Rede von
Horst
Eylmann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Große Worte und hehre Grundsätze zur späten Stunde!
Die Prostitution ist alt; das haben wir schon gehört. Bereits Solon hat Bordelle eingerichtet, und die Religion hat die Bordelle in Form der Tempelprostitution in die Gotteshäuser geholt. Die Prostitution ist unausrottbar. Selbst die christliche Sexualmoral, die jegliche Sexualität, die nicht der Fortpflanzung dient, verdammte, hat sie zugelassen. Über die Gründe brauche ich mich nicht auszulassen. Es reicht festzustellen, daß die Verantwortung bei den Männern
Horst Eylmann
liegt. Daß wir etwa 400 000 Prostituierte in der Bundesrepublik haben, liegt daran, daß die Männer ihre Dienste in Anspruch nehmen. Die Nachfrage bestimmt das Angebot, nicht umgekehrt, obwohl die Männer es jahrhundertelang anders dargestellt haben.
Die Prostitution ist auch lukrativ - allerdings weniger für die Frauen. „Das Mädchen Rosemarie" und „Pretty Woman", die am Ende ihren Märchenprinzen bekommt, sind Ausnahmen und repräsentieren nicht die in aller Regel ziemlich elende Realität. Es sind Männer, die daran verdienen -12,5 Milliarden DM werden umgesetzt. Zuhälter, Vermieter, Bar- und Hotelbesitzer verdienen daran, die Frauen nicht.
Es wird häufig gesagt, auch der Staat profitiere. Sicherlich: vor allen Dingen bei den Vermietern, weniger bei den Zuhältern. Die Einnahmen aus der Einkommenbesteuerung der Prostituierten sind minimal. Natürlich werden dort Steuern in großem Umfange hinterzogen. Im übrigen ist es durchaus vernünftig, daß auch die Gewinne aus illegalen Geschäften versteuert werden.
Würden Sie etwa sagen, daß ein Waffenhändler, der illegale und damit nichtige Geschäfte macht, nicht der Einkommensteuer unterworfen sein soll? Das kann man doch nicht ernstlich sagen. Dieses Argument zieht nicht.
Die Situation der Prostituierten ist schlimm. Sie werden gesellschaftlich diskriminiert und gesetzlich kriminalisiert. Ihre soziale Lage ist mies. Empörend ist, daß die Freier moralisch weitgehend ungeschoren davonkommen. Sie zahlen, halten sich aber für ehrenwerte Leute. Der Trieb braucht sein Ventil; das gilt auch für Staatspräsidenten und Könige. Wir würden es in keinem anderen gesellschaftlichen Bereich hinnehmen, daß Frauen so behandelt, gedemütigt, erniedrigt, geknechtet und versklavt werden wie im Bereich der Prostitution.
Ich attestiere den Bündnisgrünen deshalb gern, daß sie ein Thema aufgegriffen haben, das erörtert zu werden verdient. Was sollen wir tun? Sie machen es sich einfach. Sie sagen: Prostitution ist ein Beruf wie jeder andere. Sexualarbeiterin oder Friseuse - das ist in etwa dasselbe. Ich glaube, daß Sie irren. Daß der Kauf - ich sage bewußt: der Kauf, nicht der Verkauf - sexueller Dienstleistungen den Moralvorstellungen der eindeutigen Mehrheit des Volkes und auch der Wertordnung des Grundgesetzes widerspricht und deshalb mit einem Unwerturteil belegt bleiben muß, scheint mir ziemlich klar zu sein. Intimbereiche, die mit dem Kern der Persönlichkeit aufs engste verknüpft sind, wie uns gerade die moderne Psychologie lehrt, zur Ware zu machen verstößt gegen die Würde des Menschen. Die Prostitution wirkt persönlichkeitszerstörend für die Frauen,
nicht für die Männer.
Sie wissen, daß die gewaltsame Durchsetzung sexueller Wünsche für die Frauen schwere Traumata zur Folge hat, ebenso das Sichverkaufen. Die Zahl derer, die drogenabhängig sind, ist überrepräsentativ. Das liegt nicht nur daran, daß die Drogenabhängigkeit an der Spitze steht; die Ursache liegt auch woanders. Wir sollten da nicht idealisieren. Die Frage ist, ob man den Frauen nicht dennoch helfen kann. Ich meine, daß man ihnen helfen muß. Das ist ein weites juristisches Feld.
Professor Meyer, Sie haben das Urteil des Bundesgerichtshofes nicht zu Ende gelesen. Der Bundesgerichtshof hat gesagt: Wenn eine Prostituierte einen Verkehrsunfall hat, dann kann sie zwar nicht ihren entgangenen Verdienst verlangen, aber einen Teil davon.
Schon das Studium der Urteilsgründe zeigt, wie schwer sich die Rechtsprechung tut und wie unlogisch und gewunden da manches ist. Ich glaube also, daß man schon helfen kann, vielleicht auch als Gesetzgeber.
§180 a StGB: Also, Eros-Center sind erlaubt; damit verdienen Leute viel Geld. Bordelle aber, die etwas aufwendiger zu führen sind, auch was die Hygiene angeht, sind plötzlich nicht mehr erlaubt. Wer will das einsehen? Da müßten wir eigentlich etwas tun.
Sperrbezirke - ein weites Feld. Ich glaube nicht, daß wir ohne Sperrbezirke auskommen. Wollen Sie die Prostituierten auf der Heussallee und vor der Parlamentarischen Gesellschaft haben? Die Stadt Bonn würde es nicht zulassen.
Medizinische Kontrolle - ein weites Feld. Ich gebe Ihnen recht. Ich würde so gerne auch den Mann, der häufiger zu den Prostituierten geht, der medizinischen Kontrolle unterwerfen. Gern würde ich das tun, wenn es praktikabel wäre.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns auf der Grundlage der grundsätzlichen ethischen Mißbilligung der Prostitution und insbesondere angesichts der Rolle, die Männer in diesem Bereich spielen, versuchen, diesen Frauen, den Opfern promiskuitiver männlicher Sexualität, zu helfen und ihre Situation zu verbessern. Es gibt eine Fülle von Möglichkeiten, wenn wir dies wollen.
Vielen Dank.