Rede von
Uwe
Hiksch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Doss, indem Sie mit Blick auf Herrn Schauerte von „differenzierter Rede" gesprochen haben und dann auch in bezug auf die Rede von Frau Kaspereit, die Sie hervorgehoben haben, von „differenzierter Rede" sprechen, haben Sie Frau Kaspereit beleidigt.
Denn die Rede von Frau Kaspereit war wirklich hervorragend. Die Rede von Herrn Schauerte war schlecht und in weiten Teilen auch falsch.
Lassen Sie uns die Rede von Herrn Schauerte einmal etwas genauer anschauen: Herr Schauerte plauderte in seiner Rede davon, daß die CDU der SPD vorwerfe, die SPD sei angeblich Schutzmacht der Großkonzerne. Da kann ich doch nur lachen! Die So-
Uwe Hiksch
zialdemokratie bringt einen Gesetzentwurf nach dem anderen in den Deutschen Bundestag ein. Sie hat beispielsweise eine Gesetzesinitiative gestartet, in der sie gefordert hat, die Schlechtwettergeldregelung nicht abzuschaffen, weil sie auf der einen Seite den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Winter weiter Arbeit gegeben hätte und Massenentlassungen verhindert hätte und auf der anderen Seite gerade kleinen mittelständischen Unternehmen mit schlechter Kapitaldecke geholfen hätte, über den Winter zu kommen, nicht entlassen zu müssen.
Die CDU stimmt dagegen.
Die SPD bringt Gesetzentwürfe ein, in denen sie fordert, im Baugewerbe durchzusetzen, daß es endlich zu einer Verstetigung der Baunachfrage kommt. Sie stimmen im Ausschuß dagegen und verhindern das.
Die SPD-Bundestagsfraktion brachte einen Antrag im Wirtschaftsausschuß ein, in dem sie gefordert hat, daß die Städtebauförderung im Bundeshaushalt um 500 Millionen DM aufgestockt wird. Sie stellte ihn zur Abstimmung, und Sie stimmten dagegen und reden jetzt davon, daß wir nicht die Interessen der kleinen und mittelständischen Unternehmen vertreten.
Herr Schauerte, Sie haben doch keine Ahnung, was in der Wirtschaft los ist und was die kleinen und mittelständischen Unternehmen brauchen.
Die Sozialdemokratie bringt Gesetzentwürfe ein, in denen sie die Bankenmacht endlich ein wenig einschränken möchte, indem das Depotstimmrecht auf der einen Seite und die Zahl der Aufsichtsratssitze auf der anderen Seite endlich eingeschränkt werden. Sie wollen das verhindern
und reden davon, die Sozialdemokratie würde nicht die Interessen der Kleinen und Mittelständler vertreten.
Ein letztes Beispiel: Wir hatten heute morgen eine Debatte über eine Energierechtsnovelle, eine Novelle, die einzig und allein die großen Konzerne, die großen Unternehmen stützt und die Monopolisierung im Energiebereich vorantreiben wird.
Sie wurde von Ihnen, der CDU/CSU und der F.D.P., eingebracht.
Sie wollen uns erzählen, wir würden nicht die Interessen der kleinen und mittelständischen Unternehmen vertreten.
Kolleginnen und Kollegen, es ist ein Witz. Es ist ebenso ein großer Witz, wenn Sie davon sprechen, daß die Sozialdemokratie eine Blockadehaltung an den Tag legt. Ich habe manchmal den Eindruck, Herr
Schauerte, Herr Doss, daß Sie zwar im Wirtschaftsausschuß anwesend sind, wenn diskutiert wird, aber wenn die Sozialdemokraten Anträge stellen, hören Sie scheinbar nicht zu.
Deswegen möchte ich Ihnen einige Beispiele nennen. Die Sozialdemokratie hat einen Antrag zur aktuellen Steuerreform eingebracht, in dem wir gefordert haben, daß die Gewinne aus Unternehmertätigkeit, also die Gewinne aus der Realkapitalakkumulation, anders behandelt werden müssen als die Gewinne aus Vermögen, um zu erreichen, daß es sich wieder lohnt, sein Geld in die reale Unternehmertätigkeit zu investieren, um zu erreichen, daß endlich nicht mehr das Geld von Rentiers mehr geschätzt wird als das Geld von Unternehmerinnen und Unternehmern, die in diesem Land dafür sorgen, daß Arbeitsplätze geschaffen werden.
Sie haben sich mit Ihrer falschen Wirtschafts- und Steuerpolitik geweigert, diesen Antrag aufzunehmen.
Wie war es denn, als die SPD eine Diskussion darüber angefangen hat, daß Spekulationsgewinne gegenüber den Gewinnen, die aus realer Unternehmertätigkeit gemacht werden, diskriminiert werden müssen? Sie haben sich auf die Seite der Rentiers und der Spekulanten geschlagen und verhindert, daß die SPD mit ihren Vorschlägen durchgekommen ist.
Ein letztes Beispiel: Wie war es denn, als die Sozialdemokratie in der jetzigen aktuellen Steuerreform vorgeschlagen hat, daß die Gewinne, die in ein Unternehmen reinvestiert werden, anders behandelt werden müssen als die Gewinne, die aus dem Unternehmen ausgeschüttet werden? Sie haben sich gegen die Interessen der Unternehmen gestellt und auf die Seite der Anteilseigner und der Kapitalbesitzenden geschlagen und damit verhindert, daß in diesem Land Politik für kleine und mittelständische Unternehmen, aber auch für die großen gemacht werden kann.
Herr Schauerte sprach davon, daß die SPD eine falsche Wirtschaftspolitik macht. Derselbe Herr Schauerte hebt die Hand, wenn die private Vermögensteuer abgeschafft wird, um durchzusetzen, daß die Menschen auch ja nicht mehr ihr Geld in die Realkapitalakkumulation investieren, sondern weiterhin bei den Banken anlegen und die Beträge der privaten Vermögensteuer nach deren Abschaffung einstecken können.
Eine solche Politik als differenziert zu bezeichnen, halte ich für geradezu abstrus.
Deshalb kann ich der CDU/CSU eigentlich nur empfehlen, endlich einmal darüber nachzudenken, wie
Uwe Hiksch
diese Partei vor 50 Jahren angetreten ist. Damals hatte sie sich vorgenommen, Kleine und Mittelständler zu vertreten ebenso wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Aber durch eine völlig falsche Wirtschaftspolitik ist sie zu einer Partei geworden, die weder frei ist noch irgend etwas mit Partei zu tun hat, sondern sie ist zu einer Vertretung von einzelnen Interessen geworden. Sie hat sich von der F.D.P. ihre eigene Identität nehmen lassen und aufgehört, Wirtschaftspolitik für Kleine und Mittelständler zu machen.
Wir, die Sozialdemokraten, sagen Ihnen, wie Wirtschaftspolitik gemacht werden kann, damit Insolvenzen nicht mehr wie bisher stattfinden. Wir bieten den Weg an, damit es gemeinsam gelingen kann, Unternehmerinnen und Unternehmern in diesem Land endlich wieder eine Perspektive zu geben. Nur Sie mit Ihrer falschen Wirtschaftspolitik, die nicht Verweigerung, sondern einfach inhaltlich falsch ist, verhindern das.