Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will in Anbetracht der Kürze der Zeit darauf verzichten, auf das, was Sie, Herr Köhne, wieder einmal deutlich gemacht haben, näher einzugehen. Ich will nur wenige Sätze dazu sagen.
Wer die maroden Energieanlagen in der ehemaligen DDR von Halle bis nach Rostock besichtigt hat, der ist wirklich erstaunt, mit welcher Frechheit Sie hier auftreten und dann noch über Demokratie reden. Denken Sie doch einmal bitte daran, daß in Greifswald die Kernkraftwerke von Herrn Töpfer und nicht von der SED stillgelegt worden sind!
Damit ist das, was Sie hier gesagt haben, hinreichend relativiert.
Wenn man sich mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung und auch mit den konkurrierenden Gesetzentwürfen auseinandersetzt, dann wird deutlich, daß wir nicht nur einen Wettbewerb im Dienste der Wirtschaft und der Umwelt ausschreiben, sondern daß wir auch unter uns einen Wettbewerb haben. Dies geht natürlich nicht so, wie das hier zum Teil aus der Sicht der SPD und der Grünen geklungen hat, indem man sagt: Das, was ihr da vorlegt, wird all diesen Dingen, die wir machen wollen, nicht gerecht; denn nur unsere Lösung ist richtig.
Es gibt an den beiden Gesetzentwürfen eine Fülle von Kritik, und es gibt eine Fülle von Fragen, weil Ihre Gesetzentwürfe zentrale Fragen - wie der Wettbewerb sein soll, wie die Durchleitung funktionieren soll, wie der Vorrang aussehen soll - nicht beantworten. Wenn Sie wie wir durchaus der Meinung sind, daß die Monopole abgeschafft werden müssen und daß wir an die Stelle der Monopole den Wettbewerb setzen wollen, dann müssen Sie das stringent durchhalten. Die Gesetzentwürfe der Grünen und der SPD
Kurt-Dieter Grill
schaffen ein Mehr an Dirigismus und an staatlichen Eingriffen, anstatt die Monopole abzuschaffen.
Der zweite Punkt. Wenn man die Monopole so kritisiert, wie Sie das tun - manche machen das ja nur in Richtung PreußenElektra, Bayernwerk und andere große Unternehmen -, und wenn Sie dabei glaubwürdig sein wollen, dann müssen Sie auch die Monopole der kleinen Unternehmen auf der darunter liegenden Ebene genauso kritisch sehen, wie Sie die Monopole der großen anschauen; sonst wird die Frage des Wettbewerbs von Ihnen nicht glaubwürdig dargestellt. Die vorgelegten Alternativen der Opposition schaffen, wie gesagt, mehr Bürokratie und mehr Regelung. Sie liegen eher auf dem Wege zum staatlichen Dirigismus.
Bei allem Respekt vor hoheitlichen Aufgaben muß hier allerdings dann nicht nur die verfassungsrechtliche Frage der kommunalen Selbstverwaltung gestellt werden, gerade angesichts dessen, wie die SPD jetzt Regelungen mit Bezug auf die Gemeindeebene treffen will. Sie gehen nicht auf die verfassungsrechtlich garantierte Gewerbefreiheit ein, die für die Energieerzeugung gilt. Dieser Frage sind Sie ausgewichen. Sie beantworten sie nicht, bzw. Sie können sie auch gar nicht aushebeln - ich komme auf diesen Punkt wieder zurück -, weil das Recht auf Energieerzeugung dort abgesichert ist.
So sind also in einer bestimmten Art und Weise die Vorschläge der Opposition eine Verschlechterung des jetzigen Zustandes. Ich denke, daß das, was Sie hier vorgelegt haben, auch außer acht läßt, daß es nicht nur einen Wettbewerb um Lieferanten und Kunden, sondern auch einen Wettbewerb um die Technologien und ihre Anwendung gibt, also sozusagen einen inneren Wettbewerb, wenn ich das aus meiner Sicht beschreiben soll. Denn mit dem Weg in immer bessere und effizientere Stromerzeugungsanlagen - nehmen wir einmal die GuD-Kraftwerke - kann der einzelne heute im Grunde genommen mit der Eigenerzeugung sowohl gegen Stadtwerke, die zu teuer sind, als auch gegen die Stromlieferanten auf der Verteiler- und der Erzeugerebene selber Wettbewerb machen. Dieses wird bei der Betrachtung, die Sie anstellen, vollkommen außer acht gelassen.
Deswegen wird es also eben nicht nur den Wettbewerb um Lieferanten, Kunden oder Technik geben, sondern wir müssen auch - dies lösen wir in einem viel größeren Maße aus, als wir das offensichtlich heute glauben - den Wettbewerb von Energiesystemen in die Betrachtung miteinbeziehen. Das, was mit dem Wettbewerbsmodell der Bundesregierung und der sie tragenden Koalition ausgelöst wird, ist in dieser Debatte heute morgen meines Erachtens nicht hinreichend ausgeleuchtet worden, daß wir nämlich mit diesem Energiewirtschaftsgesetz nach einer Phase von Zentralisierung der Energieerzeugung in Deutschland eher den Weg in Richtung Dezentralisierung einläuten. Auch dies wirft eine Reihe von Fragen auf, die mit den Gesetzentwürfen nicht beantwortet werden. Ich verweise etwa auf die Frage der Versorgungssicherheit und die des Abbaus von Überkapazitäten.
Das Fazit ist, daß das vorgelegte Modell der Koalition selbst bei einer nicht ausdrücklichen Regelung der Durchleitung, unabhängig von dem, was Ernst Hinsken gesagt hat, das Modell ist, das die Monopole konsequent abschafft und damit auch der von Ihnen massiv vorgetragenen Kritik an den Monopolen viel eher gerecht wird als das, was Sie uns als Ersatz vorgelegt haben.
Beim SPD-Entwurf kann man das so beschreiben, daß man sagt: Es steht zwar Wettbewerb darüber, aber es ist kein Wettbewerb drin. Die Durchleitung ist zum Beispiel auch eine Frage, bei der die Verbändevereinbarungen auf dem Wege sind. Wenn Sie dann bei den Kommunen sogar noch eine Freistellung von § 1 des GWB vornehmen wollen, also sozusagen ein allgemeines Kartellaufsichtsverbot erlassen, dann ist es doch geradezu evident, daß Sie im kommunalen Bereich eher noch eine Verschärfung der Monopole herbeiführen, als daß Sie auch an dieser Stelle Wettbewerb stattfinden lassen.
Ich komme zu dem, Herr Schütz, was Sie gesagt haben. Ich denke, daß wir bei der Debatte über das Stromeinspeisungsgesetz eben nicht nur fragen müssen: Wie sieht das Stromeinspeisungsgesetz aus? Wir werden uns vielmehr auch die Frage stellen müssen, inwieweit es mit dem Energiewirtschaftsrecht kompatibel ist oder gemacht werden muß. Das sind doch Fragen, die wir offen angehen müssen. Seien Sie doch dankbar, wenn an dieser Stelle noch ein Stück Offenheit vorhanden ist! Es ist eben nicht nur eine willkürliche Belastung, von der Sie reden. Auch das, was Sie uns von der SPD als Verteilungsmodell vorgeben, entbehrt nicht einer gewissen Willkürlichkeit. Ich denke, daß wir in diesem Zusammenhang bei Ihnen doch einmal nachfragen müssen, wie denn der Vorrang vor allen anderen aussehen soll, wie denn der Netzzugang unentgeltlich gestaltet werden soll; ich erwähne hier die Abnahmepflicht durch die Netzbetreiber und die konkrete Vergütung.
Mit der Integration in das Energiewirtschaftsgesetz werfen Sie mehr Fragen auf, als Sie in diesem Zusammenhang an Antworten auf Probleme geben. Ich weise den Vorwurf zurück, wir hätten die Umwelt nicht hinreichend berücksichtigt. Das ist doch schlicht und einfach falsch. Das ist das erste Energiewirtschaftsgesetz der Bundesrepublik Deutschland, in das die Umwelt als gleichrangiges Ziel eingeführt wird.
Was wollen Sie denn eigentlich mehr? Das gilt sowohl für die Abwägung hinsichtlich der Einleitung und Durchleitung bei der Kraft-Wärme-Kopplung als auch hinsichtlich der erneuerbaren Energien. Hier ist auf Grund des Diskussionsprozesses sozusagen nachgerüstet worden. Daher können Sie nicht sagen, Umwelt und ökologische Orientierung seien nicht berücksichtigt.
Kurt-Dieter Grill
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch zwei Bemerkungen machen. Ich habe Ihren Gesetzentwurf bzw. den Vorlauftext einmal durchgelesen. Sie führen Dänemark an. Herr Schütz, wenn Sie über Dänemark reden, dann müssen Sie aber auch sagen, daß es in Dänemark zum Beispiel einen gespaltenen Strompreis gibt: günstiger für die Wirtschaft und teurer für den privaten Verbraucher.
Das steht in Ihrem Gesetz aber nicht. Sie haben vielmehr in allen Diskussionsbeiträgen so getan, als sei es unanständig, für die Industrie, und zwar für die Arbeitsplätze und für die Konkurrenzfähigkeit, günstigere Strompreise zu schaffen als für die nicht so effizienten Haushalte. Zu diesem Unterschied, den es in Dänemark gibt, haben Sie ausdrücklich nichts gesagt. Er kommt auch in Ihrer Begründung nicht vor.
Ich will noch etwas zur kommunalen Seite sagen. Die Kommunen haben es nicht verdient, daß Sie das Energierecht und die Energiepolitik - laut Ihren eigenen Aussagen - nicht im Sinne des Querverbundes und der Gewinne von Stadtwerken nutzen wollen. Statt dessen sagen Sie, die Kommunen sähen in der lokalen Energieversorgung die Chance, andere Geschäftsbereiche zu finanzieren und damit Aufgaben der Daseinsvorsorge im öffentlichen Interesse zu erfüllen. So werde oft der öffentliche Personennahverkehr über die Gewinne aus der Energieversorgung bezuschußt. Auch würden Schulen, Kindergärten und andere soziale Einrichtungen der Gemeinden aus diesen Gewinnen unterhalten. - Es kann doch nicht angehen, daß Sie uns ein Energiewirtschaftsgesetz vorlegen, dessen Ziel es ist, die sozialen Aufgaben der Kommunen zu finanzieren. So kommen Sie doch im Ergebnis dazu, daß Sie die mittelständische Wirtschaft und die Arbeitsplätze belasten und daß die Kosten nicht offen und ehrlich ausgewiesen sind. Dann dient der Stromverbrauch zur Finanzierung des Kindergartens.
Das kann nicht sein. Gewinne werden die Kommunen auch in Zukunft machen, meine Damen und Herren. Davon unbeschadet gibt es genügend Vertreter von Stadtwerken, die in Gesprächen mit uns gesagt haben: Befreit uns von unseren kommunalen Grenzen, und wir nehmen es mit RWE, PreussenElektra und den anderen Großen spielend auf. Geben wir also den Kommunen die Chance, im Wettbewerb mitzuhalten.