Nein, ich möchte meine Ausführungen im Zusammenhang machen.
Herr Kollege, wenn Sie dann hingehen und sagen, die Regierung solle nun endlich handeln
- ich komme noch zu den Einzelheiten - und die spezifischen Ursachen der Insolvenzentwicklung beseitigen, dann kann ich Ihnen nur sagen: Wir haben in der Frage Gewerbekapitalsteuer, Gewerbeertragsteuer, Steuersatzsenkung, Abgaben- und Kostenbelastung, Flexibilisierung des Arbeitsrechtes, Kündi-
Hartmut Schauerte
gungsschutzvorschriften etc. pp. eine Vielzahl von Maßnahmen auf den Weg gebracht. All das sind zentrale Fragen, die insbesondere den Mittelstand belasten; denn er kann mit den Dingen nicht so gut umgehen wie die Großkonzerne.
Wenn Sie Ihre Blockadepolitik an dieser Stelle aufgäben, dann wäre die Meldung aus der „Creditreform" von heute, in der „dpa" oder wo immer, auf die Sie hier abstellen, schon eine deutlich günstigere Meldung. Geben Sie Ihre Blockade auf! Lassen Sie den Reformprozeß fortschreiten; dann kommen wir weiter. Aber durch Ihr Bremsen haben wir Probleme.
- Ja, darauf kommen wir gleich. Aber Sie haben den Bundesrat. Vergessen Sie den nicht! Mit dem blokkieren Sie doch mittlerweile jeden vernünftigen Fortschritt in Deutschland.
Jeder Konkurs tut weh, und jeder Konkurs ist ein schweres Schicksal: für die Eigentümer, die häufig nicht nur ihre Zukunft verlieren, sondern auch alles, was sie hatten - sie bekommen bittere Probleme -, und für die betroffenen Arbeitnehmer, die allenfalls Konkursausfallgeld bekommen. Insoweit muß man sich mit dem Thema beschäftigen. Dennoch muß man schauen: Wie stehen wir denn eigentlich international da? Sie haben Ihren Antrag interessanterweise auch damit begründet, daß Sie sagen: In Europa sinkt die Zahl der Konkurse, und in Deutschland steigt sie.
Das ist hochinteressant, und das bestätigt im Prinzip wieder meine These, Herr Schwanhold.
Ich werde das noch einmal vortragen: In den Ländern in Europa, auf die Sie sich beziehen, sind die Reformen zur Modernisierung der jeweiligen Standorte erfolgreich abgeschlossen,
und in Deutschland blockieren Sie diese Entwicklung.
- Frau Fuchs, Sie wissen doch, daß Ihr Herr Lafontaine mittlerweile ein rigides Regiment der Blockade im Bundesrat führt, und zwar zum Schaden Deutschlands und zum Schaden der Arbeitsplätze in Deutschland.
Ich darf einmal eine Zahlenentwicklung anführen. Von 1990 bis 1992 blieb die Zahl der Konkurse in Deutschland im wesentlichen stabil. In Frankreich stieg sie von 46 000 auf 57 000, in Großbritannien von
22 000 auf 61000, in den Niederlanden von 3000 auf 5000 und in Schweden von 9000 auf 22 000. Diese Signale sind in den Ländern verstanden worden. Mittlerweile geht die Zahl der Konkurse dort wieder leicht runter, weil die Opposition beim Umbau dieser Staaten mitgemacht hat. Sie aber verweigern nach wie vor die Mitarbeit. Das ist eine der zentralen Ursachen für die heutige Lage in Deutschland.
Eine andere Fragestellung ist ganz wichtig, damit man noch einmal begreift, vor welchem Hintergrund wir das hier diskutieren: Wieviel Prozent der Unternehmen in Deutschland fallen in Konkurs, und wieviel Prozent der Unternehmen im europäischen Ausland fallen in Konkurs? An dieser Fragestellung kommt man nicht vorbei. Haben wir hier eine besonders schlechte Entwicklung, liegen wir im Mittelfeld, oder sind die anderen schlechter? Das muß insbesondere deswegen gesagt werden, weil Sie, Herr Schwanhold, Ihren Initiativantrag damit begründen, daß wir schlechter als andere Länder in Europa sind.
Die Datenlage, die uns da zur Verfügung steht, ist schwach. Die Bundesregierung hat ja damals nicht sehr präzise auf diese Frage geantwortet. Aber die Daten, die wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ermitteln konnten, ergeben ein Bild, das ganz beachtlich ist.
Wenn die Zahlen stimmen, beträgt in Deutschland die Quote von Unternehmen, die in Konkurs gehen - bezogen auf die Gesamtzahl der bestehenden Unternehmen -, 0,8 Prozent. In Belgien beträgt die Quote 3,5 Prozent, in Frankreich 2,8 Prozent, in Großbritannien 1,5 Prozent, in den Niederlanden 1,7 Prozent und in Schweden 6,7 Prozent. Das heißt, Deutschland liegt in allen Bereichen deutlich, um ein Vielfaches niedriger als die anderen. Ich sage noch einmal: Trotzdem tut jeder einzelne Konkurs weh. Aber wir dürfen uns nicht in eine wirtschaftspolitische Ecke hineinstellen, in die wir nicht gehören.
In jedem marktwirtschaftlichen Prozeß sind Konkurse unvermeidbar. Wenn Sie eine Zahl herausgreifen - lassen Sie mich das auch einmal in bezug auf die ostdeutschen Länder feststellen - und sagen, daß diese Quote in den neuen Ländern seit 1992 besonders gestiegen ist, dann erwidere ich: Das ist doch ganz normal. Im Basisjahr 1990 hatten wir in den neuen Ländern überhaupt keine Firmenzusammenbrüche, aber auch keine Neugründungen. Das muß doch in den richtigen Zusammenhang gestellt werden.
Sie erschrecken die Menschen mit den Zahlen, die Sie hier vortragen, und sind nicht einmal bereit und in der Lage, sie in einen vergleichbaren internationalen Zusammenhang zu stellen. Das gehört zu jeder seriösen Betrachtung eines solchen Vorganges, nämlich die Beantwortung der Frage: Wie gehen andere europäische Länder mit vergleichbaren Grunddaten mit einem solchen Problem um? Ich sage Ihnen: Keines der europäischen Länder, auf die Sie sich beziehen, hat ein solches Programm, wie Sie uns das mit Ihrem Initiativantrag empfehlen, beschlossen. Nein,
Hartmut Schauerte
sie haben die Steuern gesenkt, sie haben die Lohnzusatzkosten gesenkt, sie haben die Arbeitszeitregelungen flexibilisiert, sie haben ihre Volkswirtschaften modernisiert und sind deswegen jetzt in einer günstigeren Situation.
Ich sage noch einmal: Wir sind in dieser Beziehung zu spät dran und sind halbherzig.
Zudem sind wir noch nicht zu ergiebigen Resultaten gelangt, weil die Sozialdemokraten uns in einer permanenten Weise durch ein Instrument blockieren, das in den Verfassungen der anderen Länder nicht existiert, nämlich den Bundesrat, der eine absolut wirkende Blockademöglichkeit bietet.
Das ist die ganz entscheidende Schwäche in bezug auf das Tempo des Umbaus in Deutschland, mit dem wir uns an das anpassen wollen, was die internationale Wettbewerbslage von uns erfordert.
Lassen Sie mich noch eine weitere Zahl nennen, die auch sehr interessant ist. Als die vergleichbaren Länder - ich nenne sie noch einmal: Frankreich, England, Holland, Österreich - die Reformen für ihre Volkswirtschaften noch nicht abgeschlossen hatten, explodierte die Zahl der Konkurse auf ein deutlich höheres Niveau als in Deutschland. In Deutschland sah es in diesen Jahren relativ günstig aus, auch wegen des großen Sondereffekts der Wiedervereinigung, die ja in den ersten Jahren wirtschaftspolitisch belebend gewirkt hat. Das traf ja für alle Bereiche zu. Wir haben dann in den folgenden Jahren - ich sage es noch einmal - dank Ihrer konsequenten Verweigerung das notwendige schnelle Tempo bei der Anpassung an das, was um uns herum geschieht, nicht vorlegen können. Ein Teil der Probleme, die wir haben, liegt in dieser Ursache.
Die Zahl der Konkurse, bezogen auf die Gesamtzahl der Unternehmen in Deutschland, bietet ein günstigeres Bild als in allen vergleichbaren Ländern. Ich darf nur eine Zahl nennen: Allein im Jahr 1995 gab es in Großbritannien 38 190 Firmenzusammenbrüche, und das in einer Volkswirtschaft, die nicht einmal zwei Drittel des Bruttosozialprodukts Deutschlands erwirtschaftet.
Ich bleibe dabei: Auch in bezug auf die Zahl der Konkurse bei uns müssen wir nachdenken, was man tun kann. Ein wichtiger Punkt ist, dieses Land zu modernisieren. Helfen Sie uns dabei, und wir kommen ein ganzes Stück weiter!
In diesem Zusammenhang ist es auch noch einmal wichtig, festzuhalten - damit man das nicht vergißt -, vor welchem Hintergrund denn überhaupt die Zahl der Konkurse zu sehen ist. Wir haben in einem Jahr in Westdeutschland etwa 450 000 Neugründungen und Anmeldungen und in den neuen Ländern etwa 70 000 Neugründungen und Anmeldungen zu verzeichnen. Wenn ich die Abmeldungen und die Konkurse - Abmeldungen sind ja die Abgänge, die lautlos geschehen - mit berücksichtige, dann ergibt das, daß es im Jahre 1996 in Westdeutschland einen Überschuß von Neugründungen in einer Höhe von 61 000 und in den neuen Ländern in einer Höhe von 10 000 Betrieben gab. Insgesamt haben wir einen positiven Saldo bei Neugründungen produzierender und arbeitsplatzrelevanter Art - nach Abzug der Anzahl der Konkurse - von 71000. Ich wünschte, es wären mehr.
Aber mit Ihrer Methode, das Thema zu schildern, kommen wir nicht weiter, erst recht nicht mit Ihrem Rezept.
Jetzt komme ich zu dem, was Sie beantragen. In Ihrem Entschließungsantrag fordern Sie, es solle ein Konsolidierungsdarlehen eingeführt werden, das zum Beispiel nicht gewährt werden solle, wenn die Bilanz eines Unternehmens ein Minuskapital aufweise. In den Fällen, die ich in meiner bisherigen beruflichen Praxis kennengelernt habe, waren aber nahezu alle Konkursfälle genau von der Art.
Die hatten zwangsläufig ein Minuskapital, sonst wären sie nicht kaputtgegangen.
Das ist weiße Salbe, das ist wirklich von absolutem Unverstand geprägt, Herr Schwanhold.
Weil Sie das selber erkannt haben, haben Sie folgenden Satz angefügt:
Ausnahmen können bei einer schlüssigen Begründung durch die Hausbank bzw. einen Steuerberater/Wirtschaftsprüfer gemacht werden .. .
Das Theater stellen Sie sich mal vor! In meiner Zuständigkeit als Mitglied des Finanzausschusses des Landes Nordrhein-Westfalen habe ich in großem Umfang an Bürgschaftsbewilligungen mitgewirkt. Wir haben die Risiken gesehen und gewichtet. Ich sage Ihnen: Jeder Fall, der vorkommen wird, wird ein Ausnahmefall werden. Deswegen gilt schon der erste Satz Ihres Antrags nicht.