Rede von
Dr.
Dietrich
Mahlo
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist klar, daß der Sachverhalt, über den wir reden, im wesentlichen unstrittig ist. Aber wir sprechen über ihn gewissermaßen unter Verzicht auf rationale Erfassungsversuche. Herr Krautscheid hat das schon an Hand einiger Beispiele dargelegt.
Nur um es noch einmal zu sagen: In dem deutschindonesischen Verhältnis, das von Sympathie und sogar einer gewissen Freundschaft getragen ist, wird die Frage der verletzten Menschenrechte so lange ein Konfliktpunkt bleiben, wie diese Rechte in Indonesien gröblichst verletzt werden.
Das ist der Fall bezüglich der Verfolgung einzelner Oppositioneller. Das gilt für die ganze Atmosphäre sublimer Repression, die wir dort feststellen und auch persönlich erlebt haben. Und es gilt, wie die ganze Welt weiß, natürlich für Ost-Timor, wo in der zweiten Hälfte der 70er Jahre rund 200 000 Menschen, das heißt ein Drittel der Bevölkerung, eliminiert worden ist und wo die systematische Einschüchterung, verbunden mit einer staatlich forcierten Überfremdungspolitik, ekelhafterweise andauert.
Aber so zweifelsfrei, wie wir verpflichtet sind, auf diesen Sachverhalt mit dem Finger zu zeigen, lehne ich es ab, den ganzen Tatbestand Indonesien - dieses sich im Umbruch befindende Land mit seinen 200 Millionen Menschen, mit seinen 17 000 Inseln, die sich über eine Entfernung, vergleichbar mit der von Island bis Konstantinopel, erstrecken - nur unter dem Gesichtspunkt der Einhaltung von Menschenrechten zu betrachten.
Allein der Versuch einer ganzheitlichen Sicht wird ein einigermaßen objektives Urteil erlauben.
Ich nenne Ihnen nur eine Zahl: Während einer politischen Generation, nämlich einer Zeit von 30 Jahren, ist der Prozentsatz der Menschen, die in diesem Land unterhalb der Armutsgrenze leben, von 65 auf 15 Prozent gesunken. Auch das gehört zum Gesamtbild dieses Landes. Das ist eine große humane Leistung.
- Zu dem Thema komme ich gleich.
Nun behauptet also die deutsche Opposition, daß Indonesien ein Schwerpunktgebiet der deutschen Rüstungsexporte sei. Es geht im wesentlichen um den Kauf von 39 NVA-Schiffen, teilweise demilitarisiert - ihr Einsatz liegt schon etwas zurück -, und um insgesamt vier gebrauchte konventionelle U-Boote.
Ich erkläre hier freimütig, daß ich an dem Verkauf dieser gebrauchten Schiffe an Indonesien nichts auszusetzen habe. Solche Schiffe sind kein Instrument für zivile Unterdrückung. Die Verschrottung dieses Materials hier hätte viel Geld gekostet,
während es in Indonesien noch Dienst tun kann und dort viel Geld spart.
Ich habe nichts dagegen einzuwenden, daß ein Land mit 80 000 Kilometer Küste ein paar alte Kriegsschiffe kauft angesichts der Tatsache, daß es sich bekanntlich der bestorganisierten und brutalsten Piratenmafia der Welt erwehren muß. Wissen Sie, die tragen keine Totenkopffahne, sondern Schnellfeuerwaffen, und fahren nicht alte Dschunken,
sondern modernste Schnellboote. Die machen gar nicht erst Gefangene, sondern ermorden einfach alles, was sich ihnen in den Weg stellt. Das ist Realität im heutigen Indonesien. Zudem ist das ja, wenn man sich auf die deutschen Lieferungen bezieht, nur ein Schiff für 20 000 Kilometer Küste.
Dr. Dietrich Mahlo
Wir wissen, daß wichtige internationale Seewege durch indonesische Gewässer führen. Wir wissen, daß einige unmißverständliche hegemoniale Gesten Chinas Südostasien tief beunruhigen. Wir beobachten einen massiven Ausbau der Offensivfähigkeit der chinesischen See- und Luftstreitkräfte, den unverblümten Anspruch, Taiwan gegebenenfalls auch gewaltsam zu annektieren, und eine ganze Menge anderer territorialer Ansprüche Chinas, die sich auf das gesamte Südchinesische Meer, bis 100 Kilometer vor die Küste der übrigen Anrainer, erstrecken.
Es gibt also einige Gründe, denen zu glauben, daß sie vier alte U-Boote dort möglicherweise gebrauchen können.
Dadurch, daß wir auf der entgegengesetzten Seite der Weltkugel unser Bein heben und den Bundeskanzler benässen, auf die Bundesregierung insgesamt prügeln oder hier einen Wutanfall inszenieren, um unsere gute Gesinnung vorzeigen, ändert sich realistischerweise gar nichts.
Wir haben zwei Möglichkeiten, unserem gemeinsamen Ziel zu dienen.