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    Plenarprotokoll 13/172 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 172. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 24. April 1997 Inhalt: Begrüßung des Vorsitzenden des Großen Staatshurals der Mongolei und seiner Delegation 15475 A Erweiterung und Abwicklung der Tagesordnung 15475 B Absetzung von Tagesordnungspunkten 15475 D Nachträgliche Ausschußüberweisung . 15475 D Zur Geschäftsordnung Ute Vogt (Pforzheim) SPD 15476 A Joachim Hörster CDU/CSU 15476 D Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15477 B Jörg van Essen F.D.P. 15478 B Gerhard Zwerenz PDS 15478 D Tagesordnungspunkt 3: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 26. Juli 1995 auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamts (Europol-Gesetz) (Drucksache 13/7391) . . 15479 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Christian Sterzing, Manfred Such und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Statt Europol - Mehr Sicherheit vor Kriminalität durch Verbesserung direkter polizeilicher Zusammenarbeit unter demokratischer und rechtlicher Kontrolle (Drucksache 13/7490) 15479 D Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär BMI 15480 A Otto Schily SPD 15481C, D Fritz Rudolf Körper SPD 15482 A Christian Sterzing BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15483 B Dr. Max Stadler F D P. 15484 D Ulla Jelpke PDS 15486 A Dietmar Schlee CDU/CSU . . . 15487A, 15489 C Dr. Burkhard Hirsch F D P. 15489 A Hans-Peter Kemper SPD 15490 A Hans-Eberhard Urbaniak SPD . . . 15490 B Tagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von den Abgeordneten Ulla Schmidt (Aachen), Irmingard Schewe-Gerigk, Vera Lengsfeld, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und weiteren Abgeordneten eingebrachten Entwurfs eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes - §§ 177 bis 179 StGB (Drucksache 13/7324) . . 15492 B Ulla Schmidt (Aachen) SPD 15492 B Ilse Falk CDU/CSU 15494 C Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15496 B, 15498 C Horst Eylmann CDU/CSU 15497 B Norbert Geis CDU/CSU 15498 B Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P 15498 D Christina Schenk PDS 15500 A Claudia Nolte, Bundesministerin BMFSFJ 15501 A Hanna Wolf (München) SPD 15501 D Horst Eylmann CDU/CSU 15503 B Dr. Edith Niehuis 15505 A Tagesordnungspunkt 14: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 15. März 1996 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Kasachstan über den Luftverkehr (Drucksache 13/7323) 15505 C b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (Drucksache 13/7383) . . . 15505 D c) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundeserziehungsgesetzes (Drucksache 13/7384) . . . 15505 D d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung statistischer Rechtsvorschriften (3. Statistikbereinigungsgesetz) (Drucksache 13/7392) 15505 D f) Antrag der Abgeordneten Steffi Lemke, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Verfassungsrechtliche Problematik der Altschulden landwirtschaftlicher Betriebe in den neuen Bundesländern (Drucksache 13/4011) 15506 A g) Antrag der Abgeordneten Dr. Gerald Thalheim, Anke Fuchs (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Zusammenhang mit den Altschulden der Landwirtschaft in den neuen Ländern und dem dazu ergangenen Prüfauftrag des Bundesverfassungsgerichts an die Bundesregierung (Drucksache 13/7442) 15506 A h) Antrag der Abgeordneten Dr. Jürgen Rochlitz, Gila Altmann (Aurich), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: 20 Jahre nach Seveso; 10 Jahre nach Sandoz - mehr Sicherheit bei Chemikalien (Drucksache 13/5202) 15506 A i) Antrag des Bundesministers der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung bundeseigener Grundstücke in Köln, Raderberggürtel (Funkhaus der ehemaligen Rundfunkanstalt „Deutschlandfunk") (Drucksache 13/7349) 15506 B j) Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung einer Teilfläche der ehemaligen US-von-Steuber-Wohnsiedlung in Frankfurt am Main (Drucksache 13/7356) 15506 B k) Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung bundeseigener Liegenschaften im Wert über 30 Mio. DM; Strausberg, Am Herrensee 13-20, 24-28, 34-48, Am Marienberg 17-28, 57-62, Am Annatal 21-28, 34-48 (Drucksache 13/7358) 15506 C Zusatztagesordnungspunkt 3: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank (Drucksache 13/7493) 15506 C b) Antrag der Abgeordneten Monika Ganseforth, Elke Ferner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm (Drucksache 13/7498) 15506 D Tagesordnungspunkt 15: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 23. Januar 1996 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, der Regierung der Französischen Republik, der Regierung des Großherzogtums Luxemburg und dem Schweizerischen Bundesrat, handelnd im Namen der Kantone Solothurn, Basel-Stadt, BaselLandschaft, Aargau und Jura, über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften und örtlichen öffentlichen Stellen (Drucksachen 13/6202, 13/7308) . . . 15507 A b) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung des Nachweises der Eigentümerstellung und der Kontrolle von Luftfahrtunternehmen für die Aufrechterhaltung der Luftverkehrsbetriebsgenehmigung und der Luftverkehrsrechte (Luftverkehrsnachweissicherungsgesetz - LuftNaSiG) (Drucksachen 13/6820, 13/7246, 13/7462) 15507 B c) Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Cem Özdemir, Kerstin Müller (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Keine Stimmungsmache gegen Aussiedler zulassen (Drucksachen 13/3892, 13/7239) 15507 C d) Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - aufgrund von Artikel 8 Abs. 6 der Richtlinie 92/81/EWG des Rates - über die Lage bei den Steuerbefreiungen und Steuersatzermäßigungen aus besonderen politischen Erwägungen nach Artikel 8 Abs. 4 der Richtlinie 92/81 sowie über die obligatorische Steuerbefreiung für Mineralöle, die als Kraftstoff für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt verwendet werden, und über die fakultativen Befreiungen und Ermäßigungen für Mineralöle, die für die Schiffahrt auf Binnenwasserstraßen mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Schifffahrt verwendet werden, nach Artikel 8 Abs. 1 Buchstabe b und Abs. 2 Buchstabe b derselben Richtlinie Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zur Ermächtigung bestimmter Mitgliedstaaten, ermäßigte Verbrauchsteuersätze oder Verbrauchsteuerbefreiungen für Mineralöle mit bestimmten Verwendungszwecken beizubehalten, gemäß dem Verfahren nach Artikel 8 Abs. 4 der Richtlinie 92/81/EWG (Drucksachen 13/6766 Nr. 2.14, 13/7319) 15507 D e) Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu der dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvE 1/97 (Drucksache 13/ 7443) 15508 A f) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung: Aufhebbare Einhundertdreiunddreißigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste - Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz (Drucksachen 13/6699, 13/6760 Nr. 2, 13/7298) 15508A g) Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Haushaltsführung 1997; Außerplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 10 04 (apl.) Titel 681 02 - Erstattung von Kosten für tierseuchenbedingte Beihilfeaktionen - bis zur Höhe von 74 675 000 DM (Drucksachen 13/6944, 13/7105 Nr. 1, 13/7300) 155088 h) bis k) Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersichten 197, 198, 199, 200 zu Petitionen (Drucksachen 13/7435, 13/7436, 13/7437, 13/ 7438) 15508C Zusatztagesordnungspunkt 4: Weitere abschließende Beratung ohne Aussprache Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Amateurfunk (Amateurfunkgesetz 1997) (Drucksachen 13/6439, 13/7448) . . . 15508 D Tagesordnungspunkt 10: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Mitteilungen der Justiz von Amts wegen in Zivil- und Strafsachen (Justizmitteilungsgesetz) (Drucksachen 13/4709, 13/7489) 15509 A Tagesordnungspunkt 5: Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Handlungsrahmen der Bundesregierung für eine Initiative zum kosten- und flächensparenden Bauen (Drucksachen 13/2247, 13/7465) 15509 C Margarete Späte CDU/CSU 15509 C Volkmar Schultz (Köln) SPD 15511 B Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15513 B Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . 15514 B Klaus-Jürgen Warnick PDS 15515 C Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 15516 C Gabriele Iwersen SPD 15519 B Dr. Klaus Töpfer CDU/CSU 15520 C Gert Willner CDU/CSU 15521 C Zusatztagesordnungspunk 5: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Ersten Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes und anderer Gesetze (Drucksachen 13/2746, 13/3475, 13/3720, 13/3728, 13/3937, 13/3949, 13/4686, 13/4759, 13/4866, 13/7510) . 15522D Dr. Heribert Blens CDU/CSU 15522 D Brigitte Lange SPD 15524 A Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15524 D Ulrich Irmer F.D.P 15525 C Dr. Heidi Knake-Werner PDS 15526 B Zusatztagesordnungspunkt 6: Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses - zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. - zu dem Antrag der Abgeordneten Otto Schily, Günter Verheugen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD - zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Gerald Häfner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - zu dem Antrag der Abgeordneten Gerhard Zwerenz, Heinrich Graf von Einsiedel, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944" (Drucksachen 13/7162, 13/7175, 13/ 7120, 13/7188, 13/7506) 15527 B Dr. Rupert Scholz CDU/CSU 15527 C Freimut Duve SPD 15529 A Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15530 A Dr. Max Stadler F D P. 15531 A Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . . 15531 D Namentliche Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. (Drucksache 13/7162) 15533 A Ergebnis 15533 D Namentliche Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD (Drucksachen 13/7175, 13/7506 b) 15533 B Ergebnis 15536A Namentliche Abstimmung über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drucksachen 13/7120, 13/7506 c) 15533 B Ergebnis 15540 C Namentliche Abstimmung über den Antrag der Gruppe der PDS (Drucksache 13/7188) 15533 C Ergebnis 15545 A Tagesordnungspunkt 6: a) Antrag der Abgeordneten Albert Schmidt (Hitzhofen), Gila Altmann (Aurich), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das Schienennetz in Deutschland sichern (Drucksache 13/7283) . . 15538 A b) Antrag der Abgeordneten Albert Schmidt (Hitzhofen), Helmut Wilhelm (Amberg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mißbilligung des Bundesministers für Verkehr wegen Nichteinhaltung seiner Verpflichtungen nach den §§ 5 und 7 des Bundesschienenwegeausbaugesetzes (Drucksache 13/6857) 15538 A c) Antrag der Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Dr. Dagmar Enkelmann, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS: Aufstellung eines Bundesverkehrswegeplans für eine Politik der Verkehrswende (Drucksache 13/5164) . . . . 15538 C d) Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Kristin Heyne, Albert Schmidt (Hitzhofen), Gila Altmann (Aurich) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Erstellung eines Schienenbauplanes als Anlage zum Bundesverkehrshaushalt (Drucksachen 13/4874, 13/5870) 15538 C e) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr zu dem Antrag der Abgeordneten Albert Schmidt (Hitzhofen), Gila Altmann (Aurich), Helmut Wilhelm (Amberg) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Finanzierung der Schienennahverkehrsinfrastrukturen sicherstellen (Drucksachen 13/5198, 13/7367) . . . 15538 C f) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht zum Ausbau der Schienenwege 1996 (Drucksache 13/6929) . 15538 D Dr. Dionys Jobst CDU/CSU 15539 A Elke Ferner SPD 15542 D Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15547 A Dr. Dionys Jobst CDU/CSU 15547 C Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . 15548 A, B Horst Friedrich F.D.P. 15549 D Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15550 B Dr. Winfried Wolf PDS 15552 A Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . 15553 B Hans-Eberhard Urbaniak SPD 15555 A, 15556 A Annette Faße SPD 15556 A Lothar Ibrügger SPD 15556 D Manfred Carstens, Parl. Staatssekretär BMV 15558 C Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege (strafrechtlicher Bereich) (Drucksache 13/4541) 15560C Hermann Leeb, Staatsminister (Bayern) 15560 D Hermann Bachmaier SPD 15562 B Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15564 B Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 15565 B Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 15566 D Norbert Geis CDU/CSU 15567 D Alfred Hartenbach SPD 15569 C Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister BMJ 15571 D Tagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Wodarg, Gerd Andres, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Neuordnung der sozialmedizinischen Begutachtung (Drucksache 13/6587) 15573 A Tagesordnungspunkt 11: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Ludwig Elm, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Tag des Gedenkens an die Befreiung vom Nationalsozialismus (Drucksache 13/7287) 15573 B Dr. Ludwig Elm PDS 15573 B Erika Steinbach CDU/CSU 15574 B Siegfried Vergin SPD 15574 D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 15576 A Erika Steinbach CDU/CSU 15576 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15576 D Nächste Sitzung 15577 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 15579* A Anlage 2 (Zwangs-)Therapie für Sexualstraftäter und die dafür zur Verfügung stehenden Einrichtungen MdlAnfr 1 - Drs 13/7454 - Dr. Elke Leonhard SPD SchrAntw PStSekr Rainer Funke BMJ . . 15579* C Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Alfred Dregger (CDU/CSU) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Innenausschusses zu den Anträgen: Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944" -Drucksachen 13/7162, 13/7175, 13/7120, 13/7188, 13/7506 - (Zusatztagesordnungspunkt 6) 15579* D Anlage 4 Erklärung der Abgeordneten Christa Reichard (Dresden) (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Gerald Häfner, Annelie Buntenbach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944" - Drucksache 13/7120 - . . . 15581* D Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 9 (Antrag: Neuordnung der sozialmedizinischen Begutachtung) Andreas Storm CDU/CSU 15582* A Dr. Wolfgang Wodarg SPD 15583* A Marina Steindor BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15585* B Dr. Gisela Babel F.D.P 15585* D Dr. Ruth Fuchs PDS 15586* B Rudolf Kraus, Parl. Staatssekretär BMA . . 15586* D Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 11 (Entwurf eines Gesetzes über den Tag des Gedenkens an die Befreiung vom Nationalsozialismus) Dr. Max Stadler F D P. 15587* C 172. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 24. April 1997 Beginn: 9.00 Uhr
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    *) Anlage 6 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 24. 4. 97 * Behrendt, Wolfgang SPD 24. 4. 97 Bindig, Rudolf SPD 24. 4. 97 * Blunck, Lilo SPD 24. 4. 97 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 24. 4. 97 * Dr. Feldmann, Olaf F.D.P. 24. 4. 97 * Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 24. 4. 97 * Haack (Extertal), SPD 24. 4. 97 ' Karl Hermann Hoffmann (Chemnitz), SPD 24. 4. 97 Jelena Horn, Erwin SPD 24. 4. 97 * Junghanns, Ulrich CDU/CSU 24. 4. 97 * Koppelin, Jürgen F.D.P. 24. 4. 97 Kriedner, Arnulf CDU/CSU 24. 4. 97 * Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 24. 4. 97 * Erich Marten, Günter CDU/CSU 24. 4. 97 * Michels, Meinolf CDU/CSU 24. 4. 97 * Dr. Pfaff, Martin SPD 24. 4. 97 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 24. 4. 97 * von Schmude, Michael CDU/CSU 24. 4. 97 * Schönberger, Ursula BÜNDNIS 24. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Schuhmann (Delitzsch), SPD 24. 4. 97 Richard Siebert, Bernd CDU/CSU 24. 4. 97 * Such, Manfred BÜNDNIS 24. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Terborg, Margitta SPD 24. 4. 97 * Vosen, Josef SPD 24. 4. 97 Wallow, Hans SPD 24. 4. 97 Dr. Wittmann, Fritz CDU/CSU 24. 4. 97 * Zierer, Benno CDU/CSU 24. 4. 97 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rainer Funke auf die Frage der Abgeordneten Dr. Elke Leonhard (SPD) (Drucksache 13/7454 Frage 1): Wie bewertet die Bundesregierung die unübersehbare Diskrepanz zwischen dem im Regierungsentwurf zur Neuregelung des Strafvollzugrechtes zum Ausdruck kommenden Willen zu einer erweiterten Anwendung des Instrumentes der (Zwangs-)Therapie für Sexualstraftäter und der unzulänglichen - weniger als 900 Haftplätze in Sozialtherapeutischen Anstalten stehen mehr als 2 600 wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern oder Vergewaltigung inhaftierten Tätern gegenüber, anstelle der dringend erforderlichen mindestens 120 Sachverständigen stehen gegenwärtig lediglich 40 zur Verfügung - und für eine sinnvolle Therapie ungenügenden Ausstattung der einschlägigen Einrichtungen? Der Bundesregierung ist die in der Frage beschriebene Diskrepanz zwischen den in den Ländern vorhandenen Therapieplätzen in sozialtherapeutischen Anstalten und der Anzahl der für die Behandlung von Sexualstraftätern erforderlichen Kapazitäten sowie die unzureichende Anzahl der Gutachter bekannt. Der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten sieht für behandlungsfähige und behandlungsbedürftige Sexualstraftäter, die zu mehr als 2 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt sind, eine zwingende Verlegung in sozialtherapeutische Anstalten vor. Die hierfür erforderlichen Therapieplätze sind von den Ländern zu schaffen. Weiterhin wird bei Verurteilten, bei denen nicht auszuschließen ist, daß Gründe der öffentlichen Sicherheit einer vorzeitigen Entlassung entgegenstehen, die Einholung eines Sachverständigengutachtens vor der Entscheidung über die Aussetzung des Strafrests zur Bewährung ausdrücklich gesetzlich vorgeschrieben. Dabei ist der Bundesregierung bewußt, daß diese Maßnahmen viel Geld kosten werden. Sie ist der Überzeugung, daß Tätertherapie die beste Vorbeugung gegen Rückfall ist. Die Bundesregierung geht davon aus, daß die Länder, entsprechend ihres auf der Justizministerkonferenz im November 1996 gefaßten Beschlusses zur Verstärkung der Behandlungs- und Therapiemöglichkeiten für Sexualstraftäter die hierfür erforderlichen sachlichen und personellen Mittel bereitstellen werden. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Alfred Dregger zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Innenausschusses zu den Anträgen: Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944" (Zusatztagesordnungspunkt 6) Erstens. Die Ausstellung, über die wir heute unter Tagesordnungspunkt 7 abstimmen, ist eine Privatveranstaltung, die auch hinsichtlich der behaupteten Tatsachen keiner Kontrolle unterliegt. Ihre Glaubwürdigkeit bedarf daher der Überprüfung. Ich habe eine solche durch das Militärgeschichtliche Forschungsamt der Bundeswehr angeregt. Die Ausstellung wirft ferner die Frage auf, was die Aussteller legitimiert, Millionen von Menschen, die sie nicht kennen, ihrem Urteil zu unterwerfen und sie dabei seelisch brutal zu verletzen, ohne einen personenbezogenen Nachweis ihrer Vorwürfe erbringen zu können. Zweitens. Wie ein Volk nach einem verlorenen Krieg mit seinen Soldaten umgeht, das sagt viel aus über seine moralische Substanz, über seine Würde und über seine innere Stärke oder Schwäche. In meiner Truppe, der 6. Rheinisch-Westfälischen Infanteriedivision, hat es solche Verbrechen, wie die Ausstellung sie schildert, nicht gegeben. Die meisten deutschen Soldaten, die Leib und Leben für unser Land risikiert haben, können mit Recht sagen, daß sie selber an den Verbrechen Hitlers nicht beteiligt waren und sich auch nicht in sonstiger Weise schuldig gemacht haben. Drittens. Auf den Beginn des Krieges und die Art der Kriegführung hatten die meisten der über 18 Millionen Soldaten der Wehrmacht nicht den geringsten Einfluß, was übrigens in gleicher Weise für die Soldaten der ehemaligen Kriegsgegner gilt. Soldaten waren immer und überall die Opfer des Krieges. Bedeutende Entscheidungen trafen nicht sie, sondern die großen Kriegsherren, wie Hitler und Stalin, Roosevelt und Churchill, die allein die politische Macht und die Befehlsgewalt hatten. Der schreckliche Bombenkrieg gegen die deutsche Zivilbevölkerung wurde nicht von den britischen und amerikanischen Bomberbesatzungen beschlossen, sondern von den politischen und militärischen Führungen Großbritanniens und der USA. Viertens. Fest steht, daß das deutsche Volk den Krieg ebenso wenig gewollt hat wie die anderen Völker, die in ihn hineingezogen wurden. Anläßlich der Verabschiedung der letzten russischen Soldaten aus Deutschland am 31. August 1994 erklärte Präsident Jelzin in Berlin, das deutsche Volk sei an diesem Krieg nicht schuld. Man habe in Moskau immer zu unterscheiden gewußt zwischen dem großen deutschen Volk und der verbrecherischen Clique, die sich seiner bemächtigt hatte. Diese Feststellung ist richtig. Auch wir Deutsche unterscheiden selbstverständlich zwischen dem großen russischen Volk, dem wir uns in vielfacher Weise verbunden fühlen, und seiner verbrecherischen Führung unter Stalin. Zur Zeit ist der Generalstaatsanwalt Rußlands dabei, Zehntausende von ehemaligen deutschen Kriegsgefangenen, die von sowjetischen Militärtribunalen zu Unrecht verurteilt wurden, zu rehabilitieren, womit er eine Absprache zwischen Präsident Jelzin und Bundeskanzler Kohl realisiert. Ich bekunde meinen Respekt vor Jelzin und der russischen Regierung. Seriöse Zeitgeschichtler (z. B. Joachim Fest oder Sebastian Haffner) haben bestätigt, daß die Wehrmacht keine NS-Organisation war, wie es SA, SS, Gestapo und SD gewesen sind. Die Wehrmacht war eine Organisation des Staates, war immer ein „feldgrauer Strang im braunen Geflecht" (Gillessen) des NS-Staates - bis hin zum 20. Juli. Hitler selbst hat sie zu allen Zeiten mit Argwohn beobachtet, weil er sich ihrer nicht sicher sein konnte. Wahr ist, daß die Nationalsozialisten schreckliche Verbrechen begannen haben, für die meisten Menschen, auch für mich, unvorstellbare Verbrechen. Das gilt insbesondere für die Ausrottungsmorde an den deutschen und europäischen Juden. Wahr ist, daß auch Soldaten der Wehrmacht an solchen Verbrechen beteiligt waren. Es ist aber ebenso wahr, daß die große Masse der deutschen Soldaten keinen Anteil daran hatte. Sie haben nicht an den Fronten gekämpft, um hinter diesen das Vernichtungswerk der NS-Einsatzgruppen zu ermöglichen. Dieses fand übrigens unter größter Geheimhaltung statt, weil Hitler wußte, daß das deutsche Volk ihm auf diesem Weg nicht zu folgen bereit gewesen wäre. Nein, die Soldaten haben nicht für Hitler gekämpft, sondern für Deutschland, das unter dessen Führung und infolge seiner verbrecherischen Politik in große Not geraten war. Es ist aber auch wahr, daß in der Wehrmacht Disziplin herrschte. Plünderungen und Vergewaltigungen wurden schärfstens bestraft. Massenvergewaltigungen z. B. hat es bei der deutschen Wehrmacht nicht gegeben, und schon gar nicht wären solche von der Führung hingenommen oder gar von ihr begünstigt worden. Es gab auch in der Wehrmacht keinen der Propaganda Ilja Ehrbenurgs vergleichbaren Aufruf zu Verbrechen und Gewalttaten gegen die Zivilbevölkerung. Fünftens. Wir haben uns nicht nur mit einem verlorenen Krieg auseinanderzusetzen, sondern auch mit deutscher Schuld und mit Verbrechen, die von Deutschen begangen worden sind. Niemand, außer ein paar verwirrten Idioten, leugnet das. Es ist aber auch wahr, daß kein Volk mit seinen Kriegsverbrechern so streng umgegangen ist wie das deutsche Volk. Die meisten anderen Kriegführenden haben ihre Kriegsverbrecher umgehend rehabilitiert. Deshalb sage ich in aller Klarheit: Diejenigen, die trotzdem versuchen, die deutsche Wehrmacht unterschiedslos als verbrecherische Organisation darzustellen, sagen nicht die Wahrheit, sie verletzten und verleumden. Die Kritiker der Wehrmacht sollten im übrigen bedenken, daß nicht einmal das Nürnberger Siegergericht die Wehrmacht verurteilt hat und daß unsere ehemaligen Kriegsgegner der Wehrmacht vielfach ein hervorragendes Zeugnis ausgestellt haben. Ich nenne General de Gaulle, General Eisenhower, Marschall Schukow und den großen britischen Militärschriftsteller Liddel Hart. Sechstens. Das hohe Ansehen der deutschen Soldaten wirkte über das Kriegsende hinaus. Es waren kriegsbewährte Wehrmachtsoffiziere, die auf Wunsch der Alliierten und im Auftrage Adenauers die neue Bundesehr aufstellten. Sie nahmen sich die großen preußischen Reformer Schamhorst, Gneisenau usw. zum Vorbild und schufen eine Bundeswehr, die zur modernsten Truppe Europas wurde. Ihr Leitbild des Bürgers in Uniform ist inzwischen von anderen Seiten übernommen worden. Die heutige Debatte über die Wehrmacht - es ist ja nicht die erste - findet Jahrzehnte zu spät statt. Inzwischen ist diese Wehrmachtsgeneration so dezimiert, daß es für sie schwer geworden ist, sich gegen Vorwürfe zu verteidigen. Das gilt um so mehr, als ihr von seiten des Staates bedauerlicherweise keinerlei Ehrenschutz mehr gewährt wird. Siebtens. Auf eine weitere Tatsache möchte ich hinweisen: Bei den Soldaten des Zweiten Weltkrieges und ihren Angehörigen geht es nicht um eine kleine, abgrenzbare Gruppe unseres Volkes, sondern mehr oder weniger um die gesamte Bevölkerung der damaligen Zeit. Fast alle Männer waren eingezogen, und natürlich waren auch die Mütter, die Schwestern, die Töchter, die Freundinnen und Ehefrauen der Soldaten mitbetroffen. Es geht also in dieser Frage um unser Verhältnis zu einer ganzen Generation unseres Volkes. Wer versucht, die gesamte Kriegsgeneration pauschal als Angehörige und Helfershelfer einer Verbrecherbande abzustempeln, der will Deutschland ins Mark treffen. Aus solchem Selbsthaß kann nichts Gutes entstehen, kein rationales, berechenbares Verhalten in der Politik und keine wirkliche Versöhnung. Dieser Selbsthaß führt weg von dem, was eigentlich das Wichtigste ist und im Zentrum stehen sollte: von der wirklich tiefempfundenen Trauer um die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, von der Einsicht in das menschliche Leid, das damals grundgelegt wurde und bis heute nachwirkt, und - um ein Beispiel heranzuziehen - von dem unermeßlichen Verlust, den die Nazis durch die Vernichtung der deutschen Juden vor allem auch Deutschland zugefügt haben. Achtens. Wie man Vergangenheit fruchtbar aufarbeiten kann, hat uns der verstorbene französische Präsident Mitterrand am 8. Mai 1995 in Berlin in beeindruckender Weise gezeigt. Er hat damals aus Anlaß des 50jährigen Endes des Zweiten Weltkrieges gesagt: Ich bin nicht gekommen, um den Sieg zu feiern, über den ich mich 1945 für mein Land gefreut habe. Ich bin nicht gekommen, um die Niederlage der Deutschen zu unterstreichen, weil ich die Kraft, die im deutschen Volk ruht, kenne, seine Tugenden, seinen Mut - und wenig bedeuten mir in diesem Zuammenhang die Uniformen und selbst die Ideen, die in den Köpfen der Soldaten damals gewohnt haben, die in so großer Zahl gestorben sind. Sie waren mutig, sie nahmen den Verlust ihres Lebens hin, für eine schlechte Sache, aber ihre Haltung hatte damit nichts zu tun. Sie liebten ihr Vaterland. Es ist notwendig, daß uns das klar wird. Europa, das bauen wir, aber unsere Vaterländer lieben wir. Bleiben wir uns selbst treu. Verbinden wir die Vergangenheit mit der Zukunft, und wir werden in Frieden den Geist dieses Zeugnisses an jene weitergeben können, die uns nachfolgen. Mitterrands Maßstab sollte auch für die deutsche Politik gelten. Neuntens. Und noch eines sollten wir nicht vergessen: Die Vertriebenen- und Soldatenverbände haben sich als erste mit unseren ehemaligen Kriegsgegnern zunächst im Westen, dann auch im Osten um Versöhnung bemüht und dazu mit großem Erfolg beigetragen. Ihnen gebührt dafür unser aller Dank und Anerkennung. Das alles gehört zu den Friedenswerken, durch die das einige Europa geschaffen wird mit dem Ziel, den Frieden tief in den Herzen der Menschen zu verankern. Wenn die Ausstellung wenigstens ein Stückchen eines Beitrages dazu geleistet hätte, dann hätte sie vielleicht noch einen Sinn haben können. Aber das ist nach meinem Eindruck nicht geschehen. Im Gegenteil, die Ausstellung versöhnt nicht, sie spaltet. Sie empört durch die Art ihrer Darstellung die Generation der Großväter und Väter und verwirrt die Generation der Söhne und Enkel. Wer auf diese Weise einen Keil zwischen die Generationen unseres Volkes treibt, der trifft uns im Kern und gefährdet unseren Zusammenhalt. Das ist kein Werk des Friedens, sondern des Unfriedens. Zehntens. Als ältester gewählter Abgeordneter des deutschen Volkes möchte ich in aller Bescheidenheit bitten: Begegnen wir der Kriegs- und Aufbaugeneration - sowohl den Toten als auch den Lebenden - mit Anstand und Fairneß, wie es unsere ehemaligen Kriegsgegner mit Selbstverständlichkeit tun und wie es nach dem Kriege auch in unserem Lande weitgehend der Fall war. Ich meine, darauf hat diese Generation, die wahrscheinlich mehr gelitten und geleistet hat als jede andere, einen Anspruch. Anlage 4 Erklärung der Abgeordneten Christa Reichard (Dresden) (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Gerald Häfner, Annelie Buntenbach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944" - Drucksache 13/7120 - Mein Votum ist in der Abstimmungsliste nicht vermerkt. Ich erkläre, daß mein Votum Nein lautet. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 9 (Antrag: Neuordnung der sozialmedizinischen Begutachtung) Andreas Storm (CDU/CSU): Auf den ersten Blick scheint der in die heutige Debatte eingebrachte Vorschlag zur „Neuordnung der sozialmedizinischen Begutachtung" einen Beitrag zur Verbesserung der Transparenz und der Effizienz im Bereich der sozialen Sicherung zu leisten. Aber nicht jeder gutgemeinte Vorschlag hält auch einer kritischen Prüfung stand. Deshalb gleich zum Kern des Problems: Es ist ja in der Tat so: Viele Leistungen von Sozialversicherungsträgern werden erst nach gutachterlichen ärztlichen Stellungnahmen gewährt. Und es ist auch richtig, daß der Versicherte oder Versorgungsberechtigte sich nicht selten mehreren gutachterlichen Untersuchungen unterziehen muß. Denn wechselt die Zuständigkeit von einem Sozialversicherungsträger zu einem anderen, so ist häufig eine erneute gutachterliche Stellungnahme erforderlich. Ob allerdings die Bildung von regionalen sozialmedizinischen Zentren hier wirklich ein sinnvoller Weg sowohl zur Verbesserung der Übersicht für den betroffenen Versicherten als auch zur Kosteneinsparung im Sozialsystem darstellt, daran habe ich sehr starke Zweifel. Denn der Gedanke, den gutachterlichen ärztlichen Sachverstand in wenigen regionalen Zentren zu bündeln, geht an den praktischen Erfordernissen vorbei. So gibt es zum Beispiel für manche Fragen auf dem Feld der Berufskrankheiten nur wenige Spezialisten. Während sich beispielsweise Hauterkrankungen oder Erkrankungen durch Lärm regelmäßig durch jeden Facharzt beurteilen lassen, können andere Krankheiten, zum Beispiel bestimmte Krebserkrankungen, häufig nur von solchen Fachleuten beurteilt werden, die mit der Einzelfallproblematik besonders vertraut sind. Es ist deshalb sachlich weder notwendig noch machbar, für eine gesamte Region eine Gutachterstelle mit einer Facharztbesetzung zu schaffen, die die ganze Breite des benötigten Fachwissens abdeckt. Ein Zweites gilt es zu bedenken: Ärzte, die mit gutachterlichen Stellungnahmen für den Medizinischen Dienst und andere Einrichtungen befaßt werden, sind in besonderem Maße auf die in ihrer langjährigen medizinischen Praxis erworbenen und ständig aktualisierten Erfahrungen angewiesen. Mit der Bildung von regionalen sozialmedizinischen Diensten wäre die große Gefahr verbunden, daß die Gutachtertätigkeit von der medizinischen Praxis getrennt würde. Eine solche Entkoppelung der gutachterlichen Tätigkeit und der Entwicklung des aktuellen medizinischen Erkenntnisstandes müßte sich selbstverständlich auch in der Qualität der Gutachten niederschlagen. Dies kann nicht im Interesse der Versicherten sein. Fraglich ist auch, wieso in einem sozialmedizinischen Zentrum die Unterbringung der Patienten kostengünstiger sein soll als nach dem bisher praktizierten Verfahren. Umfassende Untersuchungen von Patienten fordern derzeit in der Regel etwa zwei bis drei Tage stationären Aufenthalt im Krankenhaus zur fachärztlichen Untersuchung. In vielen Fällen reicht sogar ein eintägiger Besuch beim zuständigen - und das ist entscheidend - am Wohnort oder in unmittelbarer Nähe ansässigen Facharzt. Diese Wohnortnähe ist für den Patienten von besonderem Vorteil. Aber auch im Hinblick auf die Kosten ist es nicht einleuchtend, daß ein regionales sozialmedizinisches Zentrum kostengünstiger sein soll als der Facharztbesuch vor Ort. Und bedenken Sie: Viele Patienten, insbesondere ältere Menschen, müssen die Mühen einer längeren Anreise zu einem regionalen sozialmedizinischen Zentrum in Kauf nehmen. Dieses könnten Sie nur umgehen, wenn Sie mit Ihrem Vorschlag eine flächendeckende Absicherung erreichen wollten. Dann müßte der Begriff der Region also sehr klein gefaßt werden. Damit würden aber die Kosteneinsparungseffekte endgültig verlorengehen. Völlig richtig dagegen ist Ihre Überlegung, daß unnötige Doppeluntersuchungen nicht nur eine physische und psychische Belastung der Patienten darstellen, sondern auch aus Kostengründen zu vermeiden sind. Solche Doppeluntersuchungen stellen immer wieder ein großes Ärgernis dar. Aber um Doppeluntersuchungen zu vermeiden, ist ja bereits in § 96 des SGB X eine angemessene Regelung vorgesehen. Dort heißt es: „Veranlaßt ein Leistungsträger eine ärztliche Untersuchungsmaßnahme oder eine psychologische Eignungsuntersuchungsmaßnahme, um festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Sozialleistung vorliegen, sollen die Untersuchungen in der Art und Weise vorgenommen und deren Ergebnisse so festgehalten werden, daß sie auch bei der Prüfung der Voraussetzungen anderer Sozialleistungen verwendet werden können. " Weiter heißt es: „Durch Vereinbarung haben die Leistungsträger sicherzustellen, daß Untersuchungen unterbleiben, soweit bereits verwertbare Untersuchungsergebnisse vorliegen. " Bei den bevorstehenden Ausschußberatungen müssen wir uns darüber unterhalten, ob diese gesetzliche Regelung bereits in ausreichendem Maße in der Praxis umgesetzt wird. Hier kann ich mir durchaus vorstellen, daß wir über geeignete Maßnahmen zur besseren Abstimmung zwischen den Leistungsträgern kommen müssen. Allerdings wird es sich auch in Zukunft nicht vermeiden lassen, daß die betroffenen Versicherten im Vorfeld der Leistungsgewährung mehrere Untersuchungen über sich ergehen lassen müssen. Dies liegt darin begründet, daß die einzelnen Leistungsträger unterschiedliche Leistungsvoraussetzungen haben. Da macht es einen Unterschied, ob die medizinische Untersuchung etwa eine generelle Arbeitsunfähigkeit, eine Verminderung der Erwerbsfähigkeit oder die Feststellung von Berufskrankheiten prüfen soll. Wir müssen also sicherstellen, daß die bereits bei den vorangegange- nen Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse im Bedarfsfalle an die anderen zuständigen Leistungsträger weitergegeben werden. Eine zentrale Erfassung sämtlicher Untersuchungsdaten einer Person, auf die alle Leistungsträger einer Region Zugriff haben würden, dürfte allerdings gegen das Verbot zur Bildung einer Zentraldatei mehrerer Leistungsträger für Daten der ärztlich untersuchten Leistungsempfänger nach § 96 SGB X verstoßen. Auch aus diesem Grund ist die Bildung von regionalen sozialmedizinischen Diensten kein geeigneter Weg, um die Transparenz und Effizienz im Bereich der sozialen Sicherung zu erhöhen und unnötige Belastungen für die betroffenen Menschen zu vermeiden. Dennoch bin ich der Auffassung, daß wir bei den Ausschußberatungen noch einmal gemeinsam intensiv darüber beraten müssen, ob die wenig übersichtliche Vielfalt sozialmedizinischer Zuständigkeiten nicht auf anderem Wege vereinfacht werden kann. Die CDU/CSU-Fraktion ist hierbei für vernünftige Vorschläge offen. Dr. Wolfgang Wodarg (SPD): Schade, daß dieses für Millionen Menschen so wichtige Thema, welches in der Bevölkerung gerade zur Zeit erhebliche Betroffenheit auslöst, erst zu so später Stunde in unserem Hause debattiert wird. Aber immerhin - wir pakken es an. Das ärztliche Gutachterwesen in Deutschland, die sozialmedizinische Begutachtung, versteht nur, wer sich lange Zeit und intensiv damit befaßt hat. Es wirkt chaotisch und ist selbst für die beteiligten Mediziner häufig unübersichtlich und widersprüchlich. Gestern bei einer Expertenbefragung zum Thema Rehabilitation bekannten die Vertreter der Spitzenverbände, der Rentenversicherungen und der Krankenversicherungen einmütig, daß niemand von ihnen über die Antragslage zur Rehabilitation, über die Bewilligungsquoten oder über den Anteil der angetretenen Kuren in Deutschland vollständig Bescheid weiß. Es konnten immer nur Zahlen über die eigenen Aktivitäten geliefert werden. Nicht nur wir, die politischen Entscheidungsträger, sind angesichts dieses Flickenteppichs aus oft nicht vergleichbaren Statistiken in unserer Orientierung behindert. Auch - und das wiegt noch viel schwerer - die betroffenen, kranken, behinderten, pflegebedürftigen Menschen sind fassungslos, wenn sie versuchen, in diesem Dschungel von Kostenträgern und Gutachtern ihre Rechte als Versicherte oder Anspruchsberechtigte wahrzunehmen. Aus meiner langjährigen Tätigkeit als sozialmedizinischer Gutachter kann ich hiervon ein Lied singen. Mein Auftraggeber war oftmals das Sozialamt, die letzte Auffangstation in der Reihe unserer sozialen Sicherungssysteme. Damals erhielt ich oft mühsam und erst nach Wochen und wiederholter Rückfrage Berge von Vorgutachten und habe mit Entsetzen die Leidensgeschichte der Betroffenen nachvollzogen, die vor einer Berentung oder vor einer Rehabilitation x-mal geröntgt, zigmal zur Ader gelassen, viele Stunden dem Streß von Wartezimmern und Vertrauensärzten ausgesetzt waren. Ein kleines Beispiel mag das erläutern: Eine Krankenschwester, Ende vierzig, wird von ihrem Hausarzt wegen therapeutisch nicht beherrschbarer Rückenschmerzen immer wieder krankgeschrieben. Sie ist arbeitsunfähig, weil sie während ihrer Tätigkeit schwer heben und tragen muß und dieses schmerzbedingt nicht mehr leisten kann. Nachdem sie mehrfach über längere Zeit ausgefallen ist, wird sie auf Anregung ihres Arbeitgebers dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen vorgestellt (Vertrauensarzt). Der bestätigt die Arbeitsunfähigkeit und weist den Hausarzt darauf hin, daß es sich hier um eine möglicherweise berufsbedingte Erkrankung handelt, die als solche meldepflichtig gegenüber den Berufsgenossenschaften ist. Der Hausarzt schickt sie zum Orthopäden, der mit Hilfe von Röntgenaufnahmen und einer Computertomografie das Rückenleiden genauer beschreibt und zur Vermeidung weiterer Fehlbelastungen rät. Nach Vorlage der Befunde meldet der Hausarzt den Verdacht einer Berufserkrankung bei der Berufsgenossenschaft. Einige Wochen später kommt die Vorladung vom Vertrauensarzt der Berufsgenossenschaft, der die bereits vorliegenden Röntgenaufnahmen des Orthopäden für unzureichend hält und erneut eine umfangreiche Diagnostik mit zusätzlichen Aufnahmen veranlaßt. In seinem Gutachten bestätigt er, daß die Krankenschwester in ihrem Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht weiterarbeiten kann und daß ein Kausalzusammenhang mit der beruflichen Vorbelastung gegeben scheint. Er empfiehlt aber vor Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente den Versuch einer stationären Rehabilitationsmaßnahme. Nach einigen Wochen wird diese durchgeführt. Sie bringt unserer Patientin eine gewisse vorübergehende Erleichterung. In einer erneuten Begutachtung durch die Klinik wird nach der Entlassung zwar die Besserung konstatiert, die vollständige Wiederherstellung der Berufsfähigkeit jedoch angezweifelt. Schon vor Wiederaufnahme der Arbeit als Krankenschwester treten die Beschwerden in abgeschwächter, die Arbeitsfähigkeit aber weiterhin ausschließender Form erneut auf. Unsere Patientin läßt sich also wieder krankschreiben. Nach einigem Hin und Her und mit Hilfestellung des Hausarztes wird ihr von der Berufsgenossenschaft eine Berufsunfähigkeitsrente zugestanden. Die Patientin wird außerdem an das Arbeitsamt verwiesen, damit sie sich umschulen lasse. Das Arbeitsamt schickt sie zum eigenen arbeitsamtsärztlichen Dienst, der die gesundheitlichen Voraussetzungen und Chancen einer Umschulung prüfen soll. Erneut Wartezimmer, erneut Untersuchungen, erneut Blutabnahme - zum Glück kein Röntgen! Nach einiger Zeit trifft bei der Patientin die Mitteilung des Arbeitsamtes mit der traurigen Nachricht ein, daß auf Grund der Arbeitsmarktlage und auf Grund ihres fortgeschrittenen Alters in Anbetracht ihrer Minderbelastbarkeit eine berufliche Rehabilitation durch die Arbeitsverwaltung wenig Aussicht auf Erfolg habe und deshalb nicht finanziert werden würde. Ratlos läßt sich die Patientin durch ihren Hausarzt weiter krankschreiben. Inzwischen sind einige Monate vergangen. Die Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse begnügen sich in dieser Zeit mit den auf Nachfrage und durch Vermittlung des Hausarztes zugeschickten Kopien der Fremdbefunde. Der Hausarzt rät der verzweifelten Frau, die inzwischen auch finanziell sehr unter Druck geraten ist, sicherheitshalber die Rente einzureichen. Dies tut sie und erhält nach einigen Wochen einen Termin beim Medizinischen Dienst der Rentenversicherung. Hier wird sie, weil die Befunde angeblich ohnehin alle zu alt seien und es um eine ganz wichtige Entscheidung gehe, erneut vollständig durchuntersucht: Röntgen, Blutentnahme, EKG, Lungenfunktionsprüfung und Sonographie inklusive. Weil sie inzwischen häufig mutlos und verzweifelt ist, wird sie zusätzlich einem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie vorgestellt, der befragt wird, ob psychosomatische Ursachen oder zum Beispiel eine Depression hier im Spiele sind. Bis alle Befunde erhoben sind und alle Berichte vorliegen, vergehen einige Tage. Eine Kopie des Gutachtens trifft nach vier Wochen beim Hausarzt ein, dem die Einleitung ambulanter Rehabilitationsmaßnahmen empfohlen wird. Das Krankschreiben geht im übrigen weiter, nur unterbrochen von wiederholten Vorstellungen beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen. Immer wieder Wartezimmer, immer wieder Fragen, immer wieder Untersuchungen, trotz des Hinweises der Patientin, daß doch alles schon so oft untersucht worden sei. Nachdem sie von der Krankenkasse ausgesteuert ist, ihre familiäre und finanzielle Situation sich parallel zu ihrer gesundheitlichen verschlechtert hat, muß sie Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch nehmen, woraufhin sie dem Amtsarzt vorgestellt wird, der im Auftrage des kommunalen Kostenträgers der Sozialhilfe erneut die Anspruchsberechtigung ärztlich überprüft. Er macht das sehr gründlich und will die Patientin nicht unnötig belasten, das heißt, er fordert nach einer genauen Anamnese die zahlreichen Vorgutachten an. Hierzu sind viele Schreiben, Mahnungen, Telefonate, Schweigepflichtsentbindungen und andere Formalitäten erforderlich, bis der beachtliche Stapel von Krankenakten, Berichten und Röntgenbildern schließlich vor ihm auf dem Tisch liegt. Beschwerde gegen die Gutachten hat die Patientin nicht eingelegt. Auch sind ihr weitere durch Sozialgerichte angeregte Gutachten erspart geblieben. Die Geschichte ist hier aber trotzdem noch nicht zu Ende, und wir wünschen der Patientin frischen Mut und einen neuen Anfang, denn das, was sie bisher erlebt hat, war der Dschungel der deutschen Sozialmedizin, und jetzt kann es eigentlich nur besser werden. Und damit hier was besser wird, hat die SPD-Fraktion den Ihnen vorliegenden Antrag in den Bundestag eingebracht. Ist Ihnen eigentlich aufgefallen, daß jeder, der hier in Deutschland Kostenträger ist, sich seine eigenen Gutachter hält? Und wenn unsere Patientin jetzt auch noch privat versichert wäre, so hätte auch diese mit Sicherheit ihre eigenen Gutachter. Auch Haftungsansprüche Dritter würden durch weitere Gutachter geklärt werden. Da die Gutachter von ihren Gutachten leben und die Gutachten nach Umfang und zum Teil nach Einzelleistungen bezahlt werden, belasten sie nicht nur die Patientin gesundheitlich, sondern bedeuten auch eine erhebliche finanzielle Belastung unserer sozialen Sicherungssysteme. Was will die SPD mit ihrem Antrag? Wir wollen erreichen, daß die immer gleichen Fragen der Sozialmedizin nach Umfang und Ursache von Schädigung, nach positivem und negativem Leistungsbild, nach Rehabilitationsbedarf, Behandlungsbedarf und nach den medizinischen Grundlagen für Entschädigungsleistungen so gestellt werden, daß alle relevanten Kostenträger damit etwas anfangen können und nicht jeder von ihnen immer wieder von vorn anfängt. Was das für Patienten/Patientinnen bedeutet, haben Sie hoffentlich anhand meiner kleinen Krankengeschichte beispielhaft nachvollziehen können. Unnötige Röntgenaufnahmen, Blutentnahmen und andere körperliche Belastungen können als Körperverletzung strafrechtlich geahndet werden. Mich wundert, daß das nicht schon häufiger geschehen ist. Doch für das System, in dem dieses alles zur Normalität geworden ist, sind wir Politiker verantwortlich, und wir haben die Chance, hier etwas zu ändern. Die SPD schlägt vor, die sozialmedizinischen Dienste aller Kostenträger regional in Sozialmedizinischen Zentren zusammenzufassen. In einem solchen Sozialmedizinischen Zentrum soll sich nicht jeder Kostenträger seinen eigenen Gutachter halten. Vielmehr beteiligen sich alle Kostenträger ideell, finanziell und organisatorisch an einem solchen Gutachterzentrum. Hierdurch können die Kosten für Gutachten gesenkt werden, und gleichzeitig kann die Qualität der Begutachtung in einem solchen gut ausgestatteten Zentrum verbessert werden. Dort tätige sozialmedizinische Teams aus Internisten, Neurologen, Orthopäden und gegebenenfalls anderen Fachärzten können ihre Stellungnahmen unter der ärztlichen Aufsicht erfahrener Sozialmediziner zu einem ganzheitlichen Bild zusammenfügen und die für alle Kostenträger relevanten Fragen umfassend beantworten. Dieses geschieht in unvergleichbar kürzerer Zeit und kann gegebenenfalls durch Nachuntersuchungen ergänzt werden. Die Begutachtung geschieht also schneller, eine Qualitätssicherung wird möglich. Was für die Begutachteten, was also für unsere Patientin der Vorteil ist, liegt auf der Hand: weniger belastende Untersuchungen, ein klares gutachterliches Bild ihrer gesundheitlichen Situation, abgestimmte Vorschläge zu einer umfassenden Rehabilitation und damit eine Entscheidungsgrundlage für alle beteiligten Kostenträger. Hier kann endlich ein am Wohle des Patienten orientierter Rehabilitationsplan aufgestellt werden. Die Vorteile unseres gegliederten sozialen Sicherungssystems können durch die Vorteile einer solchen Kooperation für beide Seiten, für Kostenträger und für Versicherte, ergänzt werden. Ich weiß, daß diese Vision noch weit entfernt ist vom traurigen Alltag der Sozialmedizin in Deutschland. Doch je knapper das Geld wird, je häufiger die Kostenträger Absagen erteilen, desto kritischer werden auch die Betroffenen. Gehen Sie einmal in eine Versammlung zum Thema Pflegeversicherung, und hören sie sich einmal die Urteile über den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung an. Dort wird sehr klar der Zusammenhang gesehen, daß „die ja ihre eigenen Gutachter haben", und die Vorwürfe liegen auf dem Tisch, daß die Gutachterdienste mißbraucht werden, um mit den vorhandenen Geldmitteln auszukommen oder - was schlimm wäre - sich sogar noch eine finanzielle Reserve zu erwirtschaften. Meine Fraktion und ich, wir wollen objektive Gutachter, die materiell unabhängig von den Kostenträgern nur aus medizinischer Sicht begutachten und die von den Kostenträgern gestellten Fragen beantworten. Sie sollten unabhängig sein, unabhängig von den Kostenträgern, aber auch unabhängig von dem Umfang der durch sie erbrachten Einzelleistungen. Wir wissen aus der kurativen Medizin nur allzugut, daß Einzelleistungsvergütungen zu Verlockungen führen, die sich auch im Bereich des Gutachtenwesens negativ auswirken können. Mit unserem Antrag fordern wir die Bundesregierung auf, erste Schritte zu tun, um Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen modellhaft ein solches Sozialmedizinisches Zentrum seine Arbeit aufnehmen kann. Ich weiß, daß es auch auf Länderseite Interesse daran gibt und daß hier mit Kooperation zu rechnen ist. Bitte helfen Sie mit, die ersten Schritte in diese richtige Richtung zu tun. Wir werden gemeinsam die Teufel, die im Detail stecken, erkennen und sie bekehren, damit Krankheit und Behinderung nicht schon auf Erden zur Hölle werden. Marina Steindor (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir beraten heute abend einen Antrag aus den Reihen der Sozialdemokratie, der im Forderungsteil nur zwei Sätze enthält. Aber wie so oft steckt der Teufel im Detail. Was harmlos daherkommt, hat manchmal mehr Folgen als erwartet. Daß dies hier so ist, gestehen die Antragsteller schon dadurch ein, daß sie erst einmal Modellversuche fordern. Unser Sozialrecht hat eine lange Geschichte hinter sich und ist mit unzähligen Einzelgesetzen verändert worden. Darüber hinaus gibt es in Gesundheitsfragen unterschiedliche Versicherungssysteme wie die Krankenversicherung, Unfallversicherung, Pflegeversicherung etc.; teilweise bezahlt auch die Rentenversicherung medizinische Leistungen. Jede Versicherung unterhält einen eigenen Gutachterdienst. Der Bürger kann diesem Wirrwarr nicht mehr folgen. Viele Zuständigkeiten sind nicht von vornherein ersichtlich, weil historisch bedingt und nicht logisch. Vor allen Dingen wird er aber davon irritiert, daß die Leistungsträger zunächst klären, ob sie überhaupt zuständig sind, ob die Leistung nicht von einer anderen Sozialversicherungssparte bezahlt werden müßte. Dann fühlen sich die Bürgerinnen häufig verschaukelt. Sie haben das Gefühl, daß sie zwischen den Behörden hin- und hergeschoben, vielleicht sogar abgeschoben werden sollen. Die Entscheidungen ziehen sich dann oft lange hin. Ich habe mir anläßlich der Arbeitsplatzprobleme, die durch das sogenannte Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz im Kur- und Rehabilitationswesen ausgelöst worden sind, diesen Bereich der Sozialversicherung näher angeschaut. Dabei kann man noch auf die historisch bedingten Relikte von Schichtunterschieden zwischen Arbeitern und Angestellten treffen. Man kann in der Rehabilitation auch entdecken, daß es für dieselbe gesundheitliche Fragestellung unterschiedliche Meßlatten und Rehabilitationsanstrengungen gibt. Es ist dort auch historisch das Bestreben gewachsen, daß jede Institution Rehabilitationsanstrengungen unternimmt, um die Patienten aus ihrem Zuständigkeitsbereich in die Kostenträgerschaft einer anderen Sozialversicherung zu schieben. Ich bin der Auffassung, daß dies nicht mehr in unsere Zeit paßt, daß die Strukturen redundant sind. Deshalb habe ich am Ende meiner Rede zur Rehabilitation die Forderung nach einer Gesetzes- und Zuständigkeitsentrümpelung erhoben. Diese in langen gesellschaftlichen Prozessen gewachsenen Strukturen mit einem Wirrwarr an Zuständigkeiten und Einzelregelungen, Kostenträgern, Institutionen, Genehmigungen, Zuzahlungen, Qualitätsregelungen sollten überprüft werden. Man sollte hier nicht heilige Kühe pflegen, sondern die Synergien entwickeln, Standards vereinheitlichen. Aber man muß sich auch bewußt sein, daß dies bereits versucht worden ist und an gesellschaftlichem Widerstand und der Behäbigkeit der gewachsenen Institutionen gescheitert ist. Man sollte im vollen Bewußtsein dieser Mammutaufgabe trotzdem versuchen, einen gemeinsamen sozialmedizinischen Dienst einzurichten, eine gemeinsame einheitliche Rehabilitation zu entwickeln und vielleicht sogar einen einheitlichen Kostenträger. Aber man sollte auch ehrlich sagen, daß dies einen Umbau unseres Sozialsystems bedeutet. Diese Fragen werden wir in den Ausschüssen zu beraten haben. Dr. Gisela Babel (F.D.P.): Die SPD fordert die Einrichtung regionaler sozialmedizinischer Zentren. Das, was heute im Gewand eines Antrages der SPD daherkommt, ist 1982, als das SGB X verabschiedet wurde, schon einmal diskutiert worden. Aus guten Gründen wurde die Einrichtung sozialmedizinischer Dienste abgelehnt. Neue Argumente gibt es nicht. Die F.D.P. lehnt daher den Antrag der SPD ab. Vor allem an einem hat sich seit 1982 nichts geändert. Jeder Sozialleistungsträger hat andere Aufgaben. Entsprechend unterschiedlich und spezifisch sind die durchzuführenden Untersuchungen. Im heutigen System ist gewährleistet, daß die Sozialleistungsträger auch die medizinischen Daten erhalten, die sie brauchen. Bei der Einheitsuntersuchung, die die SPD vorschlägt, ist dies nicht mehr sicher. Selbst- 15586* Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 172, Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. April 1997 verständlich bedarf die Zusammenarbeit der Sozialleistungsträger bei der medizinischen Begutachtung gewisser Regeln. Hierfür gibt es den § 96 SGB X, der den rechtlichen Rahmen der Zusammenarbeit vorgibt. Dort steht, daß ärztliche Untersuchungen so vorzunehmen sind, daß sie möglichst von allen Sozialleistungsträgern verwandt werden können. Es ist festgeschrieben, daß Doppeluntersuchungen unterbleiben sollen. Es ist auch festgeschrieben, daß die Untersuchungen nach einheitlichen Kriterien vorgenommen werden sollen. Der rechtliche Rahmen ist damit flexibel und ausreichend. § 96 SGB X ist eine sinnvolle Vorschrift, die seinerzeit unter der Federführung des sozialdemokratischen Arbeitsministers erarbeitet und mit Ländern und Sozialleistungsträgern abgestimmt wurde. Sicher - für den Einzelnen ist es nicht immer einfach, zu erkennen, ob in seinem Fall nun die Krankenkasse, die Berufsgenossenschaft, die Bundesanstalt für Arbeit oder wer auch immer zuständig ist. In diesen Fällen besteht aber ein Auskunfts- und Beratungsrecht gegenüber der jeweiligen Krankenkasse. Falsch gestellte Anträge werden an den zuständigen Träger weitergeleitet. Die Verwirklichung des SPD-Antrages hätte nur eines zur Folge, nämlich mehr Sozialbürokratie. Es müßten neue Behörden, neue Stellen und neue Instanzen geschaffen werden. Der Einzelne stünde nicht mehr nur den Sozialleistungsträgern, sondern auch noch einer vorgeschalteten Behörde, den sozialmedizinischen Diensten, gegenüber. Mehr Bürokratie aber bedeutet auch höhere Kosten. Deshalb können wir dem SPD-Antrag nicht zustimmen. Schließlich äußert die SPD in ihrem Antrag den pauschalen Verdacht, die ärztlichen Gutachter seien parteilich wegen ihrer Abhängigkeit von den Sozialleistungsträgern. Es ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar, woher Sie den Mut nehmen, allen sozialmedizinischen Gutachtern pauschal zu unterstellen, sie erstellten zugunsten der Sozialleistungsträger Gefälligkeitsgutachten. Die F.D.P. geht jedenfalls davon aus, daß die Gutachter ihre Arbeit genauso gewissenhaft und fachlich fundiert leisten, wie man es von ihnen erwartet. Sie sprechen einen üblen pauschalen Verdacht aus, der gerade wegen seiner Pauschalierung alle Gutachter trifft. Solche Diffamierungen sollten Sie sich in Anträgen, die Sie dem Deutschen Bundestag zur Beratung vorlegen, sparen. Die F.D.P. lehnt ihren Antrag jedenfalls in allen Punkten ab. Dr. Ruth Fuchs (PDS): Die Arbeit der ärztlichen Gutachter geht für Versicherte und Patienten oft mit weitreichenden Konsequenzen einher. Das gilt nicht nur für Entscheidungen über eine vorzeitige Erwerbsunfähigkeit oder über die Anerkennung einer Berufskrankheit. Ihre Tätigkeit beeinflußt in beträchtlichem Maße auch das Leistungsgeschehen selbst - denken wir nur an das zunehmend wichtige Feld der Steuerung und Koordinierung der verschiedenen Maßnahmen der medizinischen und beruflichen Rehabilitation. Vor allem die bisher oft unzureichende Verknüpfung der medizinischen Reha-Maßnahmen mit den berufsfördernden Ausbildungs- und Umschulungsprozessen verlangt ein besseres Zusammenwirken der unterschiedlichen Kostenträger und stellt auch entsprechende Anforderungen an die sozialmedizinische Begutachtung. Zum einen geht es also um Korrektheit und Rechtssicherheit bei der Gewährung von oft existentiell wichtigen Leistungsansprüchen, zum anderen aber auch um die Qualität von angewandten Heilverfahren und ihr medizinisches und soziales Gesamtergebnis. Neben die Begutachtungsfunktion ist so auch immer stärker die Notwendigkeit ärztlich-sachverständiger Beratung der Kostenträger, der Patienten und der behandelnden Ärzte getreten. Vor diesem Hintergrund ist der Stellenwert eines gut funktionierenden sozialmedizinischen Begutachtungswesens sicherlich weiter gewachsen. Dem steht gegenwärtig noch immer das überaus unrationelle Nebeneinander der verschiedenen ärztlichen Dienste gegenüber, die von den großen Sozialleistungsträgern, anderen Versicherungen und vom öffentlichen Gesundheitsdienst getrennt voneinander unterhalten werden. Diese Struktur - mit ihrer Unübersichtlichkeit für die Menschen, ihren künstlich eingegrenzten Zuständigkeiten und letztlich auch mit ihrer ökonomischen Ineffizienz - bleibt deutlich hinter der Aufgabenentwicklung zurück. Hinzu kommt: die Gutachter müssen unparteiisch und nur ihrem ärztlichen Gewissen verpflichtet arbeiten können. So richtig es ist, daß dieser Grundsatz gesetzlich fixiert wurde, sosehr bedarf er zusätzlicher Verankerung und Absicherung durch Institutionen, die auch der Form nach unabhängig, das heißt den Kostenträgern nicht direkt zugeordnet sind. Der vorliegende Antrag der SPD-Fraktion greift also ein seit langem schwelendes Problem auf, bei dem es auch unserer Meinung nach notwendig und möglich ist, zumindest schrittweise zu adäquaten Lösungen zu kommen. In diesem Sinne sollte er im Ausschuß konstruktiv beraten werden. Rudolf Kraus, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Die Forderung der Fraktion der SPD, den rechtlichen Rahmen für die Einrichtung regionaler Sozialmedizinischer Zentren zu schaffen, war bereits bei der Erarbeitung des 3. Kapitels des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch über die Zusammenarbeit der Leistungsträger, das 1982 verabschiedet und Gesetz geworden ist, Gegenstand umfangreicher Erörterungen. Die sozialdemokratisch geführte Regierung kam zu dem Ergebnis, den gesetzgebenden Körperschaften eine Vorschrift über die Errichtung Sozialmedizinischer Dienste nicht vorzuschlagen. Auch heute gibt es noch gute Argumente, die gegen einen solchen Weg sprechen. Jeder Zweig der sozialen Sicherung hat seine spezifische Aufgabe. Rentenversicherungsträger haben Rehabilitationsmaßnahmen zur Besserung oder zur Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit und, falls solche Maßnahmen keinen Erfolg haben, Renten wegen vorzeitiger Minderung der Erwerbstätigkeit zu erbringen. Die Arbeitsämter sollen geeignete Maßnahmen zur Wiedereingliederung in das Arbeitsleben finden. Kausale Leistungssysteme wie die Kriegsopferversorgung oder die Unfallversicherung haben die Aufgaben, die Verknüpfung zwischen der körperlichen Beschädigung und den Kriegsereignissen oder den Auswirkungen des Arbeitslebens nachzuvollziehen. Diese bereichsspezifischen Aufgaben erfordern auch spezifische Untersuchungen. Gerade bei den kausalen Leistungssystemen sind hierfür besondere Fachkenntnisse erforderlich. Daher ist in § 96 des Zehnten Buches SGB X bestimmt, daß die Leistungsträger ihre Untersuchungsmaßnahmen oder psychologische Eignungsuntersuchungen zur Feststellung der Leistungsvoraussetzungen so vornehmen und festhalten müssen, daß die Ergebnisse auch von den anderen Sozialleistungsträgern verwendet werden können. In § 76 SGB X ist ausdrücklich festgelegt, daß Untersuchungsergebnisse von einem Träger an den anderen Träger übermittelt werden dürfen, wenn der Betroffene der Übermittlung nicht widerspricht. Ferner hat der Gesetzgeber seinen Willen zum Ausdruck gebracht, daß der eine Träger seine Arbeiten auf die Befunde des anderen Trägers stützt. Inwieweit diese Bestimmung durch Vereinbarungen zwischen den Leistungsträgern mit Leben erfüllt worden ist, wird Gegenstand der Diskussionen im zuständigen Ausschuß sein müssen. Die Versicherten oder Versorgungsberechtigten stehen aber keinem unübersichtlichen Gewirr sozialmedizinischer Zuständigkeiten gegenüber. Der einzelne mag zwar einer Mehrheit von Leistungsträgern gegenüberstehen. Jedem Leistungsträger sind aber die Wege vorgegeben, auf denen er die medizinischen Untersuchungen durchzuführen hat. Ist der Leistungsträger festgestellt, ergibt sich hieraus automatisch, wie und von welchen Ärzten die medizinische Untersuchung durchzuführen ist. Richtig ist, daß es nicht immer einfach ist, den zuständigen Träger zu ermitteln. Um hier zu helfen, bestimmt § 15 SGB I, daß in Zweifelsfällen die Krankenkassen Auskunft erteilen, welche die zuständige Stelle ist. Außerdem besteht ein Anspruch auf Beratung, bei dessen Erfüllung auch der zuständige Leistungsträger bestimmt werden muß. Wird der Antrag bei einem unzuständigen Träger gestellt, muß dieser ihn an den richtigen weiterleiten. Der Antrag der SPD stützt sich ferner auf den Verdacht gegen die ärztlichen Gutachter, sie seien parteilich aufgrund ihrer beruflichen Abhängigkeit gegenüber den Leistungserbringern. Hier muß auf die Berufsordnung für die deutschen Ärzte hingewiesen werden, wonach der Arzt, auch der angestellte Arzt, bei seinem ärztlichen Tun nur seinem Gewissen unterworfen ist. Es besteht nach Ansicht der Bundesregierung kein Grund, an der Gewissenhaftigkeit der deutschen Ärzte im Zusammenhang mit der Begutachtung für Sozialleistungen zu zweifeln. Lassen Sie mich zum Schluß noch ein Wort zur Aufsichtsfrage sagen. Der Antrag der SPD-Fraktion will die Sozialmedizinischen Zentren unter die gemeinsame Aufsicht von Krankenkassen, Behörden und regionalen Versicherungsträgern stellen. Die Aufsicht muß aber nach Auffassung der Bundesregierung in einer Hand sein. Dafür spricht die allgemeine Lebenserfahrung. Beim Zusammenspiel verschiedener Aufsichtsbehörden besteht die Gefahr, von dem Beaufsichtigten gegeneinander ausgespielt zu werden. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 11 (Entwurf eines Gesetzes über den Tag des Gedenkens an die Befreiung vom Nationalsozialismus) Dr. Max Stadler (F.D.P.): Ob in früheren Jahren die Betrachtungsweise weit verbreitet gewesen ist, daß der 8. Mai 1945 als militärische Niederlage des Deutschen Reichs in die Geschichte eingeht, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls hat sich auch in der Bundesrepublik Deutschland längst die zutreffende Auffassung durchgesetzt, daß der 8. Mai 1945 den Zusammenbruch des Dritten Reichs und damit die Befreiung von der nationalsozialistischen Diktatur markiert. Spätestens seit der historischen Rede des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker ist diese Erkenntnis Allgemeingut geworden. Die Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte, insbesondere auch mit dem NS-Regime, gehört selbstverständlich zu den Kernaufgaben der politischen Bildung und auch zur geistigen Führungsaufgabe aller demokratischen Parteien. Vor allem Jugendliche, die ihre persönliche Situation als perspektivlos empfinden, sind leicht verführbar für rechtsextremes Gedankengut. Die Erinnerung an die Verbrechen der NS-Zeit aufrechtzuerhalten ist daher genauso wichtig wie die Aufklärung über Ursachen und Folgen der Nazidiktatur. Dies geschieht auch auf vielfältige Weise. Bisweilen hat es lange gedauert, ehe man sich der Herausforderung gestellt hat, die eigene Geschichte aufzuarbeiten. In meiner Heimatstadt Passau wurde ein Mahnmal zugunsten der Nazi-Opfer, dessen Errichtung der Stadtrat schon im Jahr 1946 beschlossen hatte, erst im Jahre 1996 realisiert. Aber alles in allem besteht nach meiner Beobachtung eine große Bereitschaft in der deutschen Öffentlichkeit, sich immer wieder mit der Zeit von 1933 bis 1945 auseinanderzusetzen. Dabei wird oft an historische Daten angeknüpft, etwa an den 20. Juli zur Erinnerung an den Widerstand gegen Hitler. Der 27. Januar ist nunmehr Gedenktag für die Opfer des Holocaust. Am Volkstrauertag wird der Opfer der Weltkriege gedacht. Der 23. Mai als Tag der Verkündung des Grundgesetzes bietet jeweils Anlaß, in der zeithistorischen Betrachtung den Kontrast herzustellen zwischen dem Verfassungsstaat Bundesrepublik Deutschland und dem Unrechtsregime der Nazis. Schließlich erinnern wir uns am 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit, an die Wiedervereinigung Deutschlands in Frieden und Freiheit. Dieser Feiertag bietet Anlaß, sich nicht nur mit der Geschichte der DDR zu befassen, sondern auch mit dem Zweiten Weltkrieg als Ursache für die deutsche Spaltung. Selbstverständlich zählt auch der 8. Mai zu denjenigen Daten, die in besonderer Weise zur Erinnerung an die Nazi-Zeit und den Zweiten Weltkrieg herausfordern. Dies kann aber auch geschehen und geschieht auch, ohne daß der 8. Mai zu einem offiziellen Gedenktag erklärt wird. Feiertage und andere Anlässe zum Gedenken an die jüngste Vergangenheit gibt es genug. Entscheidend ist, wie Politik, Publizistik und Bildungseinrichtungen damit umgehen. Niemand hindert uns daran, den 8. Mai in diesem Sinne zu nutzen.
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    Rede von Ulla Schmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
    Die Frau meines Freundes verweigert ihm schon seit anderthalb Jahren den Geschlechtsverkehr. Wenn er sich denn jetzt sein Recht nimmt, bezeichnen Sie das auch als Vergewaltigung?
    - So wurde ich letztens in einer Veranstaltung gefragt. - „Ja" , habe ich geantwortet, „denn es gibt
    kein Recht, sich gewaltsam etwas zu holen, was freiwillig nicht gegeben wird. "

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Tagtäglich sind Frauen und Mädchen Opfer von Gewalt, egal, ob sie auf dem Land oder in der Stadt wohnen, ob sie arm sind oder reich. Sexuelle Gewalt und Vergewaltigung sind überwiegend im sozialen Nahbereich zu finden. Gewalt in der Familie und in der Ehe ist keine Privatsache, auch wenn das anscheinend noch viel zu viele Menschen glauben.
    Immer noch höre ich von vergewaltigten Ehefrauen: Na ja, aber eigentlich darf man sich ja nicht verweigern, wenn man verheiratet ist und der Mann etwas will. - Diese sogenannte eheliche Pflicht existiert immer noch in den Köpfen, obwohl es dafür längst keine gesetzliche Grundlage mehr gibt. In § 1353 BGB heißt es - ich zitiere -:
    Die Ehe wird auf Lebenszeit geschlossen. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet.
    Die Formulierung ist klar. Daraus läßt sich nicht, auch wenn das wiederum immer noch viele Ehemänner glauben, eine Pflicht zum Geschlechtsverkehr ableiten. Es gibt keine Verfügungsgewalt des Mannes über den Körper der Frau. Die Ehefrau ist nicht sein Besitztum.

    (Beifall bei der SPD und der PDS)

    Trotzdem ist es offenbar immer noch so, daß Männer und Frauen glauben, mit dem Eingehen der Ehe hätten Frauen ihr sexuelles Selbstbestimmungsrecht aufzugeben.
    Im Deutschen Bundestag wurden zur Reform des Sexualstrafrechts zu den §§ 177 bis 179 des Strafgesetzbuches mittlerweile viele Gesetzentwürfe beraten. Unser Ziel war und ist es, die Diskriminierung von Ehefrauen im Sexualstrafrecht zu beseitigen.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS sowie der Abg. Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.])

    Heute legen wir Ihnen einen gemeinsamen, überfraktionellen Gesetzentwurf vor, der zwar immer noch ein Kompromiß ist, aber eine wesentliche Regelung nicht mehr enthält: die Widerspruchsklausel.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Ich freue mich - das sage ich aus voller Überzeugung - über die Frauen in der Regierungskoalition, die den Mut aufgebracht haben, zu ihrer Meinung zu stehen, und innerhalb der Regierungskoalition einen Umdenkungsprozeß eingeleitet haben.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Die eigene Meinung trotz Widerständen aufrechtzuerhalten, Mitstreiterinnen und Mitstreiter zu gewinnen ist nicht immer leicht. Dazu bedarf es vieler

    Ulla Schmidt (Aachen)

    Überzeugungsarbeit, die wir von meiner Fraktion mit vollem Herzen geleistet haben, bei der wir aber deshalb noch lange nicht auf offene Ohren gestoßen sind.
    An dieser Stelle danke ich allen Frauenorganisationen, Verbänden, den Gewerkschaftsfrauen, den organisierten und nichtorganisierten Frauen, die sich vehement zu Wort gemeldet haben. Sie sagten Ihnen alle: Die Widerspruchsklausel ist eine Verhöhnung der Ehefrauen, die Opfer sexualisierter Gewalt ihrer Ehemänner wurden.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Daß sich an dieser Stelle so massiv Widerstand regte, hat seinen guten Grund.
    Ich richte jetzt meine Worte an meine Kolleginnen und Kollegen aus der Regierungskoalition, die immer noch glauben, mit der Widerspruchsklausel den Stein der Weisen gefunden zu haben. Sie berufen sich dabei auf Art. 6 des Grundgesetzes: Schutz von Ehe und Familie. „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. " Das sagt uns Art. 1 des Grundgesetzes. Der Schutz durch staatliche Gewalt soll aber mit der Widerspruchsklausel in der Ehe nur ein bißchen gelten. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein bißchen Schutz, ein bißchen schwanger und ein bißchen Frieden, das gibt es nicht.
    Das Verwerfliche an der Widerspruchsklausel ist, daß Sie Art. 6 unseres Grundgesetzes - Schutz von Ehe und Familie - dazu mißbrauchen, Gewalttaten in der Ehe zu schützen. Wenn Sie an der Widerspruchsklausel festhalten, lösen Sie die Konkurrenz zwischen zwei staatlichen Aufgaben des Grundgesetzes, Art. 1 und Art. 6, aber weder zum Schutz der Frauen noch zum Schutz von Ehe und Familie, sondern einseitig zum Schutz der Täter.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Ich bitte Sie ganz herzlich, einmal darüber nachzudenken. Ebenso bitte ich Sie, darüber nachzudenken, wohin denn eine halbherzige Reform des Sexualstrafrechts gehen soll. Geschlecht darf nicht vor Recht gehen. Ich bin fest überzeugt: Sie werden alle Ihrer Verantwortung nicht gerecht, wenn Sie Regelungen zugunsten des gewalttätigen Ehemannes einführen.
    Bis zur Abstimmung über den Gesetzentwurf, den wir vorgelegt haben, sind noch drei Wochen Zeit, die wir nutzen wollen, um möglichst viele von Ihnen zu überzeugen, weil es wichtig ist, daß wir hier eine breite Mehrheit haben.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS sowie der Abg. Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.])

    Ich appelliere an alle: Nutzen Sie diese Zeit. Reden
    Sie mit den betroffenen Frauen. Hören Sie sich an,
    was Frauen oft jahrelang über sich ergehen lassen.
    Verfolgen Sie ihren Leidensweg: Sie schweigen, sie erdulden, und sie fühlen sich zu Unrecht schuldig. Bitte denken Sie auch an das Leiden der Kinder und deren Traumatisierung, und lassen Sie nicht zu, daß mit der Widerspruchsklausel die Gewaltspirale verlängert wird. Ich appelliere deshalb an Sie: Stellen Sie sich den Tatsachen. Eine Gewaltbeziehung wird nicht durch die Widerspruchsklausel geheilt.
    Ich bitte Sie um noch etwas: Stellen Sie sich einmal auf die Seite der Ehefrauen, und versuchen Sie nachzuvollziehen, was passiert. Die Ehefrau hat, bis sie Anzeige erstattet, das Schrecklichste, die Vergewaltigung, bereits erfahren. Zumeist dauert es Monate, bis sie Hilfe von außen holt. Endlich entschließt sie sich, Anzeige zu erstatten. Über das Vorgefallene zu sprechen, über die Demütigung Rede und Antwort zu stehen fällt den Frauen schwer. Wird sie dann noch gezwungen, ihren Widerspruch einzulegen, beginnt die Seelenforschung durch den Staatsanwalt. Ihm soll sie nun glaubhaft versichern, die Vergewaltigungen seien nicht so schlimm gewesen, oder sie habe sich das Ganze nur ausgedacht, oder sie sei wegen ihrer Kleidung, ihres Auftretens, weil sie müde war oder sich schon lange verweigert hatte, selber schuld. Vielleicht sagt sie aber auch, ihr Ehemann hätte voller Reue gesagt, so etwas käme nie wieder vor. Vielleicht ist sie überzeugend, vielleicht aber auch nicht.
    Haben Sie sich einmal ausgemalt, was mit dem Opfer, der Ehefrau, passiert, wenn der Widerspruch fehlschlägt, weil der Staatsanwalt ihr nicht glaubt und die Strafverfolgungsbehörde ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung für gegeben hält? Der Ehemann wird das geringe schauspielerische Talent seiner Ehefrau mit nochmaliger Gewalt honorieren. Der gegnerische Anwalt wird den mißlungenen Versuch, Widerspruch einzulegen, genüßlich dazu nutzen, die Frau im Prozeß dahin zu bringen, wo sie mit der Widerspruchsklausel auch hin sollte. Er wird erst dann zufrieden sein, wenn die Glaubwürdigkeit erschüttert ist bzw. deutlich wird, die Frau wisse gar nicht, was sie wolle, oder alles habe wahrscheinlich gar nicht stattgefunden.
    Diesen Anwürfen sind vergewaltigte Ehefrauen schon heute ausgesetzt. Daran würde sich mit der Widerspruchsklausel überhaupt nichts ändern. Was glauben Sie denn, warum manche Frauen wiederholt ins Frauenhaus gehen? Sie gehen zweimal oder dreimal hin und kehren wieder zum Ehemann zurück, immer mit der Hoffnung, die Beziehung werde sich zum Positiven verändern, bis sie endlich die traurige Gewißheit haben: Ein Mann, der seine Frau mißhandelt und vergewaltigt, hört nicht damit auf, wenn die Frau zu ihm zurückkehrt. Das geht vielleicht ein paar Wochen oder ein paar Monate gut, selten länger. Manchmal dauert es nicht einmal einen Tag, bis die Gewaltspirale wieder in Gang gesetzt wird.
    Die damit verbundenen Widersprüche und Hoffnungen haben Ehefrauen hinreichend schmerzhaft erfahren. Diese Frauen können auf weitere Demütigungen sehr gut verzichten.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


    Ulla Schmidt (Aachen)

    Was sie brauchen, ist die Fürsorge des Staates, und zwar die unwiderrufliche. Eine Strafrechtsreform ohne Widerspruchsklausel ist ein deutliches Signal an die Gesellschaft, an die Männer und die Frauen.

    (Vor s i t z: Vizepräsidentin Michaela Geiger)

    Es ist ein Signal, daß der Staat Normen setzt, in denen klar zum Ausdruck kommt: Ehefrauen werden vom Gesetzgeber ohne Ausnahme geschützt, Ehemänner haben keine Sonderrechte. Diese Botschaft wird ankommen, denn sie ist unmißverständlich und klar. Sie ist unmißverständlich für jeden Polizisten, der die Anzeige aufnehmen muß. Sie ist unmißverständlich für jeden betroffenen Ehemann, der sonst, von Angst, Wut und Aggression getrieben, so lange auf seine Ehefrau einwirkt, bis sie von der Widerspruchsklausel Gebrauch macht. Sie ist aber auch unmißverständlich für jede Ehefrau dahin, daß Gewalt kein privates Problem, sondern ein Verbrechen ist. Auch das ist wichtig, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Mit dem eingebrachten Gesetzentwurf sind wir Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Regierungskoalition, entgegengekommen. Wir greifen damit erneut das Votum des Bundesrates und des Vermittlungsausschusses auf.
    Unsere Idealvorstellungen sind in dem Gesetz nicht verwirklicht. Das betrifft vor allem § 179. Der sexuelle Mißbrauch widerstandsunfähiger Personen wird nach dem vorliegenden Gesetzentwurf geringer bestraft. Da ich weiß, daß breite Teile dieses Hauses das nicht wollen, würde ich mir wünschen, daß wir diese darin enthaltene Diskriminierung in den Ausschußberatungen noch ändern.
    Ich bin mir bewußt, daß sexuelle Gewalt in der Ehe mit einer Strafgesetzänderung ohne Widerspruchsklausel nicht gänzlich verhindert werden kann. Von einer Strafandrohung läßt sich längst nicht jeder Mann abschrecken. Aber Frauen müssen wissen, daß in diesem Parlament Anwälte und Anwältinnen für sie sitzen, daß sie mit dem Schutz des Gesetzgebers rechnen können. Frauen innerhalb und außerhalb der Ehe haben ein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Meine Kolleginnen und Kollegen, dieses Recht ist unteilbar.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Sexuelle Gewalt hat immer auch etwas mit der Geringschätzung von Frauen und mit männlicher Überlegenheit zu tun. Damit sind Sexualität und Gewalt verhängnisvoll miteinander verbunden. Doch - auch das sage ich hier - gibt es zum Glück auch andere Männer: Männer, die Beziehungskonflikte ohne sexuelle Gewalt lösen, Männer, die weder die Zurschaustellung von Überlegenheit noch die Unterwerfung von Frauen brauchen, und Männer, die gemeinsam mit Frauen Partnerschaften eingehen.
    In einer Partnerschaft und schließlich in einer Gesellschaft, in der die Gleichstellung der Geschlechter verwirklicht ist, wird die Bereitschaft zu Gewalt abnehmen. Dort, wo Frauen respektiert und geachtet werden, ist die Geschlechterhierarchie abgebaut. Das ist die beste präventive Maßnahme. Wie weit wir davon noch entfernt sind, zeigt die heutige Debatte.
    Ich hoffe und wünsche mir, daß wir es im Deutschen Bundestag mit diesem Gesetzentwurf endlich schaffen, verheiratete und nicht verheiratete Frauen gleichzustellen. Das wäre ein Beitrag im Sinne unseres Grundgesetzes. Das wäre auch ein Beitrag zum Schutz von Ehe und Familie. Dann würde dieses Parlament tatsächlich Partei für die Opfer ergreifen und sich als Anwalt der Frauen verstehen.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)



Rede von Michaela Geiger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Ilse Falk, CDU/CSU-Fraktion.

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    Rede von Ilse Falk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Inhalt ist schon einiges gesagt worden und wird heute sicherlich noch vieles gesagt werden. Deshalb ist es mir wichtig, am Anfang dieser neuen Runde in einer sehr langen Debatte noch einmal etwas zu dem sehr schwierigen Weg zu sagen, den dieser Gesetzentwurf gegangen ist, bis er heute in einen fraktionsübergreifenden Gruppenantrag einmünden konnte.
    Ich will damit für viele Kolleginnen und Kollegen das Wort ergreifen, die sich sowohl mit dem Verfahren als auch damit schwertun, nunmehr eine Wendung hin zu dem vorliegenden Antrag zu vollziehen. Sie werden sich diese Wendung überlegen. Vieles wird davon abhängen, wie die Debatte in den nächsten Wochen verläuft.
    Warum ist die Sache so gelaufen, wie sie gelaufen ist? Zunächst müssen wir uns vergegenwärtigen, daß die langjährige Diskussion einen Zeitraum umfaßt, in dem sich der Umgang der Gesellschaft mit solchen Themen erheblich verändert hat. Nach großer anfänglicher Skepsis -zumindest in unserer Fraktion -, Vergewaltigung in der Ehe überhaupt als ein justitiables Delikt zu akzeptieren, konnte das Thema dann aber doch mehr und mehr aus der Tabuisierung befreit werden. Die Bereitschaft wuchs, sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen. Es begann ein intensives Ringen um eine sachgerechte, juristisch einwandfreie und für die Exekutive anwendbare Lösung mit dem Ziel der strafrechtlichen Gleichstellung von Vergewaltigung innerhalb und außerhalb der Ehe.
    Viele Vorschläge kamen in diesen Jahren auf den Tisch, wurden abgewogen, mit Sachverständigen erörtert und wieder verworfen. Manchen packte das Grausen bei dem Gedanken, daß nun doch das eintreten würde, was wir immer verhindern wollten, daß nämlich der Staatsanwalt bis ins eheliche Schlafzimmer ermitteln müßte.

    Ilse Falk
    Als Berichterstatterin zu diesem Gesetzentwurf im Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und zugleich als stellvertretendes Mitglied im Rechtsausschuß habe ich an vielen Diskussionen teilgenommen und weiß daher, wie schwer es manchen Kolleginnen und Kollegen fiel, sich überhaupt darauf einzulassen, und wie schwierig es zugleich war, alle Aspekte zu berücksichtigen.
    Schließlich durften auch bestimmte Zielsetzungen nicht außer acht gelassen werden. So war es zum Beispiel eines unserer erklärten Ziele, einen Weg zu finden, der der nach unserer Verfassung besonders geschützten Lebensform Ehe auch in einer solch verfahrenen Situation unter bestimmten Bedingungen noch eine Chance einräumte. Das Ergebnis war der heute vorliegende Entwurf plus einer Widerspruchslösung. Hierfür gab es in unserer Fraktion ebenso wie beim Koalitionspartner eine große Mehrheit; entsprechend wurde das Verfahren auf den Weg gebracht.
    Für den weiteren Abstimmungsprozeß galt, was auch für alle anderen Gesetzgebungsverfahren gilt, die nicht als Gewissensentscheidungen eingestuft werden, nämlich daß davon auszugehen sei, daß sich bei der Schlußabstimmung alle Fraktions- und Koalitionsmitglieder dieser koalitionsinternen Mehrheit anschließen würden.
    Diese Regelung ist für Außenstehende oft nur schwer nachvollziehbar. Tatsächlich aber bedeutet sie nichts anderes, als daß man akzeptiert, daß sich die Kollegen und Kolleginnen aus den Fachausschüssen sachgerechter mit dem zur Abstimmung anstehenden Gesetz befaßt haben, als einem selbst dies oft möglich ist. Es bedeutet allerdings für einzelne auch, sich einer mehrheitlich gefundenen Meinung unterzuordnen und eigene Bedenken zurückzustellen, soweit das eigene Gewissen und somit auch die Sache es zulassen. Ich denke, das wird in anderen Fraktionen nicht anders gehandhabt.
    Wie üblich galt auch in diesem Fall: Wer dennoch von dieser Mehrheitsmeinung abweichend abstimmen will, hat dies dem Fraktionsvorsitzenden anzuzeigen. Diese Regelung hat nichts mit Fraktionszwang zu tun, sondern mit Fairneß im Umgang miteinander. Ein Fraktionsvorsitzender muß kalkulieren können und gegebenenfalls das Verfahren rechtzeitig stoppen, wenn abzusehen ist, daß die erforderliche Mehrheit nicht zustande kommt.
    Genau dies ist in den zurückliegenden Monaten geschehen. Das heißt: Immer mehr Kollegen und vor allem Kolleginnen haben zum Ausdruck gebracht, daß sie den Gesetzentwurf mit der Widerspruchslösung nicht mittragen möchten und können, und haben dringend um nochmalige Überprüfung des vorgelegten Entwurfs gebeten bzw. auf ihre Absicht hingewiesen, anders als die Mehrheit der Fraktion zu stimmen.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Dies hat die Fraktionsführung akzeptiert. So finden wir uns noch einmal in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs, diesmal ohne Widerspruchslösung.
    So dargestellt, klingt das alles logisch und verhältnismäßig einfach. Häufig aber fällt es schwer, diesen Weg der Vernunft zu gehen, weil wir inzwischen viel zu oft erleben, daß seitens der Opposition versucht wird, Minderheiten in unseren eigenen Reihen zu instrumentalisieren, um parteitaktisch daraus Gewinn zu ziehen.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Der Steuergipfel, gutes Beispiel! Weitere Zurufe von der SPD)

    Oft hat das mit Sachanliegen wenig oder gar nichts mehr zu tun. Deshalb ist immer größte Skepsis angeraten, ehe eine Fraktionsführung der Minderheit in der eigenen Fraktion - hören Sie gut zu; das ist das konkrete Problem - ermöglicht, mit Hilfe der Oppositionsstimmen die Mehrheit der eigenen Fraktion zu überstimmen.
    Nach reiflichem Abwägen ist man zu dem Ergebnis gekommen, daß im vorliegenden Fall wirklich die Sachargumente entscheidend sind und nicht parteitaktische Überlegungen, mit der Konsequenz der Freigabe der Abstimmung.
    Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin eine leidenschaftliche Verfechterin der freien Meinungsäußerung - sprich: meines Rechts, nach meinem Gewissen abstimmen zu dürfen und nur diesem verpflichtet zu sein. Dieses Recht ist für mich eines der wichtigsten Grundrechte einer Demokratie. Deshalb ist es mir besonders wichtig gewesen, hier den Entscheidungsprozeß so ausführlich darzustellen.
    Natürlich bin ich Realistin genug, zu sehen, daß nur die wenigsten Entscheidungen wirklich Gewissensentscheidungen sind. Selbst im vorliegenden Fall kann man sich ja trefflich streiten, ob es sich tatsächlich um eine solche handelt oder ob es nicht doch vielmehr darum geht, sich für eine sachgerechte Lösung zu entscheiden. Aber ich gebe gerne zu, daß sich die hier zu treffende Entscheidung für viele meiner Kolleginnen zunehmend zu einer Gewissensfrage entwickelt hat.
    Deshalb appelliere ich eindringlich an alle, fair mit denjenigen umzugehen, die sich dem so vorgelegten Entwurf aus guten Gründen nicht anschließen können, genauso wie mit denjenigen, die vorher anders gestimmt haben und sich nun anschließen. Letztere verhalten sich damit nämlich genauso wie diejenigen, die vorher gegen ihren Willen der Widerspruchslösung zugestimmt haben, ebenfalls, weil sie endlich eine strafrechtliche Gleichstellung haben wollten.
    Das ist doch der zentrale Punkt: daß es endlich ein Gesetz geben wird, das die strafrechtliche Behandlung der Vergewaltigung innerhalb der Ehe mit der Vergewaltigung außerhalb einer Ehe gleichstellt.

    (Beifall der Abg. Cornelia Schmalz-Jacobsen [F.D.P.])

    Daß wir zumindest das wollten, darüber hat es, so glaube ich, nie wirklich einen Dissens gegeben.
    Vielleicht könnte an diesem Beispiel einmal deutlich werden, daß Abstimmungsergebnisse auch Ent-

    Ilse Falk
    scheidungsfindungsprozesse widerspiegeln, in denen die Beteiligten Argumente abwägen, verwerfen oder für gut befinden und in denen manchmal ursprüngliche Mehrheiten nicht gehalten werden können, weil es offensichtlich nicht gelungen ist, die Bedenken der anderen zu zerstreuen.
    Ich persönlich bin nach wie vor der Meinung, daß es gute Gründe gab, mit der Widerspruchslösung einigen wenigen Ehepaaren - ich bin überzeugt, daß es, entgegen vielen Äußerungen, die wir gehört haben, immer nur ganz wenige gewesen wären - eine Chance zur Versöhnung zu eröffnen und damit den besonderen Bedürfnissen einer Ehe Rechnung zu tragen.
    Ich habe damit nicht ausreichend überzeugt, und ich kann nur hoffen, daß nun nicht das Zeugnisverweigerungsrecht in derselben Weise instrumentalisiert wird, wie es dem Widerspruchsrecht unterstellt wurde. Noch vielmehr kann ich hoffen, daß nun in Kürze der Weg frei ist, daß Ehemänner, die ihre eigenen Frauen mit brutaler Gewalt zu dem zwingen, wovon sie glauben, daß es ihr Recht und deren eheliche Pflicht sei, nunmehr ihrer gerechten Strafe zugeführt werden.
    Weil ich das will, werde ich bei der Schlußabstimmung dem vorgelegten Entwurf zustimmen. Ich glaube allerdings nicht, daß es besonders hilfreich ist, wenn Sie, Frau Schmidt, nun noch massiv versuchen, innerhalb unserer Fraktion Einfluß zu nehmen.
    Ich hoffe, daß das mit dieser Rede deutlich geworden ist. Der Worte sind genug gewechselt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie der Abg. Hanna Wolf [München] [SPD])