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    Plenarprotokoll 13/173 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 173. Sitzung Bonn, Freitag, den 25. April 1997 Inhalt: Tagesordnungspunkt 12: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Steuerreformgesetzes 1999 (Drucksache 13/7480) . . . 15589 A Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 15589 B Joachim Poß SPD 15596 A Friedrich Merz CDU/CSU 15599 C Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15602 B Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . . 1560 7A Joachim Poß SPD 15608 D Dr. Gregor Gysi PDS 15610 B Rudolf Scharping SPD 15612 C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 15617 C Detlev von Larcher SPD 15620 B Rudolf Scharping SPD . . . . 15622 A, 15623 A Michael Glos CDU/CSU 15622 D Dr. Barbara Höll PDS 15624 D Gisela Frick F.D.P 15626 A Ingrid Matthäus-Maier SPD 15627 A Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . 15628 B Tagesordnungspunkt 13: a) Antrag der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Monika Knoche, Volker Beck (Köln), Manfred Such und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Humanisierung der Drogenpolitik (Teil III) - Legalisierung von Cannabis (Drucksache 13/4480) 15631 A b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (Drucksache 13/4982) . . 15631 A Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15631 B Hubert Hüppe CDU/CSU 15632 C Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15633A, 15639B, 15642A Heigrit Fischer-Menzel, Senatorin (Hamburg) 15634 D Hubert Hüppe CDU/CSU 15635 D Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P 15636 B Ulla Jelpke PDS 15637 C Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretärin BMG 15638 C Johannes Singer SPD 15640 C Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär BMI 15642 D Zusatztagesordnungspunkt 7: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zum Verkauf von fünf ausgemusterten U-Booten der Bundesmarine an Indonesien 15643 D Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15644 A Erich G. Fritz CDU/CSU 15644 D Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . 15645 C Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . 15646 A Steffen Tippach PDS 15647 A Dr. Klaus Rose, Parl. Staatssekretär BMVg 15648 A Wolfgang Schmitt (Langenfeld) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15649A Andreas Krautscheid CDU/CSU . . . 15650 B Uta Zapf SPD 15651 A Dr. Dietrich Mahlo CDU/CSU 15652 B Herbert Meißner SPD 15653 B Jochen Feilcke CDU/CSU 15654 A Brigitte Schulte (Hameln) SPD 15654 D Nächste Sitzung 15656 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 15657* A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Christa Luft (PDS) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Mieter von Geschäftsraum in den Ländern Berlin und Brandenburg . 15657* C Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 15658* A Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. April 1997 15589 173. Sitzung Bonn, Freitag, den 25. April 1997 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 25.4. 97 Antretter, Robert SPD 25. 4. 97 * Behrendt, Wolfgang SPD 25. 4. 97 Bindig, Rudolf SPD 25. 4. 97 * Blunck, Lilo SPD 25.4. 97 Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 25. 4. 97 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 25. 4. 97 * Dr. Feldmann, Olaf F.D.P. 25.4. 97 * Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 25.4. 97 * Freitag, Dagmar SPD 25. 4. 97 Gansel, Norbert SPD 25. 4. 97 Genscher, Hans-Dietrich F.D.P. 25. 4. 97 Hoffmann (Chemnitz), SPD 25. 4. 97 Jelena Horn, Erwin SPD 25. 4. 97 * Junghanns, Ulrich CDU/CSU 25. 4. 97 * Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 25. 4. 97 Koppelin, Jürgen F.D.P. 25. 4. 97 Lange, Brigitte SPD 25. 4. 97 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 25. 4. 97 ' Erich Marten, Günter CDU/CSU 25. 4. 97 * Mattischeck, Heide SPD 25. 4. 97 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 25. 4. 97 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 25. 4. 97 * Dr. Rochlitz, Jürgen BÜNDNIS 25. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Rupprecht, Marlene SPD 25. 4. 97 Sauer (Stuttgart), Roland CDU/CSU 25. 4. 97 Schaich-Walch, Gudrun SPD 25. 4. 97 Scherhag, Karl-Heinz CDU/CSU 25. 4. 97 von Schmude, Michael CDU/CSU 25. 4. 97 * Schönberger, Ursula BÜNDNIS 25. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Sperling, Dietrich SPD 25. 4. 97 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 25. 4. 97 Steen, Antje-Marie SPD 25. 4. 97 Such, Manfred BÜNDNIS 25. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Terborg, Margitta SPD 25. 4. 97 * Wallow, Hans SPD 25. 4. 97 Welt, Jochen SPD 25. 4. 97 Dr. Wittmann, Fritz CDU/CSU 25. 4. 97 Wohlleben, Verena SPD 25. 4. 97 Würzbach, Peter Kurt CDU/CSU 25.4. 97 Zierer, Benno CDU/CSU 25. 4. 97 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Christa Luft (PDS) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Mieter von Geschäftsraum in den Ländern Berlin und Brandenburg (Tagesordnungspunkt 18c) *) Erlauben Sie mir als einer Berliner Abgeordneten in aller Kürze eine Erklärung zu meinem Abstimmungsverhalten zu der uns vorliegenden Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses, die hier von den Koalitionsabgeordneten angenommen und Leben und Arbeit vieler Berlinerinnen und Berliner tangieren wird. Ich lehne die vorliegende Beschlußempfehlung erstens ab, weil - wie in Ausschußberatungen geschehen - ein einfacher Vergleich zwischen Berlin und anderen Ballungszentren der Bundesrepublik unzulässig ist, weil Analogieschlüsse sich verbieten. Selbst nach den Zahlen des Ringes Deutscher Makler liegt das Gewerberaum-Mietniveau sogar in den Berliner Nebenkernen immer noch um ca. 10 Prozent über den Mieten in Frankfurt/Main und München, in den Stadtteil-Zentren das Vielfache davon. Auch ist die Eigentumsquote bei Gewerberäumen des Berliner Handwerks mit 12 Prozent sehr niedrig, weshalb hohe Gewerberaummieten die Kosten überproportional belasten. Ich lehne die Beschlußempfehlung zweitens ab, weil die anhaltende Verdrängung mittelständischer Einzelhandels- und Handwerksbetriebe aus den Stadtteilzentren weitreichende Auswirkungen hat auf die Qualität der Nahversorgung der Bevölkerung und auf das Nebeneinander von Wohnen, Handel und Handwerk. Diese urbane Mischung, die die Berliner Stadtteile Jahrzehnte geprägt hat, ist in Gefahr. Die kleinen und mittleren Betriebe können den Kostendruck nicht in gleichem Maße wie größere Unternehmen und besonders große Kaufhausketten auffangen. Sie sind ja obendrein mit schlechter Zahlungsmoral privater und öffentlicher Auftraggeber konfrontiert. Drittens lehne ich die Beschlußempfehlung ab, weil sich mir überhaupt nicht erschließt, welche Impulse für Wachstum und Beschäftigung von der Verweigerung eines zeitweiligen Schutzes von Mietverhältnissen und der zeitweiligen Bindung von Gewerberaummieten ausgehen sollen. Das aber ist doch angeblich die Meßlatte für das Handeln der Koalition. Im Gegenteil: Es werden weitere Pleiten produziert, Existenzgründungen erschwert oder verhindert, noch mehr Beschäftigte in die Arbeitslosigkeit getrieben. Nach einer jüngsten Umfrage sehen sich allein 40 Prozent der Einzelhändler in den östlichen Stadtbezirken Berlins durch Gewerberaummietenentwicklung in ihrer Existenz bedroht. *) Vgl. Plenarprotokoll 13/166, Seite 14961 D Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, sind also wieder dabei, sich ein Eigentor zu schießen. Völlig kurios wird es, wenn der CDU-Wirtschaftssenator von Berlin sich an die PDS-Abgeordneten wendet, den Gesetzentwurf des Bundesrates zum Schutz der Mieter von Geschäftsraum in den Ländern Berlin und Brandenburg nicht scheitern zu lassen. Nicht weil es mich plötzlich mit einem CDU-Politiker in ein Boot zieht, stimme ich gegen die vorliegende Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses, sondern weil eine Koalition der Vernunft hier geboten wäre und nicht parteipolitische Engstirnigkeit. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung - Unterrichtung durch die Präsidentin des Deutschen Bundestages Bericht der Präsidentin des Deutschen Bundestages über die Entwicklung der Bezüge der hauptberuflichen Amts- und Mandatsträger auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene sowie bei öffentlichen Einrichtungen - Drucksache 13/6637 - Ausschuß für Wirtschaft - Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahresgutachten 1996/97 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung - Drucksache 13/6200 -- Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahreswirtschaftsbericht 1997 der Bundesregierung Reformen für Beschäftigung" - Drucksache 13/6800 - Ausschuß für Verkehr - Unterrichtung durch die Bundesregierung Straßenbaubericht 1996 - Drucksachen 13/5850, 13/6153 Nr. 3 -
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    Rede von Rudolf Scharping


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Politik in dieser Lage hat nur eine einzige Aufgabe, nämlich die Situation unseres Landes zu verbessern.

    (Gisela Frick [F.D.P.]: Richtig!)

    Das, was Sie vorschlagen, wird die Lage unseres Landes nicht verbessern.

    (Beifall bei der SPD)

    Es ist eine unselige Fortsetzung dessen, was Sie gemacht haben.
    Sie haben unser Land in die höchste Arbeitslosigkeit, in die höchste Verschuldung und zugleich in die höchste Steuerbelastung geführt. Wenn der Finanzminister wie heute erneut das Wort von der symmetrischen Finanzpolitik in den Mund nimmt, dann läuft es mir und den Menschen in Deutschland immer stärker kalt den Rücken herunter.

    (Beifall bei der SPD)

    Denn die Kombination enormer wirtschaftlicher Schwierigkeiten mit einer tiefen sozialen Unsicherheit - zum Teil einer Spaltung unseres Landes - hatten wir in dieser Form noch nie.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer die Lage des Landes verbessern will, der muß wirtschaftliche Belebung ermöglichen, der muß soziale Gerechtigkeit und sozialen Zusammenhalt stärken, der muß beides auf eine finanziell solide Weise erreichen. Allen drei Zielen wird Ihr Vorhaben nicht gerecht. Es stärkt weder die wirtschaftliche Belebung, noch ist es gerecht, und schon gar nicht ist es finanziell solide.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir haben im Laufe der öffentlichen Debatte und auch der parlamentarischen Beratungen eine Reihe von Vorschlägen gemacht. Sie beziehen sich zunächst auf die Frage der wirtschaftlichen Belebung. Wenn die Wirtschaft in Deutschland sichere und verläßliche Rahmenbedingungen haben will - sie

    Rudolf Scharping
    braucht sie dringend -, dann muß mit diesem chaotischen Hin und Her der Finanz-, der Wirtschafts- und der Haushaltspolitik ein Ende gemacht werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Es muß ein Ende damit gemacht werden, daß Sie vor jeder Bundestagswahl Steuersenkungen versprechen und nach jeder Bundestagswahl die Steuern erhöhen.

    (Beifall bei der SPD)

    Es muß ein Ende damit gemacht werden, daß Sie Abschreibungsbedingungen mal verbessern und mal verschlechtern. Es muß ein Ende damit gemacht werden, daß Sie durch Ihre Finanz-, Haushalts- und Wirtschaftspolitik ständig Verunsicherung in die Wirtschaft tragen, anstatt Sicherheit für Investitionen, Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze zu schaffen.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich schlage Ihnen erneut vor, in einem ersten Schritt zum 1. Juli 1997 die Lohnnebenkosten um zirka 30 Milliarden DM zu senken. Ich schlage Ihnen erneut vor, dafür gesetzlich präzise zu regeln, daß die Auffüllbeträge für die Renten in Ostdeutschland, die Beträge für die Fremdrenten und die Beträge zur Beseitigung des SED-Unrechtes aus der Beitragsfinanzierung in der Rentenversicherung herausgenommen werden und die Rentenversicherung damit um zirka 15 Milliarden DM entlastet wird. Ich schlage Ihnen vor, daß diese Finanzierung in einem fairen, gemeinsamen Lastenausgleich in Deutschland geregelt wird und nicht mehr zu Lasten der Arbeitsplätze, was nicht akzeptabel ist.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Ich schlage Ihnen erneut vor, in der Arbeitslosenversicherung schon zum 1. Juli dieses Jahres Teile des Bereichs Fortbildung und Umschulung, der eine große Gemeinschaftsaufgabe für die zukünftige Qualifikation der Arbeitnehmer, für die zukünftige Erhaltung von Arbeitsplätzen ist, gemeinsam und fair zu finanzieren und nicht mehr allein aus den Beitragsgroschen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie ihrer Arbeitgeber.
    Wenn Sie wollen, daß in Mittelstand und Handwerk, daß in den deutschen Unternehmen Arbeitsplätze entstehen, Ausbildungsplätze reklamiert und geschaffen werden können, dann müssen Sie diesen Schritt jetzt tun und endlich korrigieren, was Sie den Beitragszahlern nach 1990 aus Feigheit vor dem Steuerzahler zum Schaden unserer Arbeitsplätze und zum Schaden der wirtschaftlichen Entwicklung aufgebürdet haben.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Ich schlage Ihnen erneut vor, so rasch wie möglich eine gesetzgeberische Entscheidung zu treffen, die die Arbeitsmarktpolitik flexibel gestaltet und lokal verankert, sie der Mitbestimmung und Mitwirkung der Gemeinden und der Tarifpartner, also der Gewerkschaften und der Unternehmen, öffnet und eine Möglichkeit schafft, daß die Gemeinden nicht mehr der Lastesel Ihrer Politik bleiben,

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    nicht mehr alles mit der Sozialhilfe bezahlen müssen, nicht mehr alles an Leistungen, an Qualität für die Bürger kürzen müssen, sondern mit einer aktiven und flexiblen Arbeitsmarktpolitik vor Ort gemeinsam Verantwortung wahrnehmen können; denn vor Ort ist noch möglich, was Sie in der Bundespolitik verweigern: gemeinsam Verantwortung wahrzunehmen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Ich schlage Ihnen erneut vor, noch in diesem Jahr Entscheidungen zu treffen, mit denen die umfangreiche staatliche Bürokratie abgebaut werden kann. Ein großer Teil der Lasten, die den Bürgern und den Unternehmen zugemutet werden und dem wirtschaftlichen Fortschritt schaden, ergibt sich aus der überbordenden Bürokratie, deren Anwachsen wir seit 14 Jahren beklagen müssen.
    Ich schlage Ihnen erneut vor, das öffentliche Dienstrecht so zu modernisieren, daß die Motivation und die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter dort aufgenommen und weiterentwickelt werden kann.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich habe noch nie erlebt, daß eine Bundesregierung nach mittlerweile gut 14 Jahren Amtszeit angesichts der erschreckenden, belastenden, schwierigen Ergebnisse ihrer Politik am Ende zwei Linien verfolgt. Zum einen sagt sie: Weiter so. Zum anderen sagt sie: Für die Folgen sind die Menschen in Deutschland, ist im Zweifelsfall die Opposition, sind alle anderen verantwortlich. Dabei ist das Vorgehen dieser Regierung organisierte Verantwortungsverweigerung.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Ich schlage Ihnen erneut vor, daß Sie den Bundesinnenminister endlich davon überzeugen, daß das Dienstrecht, daß die Bürokratie, daß vieles andere verändert werden müssen, damit der öffentliche Dienst das sein kann, was er nach dem Willen seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sein will, nämlich ein effizienter, leistungsstarker Partner der Bürgerinnen und Bürger.
    Meine Damen und Herren, es gibt viel zu tun. Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Lohnnebenkosten, für eine flexible Arbeitsmarktpolitik und für die Bürokratie

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Das ist eine Steuerdebatte, Herr Scharping!)


    Rudolf Scharping
    wäre eine gute Ergänzung dessen, was wir heute hier besprechen. Die Frage ist: Wie sehen die steuerlichen Rahmenbedingungen aus?

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Jetzt kommt das Konzept!)

    Da will ich Ihnen einiges im Zusammenhang mit Ihrem Gesetzentwurf sagen. Der Kollege Fischer hat schon darauf hingewiesen. Wenn Schule werden soll, daß Fraktionen Gesetzentwürfe dieser Machart einbringen, mit dem Hinweis, daß im Rechnungsjahr nach ihren eigenen Entwürfen zusätzliche finanzielle Löcher in Höhe von 57,1 Milliarden DM entstehen, wobei die Finanzierung mit einem Satz beschrieben wird, der in seiner allgemeinen Düsternis und Unklarheit jede Interpretation zuläßt, nämlich „teilweise Gegenfinanzierung durch Umschichtung innerhalb des Steuerrechts", frage ich Sie: Wie kommen Sie sich eigentlich vor? Sie schlagen Dutzende von Paragraphen vor. Aber da, wo es um die spannende Frage geht „Wer zahlt am Ende?", sagen Sie: teilweise Gegenfinanzierung durch Umschichtung innerhalb des Steuerrechts.
    Den Anteil der direkten Steuern an den Steuereinnahmen wollen Sie zu Lasten der konsumabhängigen offenkundig vermindern. Sagen Sie den Bürgerinnen und Bürgern doch wenigstens ehrlich, was Sie ja intern zu erkennen gegeben haben: Sie wollen die Mehrwertsteuer erhöhen, damit die Senkung der Spitzensteuersätze bezahlt werden kann. Das werden wir nicht mitmachen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Schon bei der ersten Beratung Ihres Gesetzentwurfes zur Unternehmensteuerreform habe ich auf den objektiven, nicht zu bestreitenden Zielkonflikt hingewiesen zwischen der Attraktion des Wirtschaftsstandortes Deutschland für ausländische Investoren auf der einen Seite - sie ziehen diesbezüglich die Konsequenz, sie müsse gesteigert werden, indem man die Steuersätze auf ausgeschüttete Gewinne deutlich herunterfährt - und den Investitionsbedingungen für die kontinuierlich investierende, also insbesondere die mittelständische Wirtschaft in Deutschland auf der anderen Seite.
    In diesem Zusammenhang haben Sie, Herr Kollege Sohns, aus dem Gutachten zitiert, das ich hier vor mir liegen habe. Weil wir ja in der Lage sein sollten, wenigstens ein bißchen auf Argumente, auch wenn sie nur Scheinargumente sind, einzugehen, frage ich Sie, warum Sie nicht erwähnt haben, daß da auch folgendes steht:
    Tatsächlich dürften sich die effektiven Grenzsteuersätze der Investitionen in vielen Fällen sogar erhöhen .. .

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Tatsächlich!)

    Da aber bei der weitgehend aufkommensneutralen Unternehmensteuerreform vor allem die Unternehmen, die nicht oder wenig investieren, entlastet werden,

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Genau!)

    während die Belastung derjenigen, die viel investieren, steigt,

    (Joachim Poß [SPD]: Das hat er nicht zitiert!)

    ist nicht zu erwarten, daß durch diese Maßnahmen die Investitionsneigung größer wird.

    (Beifall bei der SPD)

    Vielmehr dürfte es zu Vorzieheffekten kommen, also zu vermehrten Investitionen, bevor die neuen Regelungen greifen.

    (Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)

    Nach diesen Vorzieheffekten wird es wohl eine Dämpfung der Investitionstätigkeit geben.
    Ich beschreibe das zunächst als einen objektiven Zielkonflikt. Denn es kann ja niemand bestreiten, daß Deutschland seine Attraktion für ausländische Investoren erhöhen könnte und müßte. Ich füge aber hinzu: Der Weg, den Sie gehen, nämlich diese Attraktion zu erkaufen durch eine Verschlechterung der Investitionsbedingungen in Deutschland, zu Lasten der kontinuierlichen Modernisierung des Produktionsstockes, zu Lasten der kontinuierlichen Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit von schon vorhandenen Arbeitsplätzen, zu Lasten des Mittelstandes usw., rechtfertigt das Ziel der Verbesserung der Investitionsbedingungen für Ausländer in keiner Weise. Sie beschädigen die wirtschaftlichen Interessen in Deutschland.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Mich hat sehr verblüfft, daß es nicht möglich ist, auf der Grundlage dieses Jahresgutachtens in vernünftigen Gesprächen - hier sind sie offenkundig eher möglich als dort - zu solchen Zielkonflikten etwas zu sagen. Das war ja auch der Grund für den Vorschlag der Sozialdemokratie - ich wiederhole ihn hier; es bleibt auch dabei -: Die Steuersätze für thesaurierte Gewinne der Unternehmen werden bei 35 Prozent festgeschrieben, mit all den Folgen, die das für andere hat.
    Jetzt will ich Ihnen etwas zu den anderen Steuersätzen sagen, insbesondere zu dem Eingangssteuersatz, der ja in Ihrem Paket ebenfalls eine große Rolle spielt. Sie sagen immer, es entlaste die unteren Einkommen, es erhöhe die Verteilungsgerechtigkeit der ist, wie auch immer politisch schöner -, wenn der Eingangssteuersatz sinkt. Sie verschwigen den Bürgerinnen und Bürgern, daß mit der Absenkung der Eingangssteuersätze und der Erhöhung des Grundfreibetrages alle Steuerzahler gleichmäßig entlastet werden.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Genau! Gisela Frick [F.D.P.]: Ja, das ist doch auch im System richtig!)

    - Wenn Sie jetzt zugeben, verehrte Frau Kollegin, daß das im System angelegt ist, dann muß ich Sie fragen, warum Sie diese gleichmäßige Entlastung aller Steuerzahler noch unbedingt um eine Senkung des

    Rudolf Scharping
    Spitzensteuersatzes ergänzen wollen, die den Staat mehr als 20 Milliarden DM kosten wird.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Wenn Sie darauf antworten, das sei wegen der besonderen Unternehmenskultur in Deutschland - dem hohen Anteil von Personengesellschaften - unbedingt notwendig, dann, so füge ich hinzu, lassen Sie uns doch gemeinsam einen Weg beschreiten, den alle anderen Wettbewerberländer gegangen sind, nämlich auch die Bedingungen für in Personengesellschaften erzielte und wiederinvestierte - thesaurierte - Gewinne zu verbessern.
    Dieses Problem können wir im Interesse von Handwerk und Mittelstand lösen. Aber Sie dürfen eine solche Operation doch nicht dem Verdacht aussetzen bzw. tatsächlich dafür sorgen, daß am Ende nur eine unzulässige und wirtschaftlich schädliche Bereicherung von Spitzenverdienern steht, nicht aber die Stärkung der Unternehmen selbst.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Ich habe in den letzten Tagen darüber - ich spreche damit keine Vertraulichkeiten aus - mit vielen Unternehmern in Deutschland diskutiert. Die verstehen diese Argumentationen.
    Sie hier haben in der Frage der Vermögensteuer und in der Frage der Spitzensteuersätze eine dogmatische Position.

    (Detlev von Larcher [SPD]: So ist das! Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Eine ideologische!)

    Sie sind zu pragmatischen Schritten gar nicht in der Lage.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie haben in den Steuerverhandlungen - es waren ja gar keine Verhandlungen, sondern ein Meinungsaustausch - folgende Voraussetzung aufgestellt, die mich - das muß ich Ihnen ehrlich sagen - nicht mehr sonderlich gewundert hat - denn das Ergebnis war ja klar und das war die Ursache meiner Skepsis -: Sie haben Unterwerfung erwartet, anstatt Kooperation zu ermöglichen.

    (Beifall bei der SPD Widerspruch bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wenn jemand schreibt, Voraussetzung für Gespräche sei - das ist hier schon gesagt worden -, daß man diese auf der Grundlage der vorgelegten Entwürfe führe, dann fordert das doch wohl Unterwerfung.

    (Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.]: Ihr habt keine Grundlage gehabt!)

    Nun muß ich zu diesem Thema noch etwas sagen; ich komme dann gleich zu den anderen Themen bezüglich der Steuern zurück. Wir, Oskar Lafontaine und ich, hatten Ihnen im Januar 1996 geschrieben, wir seien bereit, alle Entscheidungen mit Ihnen gemeinsam zu treffen, was die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit angeht. Das hat der Bundeskanzler hier im Februar 1996 freundlich mit einer allgemeinen Bemerkung beantwortet. Danach hat er dies zu den Akten gelegt. Die Gewerkschaften waren zu Gesprächen bereit. Der Vorsitzende des DGB ist im Rahmen einer Pressekonferenz sogar soweit gegangen, die Absenkung sozialer Leistungen anzukündigen. Sie haben diese Chance zum Bündnis für Arbeit zerschlagen.
    Sie haben jetzt die Chance zerstört, nicht für raschere Entscheidungen, aber rasch für Orientierung zu sorgen. Der Attentismus, der möglicherweise daraus entsteht, geht voll zu Ihren Lasten.

    (Beifall bei der SPD)

    Denn wenn Sie noch nicht einmal in der Lage sind, objektive Zielkonflikte sachkundig zu erörtern und dann nach einem guten Weg zu suchen, um beiden Zielen gerecht zu werden, dann ist das sehr erstaunlich.
    Sie bleiben ja sogar hinter dem zurück, was christdemokratische Finanzminister zu dem Thema sagen. Ich komme nachher noch auf die Finanzierungslöcher zurück. Wenn ich mir aber vorstelle, was Finanzminister Mayer-Vorfelder schon vor langer Zeit als Lösung dieses Zielkonfliktes festgehalten hat, dann frage ich mich: Warum bringen Sie es denn nicht fertig, darüber sachkundig zu sprechen und die dort genannten Möglichkeiten zu eröffnen?
    Wenn Ihre Politik aber dazu führt, daß wirtschaftliche Rahmenbedingungen noch weiter verunsichert und verunklart, Investitionen in Deutschland verteuert werden und damit die Wettbewerbsfähigkeit von Arbeitsplätzen und die Chance, Ausbildungsplätze zu schaffen, vernichtet wird, und wenn Ihre Politik dazu führt, daß die soziale Kluft in Deutschland tiefer wird, dann können Sie nicht erwarten, daß man das mitmacht - jedenfalls nicht von der Sozialdemokratie.
    Wir wollen erreichen - ich schlage auch das erneut vor -, zum 1. Januar 1998 alles Erforderliche zu tun, damit die Kaufkraft in Deutschland verbessert wird. Das bedeutet, den Familien zu helfen, die Rentnerinnen und Rentner nicht zu bestrafen und die Arbeitnehmer nicht zur Kasse zu bitten, die mit ihrer Arbeitsleistung im Grunde erst dafür sorgen, daß die Unternehmen Gewinne machen können, und die mit ihrer Kaufkraft für die Nachfrage in Deutschland sorgen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Meine Damen und Herren, ich muß Sie leider doch noch einmal darauf hinweisen, daß nach einer Untersuchung des Statistischen Bundesamtes - nicht von mir, nicht von der SPD - die Steuerbelastung nach Einkommensgruppen in der Kategorie der besonderen Großverdiener, nämlich derjenigen, die über 10 Millionen DM verdienen, im Jahre 1989 33,2 Prozent betrug. Wenn man die seit der deutschen Einheit hinzukommenden Möglichkeiten der legalen Steuerverkürzung hinzufügt, muß man davon ausge-

    Rudolf Scharping
    hen, daß wir eine sehr große Zahl von Menschen haben, die außerordentlich hohe Einkommen mit außerordentlich niedriger Steuerleistung verbinden.
    Ich stelle mit Blick auf das, was die Kirchen, die Gewerkschaften und viele andere sagen, fest: Dieser Zustand muß geändert werden. Er wird aber durch Ihre Politik nicht geändert. Sie lassen ihn so. Sie maskieren ihn nur besser. Der erste Schritt zu dieser Maskerade war die Abschaffung der Besteuerung privater Vermögen zugunsten derjenigen, die diese Art der Begünstigung nun wirklich nicht mehr benötigen.

    (Beifall bei der SPD)

    Zu dem Aspekt im Zusammenhang mit der Frage verläßlicher wirtschaftlicher Rahmenbedingungen einer Steuerreform, die die Wirtschaftskraft in Deutschland stärkt und Nachfrage stimuliert, sage ich Ihnen: Hier müssen sich wirtschaftliche Erwägungen und Erwägungen hinsichtlich der sozialen Gerechtigkeit auf eine kluge und zukunftsträchtige Weise verbinden.
    Drittens der finanzielle Aspekt. Was bedeutet Ihre sogenannte Steuerreform für den Zustand des Staates und seiner Kasse, für seine Fähigkeit, eigene Beiträge zu einer vernünftigen Entwicklung zu leisten und die Lage der Menschen in Deutschland zu verbessern? Ich möchte einmal erleben, was passiert, wenn irgendein Mitglied der Sozialdemokratie sagen würde: Paßt einmal auf, ich habe einen guten Vorschlag; er kostet 60 Milliarden DM, die Finanzierung erfolgt später. Ich möchte das einmal erleben.

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Eine ähnliche Situation hatten wir schon einmal: Ende des Jahres 1995 hat der SPD-Parteivorsitzende davon gesprochen, man müsse in bestimmten Situationen konjunkturell bedingte Defizite in Kauf nehmen und seine Kraft darauf konzentrieren, strukturell, also durch langfristig gewachsene Fehlentwicklungen, bedingte Defizite abzubauen. Daraufhin haben Sie Polemik - „da haben wir es wieder: Keynes, altes Denken, die typische Verschuldungspolitik der Sozialdemokratie" - ins Land hinausgeschleudert. Wenn diese Vorwürfe gestimmt hätten,

    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Die stimmen doch!)

    dann müßte ich sagen: Auf den vielen Seiten Ihres Gesetzentwurfs überbieten Sie alles, was Sie den Sozialdemokraten bisher in polemischer Weise unterstellt haben. Ihr Vorgehen ist unsolide und unseriös.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Werner Schulz [Berlin] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Lieber Herr Kollege Waigel, da Sie heute so viel zitiert haben, möchte ich Ihnen sagen: Sie haben das Bareis-Gutachten in den Papierkorb geworfen. Ich kann nicht bestreiten, daß Sie sich jetzt vor den Papierkorb gekniet haben und einiges wieder herausgeholt haben. Das kann ich nicht bestreiten. Aber das Beste, was Sie jetzt machen könnten, wäre, den
    Entwurf Ihres Steuerreformgesetzes 1999 in den Papierkorb zu schmeißen. Das wäre wirklich das beste.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Nach Ihren Vorschlägen und nach Ihrer mittelfristigen Finanzplanung haben wir folgenden Zustand: Die Verschuldung der Bundesrepublik Deutschland, das Defizit des Bundeshaushaltes, ist am 31. März schon bei rund 40 Milliarden DM angekommen. Allein für dieses Jahr! Sie hatten in Ihrem Haushalt - er ist auch noch nicht so lange verabschiedet - gerade einmal 53 Milliarden DM für das ganze Jahr eingeplant.
    Sie verweigern jede Auskunft darüber, wie Sie mit dieser Lücke umgehen wollen. Sie sagen uns dagegen, daß die mittelfristige Finanzplanung für das Jahr 1999 ein Defizit von 50 Milliarden DM ausweist. Hinzu kommen das Defizit der Gebietskörperschaften und das zusätzliche Defizit auf Grund Ihres Gesetzentwurfes. Es ist unverantwortlich, ein staatliches Defizit von weit über 100 Milliarden DM einzuplanen. Das ist unverantwortlich.

    (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Wir sind nicht bereit, diese neuerliche Belastung der öffentlichen Haushalte, diese neuerliche Ruine einer Finanzpolitik, und vor allen Dingen den neuerlichen Betrug an den künftigen Generationen mitzumachen, die alles das bezahlen müssen, was Sie heute durch Ihre fehlerhafte Finanzpolitik verschulden.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn Ihre Politik wenigstens dazu dienen würde, die Situation hinsichtlich der Arbeitsplätze, Infrastruktur, Ausbildung und Bildung zu verbessern, dann könnte man ja beginnen, darüber zu streiten. Aber die öffentliche Kasse zu ruinieren, um einer relativ kleinen Bevölkerungsgruppe, der ich Leistung attestiere und deren Leistungsvergütung ich akzeptiere, Steuersenkungen zugute kommen zu lassen, ist unvertretbar.
    Vor diesem Hintergrund erinnere ich Sie an eines: Seien Sie bitte sorgfältig mit dem, was die Idee des sozialen Ausgleichs und des sozialen Friedens in Deutschland angeht. Sie haben diese Idee in der Vergangenheit schon extrem stark belastet und beschädigt. Sie sind dabei, das erneut zu tun. So, wie Karl Schiller früher einmal recht hatte mit dem Hinweis darauf, man solle die Tassen im Schrank lassen und müsse nicht jede Belastungsgrenze erproben, sagen wir Ihnen: Hören Sie endlich auf, jede denkbare Belastungsgrenze des sozialen Friedens erproben zu wollen! Es könnte sein, daß uns allen das Ergebnis dessen um die Ohren fliegt.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Nun habe ich interessiert gesehen, daß Kollege Schäuble Wert darauf legt, nach mir sprechen zu

    Rudolf Scharping
    können. Da geht es immer etwas hin und her; das ist auch in Ordnung. Aber ich habe einen Wunsch, wenn ich ihn äußern darf

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Ich wollte ja nach Lafontaine sprechen, aber der kam nicht! So war es verabredet! Hans Michelbach [CDU/CSU]: Er hat die Flucht ergriffen! Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Der hat sich verweigert!)

    - Verehrter Herr Kollege Schäuble, jetzt passen Sie auf! Sie haben da eine etwas schwierige Position.
    Ich habe die Bitte, daß Sie uns die Frage beantworten: Wie finanzieren Sie ganz konkret die Lücke zwischen 30 und 57 Milliarden DM? Ich habe die Bitte, daß Sie uns einmal ganz konkret sagen, was Sie wirklich wollen - Inkrafttreten des gesamten Paketes zum 1. Januar 1999 oder die Teilung, wie sie jetzt vorgesehen ist. Ich bitte darum, daß Sie uns einmal ganz konkret sagen, wie Sie es rechtfertigen, daß der ledige oder verheiratete Facharbeiter mit mittlerem Einkommen um 3000 bis 4000 DM belastet wird,

    (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Brutto oder netto?)

    während andere sehr stark entlastet werden.
    Es war schon eine ziemliche Zumutung, hier am 22. April 1997 einen Gesetzentwurf einzubringen und dann zu erwarten, daß das Parlament in einer ersten Lesung darüber verantwortungsbewußt diskutiert, und es war mehr als ein technisches Detail, daß wir der Fristverkürzung zugestimmt haben.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wenn man will, geht es!)

    Die SPD war bereit und wird auch bereit bleiben - das biete ich Ihnen ausdrücklich an -, alles ihr Mögliche zur Beschleunigung des Verfahrens beizutragen.
    Ich verbinde das mit einer Gegenfrage danach, ob Sie denn wenigstens in den parlamentarischen Beratungen bereit sind, auf das einzugehen, was wir Ihnen seit mehreren Wochen öffentlich wie in Gesprächen

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: In Gesprächen?)

    wie in parlamentarischen Beratungen an Vorschlägen machen. Ich bin diesbezüglich sehr gespannt; denn wenn Sie sagen, mit dem Ende dieser Gespräche sei kein Zeitverlust verbunden, dann interessiert mich eine andere Frage noch viel mehr, nämlich ob die Koalition jetzt wenigstens in den parlamentarischen Beratungen bereit ist, das zu tun, was für Deutschland dringend notwendig ist: seine wirtschaftliche Kraft zu stärken, den sozialen Frieden neu zu befestigen und das alles auf eine finanziell solide und zuverlässige Weise umzusetzen - für die Bürgerinnen und Bürger, für die Wirtschaft, für die Arbeits- und die Ausbildungsplätze.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der PDS)



Rede von Michaela Geiger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat jetzt der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Dr. Wolfgang Schäuble.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Schäuble


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Scharping, nur damit es da nicht noch Legenden gibt: Gestern ist gesagt worden, von Ihrer Seite würden in der Debatte Herr Lafontaine, Herr Scharping und Herr Poß reden. Herr Lafontaine ist heute nicht gekommen.

    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Er hat die Flucht ergriffen! Gegenruf von der SPD: Er konnte heute nicht kommen!)

    Deswegen haben wir unsere Rednerreihenfolge auch ein bißchen umgestellt. Ich sage es nur, damit Sie da nicht etwas hineininterpretieren; es interessiert im übrigen außerhalb dieses Saales kaum jemanden.
    Aus Gründen, über die man lange reden kann, die aber auch kaum noch interessieren, ist es nicht gelungen, in Gesprächen der Partei- und Fraktionsvorsitzenden vor Beginn der parlamentarischen Beratungen eine Einigung über Grundfragen zu erzielen. Eine solche Einigung hätte natürlich den Vorteil gehabt, daß diejenigen, die auf die Steuerreform dringend warten, früher gewußt hätten, wohin es geht, weil wir ja die Zustimmung des Bundesrates brauchen. Wir haben es nicht zustande gebracht. Hinsichtlich der Gründe kann man die Schuld hin und her schieben, was am Ende aber an 4,5 Millionen Arbeitslosen nichts ändert.
    Ich bleibe dabei - das ist mein erster Punkt, und das haben wir immer gesagt -: Es wird keine Verzögerung geben. Wir haben im Januar die Grundzüge unserer Steuerreform nach intensiven Vorarbeiten der Öffentlichkeit vorgestellt. In unserer Steuerreformkommission waren übrigens die Finanzminister der Länder Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen, die Kollegen Mayer-Vorfelder, Huber und Milbradt, vertreten. Sie haben intensiv mitgewirkt und all diese Ergebnisse mitgetragen.
    Herr Kollege Scharping, eines sollten Sie, glaube ich, wirklich nicht machen. Man kann über viele Einzelfragen unterschiedlicher Meinung sein. Aber diesen Gesetzentwurf, der die Ergebnisse unserer Kommission drei Monate später mit Punkt und Komma umsetzt, so zu behandeln, daß Sie sagen, man solle ihn am besten gleich in den Papierkorb werfen, ist dem Anliegen, der Bedeutung und der Qualität dieses Gesetzentwurfes, aber auch dem Urteil der gesamten fachorientierten Öffentlichkeit überhaupt nicht angemessen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wenn auch Ihnen an einer seriösen Beratung und an einem Austausch von Argumenten liegt, dann können Sie diese Konzeption so nicht würdigen; das hat keinen Sinn.

    (Dr. Jürgen Meyer [Ulm] [SPD]: Was haben Sie mit dem Bareis-Gutachten gemacht?)


    Dr. Wolfgang Schäuble
    - Herr Kollege Meyer, ich habe es Ihnen schon vor Monaten von diesem Pult aus gesagt: Wir alle miteinander, auch Sie, haben im Jahr 1994 auf die Vorschläge der Bareis-Kommission zunächst einmal ein wenig erschreckt reagiert und gesagt, so weitgehende Änderungen würden wir möglicherweise politisch nicht zustande bringen. Lassen Sie es uns deshalb aufgeben, in den alten Schützengräben zu verharren, derweil die Arbeitslosigkeit nicht sinkt.

    (Zuruf von der SPD)

    - Entschuldigung, das habe ich Ihnen vor Monaten hier schon gesagt.
    Inzwischen haben wir alle miteinander begriffen, daß man die Schwierigkeiten unseres Arbeitsmarktes und die tiefgreifenden Veränderungen doch nicht so einfach mit Schuldzuweisungen lösen kann. Die Welt verändert sich, die Globalisierung bringt veränderte Rahmenbedingungen, in jeder Woche wandert eine zweistellige Zahl von Betrieben aus Deutschland ab und nimmt die Arbeitsplätze mit. Die Investitionen und Arbeitsplätze kommen nicht hierher, wenn wir die Rahmenbedingungen nicht verbessern.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Das haben wir alle miteinander begriffen; ich glaube, Sie haben es in Wahrheit auch begriffen. Ich habe hier eine Dokumentation dessen, was Sozialdemokraten alles zur Steuerreform gesagt haben. Soweit sie sich zur Sache äußern, sind sie alle viel näher bei den Vorschlägen dieses Gesetzentwurfes als bei ihrer eigenen offiziellen Propaganda.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Deswegen sind wir im Januar letzten Jahres, Herr Kollege Meyer, zu dem Ergebnis gekommen - es waren die Bundesregierung, die Wirtschaft, die Gewerkschaften, und selbst die SPD hat damals so geredet, woran Herr Scharping eben erinnert hat -, daß man doch einen grundlegenderen Reformansatz benötige, weil wir sonst die Erstarrung auf dem Arbeitsmarkt und in der wirtschaftlichen Entwicklung sowie unsere geringer werdende Wettbewerbsfähigkeit nicht verändern könnten. Dann haben wir uns auf den Weg gemacht. Jetzt setzen wir das alles um.
    Nun können Sie uns sagen, das hätten wir schon vor zwei Jahren machen können. Aber Sie können uns doch, wenn Sie halbwegs seriös argumentieren wollen, nicht vorwerfen - vor einem halben Jahr hielten Sie uns ja vor, daß wir es nicht getan hätten -, daß wir nichts machten, und zugleich mit Ihrer Mehrheit im Bundesrat verhindern, daß es zustande kommt. Das ist unseriös und macht keinen Sinn. Außerdem ist es unverantwortlich.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ehe ich zu den tragenden Punkten unserer Konzeption in ein paar Grundzügen zu sprechen komme
    - es ist ja alles vom Bundesfinanzminister, dem Kollegen Friedrich Merz und dem Kollegen Sohns in ihren hervorragenden Redebeiträgen dargelegt worden -,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Detlev von Larcher [SPD]: Oh!)

    möchte ich auf das eingehen, was inzwischen aus den vielen Beiträgen von Sozialdemokraten zu sozialdemokratischer Alternative geronnen ist. Herr Scharping, Sie haben heute auch nichts anderes als das vorgetragen - das hat mir für Sie ein bißchen leid getan -, was Herr Lafontaine am 22. April dem Bundeskanzler geschrieben hat.
    Ich habe die Vorschläge der SPD bei mir. Sie sind erstens bereit, zum 1. Juli 1997 die Sozialversicherungsbeiträge dadurch zu senken, daß die Verbrauchsteuern entsprechend erhöht werden. Sie sind zweitens bereit, den Eingangssteuersatz und den steuerlichen Grundfreibetrag zu senken, das Kindergeld zu erhöhen und den Körperschaftsteuersatz für nicht ausgeschüttete Gewinne von 45 auf 35 Prozent zu senken. Das ist Ihre Alternative. Ich sage Ihnen: Diese Alternative reicht auch im Ansatz nicht zur Lösung der Probleme unserer wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit und der zu hohen Arbeitslosigkeit aus.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich möchte Ihnen gern sagen, warum nicht. Eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge lediglich durch Erhöhung des verbrauchsteuerfinanzierten Bundeszuschusses - das ist die Wahrheit, anders geht es nicht - löst das Problem der Ausgabendynamik in den Sozialversicherungen nicht. Wir haben in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der Rentenversicherung eine Ausgabendynamik, die viele Ursachen hat; in der Krankenversicherung medizinische Fortschritte etc. etc. Aber die wichtigste ist - die kann man nicht bestreiten; sie ist übrigens eine höchst erfreuliche -, daß wir eine steigende Lebenserwartung haben. Die meisten Menschen leben im Durchschnitt länger als früher. Die Menschen sind heute doppelt so lange in Rente wie noch vor einer Generation.
    Es geht nicht darum, daß die Renten sinken. Sie sollen gerade nicht sinken, sie sollen sicher bleiben. Nur können sie in den nächsten Jahren und Jahrzehnten nicht mehr in dem Tempo steigen wie in den zurückliegenden Jahrzehnten, sondern der Anstieg muß langsamer erfolgen. Wenn wir diese Ausgabendynamik nicht durch eine Strukturreform in den gesetzlichen Sozialversicherungen - in der Krankenversicherung wie in der Rentenversicherung - bremsen, wird jede Verbrauchsteuererhöhung zur Senkung des Sozialversicherungsbeitrages in zwei Jahren schon wieder ohne Wirkung sein. Dann haben Sie zwar die Verbrauchsteuer erhöht, aber die Beiträge sind schon wieder gestiegen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    - Sie fragen nach dem Inkrafttreten. Darüber können wir jetzt reden. Unsere Antwort in den Gesprächen war und ist auch jetzt - ich will auf Ihre Fragen eingehen -: Wir sind dazu bereit. Aber wir sind nicht dazu bereit, den Zusammenhang von Strukturreform und Umfinanzierung aufzulösen. Nur auf der Grundlage einer Strukturreform macht auch eine Beitragssatzsenkung durch Umfinanzierung Sinn.
    Wir sind bereit, das in einem Gesetz so schnell wie irgend möglich zu verabschieden. Wir haben Sie ja

    Dr. Wolfgang Schäuble
    gefragt: Machen Sie mit? Die Antwort war ausweichend. Sie war auch kein definitives Nein, Gott sei Dank nicht; aber es war auch kein Ja. Wir sind bereit, den Gesetzentwurf zur Rentenreform gemeinsam oder als Koalition so rechtzeitig vorzulegen, daß wir noch vor der Sommerpause die erste Lesung machen können, daß wir das Gesetz in diesem Jahr verabschieden können. Im Rahmen dieses Gesetzes können wir dann gemeinsam oder notfalls auch ohne Sie auf der Grundlage einer Strukturreform einen weiteren Schritt zur dauerhaften Beitragssenkung durchsetzen. Aber das eine reicht ohne das andere nicht aus.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Der Bundesfinanzminister hat schon von begrenzten Haushaltsspielräumen gesprochen. Das ist ja gar keine Frage. Auch da sollten wir die Öffentlichkeit nicht durch zu viel Getöse zu täuschen versuchen. Das gelingt uns ja auch gar nicht mehr; die Leute erkennen ja, daß manches nicht mehr geht.
    Natürlich ist die gegebene Finanzsituation aller öffentlichen Haushalte angespannt, übrigens auch die der gesetzlichen Sozialversicherungen. Alle zusammen bilden übrigens die berühmte Staatsquote. Die Staatsquote von rund 50 Prozent setzt sich ja aus den öffentlichen Haushalten von Bund, Ländern und Gemeinden und den gesetzlichen Sozialversicherungen zusammen. Sie ist zu hoch. Das sagen alle Sachverständigen, das haben Wirtschaft und Gewerkschaften schon vor einem Jahr gemeinsam mit der Bundesregierung gesagt. Sie muß sinken. Sie kann aber nur sinken, wenn die Ausgaben langsamer ansteigen. Durch Umfinanzierung sinkt sie nicht.
    Bei der gegebenen angespannten Finanzsituation muß man natürlich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden darüber reden, welche Verringerungen von Steuereinnahmen in welchem Zeitraum möglich sind. Wir haben in den Gesprächen, im Kanzleramt, auch in der nordrhein-westfälischen Landesvertretung und im Finanzministerium, gesagt, wir sind ja bereit, darüber zu reden, was zu welchem Zeitpunkt für die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden an Einnahmeverkürzungen möglich ist und was nicht. Ihre Position aber war null.
    Ich sage Ihnen: Ohne eine Steuerentlastung kann die Steuerreform keinen Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit leisten. Deswegen müssen wir uns über eine Steuerentlastung verständigen. Das ist auch richtig.
    Wir haben gesagt, wir können die Steuerentlastung auch vorziehen. Ursprünglich haben wir ja gesagt: Alles 1999 in einem Schritt mit einer Nettoentlastung von 30 Milliarden DM.
    Das halte ich auch heute noch für möglich und für richtig. Wenn wir ein gesamtwirtschaftliches Wachstum von real jeweils 2,5 Prozent in den Jahren 1997 und 1998 und von nominal jeweils 4,5 Prozent in den Jahren 1997 und 1998 haben, dann können wir für die Haushalte von Bund und Ländern bei einer entsprechenden Verstärkung der Dynamik von Wirtschaft, Wachstum und Beschäftigung 1999 eine Nettoentlastung von 30 Milliarden DM schaffen. Das halte ich für ehrgeizig, aber für notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Soll die Steuerreform früher in Kraft gesetzt werden, wird das Volumen wahrscheinlich nur geringer sein können. Deswegen hängen Inkrafttreten und Volumen notwendigerweise ein wenig zusammen. Aber in jedem Fall ist der Spielraum begrenzt; denn auch eine Nettoentlastung von 30 Milliarden DM ist wenig im Vergleich zu den Problemen, die wir in der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt haben.
    Da wir nur einen begrenzten Spielraum für Steuerentlastungen haben, ist unserer Meinung nach Ihr Ansatz falsch, jetzt den Grundfreibetrag und das Kindergeld zu erhöhen. Das ist zwar familienpolitisch wünschenswert; aber Theo Waigel hat gesagt: Im Moment ist es wichtiger, daß Vater und Mutter einen Arbeitsplatz haben, als daß das Kindergeld erhöht wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir müssen doch die Frage beantworten: Was hat Vorrang? Die Mittel sind immer knapp. Deswegen muß man Prioritäten setzen. Wir, CDU/CSU und F.D.P, die Koalition und die Regierung, haben uns dafür entschieden, der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in dieser Lage den Vorrang zu geben. Das ist das Prinzip unserer Steuerreform.

    (Widerspruch bei der SPD)

    - Sie haben bisher niemanden gefunden - -

    (Detlev von Larcher [SPD]: Doch! Im Finanzausschuß! Da war den ganzen Tag Anhörung!)

    - Dazu sage ich gleich etwas. Herr Kollege von Larcher, Sie äußern sich heute, jedenfalls bei meiner Rede, ganz anders als bisher. Lassen Sie mich versuchen, ein Argument nach dem anderen darzulegen.
    Sie haben wirklich niemanden gefunden - im übrigen auch in Ihren eigenen Reihen nicht -,

    (Zuruf von der F.D.P.: Außer Oskar!)

    der meint, daß die Erhöhung von Grundfreibetrag und Kindergeld im Vergleich zu einer Änderung der Steuerstruktur der bessere Weg sei, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Das vertreten Sie selber nicht im Ernst.

    (Joachim Poß [SPD]: Das DIW sagt das!)

    - Ach was. Herr Kollege Poß, wir haben doch das Gemeinschaftsgutachten aller Forschungsinstitute. Auch ich habe es da. Sie haben natürlich nur einen Teil vorgelesen.

    (Zuruf von der SPD: Man kann nicht das Ganze vorlesen!)

    - Man kann das Ganze nicht vorlesen. Sie haben es selektiv vorgelesen.

    Dr. Wolfgang Schäuble
    Sie können nicht bestreiten, daß es in dem Gemeinschaftsgutachten heißt, unsere Konzeption der Steuerreform sei ein richtiger Beitrag zur Lösung der Probleme von Wirtschaft und Arbeitsmarkt. Das können Sie nicht bestreiten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Jetzt kommt der entscheidende Punkt - Sie haben ihn absichtsvoll verwischt; andere waren vielleicht nicht so genau informiert; wenn man zuviel Zeitung liest, dann weiß man halt nicht alles so genau, Herr Kollege Fischer, aber das führt uns zu der Diskussion -: Die Anhörung beschäftigte sich mit dem Teil der Steuerreform, der nach dem vorgezogenen Gesetz 1998 in Kraft treten soll.

    (Widerspruch des Abgeordneten Joachim Poß [SPD])

    - Aber, Herr Kollege Poß, ganz gewiß.

    (Joachim Poß [SPD]: Die Gesamtwirkung wurde beurteilt!)

    - Die Gesamtwirkung wurde durch das Frühjahrsgutachten aller wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute beurteilt. In der Anhörung - Sie haben hier in der Debatte genauso argumentiert - haben Sie die Argumente gegen einen aufkommensneutralen Schritt in der Unternehmensbesteuerung gehört. Es wurde gesagt, daß eine aufkommensneutrale Veränderung in der Unternehmensbesteuerung kurzfristig nicht dieselben Wirkungen wie eine große Steuerreform hat. Deswegen brauchen wir eine Nettoentlastung. Über die Nettoentlastung besteht ja überhaupt kein Streit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)