Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Matthäus-Maier, die CSU hat sich in den letzten Jahren sehr intensiv, aber auch kontrovers mit diesen Fragen beschäftigt. Es gibt ganz klare Entscheidungen im Vorstand und im Parteiausschuß. Wir haben einen eigenen Parteitag dazu durchgeführt, der mit einer Mehrheit von etwa 90 Prozent meine Haltung unterstützt hat.
- Frau Präsidentin, der Papagei ist wieder da. Es ist der gleiche Zuruf von der gleichen Seite.
Ich glaube, daß wir auch intern einen Beitrag zur Diskussion über ein schwieriges Thema erbracht haben. Ich empfehle jeder Partei: Die Dinge muß man noch viel breiter diskutieren, als wir es bisher getan haben.
Man kann die Menschen fragen und erhält von den meisten die Antwort: Sind Sie für Europa? - Ja! - Sind Sie für eine Friedenszone? - Ja! - Sind Sie der Meinung, daß Freiheit und Frieden in Deutschland nur über Europa erhalten werden können? - Ja! - Sind Sie der Meinung, daß wir Europa für unseren Export brauchen? - Ja! - Sind Sie der Meinung, daß ein Binnenmarkt sinnvoll und notwendig ist? - Ja! - Sind Sie der Meinung, daß am Ende eine Wirtschafts- und Währungsunion steht? - Ja! - Wenn dann ganz am Schluß die Frage kommt: Sind Sie bereit, dafür die D-Mark aufzugeben?, dann kommt die Antwort: Nein!
Damit müssen wir uns auseinandersetzen. Hier sind politische Führung und politische Aufklärung gefragt. Man wird neben den darstellbaren Vorzügen auch herausarbeiten müssen, was an Nachteilen für Deutschland, für die deutsche Volkswirtschaft und für die deutsche Politik entstehen kann, wenn ein solches Projekt scheitern sollte. Ich halte es für wichtig, diese möglichen Nachteile in allen Facetten und Tonarten darzustellen.
Ich habe zwar nicht alle Presseverlautbarungen verfolgt, aber ich denke, daß Sie sich immer für die Wirtschafts- und Währungsunion eingesetzt haben. Ich weiß sehr wohl zu schätzen, was das wert ist, wenn die großen demokratischen Parteien in Deutschland in einer solchen Frage grundsätzlich übereinstimmender Meinung sind. Sie wissen, daß es auch in Ihrer Partei unterschiedliche Vorstellungen
Bundesminister Dr. Theodor Waigel
gibt. Ihre Partei hat im letzten Jahr in Baden-Württemberg einen Wahlkampf teilweise mit diesem Thema geführt, was Ihnen aber keinen Erfolg gebracht hat.
Das sollte jedem zu denken geben und ihn zu dem Ergebnis führen, daß man mit einem solchen Thema nicht spielt.
Nun zu Ihnen, Herr Professor Haussmann.
- Entschuldigung, ich habe auf dem Rednerzettel Professor Haussmann gelesen. Ehre, wem Ehre gebührt. Sie haben ja auf Professor Faltlhauser Bezug genommen, also ein Dialog von Professor zu Professor, von Volkswirtschaftstheorie zu Volkswirtschaftstheorie.
Aber wenn Sie anregen, Herr Professor Haussmann, daß das im Bayerischen Landtag diskutiert werden soll, dann berücksichtigen Sie, daß dort die F.D.P. nicht vertreten ist.
Insofern ist es, glaube ich, ganz gut, Sie machen das hier und setzen sich mit Ihrem Volkswirtschaftskollegen Professor Faltlhauser telefonisch, brieflich oder sonstwie auseinander.
Jeder weiß: Über die Kriterien gibt es keinen Zweifel. Im Vertrag steht, daß die Kriterien dauerhaft erfüllt werden müssen.
Bei der Evaluierung der Ergebnisse Anfang 1998 sind also nicht nur eine zufällige Zielgenauigkeit 1997, sondern auch die Erfüllung der Kriterien in 1998, 1999 und danach von entscheidender Bedeutung.
Die Haltung der Bundesregierung zur Einführung des Euro ist bekannt. Sie hat sich in letzter Zeit auch nicht verändert. Aktuelle Äußerungen von dritter Seite zur Haltung der Bundesregierung in dieser Frage scheinen das zu verkennen. Das liegt offenbar an mangelnder Aufmerksamkeit in der Vergangenheit über die oftmals dargestellte Haltung der Bundesregierung zu diesem Thema. Ich habe zu dem Thema heute, letzten Montag und letzten Sonntag nichts anderes als einige Wochen zuvor, als einige Monate zuvor oder als vor ein oder zwei Jahren gesagt. Eigentlich wünscht man sich doch von einem Politiker, daß er über die ganze Zeit hinweg zum gleichen Thema das gleiche sagt.
Ich werde auch künftig das sagen, was ich in der Vergangenheit zu dem Thema gesagt habe.
Der Kreis der Erstteilnehmer an der Währungsunion wird so früh wie möglich im Jahre 1998 auf der Basis der Ist-Daten des Jahres 1997 festgestellt. Bevor diese Daten vorliegen, sind alle Aussagen über die Teilnehmer pure Spekulationen, an denen ich mich nicht beteiligen werde. Ich weise Ihren Vorwurf, Frau Kollegin Heyne, zurück, es solle etwas getan werden, um mißliebige Mitglieder herauszuhalten. Das ist eine Unterstellung.
Ich wünsche mir, daß so viele wie möglich dabei sind.
Aber wir sind es uns, der Stabilität und der Akzeptanz schuldig, daß zwar jeder die Chance hat, er die Bedingungen aber auch erfüllen muß. Die Entscheidung darüber trifft der Europäische Rat, das heißt die Staats- und Regierungschefs. Zuvor werden Bundestag und Bundesrat um ihr Votum gebeten.
Für die Entscheidung werden der Bericht der Kommission und insbesondere der Bericht des Europäischen Währungsinstitutes, der unter Mitwirkung der Bundesbank vorbereitet wird, vorliegen. Dabei wird, wie ich vorher sagte, insbesondere geprüft, ob ein hoher Grad an dauerhafter Konvergenz erreicht ist. Maßstab hierfür ist die Erfüllung der im MaastrichtVertrag formulierten Konvergenzkriterien, auf die schon eingegangen wurde. Wir haben immer gesagt - das war auch Meinung des Rats, des Ecofin und des Europäischen Währungsinstituts in Frankfurt -, daß auf eine „strikte und enge" Interpretation der Konvergenzkriterien geachtet wird.
Das ergibt sich aus der Vorgabe des Vertrages, wonach „ein hoher Grad an dauerhafter Konvergenz erreicht" sein muß. Diese Vorgaben haben uns auch der Deutsche Bundestag und der Bundesrat bei ihrer Zustimmung zum Maastricht-Vertrag gegeben. Auch das Bundesverfassungsgericht hat eine strikte und enge Interpretation der Kriterien gefordert. Sie wissen, Herr Haussmann, daß ein früher Ihren Reihen angehöriger und nun außerhalb Ihrer Partei agierender Politiker vor das Bundesverfassungsgericht gegangen ist. In einer bemerkenswerten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist der Vertrag für mit dem Grundgesetz in Einklang stehend befunden worden, allerdings mit Maßgaben und Kriterien, an die wir uns zu halten haben.
Es bleibt bei den im Vertrag festgelegten Regeln. Daraus ergibt sich meine schon häufig geäußerte Feststellung, die ich auch heute - wie so oft in den letzten zwei, drei Jahren - wiederhole: Die Konvergenz bestimmt den Zeitplan.
Das alles ist nicht neu. Neu ist nur die Aufgeregtheit, mit der diese klaren Aussagen bedacht werden. Sie sind deswegen so wichtig, damit keine falschen Erwartungen auf den Finanzmärkten entstehen. Auf
Bundesminister Dr. Theodor Waigel
den Finanzmärkten soll eine realistische Erwartung dessen herrschen, was auf Grund der Stabilitätspolitik der Länder möglich ist, von uns gewünscht wird und auch notwendig ist, um eine dauerhafte Wirtschafts- und Währungsunion in Europa zu gewährleisten.
Die Vorgaben des Vertrags von Maastricht und des von mir initiierten Stabilitäts- und Wachstumspakts sind ehrgeizig. Es sind bis dahin noch erhebliche Konsolidierungsanstrengungen erforderlich, auch in Deutschland. Der Kollege Haussmann hat darauf hingewiesen, daß wir es sehr begrüßen würden, wenn alle, die heute für Europa sprechen, bei den Konvergenzbemühungen und bei der Konsolidierung mitwirken würden.
Die Bundesregierung wird alles daransetzen, in der Haushaltsausführung 1997 unter Beweis zu stellen, wie sehr sie das Ziel nachhaltig gesunder Staatsfinanzen ernst nimmt. Das gleiche gilt für die anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Auch wenn jeder für sich selber in seinem ureigensten Interesse konsolidiert und versucht, die Kritieren zu erreichen: Ohne den Anstoß von Maastricht wäre es zu dieser Stabilitätskultur in ganz Europa nie gekommen. -
Auch das, meine ich, müßte man öfter, deutlicher und positiver herausstellen.
Die Diskussion des deutschen Konvergenzprogramms im Ecofin-Rat am letzten Montag hat gezeigt: Deutschland wird im Jahr 1997 das MaastrichtKriterium zum öffentlichen Defizit erfüllen. Trotz des Anstiegs der Arbeitslosigkeit zu Beginn des Jahres 1997 wird der Referenzwert mit 2,9 Prozent knapp unterschritten. Die aktuellen Entwicklungen geben keinen Grund, von dieser Prognose abzuweichen. Neueste Daten - Ausrüstungsinvestitionen, Auftragseingänge im verarbeitenden Gewerbe, Geschäftsklima - weisen deutliche Zuwachsraten aus. Die Wachstumsschätzung für 1997 ist mit real 2,5 Prozent realistisch angesetzt.
Nun werde ich nicht, wie mir unterstellt wurde, die Lasten der Aufarbeitung des Sozialismus in der DDR hier mit einrechnen. Aber es muß erlaubt sein, dies bei der Darstellung der Finanzkennziffern Deutschlands zu berücksichtigen.
Wenn ich Transfer Ost, Bahnschulden und die anderen Dinge, die wir in den letzten drei Jahren im Haushalt übernommen haben, berechne, dann komme ich auf 195,5 Milliarden DM; das sind 5,6 Defizitprozentpunkte. Wenn ich dann noch berücksichtige, daß wir jedes Jahr 22,5 Milliarden DM als Nettotransfer der EU zur Verfügung stellen, dann
brauchen wir uns unserer Finanzkennziffern nicht zu schämen. Wir erbringen unseren Beitrag.
Der Vorsitzende des Währungs- und Wirtschaftsausschusses hat bei der Diskussion des Konvergenzprogramms gesagt: Deutschland hat in den letzten Jahren Herausforderungen bewältigt wie keine andere Volkswirtschaft in der Welt,
hat Herausforderungen bewältigt, wie sie keine andere Volkswirtschaft in Europa bewältigt hätte. Ich meine, das muß man mit einbeziehen, wenn man der deutschen Situation hier bei uns und in Europa gerecht werden will.
Vielen Dank.