich: Das trifft sich glücklich. Aber freuen Sie sich nicht zu früh; denn die Bundesrepublik Deutschland hat nur Glück gehabt. Wir haben im Augenblick genügend andere schwierige Probleme zu lösen.
    Ich jedenfalls sage: Das ist eine Position der Solidität. Ich finde die Art der Verunsicherung unserer Bevölkerung, die Sie betreiben, unverantwortlich und auch unehrlich.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)