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    Plenarprotokoll 13/173 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 173. Sitzung Bonn, Freitag, den 25. April 1997 Inhalt: Tagesordnungspunkt 12: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Steuerreformgesetzes 1999 (Drucksache 13/7480) . . . 15589 A Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 15589 B Joachim Poß SPD 15596 A Friedrich Merz CDU/CSU 15599 C Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15602 B Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . . 1560 7A Joachim Poß SPD 15608 D Dr. Gregor Gysi PDS 15610 B Rudolf Scharping SPD 15612 C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 15617 C Detlev von Larcher SPD 15620 B Rudolf Scharping SPD . . . . 15622 A, 15623 A Michael Glos CDU/CSU 15622 D Dr. Barbara Höll PDS 15624 D Gisela Frick F.D.P 15626 A Ingrid Matthäus-Maier SPD 15627 A Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . 15628 B Tagesordnungspunkt 13: a) Antrag der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Monika Knoche, Volker Beck (Köln), Manfred Such und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Humanisierung der Drogenpolitik (Teil III) - Legalisierung von Cannabis (Drucksache 13/4480) 15631 A b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (Drucksache 13/4982) . . 15631 A Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15631 B Hubert Hüppe CDU/CSU 15632 C Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15633A, 15639B, 15642A Heigrit Fischer-Menzel, Senatorin (Hamburg) 15634 D Hubert Hüppe CDU/CSU 15635 D Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P 15636 B Ulla Jelpke PDS 15637 C Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretärin BMG 15638 C Johannes Singer SPD 15640 C Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär BMI 15642 D Zusatztagesordnungspunkt 7: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zum Verkauf von fünf ausgemusterten U-Booten der Bundesmarine an Indonesien 15643 D Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15644 A Erich G. Fritz CDU/CSU 15644 D Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . 15645 C Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . 15646 A Steffen Tippach PDS 15647 A Dr. Klaus Rose, Parl. Staatssekretär BMVg 15648 A Wolfgang Schmitt (Langenfeld) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15649A Andreas Krautscheid CDU/CSU . . . 15650 B Uta Zapf SPD 15651 A Dr. Dietrich Mahlo CDU/CSU 15652 B Herbert Meißner SPD 15653 B Jochen Feilcke CDU/CSU 15654 A Brigitte Schulte (Hameln) SPD 15654 D Nächste Sitzung 15656 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 15657* A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Christa Luft (PDS) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Mieter von Geschäftsraum in den Ländern Berlin und Brandenburg . 15657* C Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 15658* A Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. April 1997 15589 173. Sitzung Bonn, Freitag, den 25. April 1997 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 25.4. 97 Antretter, Robert SPD 25. 4. 97 * Behrendt, Wolfgang SPD 25. 4. 97 Bindig, Rudolf SPD 25. 4. 97 * Blunck, Lilo SPD 25.4. 97 Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 25. 4. 97 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 25. 4. 97 * Dr. Feldmann, Olaf F.D.P. 25.4. 97 * Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 25.4. 97 * Freitag, Dagmar SPD 25. 4. 97 Gansel, Norbert SPD 25. 4. 97 Genscher, Hans-Dietrich F.D.P. 25. 4. 97 Hoffmann (Chemnitz), SPD 25. 4. 97 Jelena Horn, Erwin SPD 25. 4. 97 * Junghanns, Ulrich CDU/CSU 25. 4. 97 * Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 25. 4. 97 Koppelin, Jürgen F.D.P. 25. 4. 97 Lange, Brigitte SPD 25. 4. 97 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 25. 4. 97 ' Erich Marten, Günter CDU/CSU 25. 4. 97 * Mattischeck, Heide SPD 25. 4. 97 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 25. 4. 97 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 25. 4. 97 * Dr. Rochlitz, Jürgen BÜNDNIS 25. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Rupprecht, Marlene SPD 25. 4. 97 Sauer (Stuttgart), Roland CDU/CSU 25. 4. 97 Schaich-Walch, Gudrun SPD 25. 4. 97 Scherhag, Karl-Heinz CDU/CSU 25. 4. 97 von Schmude, Michael CDU/CSU 25. 4. 97 * Schönberger, Ursula BÜNDNIS 25. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Sperling, Dietrich SPD 25. 4. 97 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 25. 4. 97 Steen, Antje-Marie SPD 25. 4. 97 Such, Manfred BÜNDNIS 25. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Terborg, Margitta SPD 25. 4. 97 * Wallow, Hans SPD 25. 4. 97 Welt, Jochen SPD 25. 4. 97 Dr. Wittmann, Fritz CDU/CSU 25. 4. 97 Wohlleben, Verena SPD 25. 4. 97 Würzbach, Peter Kurt CDU/CSU 25.4. 97 Zierer, Benno CDU/CSU 25. 4. 97 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Christa Luft (PDS) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Mieter von Geschäftsraum in den Ländern Berlin und Brandenburg (Tagesordnungspunkt 18c) *) Erlauben Sie mir als einer Berliner Abgeordneten in aller Kürze eine Erklärung zu meinem Abstimmungsverhalten zu der uns vorliegenden Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses, die hier von den Koalitionsabgeordneten angenommen und Leben und Arbeit vieler Berlinerinnen und Berliner tangieren wird. Ich lehne die vorliegende Beschlußempfehlung erstens ab, weil - wie in Ausschußberatungen geschehen - ein einfacher Vergleich zwischen Berlin und anderen Ballungszentren der Bundesrepublik unzulässig ist, weil Analogieschlüsse sich verbieten. Selbst nach den Zahlen des Ringes Deutscher Makler liegt das Gewerberaum-Mietniveau sogar in den Berliner Nebenkernen immer noch um ca. 10 Prozent über den Mieten in Frankfurt/Main und München, in den Stadtteil-Zentren das Vielfache davon. Auch ist die Eigentumsquote bei Gewerberäumen des Berliner Handwerks mit 12 Prozent sehr niedrig, weshalb hohe Gewerberaummieten die Kosten überproportional belasten. Ich lehne die Beschlußempfehlung zweitens ab, weil die anhaltende Verdrängung mittelständischer Einzelhandels- und Handwerksbetriebe aus den Stadtteilzentren weitreichende Auswirkungen hat auf die Qualität der Nahversorgung der Bevölkerung und auf das Nebeneinander von Wohnen, Handel und Handwerk. Diese urbane Mischung, die die Berliner Stadtteile Jahrzehnte geprägt hat, ist in Gefahr. Die kleinen und mittleren Betriebe können den Kostendruck nicht in gleichem Maße wie größere Unternehmen und besonders große Kaufhausketten auffangen. Sie sind ja obendrein mit schlechter Zahlungsmoral privater und öffentlicher Auftraggeber konfrontiert. Drittens lehne ich die Beschlußempfehlung ab, weil sich mir überhaupt nicht erschließt, welche Impulse für Wachstum und Beschäftigung von der Verweigerung eines zeitweiligen Schutzes von Mietverhältnissen und der zeitweiligen Bindung von Gewerberaummieten ausgehen sollen. Das aber ist doch angeblich die Meßlatte für das Handeln der Koalition. Im Gegenteil: Es werden weitere Pleiten produziert, Existenzgründungen erschwert oder verhindert, noch mehr Beschäftigte in die Arbeitslosigkeit getrieben. Nach einer jüngsten Umfrage sehen sich allein 40 Prozent der Einzelhändler in den östlichen Stadtbezirken Berlins durch Gewerberaummietenentwicklung in ihrer Existenz bedroht. *) Vgl. Plenarprotokoll 13/166, Seite 14961 D Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, sind also wieder dabei, sich ein Eigentor zu schießen. Völlig kurios wird es, wenn der CDU-Wirtschaftssenator von Berlin sich an die PDS-Abgeordneten wendet, den Gesetzentwurf des Bundesrates zum Schutz der Mieter von Geschäftsraum in den Ländern Berlin und Brandenburg nicht scheitern zu lassen. Nicht weil es mich plötzlich mit einem CDU-Politiker in ein Boot zieht, stimme ich gegen die vorliegende Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses, sondern weil eine Koalition der Vernunft hier geboten wäre und nicht parteipolitische Engstirnigkeit. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung - Unterrichtung durch die Präsidentin des Deutschen Bundestages Bericht der Präsidentin des Deutschen Bundestages über die Entwicklung der Bezüge der hauptberuflichen Amts- und Mandatsträger auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene sowie bei öffentlichen Einrichtungen - Drucksache 13/6637 - Ausschuß für Wirtschaft - Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahresgutachten 1996/97 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung - Drucksache 13/6200 -- Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahreswirtschaftsbericht 1997 der Bundesregierung Reformen für Beschäftigung" - Drucksache 13/6800 - Ausschuß für Verkehr - Unterrichtung durch die Bundesregierung Straßenbaubericht 1996 - Drucksachen 13/5850, 13/6153 Nr. 3 -
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Andrea Lederer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Solms, Sie sind natürlich eine Antwort in Ihrem langen Vortrag schuldig geblieben, den Sie ja mit einer bestimmten Logik aufzubauen versucht haben. Das ist die Antwort auf die Frage, wie die Differenz von 56 Milliarden DM bezahlt werden soll. Sie ist gestellt worden. Ich finde, die Regierungskoalition darf nicht darum herumkommen, diese Frage heute der Bevölkerung zu beantworten, damit die Menschen wissen, welche Belastung letztlich auf sie zukommt.

    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Aber das Entscheidende bei jeder Steuerreform besteht natürlich in den Zielen dieser Steuerreform. Hier gibt es unterschiedliche Ansätze, die einmal deutlich ausgesprochen werden müssen. In Anbetracht der Realitäten in unserer Gesellschaft muß das erste Ziel einer Steuerreform in der Bekämpfung von Armut bestehen, was nur funktionieren wird, wenn Reichtum begrenzt wird. Wer nicht bereit ist, Reichtum zu begrenzen, kann auch nicht wirksam Armut bekämpfen, weil alles nur einmal verteilt werden kann.

    (Beifall bei der PDS)

    Wenn ich mir Ihre Steuerreform und Ihre gesamte Politik ansehe, dann ist für mich ganz offenkundig, daß an einen Abbau von Armut überhaupt nicht zu denken ist. Im Gegenteil, es gibt schon wieder neue Vorschläge, die Sozialhilfe weiter zu kürzen. Sie wollen Lohnersatzleistungen besteuern und andere Maßnahmen gerade in diesem Bereich durchführen, die zu einer Vergrößerung der Armut führen würden. Auf der anderen Seite haben Sie per 1. Januar 1997 die Vermögensteuer abgeschafft, und Sie wollen den Spitzensteuersatz ganz erheblich senken - alles Maßnahmen, um Reichtum weiter zu befördern. Das heißt, während wir Armut bekämpfen wollen und deshalb - nicht aus irgendwelchen ideologischen Gründen - Reichtum begrenzen müssen und wollen, wollen Sie umgekehrt die Armut erweitern und dafür den Reichtum fließen lassen.
    Ein zweites Ziel einer Steuerreform muß in der Herstellung sozialer Gerechtigkeit bestehen. Wir haben in dieser Bundesrepublik Deutschland inzwischen soziale Unterschiede, die jeder Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit hohnsprechen. Die Differenzen in den Einkommen nehmen immer stärker zu, die Spitzengehälter wachsen, und die Steuerentlastung, die Sie bei Ihrer Reform allein für die Bundestagsabgeordneten vorsehen, wird niemand von uns draußen in der Bevölkerung erklären können. So sehen die Realitäten Ihrer Vorstellungen aus.

    (Beifall bei der PDS)

    Es ist übrigens auch grob ungerecht, wenn Sie den Spitzensteuersatz bei einem Jahreseinkommen von 90 000 DM ansetzen wollen und damit so tun, als ob das die Spitzenverdiener in dieser Gesellschaft seien, obwohl es in Wirklichkeit Hunderttausende gibt, die weit darüber verdienen und einen höheren Prozentsatz durchaus verkraften könnten.

    (Beifall bei der PDS Gisela Frick [F.D.P.]: Das tun sie doch auch!)

    - Sie zahlen natürlich beim gleichen Prozentsatz mehr, wenn sie mehr verdienen. Aber sie haben den gleichen Prozentsatz, und das ist nicht gerechtfertigt.
    Ein drittes Ziel muß darin bestehen, die Einnahmen des Staates zu sichern; denn der Staat hat nun einmal eine soziale, eine kulturelle und eine ökologische Ausgleichsfunktion. Sie sorgen dafür, daß der Staat immer ärmer wird, um das dann als Argument zu benutzen, zum Beispiel die Leistungen in den neuen Bundesländern zu kürzen und Armut nicht bekämpfen zu können. Deshalb sage ich Ihnen, daß das eine völlig verfehlte Politik ist.

    (Beifall bei der PDS)

    Das vierte und ganz entscheidende Ziel in unserer Zeit müßte darin bestehen, Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Das haben Sie auch alle erklärt. Aber es gibt keinen einzigen Vorschlag in diesem Steuerreformwerk, durch den Arbeitslosigkeit wirklich wirksam bekämpft würde. Ich setze mich mit zwei Thesen von Ihnen auseinander. Das eine ist: Sie sagen immer, der Reichtum müsse wachsen und die Unternehmensteuern müßten gesenkt werden, damit mehr investiert werde und dadurch Arbeitsplätze geschaf-

    Dr. Gregor Gysi
    fen würden. Aber Sie können doch nicht bestreiten, daß das eine Politik ist, die Sie seit über 14 Jahren betreiben und die bisher nicht zum Abbau von Arbeitslosigkeit, sondern nur zur Zunahme von Massenarbeitslosigkeit geführt hat.

    (Beifall bei der PDS)

    War das nicht schon Ihr Argument beim Sparpaket im Jahre 1996? Welcher Arbeitsplatz ist durch dieses Sparpaket entstanden? Kein einziger. War das nicht Ihr Argument bei der Abschaffung der Vermögensteuer per 1. Januar 1997? Gibt es dadurch irgendwelche nennenswerten Investitionen der Vermögenden, die diese Vermögensteuer sparen? Kein einziger Arbeitsplatz ist dadurch geschaffen worden. Das ist eine offenkundig verfehlte Politik.

    (Beifall bei der PDS)

    Dann haben Sie immer noch ein zweites Argument, nämlich daß die Steuerlast in Deutschland besonders hoch sei, gerade für Unternehmen, und in anderen Ländern viel günstiger sei. Dadurch würden dort auch viel günstigere Ergebnisse bei der Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit erzielt. Nun haben aber die Bundesregierung und das Bundesfinanzministerium auf eine Kleine Anfrage der PDS-Gruppe eine interessante Antwort zur Steuerquote in ausgewählten EU-Mitgliedsländern gegeben. Danach stellt sich folgendes heraus: 1995 lag die Steuerquote in Deutschland bei 23,7 Prozent, in den Niederlanden bei 25,6 Prozent, in Großbritannien bei 29,0 Prozent, in Irland bei 30,3 Prozent, in Belgien bei 30,5 Prozent und in Dänemark bei 50,1 Prozent. Wir hatten die niedrigste Steuerquote, lagen aber bei der Arbeitslosigkeit auf Platz 3. Das ist die Realität.

    (Beifall bei der PDS)

    Deshalb besteht der von Ihnen ständig behauptete Zusammenhang überhaupt nicht.
    Wenn Sie wirklich Massenarbeitslosigkeit bekämpfen wollen, müssen Sie ganz andere Reformen angehen. Nicht nur, daß wir dann als Staat Geld brauchen, um eine Anschubfinanzierung im Rahmen eines öffentlichen Beschäftigungssektors durchzuführen. Sie müssen die Kaufkraft stärken.
    Sie, Herr Dr. Solms, sagen, Sie würden beide Seiten sehen, Sie würden ein Mix von Angebots- und Nachfrageseite machen. Da frage ich Sie: Wann in den letzten Jahren ist je die Kaufkraft erhöht worden, außer bei den ganz Reichen und bei den ganz Vermögenden? Bei allen anderen Schichten der Bevölkerung ist die Kaufkraft nur reduziert worden, mit eklatanten Auswirkungen auf Dienstleistung und Einzelhandel und damit auf Arbeitsplätze. So sieht es aus.

    (Beifall bei der PDS)

    Sie wissen ganz genau: Wenn die Kaufkraft von uns beiden erhöht wird, kaufen wir doch nicht mehr; wir sparen höchstens mehr. Wenn Sie den sozial Schwächeren etwas mehr Geld geben, kaufen sie auch mehr. Nur so können Sie in der Gesellschaft die Kaufkraft effektiv erhöhen.

    (Beifall bei der PDS Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.]: Investieren!)

    - Aber hören Sie mal: Es wird doch nur investiert, wenn es einen Markt gibt. Wenn die Nachfrage ständig zurückgeht, wird auch nicht investiert. Das, was Sie hier ständig verbreiten, ist doch eine absurde Vorstellung.

    (Beifall bei der PDS - Ingrid MatthäusMaier [SPD]: Autos kaufen keine Autos!)

    Wir bräuchten andere Reformen. Hier wird immer von Lohnnebenkosten geredet. Glauben Sie denn wirklich, Sie kriegen das mit „einem Prozentpunkt runter oder einem halben Prozentpunkt hoch" in den Griff? Wir brauchen ein anderes System, ein anderes Denken auf diesem Gebiet.
    Seit ewigen Zeiten schlagen wir vor, die Arbeitgeberanteile bei der Einzahlung in die Versicherungssysteme nicht länger in erster Linie nach der Bruttolohnsumme und nach der Zahl der Beschäftigten zu berechnen, sondern nach dem Gewinn, das heißt: nach dem Betriebsergebnis, und die Unternehmen damit flexibler zu machen. Zudem würden dann nicht mehr die Unternehmen besonders bestraft, die arbeitsintensiv produzieren, sondern jene, die mit hoher Technologie bei wenig Beschäftigten hohe Gewinne machen. Sie müssen zur Solidarität stärker bei diesen Kassen herangezogen werden. Das wäre einmal eine Reform.

    (Beifall bei der PDS)

    Nicht nur „ein Prozentpünktchen hoch oder runter" - das bringt hier gar nichts.
    Ein weiteres Ziel einer solchen Steuerreform müßte darin bestehen, kleine und mittelständische Unternehmen zu entlasten, große Konzerne mit hohen Gewinnen aber anders zur Kasse zu bitten, als das heute der Fall ist, insbesondere übrigens Banken und Versicherungen. Nichts sieht Ihre Reform diesbezüglich vor.
    Sie beklagen hier, daß die Alleininhaber von Firmen, also Handwerker und Gewerbetreibende, heute viel benachteiligter sind. Das aber ist doch das Ergebnis Ihrer Politik. Sie hätten das seit Jahren korrigieren können -das wird auch seit Jahren gefordert -, aber Sie waren nie dazu bereit. Sie, gerade die F.D.P., nennen sich immer Mittelstandspartei. Diese Klientel aber vergessen Sie bei den Ansätzen Ihrer Politik am meisten. Das gilt bis heute.

    (Beifall bei der PDS)

    Ein weiteres Ziel einer solchen Politik müßte natürlich auch in der Vereinfachung bestehen. Eine Vereinfachung aber erreichen Sie nicht, indem Sie ein paar Vorschriften streichen und dafür andere einfügen. Eine Vereinfachung erreichen Sie nur, wenn Sie über die gesamte Steuersystematik nachdenken, darüber, ob nicht vieles vereinheitlicht werden könnte, ob es wirklich so viele verschiedene Steuern geben muß und anderes mehr. Aber es gibt keine Vorschläge in dieser Richtung.

    Dr. Gregor Gysi
    Nun sage ich noch etwas zum Spitzensteuersatz. Ich bin ganz entschieden dagegen, den Spitzensteuersatz zu senken, zumindest für Einkommen ab 120 000 DM, also bei denen, die richtig Geld verdienen. Ich kann die Logik der Argumentation weder von Ihnen, von der Koalition, noch von Ihnen, Kollege Fischer, verstehen.
    Ich finde es ziemlich abenteuerlich, zu erklären: Weil sie alle Schlupflöcher suchen und nicht bereit sind, Steuern zu zahlen, müssen wir die Steuersätze senken, das heißt: ihnen entgegenkommen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Nein! Gregor!)

    - Zu Ihrem Argument komme ich noch. So aber hat es die Koalition formuliert. - Ich kann nur sagen: Wer Kriminellen erklärt, daß man ihnen schrittweise entgegenkommt, bis sie bereit sind, freiwillig ihre Steuern zu zahlen, der kann die Steuern gleich abschaffen, der wird das nämlich nie erreichen.

    (Beifall bei der PDS Widerspruch bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    - Aber selbstverständlich. Wenn Sie die Entnahme von Waren im Kaufhaus dulden, dann haben Sie keinen Diebstahl mehr. Das ist eine ganz einfache Variante.
    Jetzt sage ich Ihnen folgendes: Wenn Sie mehr Geld haben wollen, dann reduzieren Sie doch legale Abschreibungen bei der Steuer. Sie müssen aber nicht den Steuersatz senken. Genau dadurch bekämen Sie mehr Geld in die Kassen und könnten sozial, kulturell und ökologisch ausgleichend wirken - wenn Sie das vorhätten.

    (Beifall bei der PDS)

    Lassen Sie mich noch etwas zum Zeitpunkt sagen. Es ist nicht wahr, Herr Fischer, daß vorgeschlagen wird, erst 1999 das Gesetz zu verabschieden. Nein, nein, das Gesetz will die Koalition schon im Jahre 1998 machen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Irrtum!)

    Mit dem Gesetz will sie natürlich in den Wahlkampf gehen. Aber sie will auch, daß die Leute die Wirkung noch nicht kennen. Deshalb soll das Gesetz erst am 1. Januar 1999 in Kraft treten.

    (Beifall bei Abgeordneten der PDS)

    Sie will erst nach der Wahl die Steuerbelastungen beschließen. Das geht nämlich ganz schnell, zum Beispiel bei der Mehrwertsteuer. Das kann sie sich 1998 natürlich nicht leisten. Deshalb will sie bis 1999 warten. Eine andere vernünftige Erklärung gibt es dafür nicht, Herr Schäuble, und Sie haben auch noch keine andere Begründung dafür genannt.
    Wir haben eine Tradition der Steuerlügen seit 1990. Sie sind in den Wahlkampf 1990 gezogen und haben gesagt: Es wird wegen der Einheit keine Steuererhöhungen geben. Die kamen dann ganz dicke. Dann haben Sie vor den Landtagswahlen im März 1996 ein Gesetz zur Senkung des Solidaritätszuschlages beschlossen, haben damit die Wahlen gewonnen und haben nach den Wahlen dieses Gesetz zurückgenommen. Sie haben nicht einmal Hemmungen, geltendes Recht zu verändern, wenn Wahlen vorbei sind, um das zu korrigieren, mit dem Sie vorher eine Wahl gewonnen haben.

    (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Nennen Sie bitte die Drucksachennummer dieses Gesetzes!)

    Deshalb sage ich Ihnen: Hören Sie auf mit dieser Tradition! Was Sie hier vorlegen, solange Sie nicht erklären, wovon Sie die 56 Milliarden DM bezahlen wollen, ist nichts anderes als die Fortsetzung der Politik der Steuerlüge.

    (Beifall bei der PDS - Dr. Guido Westerwelle [F.D.P.]: Das war schon einmal besser!)



Rede von Michaela Geiger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der SPD, Rudolf Scharping.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Rudolf Scharping


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Politik in dieser Lage hat nur eine einzige Aufgabe, nämlich die Situation unseres Landes zu verbessern.

    (Gisela Frick [F.D.P.]: Richtig!)

    Das, was Sie vorschlagen, wird die Lage unseres Landes nicht verbessern.

    (Beifall bei der SPD)

    Es ist eine unselige Fortsetzung dessen, was Sie gemacht haben.
    Sie haben unser Land in die höchste Arbeitslosigkeit, in die höchste Verschuldung und zugleich in die höchste Steuerbelastung geführt. Wenn der Finanzminister wie heute erneut das Wort von der symmetrischen Finanzpolitik in den Mund nimmt, dann läuft es mir und den Menschen in Deutschland immer stärker kalt den Rücken herunter.

    (Beifall bei der SPD)

    Denn die Kombination enormer wirtschaftlicher Schwierigkeiten mit einer tiefen sozialen Unsicherheit - zum Teil einer Spaltung unseres Landes - hatten wir in dieser Form noch nie.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer die Lage des Landes verbessern will, der muß wirtschaftliche Belebung ermöglichen, der muß soziale Gerechtigkeit und sozialen Zusammenhalt stärken, der muß beides auf eine finanziell solide Weise erreichen. Allen drei Zielen wird Ihr Vorhaben nicht gerecht. Es stärkt weder die wirtschaftliche Belebung, noch ist es gerecht, und schon gar nicht ist es finanziell solide.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir haben im Laufe der öffentlichen Debatte und auch der parlamentarischen Beratungen eine Reihe von Vorschlägen gemacht. Sie beziehen sich zunächst auf die Frage der wirtschaftlichen Belebung. Wenn die Wirtschaft in Deutschland sichere und verläßliche Rahmenbedingungen haben will - sie

    Rudolf Scharping
    braucht sie dringend -, dann muß mit diesem chaotischen Hin und Her der Finanz-, der Wirtschafts- und der Haushaltspolitik ein Ende gemacht werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Es muß ein Ende damit gemacht werden, daß Sie vor jeder Bundestagswahl Steuersenkungen versprechen und nach jeder Bundestagswahl die Steuern erhöhen.

    (Beifall bei der SPD)

    Es muß ein Ende damit gemacht werden, daß Sie Abschreibungsbedingungen mal verbessern und mal verschlechtern. Es muß ein Ende damit gemacht werden, daß Sie durch Ihre Finanz-, Haushalts- und Wirtschaftspolitik ständig Verunsicherung in die Wirtschaft tragen, anstatt Sicherheit für Investitionen, Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze zu schaffen.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich schlage Ihnen erneut vor, in einem ersten Schritt zum 1. Juli 1997 die Lohnnebenkosten um zirka 30 Milliarden DM zu senken. Ich schlage Ihnen erneut vor, dafür gesetzlich präzise zu regeln, daß die Auffüllbeträge für die Renten in Ostdeutschland, die Beträge für die Fremdrenten und die Beträge zur Beseitigung des SED-Unrechtes aus der Beitragsfinanzierung in der Rentenversicherung herausgenommen werden und die Rentenversicherung damit um zirka 15 Milliarden DM entlastet wird. Ich schlage Ihnen vor, daß diese Finanzierung in einem fairen, gemeinsamen Lastenausgleich in Deutschland geregelt wird und nicht mehr zu Lasten der Arbeitsplätze, was nicht akzeptabel ist.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Ich schlage Ihnen erneut vor, in der Arbeitslosenversicherung schon zum 1. Juli dieses Jahres Teile des Bereichs Fortbildung und Umschulung, der eine große Gemeinschaftsaufgabe für die zukünftige Qualifikation der Arbeitnehmer, für die zukünftige Erhaltung von Arbeitsplätzen ist, gemeinsam und fair zu finanzieren und nicht mehr allein aus den Beitragsgroschen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie ihrer Arbeitgeber.
    Wenn Sie wollen, daß in Mittelstand und Handwerk, daß in den deutschen Unternehmen Arbeitsplätze entstehen, Ausbildungsplätze reklamiert und geschaffen werden können, dann müssen Sie diesen Schritt jetzt tun und endlich korrigieren, was Sie den Beitragszahlern nach 1990 aus Feigheit vor dem Steuerzahler zum Schaden unserer Arbeitsplätze und zum Schaden der wirtschaftlichen Entwicklung aufgebürdet haben.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Ich schlage Ihnen erneut vor, so rasch wie möglich eine gesetzgeberische Entscheidung zu treffen, die die Arbeitsmarktpolitik flexibel gestaltet und lokal verankert, sie der Mitbestimmung und Mitwirkung der Gemeinden und der Tarifpartner, also der Gewerkschaften und der Unternehmen, öffnet und eine Möglichkeit schafft, daß die Gemeinden nicht mehr der Lastesel Ihrer Politik bleiben,

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    nicht mehr alles mit der Sozialhilfe bezahlen müssen, nicht mehr alles an Leistungen, an Qualität für die Bürger kürzen müssen, sondern mit einer aktiven und flexiblen Arbeitsmarktpolitik vor Ort gemeinsam Verantwortung wahrnehmen können; denn vor Ort ist noch möglich, was Sie in der Bundespolitik verweigern: gemeinsam Verantwortung wahrzunehmen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Ich schlage Ihnen erneut vor, noch in diesem Jahr Entscheidungen zu treffen, mit denen die umfangreiche staatliche Bürokratie abgebaut werden kann. Ein großer Teil der Lasten, die den Bürgern und den Unternehmen zugemutet werden und dem wirtschaftlichen Fortschritt schaden, ergibt sich aus der überbordenden Bürokratie, deren Anwachsen wir seit 14 Jahren beklagen müssen.
    Ich schlage Ihnen erneut vor, das öffentliche Dienstrecht so zu modernisieren, daß die Motivation und die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter dort aufgenommen und weiterentwickelt werden kann.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich habe noch nie erlebt, daß eine Bundesregierung nach mittlerweile gut 14 Jahren Amtszeit angesichts der erschreckenden, belastenden, schwierigen Ergebnisse ihrer Politik am Ende zwei Linien verfolgt. Zum einen sagt sie: Weiter so. Zum anderen sagt sie: Für die Folgen sind die Menschen in Deutschland, ist im Zweifelsfall die Opposition, sind alle anderen verantwortlich. Dabei ist das Vorgehen dieser Regierung organisierte Verantwortungsverweigerung.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Ich schlage Ihnen erneut vor, daß Sie den Bundesinnenminister endlich davon überzeugen, daß das Dienstrecht, daß die Bürokratie, daß vieles andere verändert werden müssen, damit der öffentliche Dienst das sein kann, was er nach dem Willen seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sein will, nämlich ein effizienter, leistungsstarker Partner der Bürgerinnen und Bürger.
    Meine Damen und Herren, es gibt viel zu tun. Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Lohnnebenkosten, für eine flexible Arbeitsmarktpolitik und für die Bürokratie

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Das ist eine Steuerdebatte, Herr Scharping!)


    Rudolf Scharping
    wäre eine gute Ergänzung dessen, was wir heute hier besprechen. Die Frage ist: Wie sehen die steuerlichen Rahmenbedingungen aus?

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Jetzt kommt das Konzept!)

    Da will ich Ihnen einiges im Zusammenhang mit Ihrem Gesetzentwurf sagen. Der Kollege Fischer hat schon darauf hingewiesen. Wenn Schule werden soll, daß Fraktionen Gesetzentwürfe dieser Machart einbringen, mit dem Hinweis, daß im Rechnungsjahr nach ihren eigenen Entwürfen zusätzliche finanzielle Löcher in Höhe von 57,1 Milliarden DM entstehen, wobei die Finanzierung mit einem Satz beschrieben wird, der in seiner allgemeinen Düsternis und Unklarheit jede Interpretation zuläßt, nämlich „teilweise Gegenfinanzierung durch Umschichtung innerhalb des Steuerrechts", frage ich Sie: Wie kommen Sie sich eigentlich vor? Sie schlagen Dutzende von Paragraphen vor. Aber da, wo es um die spannende Frage geht „Wer zahlt am Ende?", sagen Sie: teilweise Gegenfinanzierung durch Umschichtung innerhalb des Steuerrechts.
    Den Anteil der direkten Steuern an den Steuereinnahmen wollen Sie zu Lasten der konsumabhängigen offenkundig vermindern. Sagen Sie den Bürgerinnen und Bürgern doch wenigstens ehrlich, was Sie ja intern zu erkennen gegeben haben: Sie wollen die Mehrwertsteuer erhöhen, damit die Senkung der Spitzensteuersätze bezahlt werden kann. Das werden wir nicht mitmachen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Schon bei der ersten Beratung Ihres Gesetzentwurfes zur Unternehmensteuerreform habe ich auf den objektiven, nicht zu bestreitenden Zielkonflikt hingewiesen zwischen der Attraktion des Wirtschaftsstandortes Deutschland für ausländische Investoren auf der einen Seite - sie ziehen diesbezüglich die Konsequenz, sie müsse gesteigert werden, indem man die Steuersätze auf ausgeschüttete Gewinne deutlich herunterfährt - und den Investitionsbedingungen für die kontinuierlich investierende, also insbesondere die mittelständische Wirtschaft in Deutschland auf der anderen Seite.
    In diesem Zusammenhang haben Sie, Herr Kollege Sohns, aus dem Gutachten zitiert, das ich hier vor mir liegen habe. Weil wir ja in der Lage sein sollten, wenigstens ein bißchen auf Argumente, auch wenn sie nur Scheinargumente sind, einzugehen, frage ich Sie, warum Sie nicht erwähnt haben, daß da auch folgendes steht:
    Tatsächlich dürften sich die effektiven Grenzsteuersätze der Investitionen in vielen Fällen sogar erhöhen .. .

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Tatsächlich!)

    Da aber bei der weitgehend aufkommensneutralen Unternehmensteuerreform vor allem die Unternehmen, die nicht oder wenig investieren, entlastet werden,

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Genau!)

    während die Belastung derjenigen, die viel investieren, steigt,

    (Joachim Poß [SPD]: Das hat er nicht zitiert!)

    ist nicht zu erwarten, daß durch diese Maßnahmen die Investitionsneigung größer wird.

    (Beifall bei der SPD)

    Vielmehr dürfte es zu Vorzieheffekten kommen, also zu vermehrten Investitionen, bevor die neuen Regelungen greifen.

    (Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)

    Nach diesen Vorzieheffekten wird es wohl eine Dämpfung der Investitionstätigkeit geben.
    Ich beschreibe das zunächst als einen objektiven Zielkonflikt. Denn es kann ja niemand bestreiten, daß Deutschland seine Attraktion für ausländische Investoren erhöhen könnte und müßte. Ich füge aber hinzu: Der Weg, den Sie gehen, nämlich diese Attraktion zu erkaufen durch eine Verschlechterung der Investitionsbedingungen in Deutschland, zu Lasten der kontinuierlichen Modernisierung des Produktionsstockes, zu Lasten der kontinuierlichen Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit von schon vorhandenen Arbeitsplätzen, zu Lasten des Mittelstandes usw., rechtfertigt das Ziel der Verbesserung der Investitionsbedingungen für Ausländer in keiner Weise. Sie beschädigen die wirtschaftlichen Interessen in Deutschland.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Mich hat sehr verblüfft, daß es nicht möglich ist, auf der Grundlage dieses Jahresgutachtens in vernünftigen Gesprächen - hier sind sie offenkundig eher möglich als dort - zu solchen Zielkonflikten etwas zu sagen. Das war ja auch der Grund für den Vorschlag der Sozialdemokratie - ich wiederhole ihn hier; es bleibt auch dabei -: Die Steuersätze für thesaurierte Gewinne der Unternehmen werden bei 35 Prozent festgeschrieben, mit all den Folgen, die das für andere hat.
    Jetzt will ich Ihnen etwas zu den anderen Steuersätzen sagen, insbesondere zu dem Eingangssteuersatz, der ja in Ihrem Paket ebenfalls eine große Rolle spielt. Sie sagen immer, es entlaste die unteren Einkommen, es erhöhe die Verteilungsgerechtigkeit der ist, wie auch immer politisch schöner -, wenn der Eingangssteuersatz sinkt. Sie verschwigen den Bürgerinnen und Bürgern, daß mit der Absenkung der Eingangssteuersätze und der Erhöhung des Grundfreibetrages alle Steuerzahler gleichmäßig entlastet werden.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Genau! Gisela Frick [F.D.P.]: Ja, das ist doch auch im System richtig!)

    - Wenn Sie jetzt zugeben, verehrte Frau Kollegin, daß das im System angelegt ist, dann muß ich Sie fragen, warum Sie diese gleichmäßige Entlastung aller Steuerzahler noch unbedingt um eine Senkung des

    Rudolf Scharping
    Spitzensteuersatzes ergänzen wollen, die den Staat mehr als 20 Milliarden DM kosten wird.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Wenn Sie darauf antworten, das sei wegen der besonderen Unternehmenskultur in Deutschland - dem hohen Anteil von Personengesellschaften - unbedingt notwendig, dann, so füge ich hinzu, lassen Sie uns doch gemeinsam einen Weg beschreiten, den alle anderen Wettbewerberländer gegangen sind, nämlich auch die Bedingungen für in Personengesellschaften erzielte und wiederinvestierte - thesaurierte - Gewinne zu verbessern.
    Dieses Problem können wir im Interesse von Handwerk und Mittelstand lösen. Aber Sie dürfen eine solche Operation doch nicht dem Verdacht aussetzen bzw. tatsächlich dafür sorgen, daß am Ende nur eine unzulässige und wirtschaftlich schädliche Bereicherung von Spitzenverdienern steht, nicht aber die Stärkung der Unternehmen selbst.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Ich habe in den letzten Tagen darüber - ich spreche damit keine Vertraulichkeiten aus - mit vielen Unternehmern in Deutschland diskutiert. Die verstehen diese Argumentationen.
    Sie hier haben in der Frage der Vermögensteuer und in der Frage der Spitzensteuersätze eine dogmatische Position.

    (Detlev von Larcher [SPD]: So ist das! Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Eine ideologische!)

    Sie sind zu pragmatischen Schritten gar nicht in der Lage.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie haben in den Steuerverhandlungen - es waren ja gar keine Verhandlungen, sondern ein Meinungsaustausch - folgende Voraussetzung aufgestellt, die mich - das muß ich Ihnen ehrlich sagen - nicht mehr sonderlich gewundert hat - denn das Ergebnis war ja klar und das war die Ursache meiner Skepsis -: Sie haben Unterwerfung erwartet, anstatt Kooperation zu ermöglichen.

    (Beifall bei der SPD Widerspruch bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wenn jemand schreibt, Voraussetzung für Gespräche sei - das ist hier schon gesagt worden -, daß man diese auf der Grundlage der vorgelegten Entwürfe führe, dann fordert das doch wohl Unterwerfung.

    (Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.]: Ihr habt keine Grundlage gehabt!)

    Nun muß ich zu diesem Thema noch etwas sagen; ich komme dann gleich zu den anderen Themen bezüglich der Steuern zurück. Wir, Oskar Lafontaine und ich, hatten Ihnen im Januar 1996 geschrieben, wir seien bereit, alle Entscheidungen mit Ihnen gemeinsam zu treffen, was die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit angeht. Das hat der Bundeskanzler hier im Februar 1996 freundlich mit einer allgemeinen Bemerkung beantwortet. Danach hat er dies zu den Akten gelegt. Die Gewerkschaften waren zu Gesprächen bereit. Der Vorsitzende des DGB ist im Rahmen einer Pressekonferenz sogar soweit gegangen, die Absenkung sozialer Leistungen anzukündigen. Sie haben diese Chance zum Bündnis für Arbeit zerschlagen.
    Sie haben jetzt die Chance zerstört, nicht für raschere Entscheidungen, aber rasch für Orientierung zu sorgen. Der Attentismus, der möglicherweise daraus entsteht, geht voll zu Ihren Lasten.

    (Beifall bei der SPD)

    Denn wenn Sie noch nicht einmal in der Lage sind, objektive Zielkonflikte sachkundig zu erörtern und dann nach einem guten Weg zu suchen, um beiden Zielen gerecht zu werden, dann ist das sehr erstaunlich.
    Sie bleiben ja sogar hinter dem zurück, was christdemokratische Finanzminister zu dem Thema sagen. Ich komme nachher noch auf die Finanzierungslöcher zurück. Wenn ich mir aber vorstelle, was Finanzminister Mayer-Vorfelder schon vor langer Zeit als Lösung dieses Zielkonfliktes festgehalten hat, dann frage ich mich: Warum bringen Sie es denn nicht fertig, darüber sachkundig zu sprechen und die dort genannten Möglichkeiten zu eröffnen?
    Wenn Ihre Politik aber dazu führt, daß wirtschaftliche Rahmenbedingungen noch weiter verunsichert und verunklart, Investitionen in Deutschland verteuert werden und damit die Wettbewerbsfähigkeit von Arbeitsplätzen und die Chance, Ausbildungsplätze zu schaffen, vernichtet wird, und wenn Ihre Politik dazu führt, daß die soziale Kluft in Deutschland tiefer wird, dann können Sie nicht erwarten, daß man das mitmacht - jedenfalls nicht von der Sozialdemokratie.
    Wir wollen erreichen - ich schlage auch das erneut vor -, zum 1. Januar 1998 alles Erforderliche zu tun, damit die Kaufkraft in Deutschland verbessert wird. Das bedeutet, den Familien zu helfen, die Rentnerinnen und Rentner nicht zu bestrafen und die Arbeitnehmer nicht zur Kasse zu bitten, die mit ihrer Arbeitsleistung im Grunde erst dafür sorgen, daß die Unternehmen Gewinne machen können, und die mit ihrer Kaufkraft für die Nachfrage in Deutschland sorgen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Meine Damen und Herren, ich muß Sie leider doch noch einmal darauf hinweisen, daß nach einer Untersuchung des Statistischen Bundesamtes - nicht von mir, nicht von der SPD - die Steuerbelastung nach Einkommensgruppen in der Kategorie der besonderen Großverdiener, nämlich derjenigen, die über 10 Millionen DM verdienen, im Jahre 1989 33,2 Prozent betrug. Wenn man die seit der deutschen Einheit hinzukommenden Möglichkeiten der legalen Steuerverkürzung hinzufügt, muß man davon ausge-

    Rudolf Scharping
    hen, daß wir eine sehr große Zahl von Menschen haben, die außerordentlich hohe Einkommen mit außerordentlich niedriger Steuerleistung verbinden.
    Ich stelle mit Blick auf das, was die Kirchen, die Gewerkschaften und viele andere sagen, fest: Dieser Zustand muß geändert werden. Er wird aber durch Ihre Politik nicht geändert. Sie lassen ihn so. Sie maskieren ihn nur besser. Der erste Schritt zu dieser Maskerade war die Abschaffung der Besteuerung privater Vermögen zugunsten derjenigen, die diese Art der Begünstigung nun wirklich nicht mehr benötigen.

    (Beifall bei der SPD)

    Zu dem Aspekt im Zusammenhang mit der Frage verläßlicher wirtschaftlicher Rahmenbedingungen einer Steuerreform, die die Wirtschaftskraft in Deutschland stärkt und Nachfrage stimuliert, sage ich Ihnen: Hier müssen sich wirtschaftliche Erwägungen und Erwägungen hinsichtlich der sozialen Gerechtigkeit auf eine kluge und zukunftsträchtige Weise verbinden.
    Drittens der finanzielle Aspekt. Was bedeutet Ihre sogenannte Steuerreform für den Zustand des Staates und seiner Kasse, für seine Fähigkeit, eigene Beiträge zu einer vernünftigen Entwicklung zu leisten und die Lage der Menschen in Deutschland zu verbessern? Ich möchte einmal erleben, was passiert, wenn irgendein Mitglied der Sozialdemokratie sagen würde: Paßt einmal auf, ich habe einen guten Vorschlag; er kostet 60 Milliarden DM, die Finanzierung erfolgt später. Ich möchte das einmal erleben.

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Eine ähnliche Situation hatten wir schon einmal: Ende des Jahres 1995 hat der SPD-Parteivorsitzende davon gesprochen, man müsse in bestimmten Situationen konjunkturell bedingte Defizite in Kauf nehmen und seine Kraft darauf konzentrieren, strukturell, also durch langfristig gewachsene Fehlentwicklungen, bedingte Defizite abzubauen. Daraufhin haben Sie Polemik - „da haben wir es wieder: Keynes, altes Denken, die typische Verschuldungspolitik der Sozialdemokratie" - ins Land hinausgeschleudert. Wenn diese Vorwürfe gestimmt hätten,

    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Die stimmen doch!)

    dann müßte ich sagen: Auf den vielen Seiten Ihres Gesetzentwurfs überbieten Sie alles, was Sie den Sozialdemokraten bisher in polemischer Weise unterstellt haben. Ihr Vorgehen ist unsolide und unseriös.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Werner Schulz [Berlin] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Lieber Herr Kollege Waigel, da Sie heute so viel zitiert haben, möchte ich Ihnen sagen: Sie haben das Bareis-Gutachten in den Papierkorb geworfen. Ich kann nicht bestreiten, daß Sie sich jetzt vor den Papierkorb gekniet haben und einiges wieder herausgeholt haben. Das kann ich nicht bestreiten. Aber das Beste, was Sie jetzt machen könnten, wäre, den
    Entwurf Ihres Steuerreformgesetzes 1999 in den Papierkorb zu schmeißen. Das wäre wirklich das beste.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Nach Ihren Vorschlägen und nach Ihrer mittelfristigen Finanzplanung haben wir folgenden Zustand: Die Verschuldung der Bundesrepublik Deutschland, das Defizit des Bundeshaushaltes, ist am 31. März schon bei rund 40 Milliarden DM angekommen. Allein für dieses Jahr! Sie hatten in Ihrem Haushalt - er ist auch noch nicht so lange verabschiedet - gerade einmal 53 Milliarden DM für das ganze Jahr eingeplant.
    Sie verweigern jede Auskunft darüber, wie Sie mit dieser Lücke umgehen wollen. Sie sagen uns dagegen, daß die mittelfristige Finanzplanung für das Jahr 1999 ein Defizit von 50 Milliarden DM ausweist. Hinzu kommen das Defizit der Gebietskörperschaften und das zusätzliche Defizit auf Grund Ihres Gesetzentwurfes. Es ist unverantwortlich, ein staatliches Defizit von weit über 100 Milliarden DM einzuplanen. Das ist unverantwortlich.

    (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Wir sind nicht bereit, diese neuerliche Belastung der öffentlichen Haushalte, diese neuerliche Ruine einer Finanzpolitik, und vor allen Dingen den neuerlichen Betrug an den künftigen Generationen mitzumachen, die alles das bezahlen müssen, was Sie heute durch Ihre fehlerhafte Finanzpolitik verschulden.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn Ihre Politik wenigstens dazu dienen würde, die Situation hinsichtlich der Arbeitsplätze, Infrastruktur, Ausbildung und Bildung zu verbessern, dann könnte man ja beginnen, darüber zu streiten. Aber die öffentliche Kasse zu ruinieren, um einer relativ kleinen Bevölkerungsgruppe, der ich Leistung attestiere und deren Leistungsvergütung ich akzeptiere, Steuersenkungen zugute kommen zu lassen, ist unvertretbar.
    Vor diesem Hintergrund erinnere ich Sie an eines: Seien Sie bitte sorgfältig mit dem, was die Idee des sozialen Ausgleichs und des sozialen Friedens in Deutschland angeht. Sie haben diese Idee in der Vergangenheit schon extrem stark belastet und beschädigt. Sie sind dabei, das erneut zu tun. So, wie Karl Schiller früher einmal recht hatte mit dem Hinweis darauf, man solle die Tassen im Schrank lassen und müsse nicht jede Belastungsgrenze erproben, sagen wir Ihnen: Hören Sie endlich auf, jede denkbare Belastungsgrenze des sozialen Friedens erproben zu wollen! Es könnte sein, daß uns allen das Ergebnis dessen um die Ohren fliegt.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Nun habe ich interessiert gesehen, daß Kollege Schäuble Wert darauf legt, nach mir sprechen zu

    Rudolf Scharping
    können. Da geht es immer etwas hin und her; das ist auch in Ordnung. Aber ich habe einen Wunsch, wenn ich ihn äußern darf

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Ich wollte ja nach Lafontaine sprechen, aber der kam nicht! So war es verabredet! Hans Michelbach [CDU/CSU]: Er hat die Flucht ergriffen! Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Der hat sich verweigert!)

    - Verehrter Herr Kollege Schäuble, jetzt passen Sie auf! Sie haben da eine etwas schwierige Position.
    Ich habe die Bitte, daß Sie uns die Frage beantworten: Wie finanzieren Sie ganz konkret die Lücke zwischen 30 und 57 Milliarden DM? Ich habe die Bitte, daß Sie uns einmal ganz konkret sagen, was Sie wirklich wollen - Inkrafttreten des gesamten Paketes zum 1. Januar 1999 oder die Teilung, wie sie jetzt vorgesehen ist. Ich bitte darum, daß Sie uns einmal ganz konkret sagen, wie Sie es rechtfertigen, daß der ledige oder verheiratete Facharbeiter mit mittlerem Einkommen um 3000 bis 4000 DM belastet wird,

    (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Brutto oder netto?)

    während andere sehr stark entlastet werden.
    Es war schon eine ziemliche Zumutung, hier am 22. April 1997 einen Gesetzentwurf einzubringen und dann zu erwarten, daß das Parlament in einer ersten Lesung darüber verantwortungsbewußt diskutiert, und es war mehr als ein technisches Detail, daß wir der Fristverkürzung zugestimmt haben.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wenn man will, geht es!)

    Die SPD war bereit und wird auch bereit bleiben - das biete ich Ihnen ausdrücklich an -, alles ihr Mögliche zur Beschleunigung des Verfahrens beizutragen.
    Ich verbinde das mit einer Gegenfrage danach, ob Sie denn wenigstens in den parlamentarischen Beratungen bereit sind, auf das einzugehen, was wir Ihnen seit mehreren Wochen öffentlich wie in Gesprächen

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: In Gesprächen?)

    wie in parlamentarischen Beratungen an Vorschlägen machen. Ich bin diesbezüglich sehr gespannt; denn wenn Sie sagen, mit dem Ende dieser Gespräche sei kein Zeitverlust verbunden, dann interessiert mich eine andere Frage noch viel mehr, nämlich ob die Koalition jetzt wenigstens in den parlamentarischen Beratungen bereit ist, das zu tun, was für Deutschland dringend notwendig ist: seine wirtschaftliche Kraft zu stärken, den sozialen Frieden neu zu befestigen und das alles auf eine finanziell solide und zuverlässige Weise umzusetzen - für die Bürgerinnen und Bürger, für die Wirtschaft, für die Arbeits- und die Ausbildungsplätze.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der PDS)