Rede:
ID1317005800

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    Plenarprotokoll 13/170 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 170. Sitzung Bonn, Freitag, den 18. April 1997 Inhalt: Tagesordnungspunkt 14: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste (Informations- und Kommunikationsdienstegesetz) (Drucksache 13/7385) 15373 A b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung zu dem Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung gemäß § 56a der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zur Technikfolgenabschätzung hier: Multimedia - Mythen, Chancen und Herausforderungen (Drucksachen 13/2475, 13/5163) 15373 B c) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung - zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Thierse, Jörg Tauss, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD:... Deutschlands demokratischer Weg in die Informationsgesellschaft - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Manuel Kiper, Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn), Manfred Such, Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:... Ein ökologischer, sozialer und demokratischer Weg in die Informationsgesellschaft III (Schutz und Entfaltung selbstbestimmter Nutzung) (Drucksachen 13/5197, 13/5777, 13/ 6856) 15373 B Dr. Jürgen Rüttgers, Bundesminister BMBF 15373 D Siegmar Mosdorf SPD 15378 A Wolfgang Thierse SPD 15378 D Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn) CDU/CSU 15382 B, 15387 B Thomas Krüger SPD 15386 C Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15387 C Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F.D.P. . . 15390 A Wolfgang Bierstedt PDS 15392 A Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister BMJ 15393 D Jörg Tauss SPD 15394 A Franz Thönnes SPD 15395 C Hans-Otto Wilhelm (Mainz) CDU/CSU 15397 C Jörg Tauss SPD 15399 C Tagesordnungspunkt 15: Große Anfrage der Abgeordneten Horst Sielaff, Dr. Gerald Thalheim, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Zukunft der Landwirtschaft im Zusammenhang mit der EU-Agrarreform, der Osterweiterung und GATT/ WTO (Drucksachen 13/4205, 13/5333) 15402 B Horst Sielaff SPD 15402 B Jochen Borchert, Bundesminister BML 15404 B Horst Sielaff SPD 15404 D Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15407 B Ulrich Heinrich F.D.P. 15408 D Eva Bulling-Schröter PDS 15410 B Albert Deß CDU/CSU 15411 A Dr. Gerald Thalheim SPD 15412 C Heinrich-Wilhelm Ronsöhr CDU/CSU . . 15414 B Tagesordnungspunkt 17: Antrag der Abgeordneten Detlef Kleinert (Hannover), Norbert Geis und weiterer Abgeordneter: Rechtschreibung in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 13/7028) 15416 A Franz Peter Basten CDU/CSU 15416 B Dr. Liesel Hartenstein SPD 15418 B Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15420 B Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 15421 C Maritta Böttcher PDS 15422 D Carl-Ludwig Thiele F.D.P. (zur GO) . . 15423 C Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15423 D Ulrich Irmer F.D.P 15424 C Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. (zur GO) 15424 D Nächste Sitzung 15424 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 15425* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 15425* C 170. Sitzung Bonn, Freitag, den 18. April 1997 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bachmaier, Hermann SPD 18.4. 97 Bläss, Petra PDS 18. 4. 97 Blunck, Lilo SPD 18. 4. 97 Duve, Freimut SPD 18. 4. 97 Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 18. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 18. 4. 97 Gansel, Norbert SPD 18. 4. 97 Götz, Peter CDU/CSU 18. 4. 97 Haack (Extertal), SPD 18. 4. 97 Karl Hermann Hempelmann, Rolf SPD 18. 4. 97 Dr. Hendricks, Barbara SPD 18. 4. 97 Homburger, Birgit F.D.P. 18. 4. 97 Horn, Erwin SPD 18. 4. 97 Dr. Jacob, Willibald PDS 18. 4. 97 Dr. Jüttner, Egon CDU/CSU 18. 4. 97 Knoche, Monika BÜNDNIS 18. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 18. 4. 97 Koppelin, Jürgen F.D.P. 18. 4. 97 Kröning, Volker SPD 18. 4. 97 Dr. Graf Lambsdorff, Otto F.D.P. 18. 4. 97 Lehn, Waltraud SPD 18. 4. 97 Löwisch, Sigrun CDU/CSU 18. 4. 97 Dr. Maleuda, Günther PDS 18. 4. 97 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 18. 4. 97 Dr. Pick, Eckhart SPD 18. 4. 97 Purps, Rudolf SPD 18. 4. 97 Reschke, Otto SPD 18. 4. 97 Dr. Rochlitz, Jürgen BÜNDNIS 18. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Rühe, Volker CDU/CSU 18. 4. 97 Schenk, Christa PDS 18. 4. 97 Schloten, Dieter SPD 18. 4. 97 Schmidt-Zadel, Regina SPD 18. 4. 97 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 18. 4. 97 Hans Peter Schütz (Oldenburg), SPD 18. 4. 97 Dietmar Steen, Antje-Marie SPD 18. 4. 97 Such, Manfred BÜNDNIS 18. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Terborg, Margitta SPD 18. 4. 97 Türk, Jürgen F.D.P. 18. 4. 97 Vogt (Pforzheim), Ute SPD 18.4. 97 Wallow, Hans SPD 18.4. 97 Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 18.4. 97 Welt, Jochen SPD 18. 4. 97 Wester, Hildegard SPD 18. 4. 97 Wolf (Frankfurt), BÜNDNIS 18. 4. 97 Margareta 90/DIE GRÜNEN Würzbach, Peter Kurt CDU/CSU 18. 4. 97 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Abgeordnete Dr. Wolfgang Wodarg hat mit Schreiben vom 16. April 1997 den Gruppenantrag „Änderung des Bundesseuchengesetzes: Aufnahme der übertragbaren spongiformen Gehirnentzündung" - Drucksache 13/7359 - zurückgezogen. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Haushaltsausschuß - Unterrichtung durch die Bundesregierung Über- und außerplanmäßige Ausgaben im ersten Vierteljahr des Haushaltsjahres 1993 - Drucksachen 12/5088, 13/725 Nr. 74 - - Unterrichtung durch die Bundesregierung Über- und außerplanmäßige Ausgaben im zweiten Vierteljahr des Haushaltsjahres 1993 - Drucksachen 12/5675, 13/725 Nr. 75 - - Unterrichtung durch die Bundesregierung Über- und außerplanmäßige Ausgaben im dritten Vierteljahr des Haushaltsjahres 1993 - Drucksachen 12/6292, 13/725 Nr. 76 - - Unterrichtung durch die Bundesregierung Über- und außerplanmäßige Ausgaben im vierten Vierteljahr des Haushaltsjahres 1993 - Drucksachen 12/7065, 13/725 Nr. 78 - Ausschuß für Verkehr - Unterrichtung durch die Bundesregierung Zweiter Bericht über Schäden an Bauwerken der Bundesverkehrswege - Drucksachen 13/3970, 13/4401 Nr. 4 - Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuß Drucksache 13/7117 Nr. 1.1 Finanzausschuß Drucksachen 13/6357 Nr. 2.18, 13/6861 Nr. 4 Drucksache 13/6861 Nr. 1.1 Drucksache 13/6861 Nr. 1.2 Drucksache 13/6861 Nr. 2.13 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/6454 Nr. 1.11 Drucksache 13/6766 Nr. 1.4 Drucksache 13/6766 Nr. 1.6 Drucksache 13/6766 Nr. 1.7 Drucksache 13/6766 Nr. 1.12 Drucksache 13/6766 Nr. 1.13 Drucksache 13/6766 Nr. 2.5 Drucksache 13/6766 Nr. 2.12 Drucksache 13/6766 Nr. 2.13 Drucksache 13/6766 Nr. 2.16 Drucksache 13/6766 Nr. 2.18 Drucksache 13/6766 Nr. 2.24 Drucksache 13/6766 Nr. 3.1 Drucksache 13/7017 Nr. 1.12 Drucksache 13/7017 Nr. 2.13 Drucksache 13/7017 Nr. 2.28 Drucksache 13/7017 Nr. 2.35 Drucksache 13/7017 Nr. 2.38 Drucksache 13/7017 Nr. 2.40 Drucksache 13/7017 Nr. 2.42 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 13/2306 Nr. 2.41 Drucksache 13/3668 Nr. 1.14 Drucksache 13/4137 Nr. 2.16 Drucksache 13/4137 Nr. 2.46 Drucksache 13/5056 Nr. 2.1 Drucksache 13/5687 Nr. 2.10 Drucksache 13/6152 Nr. 2.10 Drucksache 13/6357 Nr. 2.19 Ausschuß für Gesundheit Drucksache 13/6357 Nr. 2.3 Drucksache 13/6593 Nr. 1.11 Drucksache 13/6861 Nr. 2.16 Ausschuß für Verkehr Drucksache 13/6454 Nr. 1.19 Drucksache 13/6861 Nr. 1.3 Drucksache 13/6861 Nr. 2.5 Ausschuß für Fremdenverkehr und Tourismus Drucksache 13/6357 Nr. 1.5 Drucksache 13/6357 Nr. 1.6 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/6357 Nr. 1.2 Drucksache 13/6357 Nr. 1.3 Drucksache 13/6593 Nr. 1.8 Drucksache 13/6593 Nr. 1.9 Drucksache 13/6766 Nr. 1.1 Drucksache 13/6766 Nr. 2.8 Drucksache 13/6766 Nr. 2.17 Drucksache 13/6861 Nr. 2.14 Drucksache 13/7017 Nr. 1.1
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    Rede von Jochen Borchert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Verehrter Herr Kollege Sielaff, ich habe Ihre Rede vorhin schon zur Kenntnis genommen und habe daraus zitiert, daß Sie gesagt haben, daß eine weitere Liberalisierung unausweichlich ist.

    (Horst Sielaff [SPD]: Leider!)

    - Dies haben Sie gesagt; Sie haben es eben nochmals vorgelesen.
    Sie haben damit das Ergebnis einer WTO-Runde bereits vorweggenommen. Für mich ist das Ergebnis völlig offen. Das Ergebnis, ob und in welchem Umfang es zu einer weiteren Liberalisierung kommt, wird entscheidend davon abhängen, ob wir unsere Position durchsetzen. Im weiteren Verlauf meiner Rede werde ich betonen, daß das Ergebnis der WTO- Runde natürlich entscheidend davon abhängt, mit welchen Forderungen wir in die Runde gehen. Das Ergebnis wird schlechter sein, wenn wir unsere Position, wie Sie es immer fordern, bereits vorher auf geben und sagen, wo wir Zugeständnisse machen wollen. Mir ist nicht bekannt, daß bei Tarifauseinandersetzungen ein Verhandlungspartner vorher erklärt, wo für ihn die Schmerzgrenze liegt, und dann anfängt zu verhandeln. Vielmehr geht jeder Tarifpartner mit seinen Maximalforderungen in die Verhandlungen, um ein für ihn erträgliches Ergebnis zu erzielen. Ihre Aufforderung geht immer dahin, von vornherein zu erklären, welche Zugeständnisse wir akzeptieren, und das, bevor wir überhaupt in Verhandlungen eingetreten sind.

    (Widerspruch des Abg. Horst Sielaff [SPD])

    - Aber natürlich, Herr Sielaff. Dies ist der einzige Streitpunkt.
    Ich werde hier wie auch überall sonst betonen: Für uns geht es darum, unsere Positionen im Interesse einer bäuerlichen Landwirtschaft in der WTO zu verteidigen und zu vertreten und nicht bereits vorher Positionen zu räumen, die möglicherweise am Ende der Verhandlungen nicht in allen Punkten zu retten sein werden, aber von denen wir möglichst viele verteidigen müssen. Es kann nicht darum gehen, bereits vorher Positionen aufzugeben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, unser Ziel bleibt eine bäuerliche Landwirtschaft; unser Ziel sind bäuerliche Familienbetriebe, die gerade im ländlichen Raum vielen Familien Brot und Arbeit geben. Nur die bäuerliche Landwirtschaft kann auf Dauer die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen auf kurzem Weg sichern, unsere Kulturlandschaft erhalten, eine flächendeckende Landbewirtschaftung sicherstellen und damit die natürlichen Lebensgrundlagen schützen. Deshalb wollen wir unsere Landwirte fit machen für den Wettbewerb, für den Aufbau leistungsfähiger Betriebe, für die Aufgabe, die Landschaft zu erhalten und zu pflegen.
    Wir wollen aber auch den Landwirten helfen, die für sich keine Perspektive in der Landwirtschaft sehen, indem wir den Strukturwandel durch sozialpolitische Maßnahmen abfedern. Wir wollen jedoch keine unausgegorenen Experimente, die unsere Bäuerinnen und Bauern in eine ungewisse Zukunft treiben würden.
    Wir halten es für unverantwortlich, daß bei Ihren Aussagen immer wieder anklingt: Versuchen wir es doch einmal mit Weltmarktbedingungen. Wenn wir die Weltmarktbedingungen nicht erfüllen können - und das können wir nicht -, dann gibt es kein Zurück mehr; denn die Mehrzahl der Betriebe würde ein solches Experiment nicht überleben. Deshalb wird sich die Bundesregierung nicht auf solche Utopien einlassen, sondern ihre Politik zur Sicherung des Agrarstandortes Deutschland fortsetzen.
    Auch wenn derzeit einige gezielt versuchen, unter Hinweis auf die nächste WTO-Runde und die vorgesehene Osterweiterung der Europäischen Union Konzepte einzufordern, die Landwirte zu verunsichern: Es gibt zur Zeit keinen Grund für einen radikalen Wechsel in der Agrarpolitik. Wir können davon ausgehen, daß die beitrittswilligen Länder ihre Beitrittsfähigkeit zu unterschiedlichen Zeitpunkten erreichen werden. Die Beitrittsländer müssen die Grundelemente der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik übernehmen.
    Wenn wir diesen Weg einer schrittweisen und zeitlich gestaffelten Osterweiterung verfolgen - das ist aus meiner Sicht der einzig gangbare Weg -, dann ergibt sich auch kein unmittelbarer, kurzfristiger Reformbedarf für die europäische Agrarpolitik. Dies gilt auch im Hinblick auf die Fortsetzung der WTO-Verhandlungen, die 1999 in Angriff genommen werden sollen.
    Auf Grund der geltenden Friedensklausel sind die europäischen Ausgleichszahlungen in ihrer derzeitigen Ausgestaltung ebenso wie die Exportsubventionen bis zum Jahr 2003 abgesichert. Neu auszuhandelnde Verpflichtungen sind voraussichtlich erst nach dem Jahr 2003 zu erwarten. Wie würden wir heute dastehen, wenn wir bereits 1987 oder früher Konsequenzen hinsichtlich möglicher Ergebnisse der GATT-Verhandlungen von 1993 gezogen hätten?

    Bundesminister Jochen Borchert
    Wir müssen sehen: Das Hauptaugenmerk der Verhandlungspartner wird dabei nicht so sehr auf den Ausgleichszahlungen liegen, sondern auf einer Verbesserung des Marktzugangs und einem weiteren Abbau subventionierter Exporte.
    Ich frage deshalb: Kann es vor dem Hintergrund dieser Zeitperspektive - bis zum Jahr 2003 sind es noch sechs Jahre - unser Anliegen sein, jetzt schon wieder eine neue Agrarpolitik einzuleiten? Ich denke, die Antwort kann nur nein lauten, wenn wir aus der Sicht Europas nicht schon im Vorfeld Verhandlungsspielraum preisgeben wollen.

    (Horst Sielaff [SPD]: Richtig!)

    Natürlich müssen wir unsere Positionen heute definieren, damit die Europäische Union die Verhandlungen in allen Punkten offensiv führen kann. Dafür haben wir unsere Positionen festgelegt, mit den Bundesländern diskutiert und in Brüssel eingebracht. Es gibt übrigens erstaunlich wenig Differenzen in den konkreten Fragen - auch zu den SPD-regierten Bundesländern.
    Zu dieser offensiven Strategie gehört für mich auch, dafür einzutreten, daß Umweltstandards und Grundsätze nachhaltigen Wirtschaftens in den künftigen WTO-Abkommen verbindlich festgeschrieben werden.

    (Horst Sielaff [SPD]: Das fordern wir ja! Da unterstützen wir Sie ja!)

    - Ich finde es gut, wenn das Ergebnis ist, daß Sie uns in dem Punkt unterstützen. Mit Konsequenzen für die Agrarpolitik müssen wir aber warten, bis wir wissen, in welchem Umfang und in welcher Form Umweltstandards festgeschrieben werden. Unser Ziel muß es doch sein, Umweltstandards und Grundsätze nachhaltigen Wirtschaftens so festzuschreiben, daß bäuerliche Landwirtschaft in Deutschland auch in Zukunft existieren kann. Erst wenn wir diese Grundsätze festgeschrieben haben, können wir doch, abhängig von diesen Eckpunkten, Agrarpolitik neu orientieren. Wir können nicht schon vorher, im luftleeren Raum, ehe das Ergebnis feststeht, eine neue Agrarpolitik definieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es gibt, Herr Sielaff, für mich eben Grenzen in der Liberalisierung, nicht nur aus der Sicht der Industrieländer wie Deutschland, sondern auch aus der Sicht der Entwicklungsländer. Auch die Entwicklungsländer brauchen Schutz, wenn sie die Chance haben sollen, eine eigene Agrarproduktion aufzubauen.

    (Horst Sielaff [SPD]: Einverstanden! Ja!)

    Deswegen müssen wir gemeinsam, Industrieländer und Entwicklungsländer, bei der WTO-Runde unser Ziel, verbindliche Standards zu vereinbaren, durchsetzen.

    (Horst Sielaff [SPD]: Richtig!)

    Ich bin optimistisch, daß wir in der WTO-Runde Ergebnisse erreichen, mit denen wir unsere Agrarpolitik, die wir in Europa und in Deutschland konzipiert haben, fortsetzen können.
    Noch wichtiger ist es aber, daß wir agrarpolitische Verhandlungsspielräume behalten, das heißt einen ausreichenden Außenschutz und ein ausreichendes Stützungsniveau mit Ausgleichszahlungen. Es kommt also darauf an, Bewährtes zu verteidigen und dauerhaft abzusichern, es nicht ohne Not in Frage zu stellen. Es kann nicht darum gehen, bereits heute öffentlich Positionen aufzugeben, um damit die Chancen auf ein vernünftiges Ergebnis weiter zu verschlechtern.
    Niemand kann bestreiten: Die 1992 beschlossene Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik hat Wirkung gezeigt: Die Märkte wurden durch Produktionsrückführung entlastet; der Anstieg der Haushaltsausgaben wurde gebremst; und die Einkommen wurden durch direkte Ausgleichszahlungen stabilisiert.
    Unbefriedigend ist die Lage der Futterbaubetriebe. Diese Betriebe sind unverschuldet von der BSE-Krise betroffen worden. Zudem leiden sie unter sinkenden Milchpreisen.

    (Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Aber nicht nur deshalb!)

    Die akuten Probleme, die den Bäuerinnen und Bauern heute auf den Nägeln brennen, müssen wir vorrangig angehen, und zwar im Rahmen der bestehenden Systeme. Das heißt für die Milch: nicht die Milchquotenregelung über Bord werfen, sondern die vorhandenen Marktinstrumente zur Preis- und Einkommensstabilisierung konsequent nutzen!
    Ich bin gegen die phantasielose Senkung der Erstattungen, die die Kommission in ihrer Marktpolitik für den Milchsektor betreibt. Nicht die Quote hat versagt, sondern die Handhabung dieses Instrumentes durch die Kommission.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die geltenden WTO-Vereinbarungen und der europäische Haushalt bieten ausreichend Spielräume bei der Beihilfen- und Erstattungspolitik, die wir zum Vorteil unserer Milcherzeuger ausschöpfen müssen. Was die mittelfristige Weiterentwicklung der europäischen Milchpolitik angeht, so soll es grundsätzlich bei der Milchquotenregelung bleiben, auch nach dem Jahr 2000. Darin sind sich Bund und Länder einig. Auf Grund der Erfahrungen seit 1984 streben wir weitere Verbesserungen in Detailbereichen an. Dabei muß es vor allem darum gehen, die Position der aktiven Bewirtschafter zu stärken und den Transfer der Quoten zu erleichtern.

    (Horst Sielaff [SPD]: Auch einverstanden!)

    Die Probleme beim Milchpreis sind aber nicht nur darauf zurückzuführen, daß die Produktion die Nachfrage im Binnenmarkt übersteigt, sondern hängen speziell in Deutschland auch mit strukturellen Defiziten im Verarbeitungs- und Vermarktungsbereich zusammen. Diese Probleme aber kann der Staat nicht lösen; hier muß die Wirtschaft selbst aktiv werden. Wir können sie dabei unterstützen, aber es geht nicht ohne die aktive Mitarbeit der Wirtschaft.
    Beim Rindfleisch brauchen wir angesichts der anhaltenden Krise Änderungen der Marktordnung.

    Bundesminister Jochen Borchert
    Hier haben wir mit kurzfristigen Maßnahmen geholfen, die Krise zu überwinden. Mittel- und langfristig aber ist es unumgänglich, das Rindfleischangebot den Absatzmöglichkeiten innerhalb und außerhalb der Europäischen Union anzupassen, also ein neues Marktgleichgewicht zu erreichen. Die Kommission hat vom Rat den Auftrag erhalten, geeignete Vorschläge vorzulegen. Die Frist läuft ab; sie hat sie bisher leider noch nicht vorgelegt.
    Die Bundesregierung wird sich bei den Beratungen dafür einsetzen, daß die erforderliche Produktionsrückführung ausgewogen zwischen den Mitgliedstaaten und unter Berücksichtigung der gewachsenen Produktionsstrukturen stattfindet. Das heißt, keinesfalls darf es eine Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Produktionsverfahren geben. Die intensive und extensive Rindermast sind Mastformen, die historisch gewachsen sind, auf die sich Betriebe eingestellt haben und die auch in Zukunft ihre Berechtigung im Rahmen einer europäischen Rindfleischmarktordnung behalten müssen.
    Beunruhigt sind zur Zeit auch die Getreideanbauer trotz der günstigen Einkommensentwicklung in den vergangenen Jahren. Für diese Unruhe sorgen die Preisvorschläge der Kommission, die eine Kürzung der Flächenprämie beinhalten. Ich habe für diese Vorschläge überhaupt kein Verständnis. Aus meiner Sicht gibt es keine vernünftige Begründung dafür. Mit solchen Vorschlägen erschüttert man das Vertrauen der Landwirte in die Verläßlichkeit der Agrarpolitik. Damit machen wir die Agrarpolitik unglaubwürdig.
    Meine Damen und Herren, für die Bundesregierung steht fest: Statt eines radikalen Umbruchs brauchen wir eine Fortentwicklung der Agrarpolitik mit Augenmaß. Dabei werden wir auf dem bisher Erreichten aufbauen, an Bewährtem festhalten und dort, wo es notwendig ist und wo die WTO-Verhandlungen Ergebnisse erfordern, weitere Verbesserungen der Agrarpolitik umsetzen.
    Ich bin davon überzeugt, daß wir mit unserer Politik Rahmenbedingungen für eine bäuerliche Landwirtschaft schaffen, die es Bäuerinnen und Bauern ermöglichen, sich den Herausforderungen auch nach der Jahrtausendwende zu stellen und sich im europäischen Wettbewerb auch unter veränderten Bedingungen zu behaupten.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Dr. Burkhard Hirsch
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich gebe das Wort der Abgeordneten Ulrike Höfken.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ulrike Höfken-Deipenbrock


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister Borchert! Ich finde die Antwort, die Sie an die SPD gerichtet haben, geradezu aus dem Rahmen fallend, weil die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage wirklich eine Nullantwort ist.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD Horst Sielaff [SPD]: So ist das!)

    Es ist immer das gleiche: Auf die berechtigte Anforderung des Parlaments, ein Konzept für die Zukunft in diesem Politikbereich zu erfahren, erhalten wir immer nur die Antwort, daß es doch nicht nötig sei, bereits jetzt von irgendwelchen diffusen Positionen abzugehen, die noch nicht einmal genannt werden.
    Ich denke, wenn Sie die Unterstützung für eine Politik brauchen, die zukunftsfähig ist, dann muß diese erst einmal im eigenen Parlament durchgesetzt und diskutiert werden. Man kann eine solche Antwort nur geben, wenn man der Auffassung ist - so steht es auch in der Antwort auf die Große Anfrage-, daß die Bundesregierung keinen Bedarf für eine grundlegende Änderung der gemeinsamen Agrarpolitik sieht.
    Das muß allerdings schon deswegen erstaunen, weil diese Agrarpolitik in der eigenen Bevölkerung wohl keine Mehrheit mehr hat. Angesichts der Lebensmittelskandale, wie beispielsweise des BSE- Skandals, ist das durchaus verständlich. Aber es gibt noch einen anderen wichtigen Gesichtspunkt, nämlich die Arbeitsmarktpolitik.
    Wir haben den Verlust einer Viertelmillion Arbeitsplätze EU-weit in der Landwirtschaft zu verzeichnen. Vor einem solchen Hintergrund, angesichts der jetzigen Arbeitsmarktsituation kann doch wohl keiner ernsthaft behaupten, es gäbe keinen Bedarf für irgendwelche Änderungen,

    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

    und das auch noch in einer Antwort auf eine Große Anfrage, zu der der Bundesregierung ausreichend Zeit gegeben wird.
    Das zweite: Die Ausrichtung auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft wird als Zielvorstellung genannt. Wenn sie eine Zielvorstellung ist, dann fehlt auf jeden Fall das Einbeziehen dessen, was sich nun an neuen Anforderungen im internationalen Bereich stellt. Wir müssen dann auch die Wettbewerbsfähigkeit neu definieren; denn sie ist ein dynamischer und kein statischer Begriff. Die Wettbewerbsfähigkeit muß den neuen Bedingungen angepaßt werden. Die Antwort darauf ist die Bundesregierung ebenfalls schuldig geblieben.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Gleichzeitig beginnt die EU jetzt schon, Preisausgleichszahlungen zu diskutieren, die auf die deutsche Landwirtschaft zukommen werden. Auch hier ist es mindestens geboten, auf die von der EU-Kommission vorgelegte und lange vorangetriebene Diskussion entsprechend Stellung zu nehmen und die Landwirtschaft in Deutschland nicht in der Auffassung zu belassen, daß für sie nichts weiter passiere.
    Zu dem nächsten Punkt: Ich habe das Gefühl, daß auch die Koalitionsfraktionen das Defizit in der Antwort der Bundesregierung festgestellt haben. Sie bemühen sich nun in dem Entschließungsantrag, ein Konzept zumindest zu umreißen. Aber es läuft hier ähnlich wie bei dem Thema Milchmarkt: Sie haben uns doch tatsächlich in der Tischvorlage für die Aus-

    Ulrike Höfken
    schußsitzung ein Konzept für die Milchmarktordnung vorgelegt, nachdem die Bundesregierung es jahrelang versäumt hat, ein vernünftiges Konzept auf den Tisch zu legen und dieses Konzept als eine Tischvorlage der Koalitionsfraktionen für eine Ausschußsitzung zu verwenden.
    Hier ist wiederum zu bemerken: Auf der einen Seite gibt es eine Weiterführung der Quotenregelung und eine Weiterführung des Mengenbegrenzungssystems; auf der anderen Seite fehlt aber hier ein sehr wichtiger Aspekt, nämlich die regionale Bindung der Milcherzeugung. Ich denke, was Sie mit einem solchen Konzept - wenn es denn eines sein soll - erzeugen, ist die Konzentration der Milcherzeugung in den Gebieten um die großen Seehäfen und jedenfalls nicht dort, wo die Grünlandflächen sind, die es zu bewirtschaften gilt, wie beispielsweise in Bayern.
    In dem Entschließungsantrag haben Sie einige Kriterien genannt, nicht aber Zielvorstellungen. Genau das sollte aber in die EU- und auch in die WTO-Verhandlungen eingebracht werden. Sie werfen vielmehr im Prinzip Fragen auf, die auch noch widersprüchlich sind. Sie sagen zum Beispiel, es soll in Brüssel ein Konzept vorgelegt werden, das einerseits den Agrarstandort optimal nutzen soll und andererseits den schwierigen strukturellen Bedingungen der Landwirtschaft ausreichend Rechnung trägt. Zumindest stellt sich dabei wie auch bei den anderen Punkten, die sich daran anschließen, die Frage, wie denn das gemeint ist.
    Es gibt einen gemeinsamen Punkt. Der gemeinsame Punkt liegt tatsächlich - Herr Sielaff hat ihn bereits einmal angesprochen - im Bereich der internationalen Standards. Ich denke, das ist schon ein wichtiger Punkt. Ich glaube, Herr Heinrich, da haben Sie bei der Anhörung vielleicht etwas falsch verstanden:

    (Horst Sielaff [SPD]: Er hat nicht zugehört!)

    Auch die Sachverständigen, die von seiten der Koalition eingeladen worden sind, haben erklärt, daß es durchaus notwendig ist, internationale Standards auf den WTO-Verhandlungen festzulegen. Dafür gibt es entsprechende Ausschüsse, die allerdings den Befürchtungen der Entwicklungsländer Rechnung tragen müssen, daß dies nicht ein Protektionismus ist, den die EU oder einzelne Mitgliedstaaten der EU nutzen wollen, um ihr Forderungen und Politik durchzusetzen. Es soll sich vielmehr um internationale Vereinbarungen handeln, die Standards im Bereich Ökologie und im Bereich der sozialen Rahmenbedingungen festlegen.
    Herr Borchert, wir haben ja durchaus schon eine weitergehende Diskussion, wie solche Standards aussehen könnten. Man muß doch nicht darauf warten, daß sie irgendwann einmal erarbeitet werden. Hier sind doch die eigenen Vorstellungen von Standards gefordert, die den ökologischen und sozialen Anforderungen in der Bundesrepublik und in der EU entsprechen und die dann entsprechend auf die Welthandelsebene übertragen werden.

    (Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Auf das habe ich gewartet! Dann sind die Entwicklungsländer aber kaputt!)

    - Dann sind die nicht kaputt. Das soll im Konsens mit den Entwicklungsländern geregelt werden, wie ich es bereits gesagt habe.

    (Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Das ist das Ende! Das ist ein Widerspruch! Das ist ja unglaublich!)

    - Die Standards sind bereits genannt worden und in unserem Entschließungsantrag enthalten. Wir haben in unserem Entschließungsantrag eine Reihe von Forderungen aufgestellt, die jetzt in die Überweisung gehen.
    Als letztes möchte ich noch eines zur künftigen EU-Agrarpolitik und zur Osterweiterung sagen. Ich halte es für unumgänglich, daß in den Ländern Osteuropas vermehrt Priorität darauf gelegt wird, daß die Arbeitsplätze im ländlichen Raum erhalten bleiben und daß alle Förderungsmaßnahmen der EU darauf ausgerichtet werden, daß nicht die gleiche Situation wie in den neuen Bundesländern herbeigeführt wird, nämlich eine Zerschlagung des Arbeitsmarktes im ländlichen Raum und ein ungehemmtes Eindringen der westlichen Verarbeitungs-, Vermarktungs-
    und Handelskonzerne, die sich letztendlich als Nachteil für die Landwirtschaft in Europa erweisen.
    Vielen Dank.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)