Rede:
ID1317300600

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 11
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Fraktionsvorsitzende: 1
    6. von: 1
    7. Bündnis: 1
    8. 90/Die: 1
    9. Grünen,: 1
    10. Joseph: 1
    11. Fischer.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/173 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 173. Sitzung Bonn, Freitag, den 25. April 1997 Inhalt: Tagesordnungspunkt 12: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Steuerreformgesetzes 1999 (Drucksache 13/7480) . . . 15589 A Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 15589 B Joachim Poß SPD 15596 A Friedrich Merz CDU/CSU 15599 C Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15602 B Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . . 1560 7A Joachim Poß SPD 15608 D Dr. Gregor Gysi PDS 15610 B Rudolf Scharping SPD 15612 C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 15617 C Detlev von Larcher SPD 15620 B Rudolf Scharping SPD . . . . 15622 A, 15623 A Michael Glos CDU/CSU 15622 D Dr. Barbara Höll PDS 15624 D Gisela Frick F.D.P 15626 A Ingrid Matthäus-Maier SPD 15627 A Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . 15628 B Tagesordnungspunkt 13: a) Antrag der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Monika Knoche, Volker Beck (Köln), Manfred Such und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Humanisierung der Drogenpolitik (Teil III) - Legalisierung von Cannabis (Drucksache 13/4480) 15631 A b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (Drucksache 13/4982) . . 15631 A Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15631 B Hubert Hüppe CDU/CSU 15632 C Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15633A, 15639B, 15642A Heigrit Fischer-Menzel, Senatorin (Hamburg) 15634 D Hubert Hüppe CDU/CSU 15635 D Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P 15636 B Ulla Jelpke PDS 15637 C Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretärin BMG 15638 C Johannes Singer SPD 15640 C Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär BMI 15642 D Zusatztagesordnungspunkt 7: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zum Verkauf von fünf ausgemusterten U-Booten der Bundesmarine an Indonesien 15643 D Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15644 A Erich G. Fritz CDU/CSU 15644 D Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . 15645 C Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . 15646 A Steffen Tippach PDS 15647 A Dr. Klaus Rose, Parl. Staatssekretär BMVg 15648 A Wolfgang Schmitt (Langenfeld) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15649A Andreas Krautscheid CDU/CSU . . . 15650 B Uta Zapf SPD 15651 A Dr. Dietrich Mahlo CDU/CSU 15652 B Herbert Meißner SPD 15653 B Jochen Feilcke CDU/CSU 15654 A Brigitte Schulte (Hameln) SPD 15654 D Nächste Sitzung 15656 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 15657* A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Christa Luft (PDS) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Mieter von Geschäftsraum in den Ländern Berlin und Brandenburg . 15657* C Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 15658* A Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. April 1997 15589 173. Sitzung Bonn, Freitag, den 25. April 1997 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 25.4. 97 Antretter, Robert SPD 25. 4. 97 * Behrendt, Wolfgang SPD 25. 4. 97 Bindig, Rudolf SPD 25. 4. 97 * Blunck, Lilo SPD 25.4. 97 Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 25. 4. 97 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 25. 4. 97 * Dr. Feldmann, Olaf F.D.P. 25.4. 97 * Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 25.4. 97 * Freitag, Dagmar SPD 25. 4. 97 Gansel, Norbert SPD 25. 4. 97 Genscher, Hans-Dietrich F.D.P. 25. 4. 97 Hoffmann (Chemnitz), SPD 25. 4. 97 Jelena Horn, Erwin SPD 25. 4. 97 * Junghanns, Ulrich CDU/CSU 25. 4. 97 * Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 25. 4. 97 Koppelin, Jürgen F.D.P. 25. 4. 97 Lange, Brigitte SPD 25. 4. 97 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 25. 4. 97 ' Erich Marten, Günter CDU/CSU 25. 4. 97 * Mattischeck, Heide SPD 25. 4. 97 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 25. 4. 97 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 25. 4. 97 * Dr. Rochlitz, Jürgen BÜNDNIS 25. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Rupprecht, Marlene SPD 25. 4. 97 Sauer (Stuttgart), Roland CDU/CSU 25. 4. 97 Schaich-Walch, Gudrun SPD 25. 4. 97 Scherhag, Karl-Heinz CDU/CSU 25. 4. 97 von Schmude, Michael CDU/CSU 25. 4. 97 * Schönberger, Ursula BÜNDNIS 25. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Sperling, Dietrich SPD 25. 4. 97 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 25. 4. 97 Steen, Antje-Marie SPD 25. 4. 97 Such, Manfred BÜNDNIS 25. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Terborg, Margitta SPD 25. 4. 97 * Wallow, Hans SPD 25. 4. 97 Welt, Jochen SPD 25. 4. 97 Dr. Wittmann, Fritz CDU/CSU 25. 4. 97 Wohlleben, Verena SPD 25. 4. 97 Würzbach, Peter Kurt CDU/CSU 25.4. 97 Zierer, Benno CDU/CSU 25. 4. 97 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Christa Luft (PDS) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Mieter von Geschäftsraum in den Ländern Berlin und Brandenburg (Tagesordnungspunkt 18c) *) Erlauben Sie mir als einer Berliner Abgeordneten in aller Kürze eine Erklärung zu meinem Abstimmungsverhalten zu der uns vorliegenden Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses, die hier von den Koalitionsabgeordneten angenommen und Leben und Arbeit vieler Berlinerinnen und Berliner tangieren wird. Ich lehne die vorliegende Beschlußempfehlung erstens ab, weil - wie in Ausschußberatungen geschehen - ein einfacher Vergleich zwischen Berlin und anderen Ballungszentren der Bundesrepublik unzulässig ist, weil Analogieschlüsse sich verbieten. Selbst nach den Zahlen des Ringes Deutscher Makler liegt das Gewerberaum-Mietniveau sogar in den Berliner Nebenkernen immer noch um ca. 10 Prozent über den Mieten in Frankfurt/Main und München, in den Stadtteil-Zentren das Vielfache davon. Auch ist die Eigentumsquote bei Gewerberäumen des Berliner Handwerks mit 12 Prozent sehr niedrig, weshalb hohe Gewerberaummieten die Kosten überproportional belasten. Ich lehne die Beschlußempfehlung zweitens ab, weil die anhaltende Verdrängung mittelständischer Einzelhandels- und Handwerksbetriebe aus den Stadtteilzentren weitreichende Auswirkungen hat auf die Qualität der Nahversorgung der Bevölkerung und auf das Nebeneinander von Wohnen, Handel und Handwerk. Diese urbane Mischung, die die Berliner Stadtteile Jahrzehnte geprägt hat, ist in Gefahr. Die kleinen und mittleren Betriebe können den Kostendruck nicht in gleichem Maße wie größere Unternehmen und besonders große Kaufhausketten auffangen. Sie sind ja obendrein mit schlechter Zahlungsmoral privater und öffentlicher Auftraggeber konfrontiert. Drittens lehne ich die Beschlußempfehlung ab, weil sich mir überhaupt nicht erschließt, welche Impulse für Wachstum und Beschäftigung von der Verweigerung eines zeitweiligen Schutzes von Mietverhältnissen und der zeitweiligen Bindung von Gewerberaummieten ausgehen sollen. Das aber ist doch angeblich die Meßlatte für das Handeln der Koalition. Im Gegenteil: Es werden weitere Pleiten produziert, Existenzgründungen erschwert oder verhindert, noch mehr Beschäftigte in die Arbeitslosigkeit getrieben. Nach einer jüngsten Umfrage sehen sich allein 40 Prozent der Einzelhändler in den östlichen Stadtbezirken Berlins durch Gewerberaummietenentwicklung in ihrer Existenz bedroht. *) Vgl. Plenarprotokoll 13/166, Seite 14961 D Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, sind also wieder dabei, sich ein Eigentor zu schießen. Völlig kurios wird es, wenn der CDU-Wirtschaftssenator von Berlin sich an die PDS-Abgeordneten wendet, den Gesetzentwurf des Bundesrates zum Schutz der Mieter von Geschäftsraum in den Ländern Berlin und Brandenburg nicht scheitern zu lassen. Nicht weil es mich plötzlich mit einem CDU-Politiker in ein Boot zieht, stimme ich gegen die vorliegende Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses, sondern weil eine Koalition der Vernunft hier geboten wäre und nicht parteipolitische Engstirnigkeit. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung - Unterrichtung durch die Präsidentin des Deutschen Bundestages Bericht der Präsidentin des Deutschen Bundestages über die Entwicklung der Bezüge der hauptberuflichen Amts- und Mandatsträger auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene sowie bei öffentlichen Einrichtungen - Drucksache 13/6637 - Ausschuß für Wirtschaft - Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahresgutachten 1996/97 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung - Drucksache 13/6200 -- Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahreswirtschaftsbericht 1997 der Bundesregierung Reformen für Beschäftigung" - Drucksache 13/6800 - Ausschuß für Verkehr - Unterrichtung durch die Bundesregierung Straßenbaubericht 1996 - Drucksachen 13/5850, 13/6153 Nr. 3 -
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Merz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
    Wenn deine Sache zu schlecht ist, rufe die Partei zur Hilfe; ist die Partei zu schlecht, rufe die Sache zur Hilfe; sind beide zu schlecht, dann verwunde den Gegner.
    Dies ist ein Ausspruch des Schatzkanzlers in Irland im 18. Jahrhundert gewesen. Er scheint schon damals den Kollegen Poß gekannt zu haben, sonst hätte er das nicht gesagt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Detlev von Larcher [SPD]: Das trifft auf Waigel zu!)

    Er fährt dann fort:
    Bist du im Unrecht, verwende allgemeine und mehrdeutige Ausdrücke und häufe Unterscheidungen und Unterteilungen ohne Ende.
    Herr Kollege Poß, was, glauben Sie, denken die vielen Zuschauer auf der Tribüne, die vielen Zuschauer am Fernsehen und vor allen Dingen diejenigen, die die Bundesrepublik Deutschland etwas nüchtern und kritisch von außen betrachten, über diese Woche in Bonn?

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist eine gute Frage! Zurufe von der SPD)

    Was, glauben Sie, denken diejenigen über die Bundesrepublik Deutschland, die nicht nur die Schreihälse dahinten hören, sondern die im Rahmen des internationalen Standortwettbewerbs in Deutschland oder in einem anderen Land auf dieser Welt

    (Horst Kubatschka [SPD]: Den machen Sie doch nicht!)


    Friedrich Merz
    Investitionsentscheidungen zu treffen, wirtschaftliches Wachstum und Arbeitsplätze zu ermöglichen haben?

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie verwechseln die SPD mit der Bundesregierung!)

    Meine Damen und Herren, für die internationalen Investoren ist die Woche in Bonn nicht besonders attraktiv gewesen.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Leider wahr!)

    Ihr Beitrag, Herr Poß, hat dem leider auch nicht entgegengewirkt.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Da sind wir auf Ihren gespannt!)

    Nun lassen Sie uns, auch wenn der nächste Wahlkampf offensichtlich seine Schatten vorauswirft, hier als Parlamentarier, als Verantwortungsträger in der Bundesrepublik Deutschland die Frage stellen, welche Möglichkeiten wir haben, um den 4,5 oder 4,6 Millionen Arbeitslosen in Deutschland - auch von denen wird der eine oder andere heute morgen am Bildschirm sitzen und sich diese Debatte ansehen - eine Perspektive zu verschaffen, innerhalb der nächsten Monate in Deutschland wieder einen Arbeitsplatz zu finden. Meine Damen und Herren, die Ausführungen darüber, wer durch die Steuerreform höher oder wer geringer belastet wird, hilft nicht weiter.
    Herr Kollege Poß, ich zitiere aus einer Zeitung, die wirklich nicht in dem Verdacht steht, ein offizielles Organ der Bundesregierung oder dieser Koalition zu sein. Haben Sie eigentlich den „Spiegel" dieser Woche gelesen? Ist Ihnen eigentlich aufgefallen, daß schon auf seinem Titelblatt eine Reihe von Staaten dieser Welt - wenn ich es richtig in Erinnerung habe, waren das Großbritannien, die Niederlande und die Vereinigten Staaten von Amerika - zitiert worden sind: „Alle schaffen Arbeitsplätze"? Darunter war eine Deutschlandfahne abgebildet, unter der stand: „Wir nicht." Ist Ihnen das eigentlich aufgefallen, Herr Poß?

    (Joachim Poß [SPD]: Seit wann trägt diese Regierung Verantwortung? Wer regiert denn seit 1982?)

    - Herr Kollege Poß, auch dazu sage ich gleich noch etwas.
    Ich weiß nicht, ob es Ihnen aufgefallen ist, Herr Kollege Poß: Ich habe Ihrer Rede die ganze Zeit zugehört. Jetzt lassen Sie uns doch wenigstens einmal den Versuch unternehmen, ein paar Argumente auszutauschen, die dazu dienen können, die schwierige Lage unseres Landes ein klein wenig mit Hoffnung zu versehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Hören Sie doch mit dieser unerträglichen Herumkrakeelerei auf! Das will doch in Deutschland keiner mehr hören. Die Menschen warten darauf, daß wir ihnen eine Perspektive geben. Wir sollten nicht in
    einen Wettlauf eintreten, wer hier im Parlament am lautesten schreien kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Detlev von Larcher [SPD]: Bringen Sie doch einmal ein paar Argumente, und zitieren Sie nicht nur!)

    Nun lassen Sie uns doch bitte einmal die Gelegenheit nutzen, nach geeigneten Wegen zu suchen.
    Meine Damen und Herren, alle diese Staaten, die in der „Spiegel"-Titelgeschichte diese Woche zitiert worden sind - haben Sie das eigentlich gemerkt, oder haben Sie das heute morgen bewußt unerwähnt gelassen? -, haben die Angebotsbedingungen ihrer Volkswirtschaften verbessert.

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Sehr richtig!)

    Ist Ihnen eigentlich aufgefallen, daß kein Industrieland dieser Welt, das sich in den letzten Jahren den Reformerfordernissen gestellt hat, allein von der Nachfrageseite her die Lösung gesucht hat? Fällt Ihnen eigentlich auf, daß Sie mittlerweile die einzigen auf der Welt sind, die zwar auf ihren Parteitagen noch die Internationale und „Brüder, zur Sonne, zur Freiheit" singen, aber sonst provinziell eine reine Nachfragepolitik fordern? Fällt es Ihnen eigentlich nicht auf, daß Sie selbst in der sozialdemokratischen Internationale keinen mehr finden, der diesen ökonomischen Weg mit Ihnen gehen will?

    (Detlev von Larcher [SPD]: Das ist unwahr! Abg. Joachim Poß [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    - Nein, Herr Kollege Poß, ich möchte das jetzt im Zusammenhang vortragen.

    (Lachen bei der SPD Detlev von Larcher [SPD]: Das glaube ich! Joachim Poß [SPD]: Es läuft der Export, und zwar glänzend, und nicht die Binnenkonjunktur!)

    Wir müssen in der Bundesrepublik Deutschland, wie in anderen Staaten auch, die Angebotsbedingungen unserer Volkswirtschaft verbessern. Das bedeutet, daß wir so wie die Holländer in der Lage sein müssen, die Lohnstückkosten zu senken - Holland hat sie gesenkt -,

    (Joachim Poß [SPD]: Im europäischen Vergleich haben wir die niedrigsten Lohnstückkosten in diesem Jahr! Lesen Sie einmal das Gemeinschaftsgutachten!)

    daß wir so wie die Briten und Amerikaner in der Lage sein müssen, die Flexibilität der Arbeitsmärkte ein Stück zu erhöhen. Wir müssen wohl auch in der Lage sein, die Kosten der Arbeit zu senken.
    Herr Poß, es hilft natürlich überhaupt nicht weiter, so wie Sie den Vorschlag zu machen, jetzt die Sozialbeiträge zu senken und dies alles mit einer ökologischen Steuerreform zu finanzieren. Einem Arbeitnehmer ist es relativ egal, warum seine Abgaben so hoch sind. Auch einem Arbeitgeber, der in Deutschland investieren will, ist es relativ egal, warum die Abgaben so hoch sind. Wenn sich die Summe der Abgaben

    Friedrich Merz
    nicht reduziert, dann wird es nicht zu neuen Investitionen in Deutschland kommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Detlev von Larcher [SPD]: Sie drehen das aber auch so, wie Sie es wollen!)

    Deswegen verschließen wir uns nicht dem Weg, auch die Sozialbeiträge zu senken; aber eine reine Umfinanzierung zwischen Steuern und Sozialbeiträgen hilft uns überhaupt nicht weiter.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Lassen Sie mich mit einem Argument auseinandersetzen, das uns - ich gebe zu, auch in den eigenen Reihen - einige Schwierigkeiten macht bei dem Bestreben, die Steuersätze insgesamt senken zu wollen. Dem DGB ist eingefallen, zu der Steuerreform eine Stellungnahme abzugeben, die überschrieben war mit „Maßgeschneidert für Millionäre".

    (Zurufe von der SPD: Das stimmt auch! So ist das!)

    Meine Damen und Herren, jeder weiß doch, daß unser Steuersystem in Deutschland eben keine strikte Trennung vornimmt zwischen den reinen Unternehmenseinkünften und den Privateinkünften, sondern daß beide Bereiche zusammenwirken. Der überwiegende Teil der Unternehmen in Deutschland wird nach dem Einkommensteuergesetz besteuert, weil - der Bundesfinanzminister hat darauf hingewiesen - der große Teil der Unternehmen eben Personengesellschaften sind. Weil es hier einen Zusammenhang gibt, können wir nicht einseitig die Steuersätze für Unternehmen senken und die Steuersätze für Privateinkommen davon unberührt lassen. Offensichtlich kennen Sie diesen Zusammenhang. Aber Sie machen sich Parolen zu eigen, um die Steuerreform insgesamt zu einer reinen Gerechtigkeitsdebatte verkommen zu lassen.
    Nein, meine Damen und Herren, wir müssen schon einmal etwas über den Zaun blicken und darauf achten, warum andere Staaten in der Lage gewesen sind, die Steuerbelastung ihrer Betriebe und ihrer Arbeitsplätze zu senken.
    Herr Kollege Poß, Sie kommen ja wie ich aus Nordrhein-Westfalen. Ist Ihnen eigentlich völlig entgangen, daß Ihr bzw. unser Landeswirtschaftsminister in Nordrhein-Westfalen in den letzten Monaten zunehmend darüber klagt, daß Unternehmen ihren Sitz von Nordrhein-Westfalen zum Beispiel in die Niederlande verlegen, weil sie dort auf bessere steuerliche Rahmenbedingungen stoßen?

    (Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Sehr richtig!)

    Ist Ihnen eigentlich entgangen, daß mittlerweile eine zweistellige Zahl von Unternehmen pro Monat die Bundesrepublik Deutschland verläßt, weil sie in Holland bessere Bedingungen vorfinden als in Nordrhein-Westfalen? Entgeht Ihnen das alles? Wenn Ihnen das nicht entgeht, warum versuchen Sie nicht, darauf wenigstens in der Steuerpolitik eine Antwort zu geben?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Sie haben hier nun auch den Haushalt angesprochen. Richtig ist, daß wir in allen Gebietskörperschaften - bei Bund, Ländern und Gemeinden - große Schwierigkeiten mit dem Ausgleich unserer öffentlichen Kassen haben. Ist denn aber die rein fiskalische Betrachtung der öffentlichen Haushaltslage eine Antwort darauf, wie die Angebotsbedingungen für Arbeitsplätze in einer sich immer schneller verändernden Welt gestaltet werden müssen?
    Ist das die einzige Antwort, die wir denjenigen geben können, die internationale Investitionsentscheidungen treffen? Glauben Sie, daß es irgend jemanden auf dieser Welt interessiert, wie wir unsere Haushalte in Deutschland ausgleichen, wenn er vor der Frage steht, ob er in Österreich, Holland, Großbritannien, USA oder Deutschland investieren soll? Ist das die einzige Antwort, die wir darauf geben können?
    Wir werden uns hier wohl etwas mehr anstrengen müssen. Wenn Sie uns das schon nicht glauben, dann sage ich Ihnen folgendes: Ich habe beim Jahreswechsel noch einmal nachgelesen, wie das in anderen Staaten gemacht worden ist. Der amerikanische Präsident Ronald Reagan, der mit der ersten großen Reform vor fast 20 Jahren angefangen hat, hat sich nicht etwa auf neuere Erkenntnisse dieser Zeit berufen, sondern auf einen Philosophen aus dem 14. Jahrhundert, der einmal gesagt hat

    (Zurufe von der SPD)

    - nun hören Sie doch wenigstens einmal einen Augenblick zu -: Am Anfang einer Dynastie stehen niedrige Steuersätze und hohe Steuereinnahmen. Am Ende einer Dynastie stehen hohe Steuersätze und niedrige Steuereinnahmen.

    (Lachen und Zuruf von der SPD: Damit sind doch Sie gemeint!)

    - Ich habe mir gedacht, daß Sie jetzt mit dieser billigen Antwort kommen und glauben, daß wir uns am Ende einer Dynastie befinden. Darauf ist zu antworten: Erst einmal gibt es in einer Demokratie keine Dynastie, und zweitens sollten Sie akzeptieren, daß es einen ökonomischen Zusammenhang zwischen niedrigen Steuersätzen und hohen Steuereinnahmen gibt. Offensichtlich sind Sie aber zu diesen Fundamentalerkenntnissen überhaupt nicht mehr in der Lage.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich sage Ihnen ganz offen: Ich bin froh, daß die Gespräche, die auf der Ebene der Spitzen der Regierung und der Opposition stattgefunden haben, in dieser Woche beendet worden sind. Es tut dem Land nicht gut, wenn hinter verschlossenen Türen an den Parlamenten vorbei versucht wird, grundlegende Entscheidungen zu treffen. Es hat sich jetzt ausgegipfelt.
    Jetzt können wir im Parlament ein ordnungsgemäßes Verfahren beginnen. Wir tun das mit dem heutigen Tag. Wir tun das verantwortungsbewußt und mit Lösungsvorschlägen, die ohne Zweifel verbesserungsfähig sind. Niemand von uns bildet sich ein, die letzte Weisheit gefunden zu haben.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Sie bestimmt!)


    Friedrich Merz
    Aber wir tun das in der Verantwortung für die vielen Millionen, die in Deutschland Arbeit haben wollen und ihren Arbeitsplatz behalten wollen. Wir tun das vor allen Dingen in unserer parlamentarischen Verantwortung und in der Hoffnung, daß Sie, Herr Kollege Poß und andere, sich dieser Diskussion und Auseinandersetzung in den Gremien des Parlaments und auch hier im Deutschen Bundestag stellen.

    (Joachim Poß [SPD]: Was machen wir denn? Detlev von Larcher [SPD]: Was soll das denn? Was machen wir denn im Finanzausschuß?)

    Deutschland hat in dieser schwierigen Lage, in der wir uns befinden, mehr verdient als eine kleinkarierte Auseinandersetzung um die Frage, ob die Stelle hinter dem Komma stimmt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir in der Bundesrepublik Deutschland brauchen jetzt trotz des beginnenden Bundestagswahlkampfes und angesichts einer sich drastisch verändernden ökonomischen Lage in einer globalisierten Welt ein paar Grundentscheidungen. Wenn Sie es mir nicht glauben, dann glauben Sie es doch wenigstens Ökonomen wie Professor Dornbusch vom MIT in den USA, der die Industrienationen vor die Alternative gestellt hat,

    (Detlev von Larcher [SPD]: Wir hatten gerade eine Anhörung, Herr Merz!)

    entweder ein tatkräftiges Umbauprogramm anzugehen oder ein allmähliches Abgleiten in steinzeitliche Zustände zu riskieren.
    Meine Damen und Herren, wir sind auch vor dem Hintergrund des beginnenden Bundestagswahlkampfes bereit, ein tatkräftiges Umbauprogramm zu beginnen. Die Steuerreform in den beiden Bereichen für 1998 und 1999 ist ein Teil davon. Wir sind zu dieser Auseinandersetzung bereit und fordern Sie auf, Ihre parlamentarische und auch Ihre staatsbürgerliche Verpflichtung wahrzunehmen.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Detlev von Larcher [SPD]: Leerformeln statt Argumente! Kein einziges Argument!)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Joseph Fischer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Joseph Fischer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Daß sich Deutschland in der Krise befindet, wird von niemandem mehr bestritten, in einer der schwersten Krisen seit dem Bestehen der Bundesrepublik Deutschland,

    (Bundesminister Dr. Jürgen Rüttgers: Das ist doch Quatsch!)

    in einer Krise, die ein doppeltes Vorgehen notwendig
    macht: Es handelt sich um die Notwendigkeit, die innere Einheit herzustellen, die Lasten gerecht zu verteilen und die Entwicklung in Ostdeutschland voranzubringen, so daß wir wirklich von einer Vereinigung sprechen können. Es handelt sich um die Notwendigkeit, die strukturellen Anpassungen, die über Jahre hinweg verschlafen und ausgesessen wurden, an die Bedingungen einer sich rapide verändernden Weltwirtschaft vorzunehmen.
    Massenarbeitslosigkeit und Reformunfähigkeit kennzeichnen die gegenwärtige Situation. Die F.D.P. nickt dazu. Sie sind einer der Hauptverantwortlichen, denn Sie regieren dieses Land. Es ist nicht die Opposition, die dieses Land regiert. Bei aller Bedeutung, die Sie der Opposition zumessen, wollen wir das nicht vergessen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Rolf Kutzmutz [PDS])

    4,5 Millionen ausgewiesene - real über 6 Millionen; Tendenz: eher ansteigend - Arbeitslose sind die bittere Realität. Ich frage Sie: Was geschieht in diesem Lande wirklich? Der Widerspruch zwischen Handlungsnotwendigkeit - das hat diese Debatte heute morgen wieder auf beschämende Art und Weise klargemacht - und Handlungsunfähigkeit seitens der Verantwortlichen, seitens der Regierung und der Koalition verstärkt sich. Sind Sie sich eigentlich darüber im klaren - das habe ich mich heute morgen angesichts dieser Debatte und auch der Steuergespräche gefragt -, daß Sie dabei sind, eine substantielle, tiefgehende Krise das Vertrauens in die Funktionsweise unseres demokratischen Systems auszulösen, wenn Sie weiter so vorgehen?

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Angesichts dieser deprimierenden Wirklichkeit, die hier von niemandem mehr bestritten wird, haben wir in den letzten Wochen ein Stück aus dem Bonner Tollhaus mit dem Titel „Steuergespräche" erlebt. Wenn die Sache nicht so ernst wäre, könnte man über das, was da passiert ist, fast ins Lachen geraten. Es gab de facto eine große Koalition: Ein gewaltiger Berg kreißte, und am Ende kam nicht einmal mehr ein fiepsendes Mäuschen heraus. Das war die Realität dieser Steuergespräche -

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    trotz des Schocks auf Grund der Arbeitslosenzahlen im Januar, trotz der Strukturkrise, in der wir stecken, und trotz einer dramatisch wachsenden strukturellen Verwerfung und Massenarbeitslosigkeit.
    Heute erleben wir die Debatte über die Schuldfrage. Ich fürchte, daß wir jetzt bis zur Bundestagswahl auf Hintze-Niveau die Debatte erleben werden, wer schuld daran ist, daß in der Bundesrepublik Deutschland nichts vorangeht. Sie mögen die SPD in diesem Punkt kritisieren. Ich habe zwar nicht für die SPD zu sprechen, aber trotzdem frage ich - der Bundeskanzler ist nicht da - Herrn Schäuble: Glauben Sie denn allen Ernstes, daß eine Rechnung aufgehen kann, die die Steuerentlastung mit der Klientelpartei F.D.P. macht und die dann die aufgerissenen Löcher

    Joseph Fischer (Frankfurt)

    durch Steuerbelastungen und Steuererhöhungen mit der Oppositionspartei SPD stopft?

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Rolf Kutzmutz [PDS])

    Daß diese Rechnung nicht aufgehen konnte, war mir von Anfang an klar.
    Im Blick auf den Bundesfinanzminister muß man folgende Frage stellen: Will er eigentlich diese Steuerreform, für die er so lautstark kämpft? Wenn man nach dem Scheitern der Steuergespräche in die Union hineinhört, dann stellt man fest, daß viele hinter vorgehaltener Hand sagen: Dem Theo ist das gar nicht so unrecht, denn er weiß ganz genau, daß die Steuersenkungen, die er vorträgt, nicht gegenfinanziert sind.

    (Detlev von Larcher [SPD]: So ist das!)

    Er weiß ganz genau, daß er eine Deckungslücke von 56 Milliarden DM nicht gegenfinanziert hat. Über den Vorwand „Die SPD ist schuld, daß die Steuerreform scheitert" landet er im Grunde genommen wieder da, wo er schon einmal im Zusammenhang mit dem Bareis-Gutachten und den darin formulierten Vorschlägen war: bei der Ablehnung eines von ihm in Auftrag gegebenen Gutachtens zur großen Steuerreform.

    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

    Meine Damen und Herren, wenn man sich Ihre große Steuerreform anschaut und die langen Litaneien, die Herr Waigel hier vorträgt, anhört, dann stellt man fest, daß Ihre Vorschläge über den entscheidenden Punkt nicht hinwegkommen und daher nichts nützen.
    Wenn man sich Ihre Steuerreform anschaut, dann stellt man fest, daß sie erstens sozial ungerecht ist. Sie haben vor allen Dingen bei den hohen Einkommen - teilweise auch bei den unteren - eine Entlastung vorgesehen, aber die hohe Belastung, die Tarifnähe zwischen altem und neuem Tarif besteht vor allem im mittleren Bereich. Das Ganze wird erst zu einem Schuh unter dem Gesichtspunkt der sozialen Schieflage.
    Wenn Sie Ihre Gegenfinanzierungsvorschläge zum Decken des Haushaltslochs von 56 Milliarden DM hinzunehmen, nämlich die Mehrwertsteuererhöhung, dann wird aus Ihrer Steuerentlastung, Herr Waigel, eine sozial ungerechte Steuerreform zu Lasten von abhängig Beschäftigten, zu Lasten von unteren und mittleren Einkommen, die über die Mehrwertsteuererhöhung, über die Abschöpfung von Massenkaufkraft die Zeche bezahlen sollen, damit Spitzensteuersätze auf die Einkommen der F.D.P.-Klientel und anderer gesenkt werden können. Das ist die Realität.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.]: Was sind denn Ihre Vorschläge?)

    Ich möchte von Ihnen, Herr Waigel, da Sie schon so
    schön mit Zahlen jongliert haben, heute einmal klipp
    und klar wissen, was Sie jetzt beabsichtigen, um diese 56 Milliarden DM gegenzufinanzieren.
    Sie sprechen von 82 Milliarden DM Steuerausfällen durch die Reform. Sie sagen, Sie haben durch eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage 38 Milliarden DM gegenfinanziert.

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel: 45 Milliarden DM!)

    Damit fehlen 44 Milliarden DM. Hinzu kommt dann noch die Absenkung des Solidaritätszuschlags, so daß sich eine Lücke von insgesamt 56 Milliarden DM ergibt.
    Ich sage Ihnen: Eine Steuerreform vorzulegen, bei der der entscheidende Punkt, nämlich die Aussage darüber, wie sie finanziert wird, offenbleibt, ist keine Steuerreform, sondern ein Prinzip Hoffnung. Wenn Sie sich zum Prinzip Hoffnung bekennen, dann rate ich den Bürgerinnen und Bürgern, dem kleinen Mann und der kleinen Frau, gut auf ihr Portemonnaie achtzugeben,

    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

    denn dieses Prinzip Hoffnung heißt bei Ihnen in Wirklichkeit Steuererhöhung. Wo kommen die fehlenden 56 Milliarden DM her? Wer soll bezahlen? - Das sollten Sie hier und heute einmal klipp und klar sagen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Dr. Christa Luft [PDS])

    In dem Gesetzentwurf, den Sie uns hier vorgelegt haben, ist das ja richtig süß. Der entscheidende Punkt kommt auf Seite 2 sozusagen verhuscht im Text vor. Da heißt es dann unter „B. Lösung":
    Spürbare Nettoentlastung von Steuerbürgern und Unternehmen bei der Einkommensbesteuerung im Umfang von bis zu 30 Mrd. DM und teilweise Gegenfinanzierung durch Umschichtung innerhalb des Steuerrechts

    (Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    und durch Verringerung des Anteils der leistungsfeindlichen direkten Steuern an den Steuereinnahmen zu Lasten der konsumabhängigen indirekten Steuern.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Mein lieber Herr Dr. Waigel, dann reden wir nicht mehr über Steuerentlastung, sondern über Steuererhöhungen. Dann kommen Sie hierher und sagen das auch dem deutschen Volk, daß Ihre Steuerreform an diesem Punkt auf Steuererhöhungen hinausläuft!

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Dr. Christa Luft [PDS])

    Nein, meine Damen und Herren, die Wahrheit ist: Wir reden hier in Wirklichkeit über Steuererhöhungen, die vor allem bei den unteren und mittleren Einkommen zu Buche schlagen werden. Das ist die

    Joseph Fischer (Frankfurt)

    ganze Wahrheit Ihrer Steuerreform, und insofern sollten Sie sich auch offen zu dem Umverteilungscharakter dieses Werkes bekennen.
    Das hat nichts mit altertümlicher Klassenkampfrhetorik zu tun, sondern man muß nur eins und eins zusammenzählen - dabei kommt zwei heraus, nämlich Entlastung oben und Belastung unten, vor allem, wenn man Ihre Steuererhöhungsabsichten mit einbezieht.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

    Mich, Herr Waigel -

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel spricht mit der Abg. Gerda Hasselfeldt [CDU/ CSU])

    Hallo! -

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Ja, ja! Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Zuruf von der CDU/CSU: Er kann es nicht mehr hören! Werner Schulz [Berlin] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er zeigt die kalte Schulter!)

    Mich, Herr Waigel, würde heute klipp und klar Ihre Haltung zur Mehrwertsteuererhöhung interessieren. Sie als Mitglied der Bundesregierung haben jederzeit Rederecht. Wollen Sie eine Mehrwertsteuererhöhung? Wieviel Prozentpunkte soll diese betragen? Wann soll sie gegebenenfalls kommen?
    Das ist das eine, damit diese Posse um die Mehrwertsteuer endlich beendet wird.
    Als zweites würde mich die Beantwortung folgender Frage interessieren: Wollen Sie eine Erhöhung der Mineralölsteuer, um die jetzt aufreißenden neuen Löcher Ihres Haushaltes decken zu können? - Diesbezüglich hört man ja Unterschiedliches. Sie sprechen sich für die Erhöhung der Mineralölsteuer aus, Herr Stoiber spricht sich dagegen aus, der Bundeskanzler weist das zurück, nachdem er in der „Bild"-Zeitung mit einer mächtigen Schlagzeile konfrontiert wird, wonach er schon um das Dahinschwinden der Stimmen seiner Wählerinnen und Wähler fürchtet, obwohl ich sicher bin, daß ihr darüber gesprochen habt und diese Absicht verfolgt.

    (V o r s i t z : Vizepräsidentin Michaela Geiger)

    Der Bundestag ist das geeignete Forum, in dem Sie Klarheit schaffen können, Herr Bundesfinanzminister. Wie sieht es mit einer Mineralölsteuererhöhung aus? - Kommen Sie ans Rednerpult, sagen Sie klar Ihre Haltung, schenken Sie uns hier reinen Wein oder meinetwegen auch reines Mineralöl ein, vor allen Dingen den Bürgerinnen und Bürgern!

    (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Machen Sie klar, welche Belastungen auf uns zukommen, und verstecken Sie sich nicht weiter hinter irgendwelchen nebulösen Formulierungen!

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Dr. Barbara Höll [PDS] und Dr. Christa Luft [PDS])

    Wer was bezahlt, das ist die erste zentrale Frage, die erste Wahrheitsfrage, die man an dieses Reformwerk richten muß.
    Die zweite wichtige Frage: Wann wird denn diese Steuerreform kommen? Der Termin ist keine Nebensächlichkeit. Ob sie 1998 oder 1999 kommt, scheint nur auf den ersten Blick eine Nebensächlichkeit zu sein; denn wir haben 1998 eine klitzekleine Kleinigkeit zu erledigen: Das deutsche Volk, der deutsche Souverän, hat einen neuen Bundestag zu wählen. Mit diesem Steuerreformkonzept, unterstützt von Helmut Kohl und Theo Waigel, für die Erhöhung der Mehrwertsteuer, für die Erhöhung der Mineralölsteuer, für eine höhere Belastung der unteren und mittleren Einkommen wird es ein schöner Wahlkampf. Da wird selbst Pfarrer Hintze mit seiner RoteSocken-Kampagne überfordert sein.

    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

    Ergo kommt man zu der Konsequenz, daß 1999 ja auch noch ein Jahr sei. Warum machen wir also die Erhöhung nicht 1999? Nun war die geniale Idee des Wirtschaftspolitikers Theo Waigel, es gebe einen Vorzieheffekt, wenn man die Unternehmensteuern vorher senke. Gestern lasen wir allerdings etwas anderes - so zumindest meldet es „Reuter":
    Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Schäuble, hat Änderungen am Zeitplan der Koalition für die Senkung von Steuern und Sozialbeiträgen ins Gespräch gebracht. Ein Sprecher der Fraktion hat dies bestätigt.
    Schäuble möchte alles zusammen 1999 verwirklichen, also nicht mehr den Unternehmensteil 1998 vorziehen:
    Schäuble möchte insgesamt 1999 das ganze Reformwerk angehen. Schäuble begründet die Verschiebung der Steuersenkung für Unternehmen damit, daß bei der Expertenanhörung zu dem Gesetz die Hoffnungen auf erhebliche Effekte für die Wirtschaft nicht bestätigt worden seien.
    Meine Damen und Herren, in dieser Meldung stekken zwei Nachrichten: Erstens ist die Hoffnung auf eine positive Wirkung auf die Wirtschaft durch das Reformwerk Waigels nicht gegeben. Das ist eine sehr wichtige Tatsache, die Herr Schäuble hier ausspricht. Dazu würde mich auch Ihre Haltung hier interessieren. Auch die Arbeitsplatzeffekte - das hat die Anhörung ebenfalls gezeigt - sind minimal. Daher können wir auch nicht davon reden, daß dieses Reformwerk ein energischer Ansatz sei, die Massenarbeitslosigkeit zu bekämpfen.

    (Abg. Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


    Joseph Fischer (Frankfurt)

    - Herr Kollege Schäuble, Sie hätten vorhin Zeit gehabt, direkt auf die Opposition zu antworten. Das hätte ich erwartet. Deswegen lasse ich die Zwischenfrage, obwohl ich sonst mit Ihnen gerne diskutiere, nicht zu. Ich bin mit der Debattenstruktur heute morgen nicht einverstanden.