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    Plenarprotokoll 13/154 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 154. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 30. Januar 1997 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abgeordneten Erika Reinhardt, Regina Schmidt-Zadel und Dr. Willibald Jacob . 13809 A Erweiterung und Abwicklung der Tagesordnung 13809 B Absetzung des Punktes 11 von der Tagesordnung 13809 C Rücknahme einer Ausschußüberweisung 13809 D Nachträgliche Ausschußüberweisung . . 13809 D Begrüßung des Vorsitzenden des Parlaments von Georgien, Herrn Surab Schwanija, und seiner Delegation . . . 13833 D Tagesordnungspunkt 2: a) Erklärung der Bundesregierung: Deutsch-Tschechische Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Entwicklung . . . . 13810A b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Deutsch-Tschechische Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Entwicklung (Drucksache 13/6787) 13810 A c) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend - zu dem Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.: Verbesserung des Jugendaustausches zwischen Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik . . . 13810 A - zu dem Antrag der Abgeordneten Andrea Gysi, Heinrich Graf von Einsiedel, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Förderung des deutsch-tschechischen Jugendaustausches (Drucksachen 13/5542, 13/5579, 13/ 6595) 13810A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.: Deutsch-Tschechische Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Entwicklung (Drucksache 13/6848) 13810B Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 13810 B Rudolf Scharping SPD 13812 C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 13815 B Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13818D Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 13821 B Dr. Gregor Gysi PDS 13823 B Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 13825 C Günter Verheugen SPD 13828 D Dr. Theodor Waigel CDU/CSU 13831 C Markus Meckel SPD 13834 A Dr. Edmund Stoiber, Ministerpräsident (Bayern) 13835 C Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . 13837 D Namentliche Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD (Drucksache 13/6849) 13839 A Ergebnis 13839 B Namentliche Abstimmung über den Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der F.D.P. (Drucksache 13/6848) 13841 C Ergebnis 13842 A Zusatztagesordnungspunkt 2: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts (Reformgesetz) (Drucksachen 13/ 3994, 13/5057, 13/5663, 13/5679, 13/ 6825) 13844 C Erwin Marschewski CDU/CSU (Erklärung) 13844 C Zusatztagesordnungspunkt 3: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Regelung der Altschulden für gesellschaftliche Einrichtungen, zur Änderung des ErblastentilgungsfondsGesetzes und zur Änderung des Investitionsförderungsgesetzes Aufbau Ost (Drucksachen 13/6088, 13/6336, 13/ 6667, 13/6826) 13844 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS (Erklärung nach § 31 G0) 13845 A Tagesordnungspunkt 12: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europa-MittelmeerAbkommen vom 20. November 1995 zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Staat Israel andererseits (Drucksache 13/6616) 13846 A b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (Drucksache 13/6618) 13846 A c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften auf dem Gebiet der Energieeinsparung bei Haushaltsgeräten (Energieverbrauchskennzeichnungsgesetz) (Drucksache 13/6723) 13846 B d) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung des Nachweises der Eigentümerstellung und der Kontrolle von Luftfahrtunternehmen für die Aufrechterhaltung der Luftverkehrsbetriebsgenehmigung und der Luftverkehrsrechte (Luftverkehrsnachweissicherungsgesetz) (Drucksache 13/6820) . 13846 B e) Antrag der Abgeordneten Albert Schmidt (Hitzhofen), Steffi Lemke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Vorzeitige Realisierung und Finanzierung der Eisenbahnstrecke „Mitte-Deutschland-Linie" (Drucksache 13/4040) . . 13846 C f) Antrag der Abgeordneten Heidemarie Lüth, Dr. Heidi Knake-Werner, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Neuordnung der Ausbildung in den Altenpflegeberufen in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 13/6529) 13846 C g) Antrag der Abgeordneten Reinhold Hemker, Horst Sielaff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Berücksichtigung sozialer und ökologischer Mindeststandards in der EU- Bananenverordnung (Drucksache 13/ 6625) 13846 D h) Antrag des Bundesministeriums für Wirtschaft: Rechnungslegung über das Sondervermögen des Bundes „Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes" für das Wirtschaftsjahr 1995 (Drucksache 13/6700) . . . 13846 D Tagesordnungspunkt 13: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Revision des Übereinkommens vom 20. März 1958 über die Annahme einheitlicher Bedingungen für die Genehmigung der Ausrüstungsgegenstände und Teile von Kraftfahrzeugen und über die gegenseitige Anerkennung der Genehmigung (Drucksachen 13/5718, 13/6631) 13847 A b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 7. März 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Korea über den Luftverkehr (Drucksachen 13/4797, 13/6694) 13847 B c) Zweite Beratung und Schlußabstimmunung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 26. August 1994 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Sozialistischen Republik Vietnam über den Luftverkehr (Drucksachen 13/6167, 13/6745) . . . 13847 B d) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 16. November 1995 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Usbekistan über den Luftverkehr (Drucksachen 13/6168, 13/6746) 13847 C e) Bericht des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union gemäß § 93a Abs. 4 der Geschäftsordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Europäische Beobachtungsstelle für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit - Prüfung der rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen sowie der Beziehungen der Beobachtungsstelle zum Europarat - (Drucksachen 13/ 6129 Nr. 2.1, 13/6638) 13847 D f) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Mitteilung der Kommission „Initiative für den Ostseeraum" (Drucksachen 13/5555 Nr. 2.22, 13/ 6509) 13848A g) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr zu dem Antrag der Abgeordneten Albert Schmidt (Hitzhofen), Angelika Graf (Rosenheim) sowie weiterer Abgeordneter: Information der Bundesregierung für Urlauberinnen und Urlauber - Überarbeitung der „Ferienfahrt"-Broschüre (Drucksachen 13/4728, 13/6510) . . . 13848A h) bis m) Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses Sammelübersichten 135, 136, 162, 172, 173, 174 zu Petitionen (Drucksachen 13/5136, 13/5137, 13/6328, 13/6740, 13/6741, 13/6742) 13848B Tagesordnungspunkt 3: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Michaele Hustedt, Dr. Jürgen Rochlitz, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz (Stromeinspeisungsgesetz) (Drucksache 13/2684) 13848 D b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz (Stromeinspeisungsgesetz) (Drucksache 13/5357 [neu]) 13849A Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13849 B Dr. Peter Ramsauer CDU/CSU 13849 C Claus Möller, Minister (Schleswig-Holstein) 13851D, 13862 C Paul K. Friedhoff F.D.P 13853 A Rolf Köhne PDS 13854 A Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi 13854 D Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13855D, 13859 A Dietmar Schütz (Oldenburg) SPD . . . . 13856 C Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU . 13858 A Dr. Hermann Scheer SPD 13859 C Kurt-Dieter Grill CDU/CSU . . 13860D, 13862 C Eckart Kuhlwein SPD 13862 B Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 13863 A Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde betr. Risiken der Transrapid-Finanzierung 13863 C Gila Altmann (Aurich) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13863 C Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . 13864 C Elke Ferner SPD 13866 B Horst Friedrich F.D.P. 13867 B Dr. Dagmar Enkelmann PDS 13868 C Matthias Wissmann, Bundesminister BMV 13869 C Kristin Heyne BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13871 C Hans Georg Wagner SPD 13873 A Dr. Dionys Jobst CDU/CSU 13874 A Eckart Kuhlwein SPD 13875 C Dr. Berndt Seite, Ministerpräsident (Mecklenburg-Vorpommern) 13876 B Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU 13877 D Klaus Hasenfratz SPD 13879 A Werner Kuhn CDU/CSU 13880 B Tagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Otto Schily, Dr. Helmut Lippelt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD, der Abgeordneten Joseph Fischer (Frankfurt), Kerstin Müller (Köln) und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Entschädigung für die Opfer des Nationalsozialismus in den osteuropäischen Staaten (Drucksache 13/6844) 13881 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Bernd Reuter, Hermann Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Bundesstiftung „Entschädigung für NS-Unrecht'' (Drucksache 13/6824) 13881 D Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13882 A Heinz-Jürgen Kronberg CDU/CSU . . 13883 C Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13884A, 13894 B Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13884D, 13888D, 13890D Siegfried Vergin SPD 13885 C Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 13887 A Dr. Wilfried Penner SPD 13887 C Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU 13887 D Ulla Jelpke PDS 13889 D Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. . . . . . 13890 C Heinz-Jürgen Kronberg CDU/CSU . 13891 A Uta Titze-Stecher SPD 13891 C Irmgard Karwatzki, Parl. Staatssekretärin BMF 13893 C Tagesordnungspunkt 5: a) Große Anfrage der Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig, Andrea Fischer (Berlin), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Effizienz des Hauptstadtumzugs - Teil I Bauplanung (Drucksachen 13/4123, 13/6594) 13895 A b) Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer, Franziska EichstädtBohlig, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Effizienz des Hauptstadtumzugs - Teil II: Verwaltungsreform, Personalkonzept, Wohnungsfürsorge (Drucksachen 13/4731, 13/6627) 13895 A c) Antrag der Abgeordneten Oswald Metzger, Franziska Eichstädt-Bohlig, Dr. Antje Vollmer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Einsetzung eines Sonderausschusses BerlinUmzug (Drucksache 13/3989) . . . . 13895 B d) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zu dem Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.: Ökologische Konzepte für die Parlaments- und Regierungsbauten in Berlin (Drucksachen 13/3042, 13/5156) 13895 B e) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht zum Stand der Maßnahmen der Bundesregierung zum Umzug nach Berlin und zum Ausgleich für die Region Bonn (Ducksache 13/5371) . . 13895 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Klaus-Jürgen Warnick, Hanns-Peter Hartmann, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Arbeitsaufnahme des Deutschen Bundestages ab 1. Mai 1999 in Berlin (Drucksache 13/6821) . . . . 13895 C Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13895D, 13905 B Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. . 13896 B Peter Conradi SPD 13896 D Brigitte Baumeister CDU/CSU . . . 13897 B Dr. -Ing. Dietmar Kansy CDU/CSU . . 13898D Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . 13899A, 13903C, 13904 B, 13911 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 13900 A Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . 13901 A Ulrich Heinrich F D P. 13903 B Klaus-Jürgen Warnick PDS 13905 B Brigitte Baumeister CDU/CSU 13906 C Peter Conradi SPD 13908 A Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 13910 A Tagesordnungspunkt 6: a) Antrag der Abgeordneten Klaus Lennartz, Dr. Marliese Dobberthien, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Minimierung hormonell wirkender Chemikalien, die ins Wasser gelangen (Drucksache 13/4786) . . . . 13913 A b) Antrag der Abgeordneten Dr. Jürgen Rochlitz, Gila Altmann (Aurich), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Maßnahmen gegen eine Umweltgefährdung durch hormonell wirksame Chemikalien (Drucksache 13/6146) 13913 A Klaus Lennartz SPD 13913 B Dr. Harald Kahl CDU/CSU 13915 A Dr. Jürgen Rochlitz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13916B Günther Bredehorn F.D.P. 13917 B Eva Bulling-Schröter PDS 13918 A Walter Hirche, Parl. Staatssekretär BMU 13918 C Tagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Albert Schmidt (Hitzhofen), Gila Altmann (Aurich), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Novellierung des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm (Drucksache 13/6346) 13919 C Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 13919D Peter Letzgus CDU/CSU 13921 A Monika Ganseforth SPD 13922 B Horst Friedrich F.D.P. 13924 A Dr. Dagmar Enkelmann PDS 13925 A Walter Hirche, Parl. Staatssekretär BMU 13925 D Tagesordnungspunkt 8: Bericht des Rechtsausschusses gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu dem von den Abgeordneten Dr. UweJens Heuer, Klaus-Jürgen Warnick und der Gruppe der PDS eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zum verbesserten Schutz der Nutzerinnen und Nutzer von Grundstücken in den neuen Bundesländern (Nutzerschutzgesetz) (Drucksachen 13/2822, 13/6819) . . 13926D Horst Eylmann CDU/CSU 13927 A Hans-Joachim Hacker SPD 13927 D Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 13929 C Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . 13930A Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 13930 D Dr. Michael Luther CDU/CSU 13932 A Zusatztagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Amateurfunk (Amateurfunkgesetz) (Drucksache 13/ 6439) 13933 B Dr. Paul Laufs, Parl. Staatssekretär BMPT 13933 C Gerhard Rübenkönig SPD 13934 B Dr. Hermann Pohler CDU/CSU 13935 C Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13936 C Dr. Max Stadler F.D.P. 13937 C Nächste Sitzung 13938 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 13939* A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Jürgen Augustinowitz, Wilhelm Dietzel, Manfred Grund und weiterer Abgeordneter der Fraktion der CDU/CSU zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.: Deutsch-Tschechische Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Entwicklung (Zusatztagesordnungspunkt 1) . . . 13939* C Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Renate Blank, Dr. Wolfgang Bötsch, Dr. Alfred Dregger und weiterer Abgeordneter der Fraktion der CDU/CSU zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.: Deutsch-Tschechische Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Entwicklung (Zusatztagesordnungspunkt 1) 13941* A Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Albert Deß, Dr. Wolfgang Götzer, Susanne Jaffke und weiterer Abgeordneter der Fraktion der CDU/CSU zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.: Deutsch-Tschechische Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Entwicklung (Zusatztagesordnungspunkt 1) . . . 13942* A Anlage 5 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.: Deutsch-Tschechische Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Entwickung (Zusatztagesordnungspunkt 1) Klaus Dieter Reichardt (Mannheim) CDU/ CSU 13943 D Dr. Michael Meister CDU/CSU 13944* A Dr. Dietrich Mahlo CDU/CSU 13944* B Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Ludwig Elm, Wolfgang Bierstedt, Petra Bläss und weiterer Abgeordneter der Gruppe der PDS zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.: Deutsch-Tschechische Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Entwicklung (Zusatztagesordnungspunkt 1) 13944* C 154. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 30. Januar 1997 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andres, Gerd SPD 30. 1. 97 * Antretter, Robert SPD 30. 1. 97 * Behrendt, Wolfgang SPD 30. 1. 97 * Bindig, Rudolf SPD 30. 1. 97 * Blunck, Lilo SPD 30. 1. 97 * Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 30. 1. 97 * Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 30. 1. 97 Harmut Buntenbach, Annelie BÜNDNIS 30. 1. 97 90/DIE GRÜNEN Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 30. 1. 97 * Hartenbach, Alfred SPD 30. 1. 97 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 30. 1. 97 Horn, Erwin SPD 30. 1. 97 * Hornung, Siegfried CDU/CSU 30. 1. 97 * Dr. Jacob, Willibald PDS 30. 1. 97 Kolbow, Walter SPD 30. 1. 97 ** Leidinger, Robert SPD 30. 1. 97 Lenzer, Christian CDU/CSU 30. 1. 97 * Marten, Günter CDU/CSU 30. 1. 97 * Dr. Probst, Albert CDU/CSU 30. 1. 97 * Purps, Rudolf SPD 30. 1. 97 Reuter, Bernd SPD 30. 1. 97 Saibold, Halo BÜNDNIS 30. 1. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Scheer, Hermann SPD 30. 1. 97 * Schild, Horst SPD 30. 1. 97 Schloten, Dieter SPD 30. 1. 97 * von Schmude, Michael CDU/CSU 30. 1. 97 * Dr. Schnell, Emil SPD 30. 1. 97 Siebert, Bernd CDU/CSU 30. 1. 97 * Terborg, Margitta SPD 30. 1. 97 * Tröscher, Adelheid SPD 30. 1. 97 Türk, Jürgen F.D.P. 30. 1.97 Vosen, Josef SPD 30. 1. 97 Zierer, Benno CDU/CSU 30. 1. 97 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates * * für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Jürgen Augustinowitz, Wilhelm Dietzel, Manfred Grund, Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), Dr. Gerhard Päselt, Dr. Peter Paziorek, Wolfgang Steiger (alle CDU/CSU) zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.: Deutsch-Tschechische Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Entwicklung (Zusatztagesordnungspunkt 1) Zu der gemeinsamen Deutsch-Tschechischen Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Entwicklung vom 21. Januar 1997 stellen wir fest: Gutnachbarliche Beziehungen zwischen Deutschland und seinen östlichen Nachbarn sind engagiertes Anliegen deutscher Politik und auch der aus ihrer Heimat vertriebenen Deutschen, damit vergangenes Leiden zukünftigen Generationen nicht widerfahren möge. Das tschechische und das deutsche Volk haben über Jahrhunderte hinweg friedlich und freundschaftlich miteinander und nicht nur nebeneinander gelebt. Durch tragische politische Ereignisse und Unrecht von beiden Seiten verkehrte sich in diesem Jahrhundert dieses Miteinander ins Gegenteil, was zu einer verhängnisvollen Entwicklung in der Zeit nach 1918 bis zum Jahre 1938, zwischen 1938 und 1945 und nach 1945 führte. Als Deutsche, die wissen, daß die Vertreibung gesamtdeutsches Schicksal war und ist, fühlen wir uns dem Werk der Verständigung zwischen den Völkern Europas in besonderer Weise verpflichtet, insbesondere auch dem deutsch-tschechischen Miteinander. Die Sudetendeutschen haben in der Vergangenheit engagiert dazu beigetragen, den Teufelskreis von Haß und Gewalt in Europa zu durchbrechen, und den Menschen, die sie vertrieben, die Hand zur Versöhnung schon früh gereicht. Die vielfachen Kontakte bei den jährlich Hunderttausenden von Besuchsreisen Sudetendeutscher in ihre Heimat und die Millionen DM an Spenden, die vertriebene Sudetendeutsche für die Restaurierung und den Wiederaufbau von Kirchen oder anderen Kulturdenkmälern in Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien aufgebracht haben, beweisen, daß Aussöhnung und Verständigung zwischen den Menschen gelebte Praxis ist. Auf dieser Basis sind seit dem Fall des Eisernen Vorhanges viele persönliche Bindungen zwischen Sudetendeutschen und Tschechen entstanden und auch ein oft freundschaftliches Miteinander. Wir sind der festen Auffassung, daß unabhängig von diesem positiven Prozeß Aussöhnung und Verständigung über die offizielle Ebene nur zu erreichen sein wer- den, wenn beiderseits der geschichtlichen Wahrheit Raum gegeben wird. Wir stellen fest, daß die gemeinsame Erklärung eine politische Absichtserklärung der Regierungen ist, die die Gültigkeit von Verträgen und von individuellen Rechtsansprüchen nicht berührt und zu den offenen Fragen des deutsch-tschechischen Verhältnisses keine abschließenden Regelungen enthält. Wir teilen die Auffassung von Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl, daß es zwischen Deutschland und der Tschechischen Republik noch eine Menge Probleme gibt, die mit dem Text der gemeinsamen Erklärung nicht angesprochen und auch nicht erledigt sind. Wir bedauern jedoch, daß in dieser Erklärung - die tschechische Seite die Vertreibung der Sudetendeutschen als Ganzes nicht eindeutig und klar als Verbrechen verurteilt, sondern nur deren Folgen bedauert, - die tschechische Seite nicht in der Lage ist, in der tschechischen Fassung den Begriff „Vertreibung" mit derselben Vokabel („vyhnáni") zu bezeichnen, die im deutsch-tschechoslowakischen Nachbarschaftsvertrag von 1992 verwendet wurde, sondern einen abschwächenden Begriff bei der Übersetzung des Begriffes „Vertreibung" benutzt, - das den Sudetendeutschen zustehende Menschenrecht auf die Heimat keinen Eingang in die gemeinsame Erklärung gefunden hat, - die Erklärung den deutsch-tschechischen Geschichtsverlauf nicht korrekt und vollständig wiedergibt; für die Entwicklung mitursächliche historische Vorgänge aus der Zeit nach 1918 sind unterschlagen und Ereignisse des Jahres 1938 nicht den Tatsachen entsprechend wiedergegeben worden, - die tschechische Seite zu keiner ausreichenden Distanzierung von den sogenannten Beneš-Dekreten mit ihren Enteignungs- und Entrechnungsmaßnahmen gegenüber den Sudetendeutschen bereit war und das Totalamnestiegesetz vom 8. Mai 1946 mit seiner Ex-tunc-Straffreistellung begangener und bereits abgeurteilter Verbrechen an Deutschen nicht aufgehoben hat, obwohl dieses mit den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit und den Menschenrechten unvereinbar ist, - eine Möglichkeit zur Lösung individueller Eigentums- und Vermögensansprüche nicht einmal in Form einer symbolischen Geste von tschechischer Seite in Aussicht gestellt wird. Wir verkennen darüber hinaus nicht, daß die Beratungen im Vorfeld der Deutsch-Tschechischen Erklärung einen Prozeß des Nachdenkens und auch des Erkennens in der Tschechischen Republik ausgelöst haben, der positiv für die Zukunft sein kann, und sehen als Fortschritte in der vorliegenden gemeinsamen Erklärung an: - Die tschechische Seite bedauert erstmals das Leid und das Unrecht, das durch die Vertreibung der Sudetendeutschen, deren Enteignung und die kollektive Schuldzuweisung entstanden ist. Erstmals rückt die tschechische Seite in einer politischen Erklärung von dem sogenannten Amnestiegesetz ab, das Verbrechen an Sudetendeutschen für straffrei erklärt. - Die gemeinsame Erklärung, insbesondere Ziffer VI, und der begleitende Briefwechsel können einen ersten Schritt bedeuten, vertriebenen Sudetendeutschen eine Möglichkeit zu eröffnen, unter Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit wieder in ihrer angestammten Heimat zu leben. - Mit dem deutsch-tschechischen Gesprächsforum werden vielfältige Gelegenheiten zur Begegnung und zum partnerschaftlichen Dialog geschaffen, wobei insbesondere die Sudetendeutschen einbezogen werden müssen. - Der deutsch-tschechische Jugendaustausch ist im Vorfeld der gemeinsamen Erklärung auf eine neue Grundlage gestellt worden und soll weiter intensiviert werden. Dies greift u. a. auch die Forderung der Sudetendeutschen Jugend auf, deren Einbeziehung hier besondere Bedeutung zukommt. Wir, die wir der gemeinsamen Deutsch-Tschechischen Erklärung wegen ihrer Mängel nicht zuzustimmen vermögen und uns somit der Stimme enthalten, erwarten für die Zukunft folgendes: - Einen Prozeß der offenen und ehrlichen Aufarbeitung gemeinsamer Geschichte. - Die Sudetendeutschen und ihre Vertreter müssen in den offiziellen Dialog zwischen Deutschen und Tschechen auf den verschiedensten Ebenen eingebunden werden. - Bei Maßnahmen, die aus den Mitteln des Zukunftsfonds finanziert werden, müssen auch sudetendeutsche Projekte und insbesondere solche Sudetendeutsche berücksichtigt werden, die von der Vertreibung besonders schwer und nachhaltig betroffen wurden. - Die in ihrer angestammten Heimat verbliebenen Sudetendeutschen müssen ihre kulturelle und sprachliche Identität bewahren und ihre Volksgruppen- und Bürgerrechte einschließlich ihrer Eigentumsrechte ohne Einschränkung wahrnehmen können. - Für das unveräußerliche Heimatrecht der Sudetendeutschen müssen in der weiteren Ausgestaltung der deutsch-tschechischen Beziehungen vor allem im Vorfeld einer Mitgliedschaft der Tschechischen Republik in der EU konkrete Möglichkeiten der Verwirklichung geschaffen werden. Vor dem Hintergrund, daß die Sudetendeutschen bereits im Jahr 1949, wenige Jahre nach ihrer Vertreibung, in der sogenannten „Eichstätter AdventsDeklaration" erklärt haben, „nicht Vergeltung, sondern Gerechtigkeit" anzustreben, sich also zu einem christlich-humanistischen Europa, zu Menschenrechten und zum Weltfrieden bekannt haben, und angesichts der vielfältigen individuellen Verständigungsarbeit der Betroffenen hoffen wir, daß rund 50 Jahre nach der Vertreibung und rund acht Jahre nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Herrschaft die Zeit dafür reif ist, die noch ungelösten Fragen zum deutsch-tschechischen Verhältnis schrittweise im Wollen einer gemeinsamen Zukunft beider Völker in einer gesamteuropäischen Union zu für alle Seiten befriedigenden Lösungen zu gelangen. Das aber wird nur gelingen, wenn Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit keine Einbahnstraßen sind. In Abwägung all dieser Gesichtspunkte ist uns wegen der Schwächen der Deutsch-Tschechischen Erklärung einerseits und unseres Eintretens für Versöhnung und Zusammenarbeit andererseits weder eine Zustimmung noch eine Ablehnung dieser Erklärung möglich. Somit haben wir uns der Stimme enthalten. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Renate Blank, Dr. Wolfgang Bötsch, Dr. Alfred Dregger, Maria Eichhorn, Herbert Frankenhauer, Dr. Gerhard Friedrich, Erich G. Fritz, Michaela Geiger, Norbert Geis, Michael Glos, Dr. Wolfgang Götzer, Wolfgang Gröbl, Gerda Hasselfeldt, Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach), Ernst Hinsken, Josef Hollerith, Georg Janovsky, Helmut Jawurek, Bartholomäus Kalb, Peter Keller, Hartmut Koschyk, Rudolf Kraus, Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg), Eduard Lintner, Sigrun Löwisch, Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn), Friedrich Merz, Hans Michelbach, Elmar Müller (Kirchberg), Dr. Gerd Müller, Eduard Oswald, Dr. Bernd Protzner, Hans Raidel, Dr. Peter Ramsauer, Otto Regenspurger, Roland Richter, Dr. Klaus Rose, Dr. Christian Ruck, Heinz Schemken, Gerhard Scheu, Dietmar Schlee, Christian Schmidt (Fürth), Horst Seehofer, Marion Seib, Heinz-Georg Seiffert, Carl-Dieter Spranger, Bärbel Sothmann, Max Straubinger, Matthäus Strebl, Dr. Klaus-Dieter Uelhoff, Alois Graf von Waldburg-Zeil, Dr. Theodor Waigel, Dr. Jürgen Warnke, Dagmar Wöhrl, Wolfgang Zeitlmann, Wolfgang Zöller (alle CDU/CSU) zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.: Deutsch-Tschechische Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Entwicklung (Zusatztagesordnungspunkt 1) Zu der gemeinsamen Deutsch-Tschechischen Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Entwicklung vom 21. Januar 1997 stellen wir fest: Erstens. Gute nachbarschaftliche Beziehungen zwischen Deutschland und seinen östlichen Nachbarn sind unser zentrales Anliegen. In den vergangenen sieben Jahren ist die deutsch-tschechische Verständigung entscheidend vorangekommen und vollzieht sich auf allen Ebenen. In vielfachen menschlichen Begegnungen sind gerade von den Sudetendeutschen Brücken in die Zukunft gebaut worden. Wir erwarten, daß die Sudetendeutschen und ihre offiziellen Vertreter jetzt auch von seiten des tschechischen Staates und seiner Regierung in den Versöhnungsprozeß und den Dialog miteinbezogen werden. Die Deutsch-Tschechische Erklärung bedeutet weder Schlußstrich noch Abschluß im deutsch-tschechischen Verhältnis. Sie ist eine politische Absichtserklärung der Regierungen, die die Gültigkeit von Verträgen und individuellen Rechtsansprüchen nicht berührt und zu den offenen Fragen des deutsch-tschechischen Verhältnisses keine abschließende Regelung enthält. Zweitens. Die Darstellung der historischen Abläufe in der Erklärung ist nicht vollständig. Die Geschichte hat nicht erst 1938 begonnen. In der Erklärung wird die Vertreibung klar beim Namen genannt. Im deutschen Text wird das Wort „Vertreibung" benutzt. In der tschechischen Version hat man zu einem ungebräuchlicheren Begriff Zuflucht genommen, der übersetzt allerdings auch „Vertreibung" bedeutet. Drittens. Das Recht auf die Heimat ist durch die Erklärung nicht verwirklicht. Wir anerkennen allerdings, daß durch die Erklärung und den dazugehörigen Briefwechsel Wege zu einem Daueraufenthaltsrecht in der Tschechischen Republik eröffnet werden, wodurch auch Eigentumserwerb möglich wird. Wir erwarten, daß in der weiteren Ausgestaltung der deutsch-tschechischen Beziehungen vor allem im Vorfeld der Mitgliedschaft der Tschechischen Republik in der EU weitere konkrete Möglichkeiten zur Verwirklichung des Heimatrechts folgen. Viertens. Die Erklärung kann in die Zukunft weisen, wenn sie im Sinne der Versöhnung, der Gerechtigkeit und der historischen Wahrheit ausgelegt wird. Die Erklärung spricht klar aus, daß durch die Vertreibung unschuldigen Menschen viel Leid und Unrecht zugefügt wurde. Vertreibung läßt sich durch nichts rechtfertigen. Die Vertreibung der Sudetendeutschen war völkerrechtswidriges Unrecht. Die Erklärung bezeichnet auch die Folgen der Vertreibung, Enteignung und Ausbürgerung, als Quelle von Leid und Unrecht unschuldiger Menschen. Wir begrüßen dies als Distanzierung von den sogenannten Beneš-Dekreten. Erstmals bedauert die tschechische Seite explizit den kollektiven Charakter der Schuldzuweisung an die Sudetendeutschen. Mit Genugtuung sehen wir, daß sich die Tschechische Republik vom sogenannten Amnestiegesetz von 1946 distanziert und dessen rechtsstaatswidrigen Kern bloßlegt, der im Klima des Hasses und der Revanche der Nachkriegszeit wurzelt. Die Erklärung bedeutet keine Billigung der nach dem Krieg erlassenen tschechoslowakischen Gesetze, die sich auf die Vertreibung der Sudetendeutschen beziehen, oder die Anerkennung der auf deren Grundlage ergangenen Rechtsprechung. Fünftens. Wir begrüßen die Schaffung eines deutsch-tschechischen Zukunftsfonds, aus dem Projekte gemeinsamen Interesses finanziert werden sollen, insbesondere die Jugendbegegnung und ein deutsch-tschechisches Gesprächsforum. Der Ausgestaltung dieser Zukunftsprojekte kommt für das deutsch-tschechische Verhältnis entscheidende Bedeutung zu. Die Sudetendeutschen müssen darin einen nach Geschichte und Tradition angemessenen Platz finden. Die Mittel des Zukunftsfonds müssen auch den Anliegen der Sudetendeutschen zugute kommen. Aus den Mitteln des Zukunftsfonds sollten auch Projekte finanziert werden, die Sudetendeutschen zugute kommen, die von der Vertreibung besonders schwer und nachhaltig betroffen wurden. Wir begrüßen die im Verlauf der Verhandlungen erreichten substantiellen Verbesserungen der Erklärung und werden den weiteren Prozeß der Versöhnung konstruktiv begleiten. Wir werden auch weiterhin mit ganzer Kraft für die berechtigten Anliegen unserer sudetendeutschen Landsleute eintreten. Die Annäherung der Tschechischen Republik an EU und NATO muß genutzt werden, Lösungen für noch offene Fragen zu finden. Angesichts der vielfältigen individuellen Verständigungsarbeit der Betroffenen hoffen wir, daß rund 50 Jahre nach der Vertreibung und rund acht Jahre nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Herrschaft die Zeit dafür reif ist, für die noch offenen Fragen im deutsch-tschechischen Verhältnis schrittweise für alle Seiten befriedigende Lösungen zu erreichen. Das aber wird nur gelingen, wenn Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit der Maßstab sind. In der Absicht zu einer gemeinsamen Zukunft in Europa beizutragen, stimmen wir der deutsch-tschechischen Erklärung trotz ihrer Schwächen zu. Dr. Wolfgang Bötsch Dr. Alfred Dregger Maria Eichhorn Herbert Frankenhauer Dr. Gerhard Friedrich Erich G. Fritz Michaela Geiger Norbert Geis Michael Glos Wolfgang Gröbl Gerda Hasselfeldt Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) Ernst Hinsken Helmut Jawurek Bartholomäus Kalb Peter Keller Hartmut Koschyk Rudolf Kraus Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Eduard Lintner Sigrun Löwisch Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn) Friedrich Merz Hans Michelbach Elmar Müller (Kirchberg) Eduard Oswald Dr. Bernd Protzner Hans Raidel Otto Regenspurger Roland Richter Dr. Klaus Rose Dr. Christian Ruck Heinz Schemken Gerhard Scheu Dietmar Schlee Christian Schmidt (Fürth) Horst Seehofer Marion Seib Heinz-Georg Seiffert Carl-Dieter Spranger Bärbel Sothmann Max Straubinger Matthäus Strebl Dr. Klaus-Dieter Uelhoff Alois Graf von Waldburg-Zeil Dr. Theodor Waigel Dr. Jürgen Warnke Dagmar Wöhrl Der Interpretation und Bewertung der DeutschTschechischen Erklärung schließen wir uns an und unterstützen die darin ausgedrückten Erwartungen an die künftigen deutsch-tschechischen Beziehungen. In Abwägung des Leides und Unrechts, das durch Vertreibung den Sudetendeutschen geschehen ist, können wir wegen der Schwächen der DeutschTschechischen Erklärung nicht zustimmen. Renate Blank Dr. Wolfgang Götzer Josef Hollerith Dr. Gerd Müller Dr. Peter Ramsauer Wolfgang Zeitlmann Wolfgang Zöller Georg Janovsky Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Albert Deß, Dr. Wolfgang Götzer, Susanne Jaffke, Dr. Egon Jüttner, Heinrich Lummer, Rudolf Meinl, Angelika Pfeiffer, Erika Reinhardt, Dr. Erich Riedl (München), Kurt J. Rossmanith, Johannes Singhammer, Erika Steinbach, Dr. Fritz Wittmann (alle CDU/CSU) zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.: Deutsch-Tschechische Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Entwicklung (Zusatztagesordnungspunkt 1) Zu der gemeinsamen Deutsch-Tschechischen Erklärung über die gegenseitige Beziehungen und deren künftige Entwicklung vom 21. Januar 1997 stellen wir fest: Das deutsche und das tschechische Volk haben über Jahrzehnte hinweg friedlich und freundschaftlich miteinander gelebt. Durch tragische politische Ereignisse zerbrach dieses Miteinander nach 1918. Seit dem Fall des Eisernen Vorhanges sind Aussöhnung und Verständigung zwischen Deutschen und Tschechen mehr und mehr gelebte Praxis in vielfachen menschlichen Begegnungen. Insbesondere die Sudetendeutschen haben sich in herausragender Weise für Hilfen und den Wiederaufbau ihrer alten Heimat in Böhmen, Mähren oder Sudetenschlesien engagiert. Die Deutsch-Tschechische Erklärung ist dieser Entwicklung nicht hilfreich und enttäuscht insbesondere die Hoffnungen der Sudetendeutschen auf Gerechtigkeit. Dauerhafter Rechtsfrieden erfordert von beiden Seiten die Bereitschaft zum Geben und Nemen. Die Erklärung enthält diesbezüglich gravierende Defizite, die durch eine wirkliche Beteiligung der Sudetendeutschen hätten vermieden werden können: - Entgegen der von beiden Seiten bekundeten Überzeugung, daß „Unrecht nicht ungeschehen gemacht, sondern allenfalls gemildert werden kann" (Einleitung), fehlt jeder Ansatz zu einer Aufarbeitung des Unrechts der Vertreibung als solcher von über 3 Millionen Sudetendeutschen und ihrer fortwirkenden Folgen. Physische und psychische Spätfolgen systematischer Mißhandlungen, teilweise jahrelanger Internierung und Zwangsarbeit unter unwürdigen Bedingungen werden übergangen. Die entschädigungslosen Vermögensentziehungen werden in ihrer Völkerrechtswidrigkeit ignoriert. - Das Bekenntnis der deutschen Seite „zur Verantwortung Deutschlands für seine Rolle in einer historischen Entwicklung, die zum Münchener Abkommen von 1938, der Flucht und Vertreibung von Menschen aus dem tschechoslowakischen Grenzgebiet sowie zur Zerschlagung und Besetzung der Tschechoslowakei geführt hat" (II), verschweigt die inneren Entwicklungen der CSR von 1918 bis 1938 mit der systematischen Diskriminierung und Majorisierung der Deutschen, Slowaken und Madjaren. - Die Aussage, daß „jede Seite ihrer Rechtsordnung verpflichtet bleibt und respektiert, daß die andere Seite eine andere Rechtsauffassung hat" (IV), wirkt erschütternd auf das Rechtsbewußtsein vieler Menschen, weil dadurch der Anschein erweckt wird, die völkerrechtswidrige Vertreibung und die Enteignungen der Sudetendeutschen sowie die Feststellung, daß die Straftaten gegen Deutsche, Ungarn u. a. „nicht rechtswidrig" seien, würden hingenommen. - Die Erklärung läßt in allen Teilen jeden Respekt vermissen gegenüber tschechischen Vertretern nonkonformer Anschauungen, zu deren nobelsten Vertretern die Repräsentanten des demokratischen tschechischen Exils, die schon 1950 mit den vertriebenen Sudetendeutschen das in die Zukunft weisende Wiesbadener Abkommen unterzeichneten, gehören und zu denen auch lange Zeit Václav Havel zu zählen war. - Die gemeinsame Erklärung, daß Deutschland und die Tschechische Republik „ihre Beziehungen nicht mit aus der Vergangenheit herrührenden politischen und rechtlichen Fragen belasten werden" (IV), klammert reale Probleme und fortwirkendes Unrecht aus. Es ist ein nicht auflösbarer Widerspruch, wie die parlamentarische Billigung der Erklärung zu vereinbaren sein soll mit der einstimmig angenommenen Entschließung des Deutschen Bundestages vom 23. Juni 1994 (BT-Drucksache 12/3369) mit dem dort enthaltenen Auftrag an die Bundesregierung, ,,... sich für die bessere Durchsetzung der bestehenden völkerrechtlichen Schutzmechanismen vor Vertreibung einzusetzen; ... über die Durchsetzung des Rückkehrrechts in die Heimat hinaus Möglichkeiten zu prüfen, wie Wiedergutmachungs- und Entschädigungsverpflichtungen der Vertreiber geregelt werden können ... " Der Prozeß der Aussöhnung und Verständigung zwischen Deutschen und Tschechen hat in den vergangenen Jahren im Wege der „Volksdiplomatie" auch durch viele praktische Initiativen Sudetendeutscher in ihrer Heimat entscheidende Fortschritte gemacht. Dies zu ermutigen sollte als politische Aufgabe verstanden werden. Hierzu mögen die von Deutschland und der Tschechischen Republik beabsichtigte Schaffung eines gemeinsamen Fonds, über dessen konkrete Ausgestaltung die Bundesregierung mit den Sudetendeutschen sprechen sollte, sowie die Bildung eines ständigen Gesprächsforums für alle interessierten, zu ehrlichem Dialog bereiten Gruppen Beiträge leisten. Dazu gehören die Sudetendeutschen. Der Auf- und Ausbau des deutsch-tschechischen Jugendaustausches ist zu begrüßen und wurde schon seit Jahren von der Sudetendeutschen Jugend gefordert. Insgesamt überwiegen die schweren Bedenken gegen den Gesamtwortlaut der Erklärung, die wir daher ablehnen. Anlage 5 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.: Deutsch-Tschechische Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Entwicklung (Zusatztagesordnungspunkt 1) Klaus Dieter Reichardt (Mannheim) (CDU/CSU): Der Deutsch-Tschechischen gemeinsamen Erklärung stimme ich zu. Für die Zukunft der Beziehungen beider Staaten sind aus meiner Sicht folgende Ziele anzustreben: erstens die Fortsetzung einer umfassen- den, offenen und ehrlichen Aufarbeitung gemeinsamer Geschichte; zweitens die kontinuierliche Einbeziehung der Sudetendeutschen und ihrer Vertreter in den offiziellen Dialog zwischen Deutschen und Tschechen auf den verschiedensten Ebenen. Drittens. Bei Maßnahmen, die aus Mitteln des Zukunftsfonds finanziert werden, sind sudetendeutsche Projekte schwerpunktmäßig zu berücksichtigen, insbesondere solcher Sudetendeutscher, die von der Vertreibung schwer und nachhaltig betroffen wurden. Viertens. Die in ihrer angestammten Heimat verbliebenen Sudetendeutschen sollen dahingehend unterstützt werden, ihre kulturelle und sprachliche Identität zu bewahren und ihre Volksgruppen- und Bürgerrechte einschließlich ihrer Eigentumsrechte ohne Einschränkung wahrnehmen zu können. Fünftens. Für das Heimatrecht der Sudetendeutschen sind in der weiteren Ausgestaltung der deutsch-tschechischen Beziehungen, vor allem im Zuge einer Mitgliedschaft der Tschechischen Republik in der EU, konkrete Möglichkeiten der Verwirklichung bald zu schaffen. Dr. Michael Meister (CDU/CSU): Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen, daß die Aussöhnung zwischen ehemals befeindeten Nationen mit der Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung nicht abgeschlossen werden kann. Deshalb verstehe ich diese Erklärung als Basis, auf der sich nun der weitere Aussöhnungsprozeß vollziehen kann. Der Text dieser Deutsch-Tschechischen Erklärung läßt für viele Bürgerinnen und Bürger wichtige Fragen offen. Zentrale Ereignisse unserer gemeinsamen Vergangenheit können wohl erst im Rahmen des weiteren Aussöhnungsprozesses , insbesondere zwischen den Menschen unserer beiden Staaten, einer gemeinsamen Position zugeführt werden. Die Deutsch-Tschechische Erklärung findet in der vorgelegten Form deshalb vor allem aus grundsätzlichen und staatspolitischen Erwägungen meine Zustimmung. Die Tatsache, daß dem Parlament der Inhalt der Erklärung erst zu einem Zeitpunkt bekannt wurde, als Änderungen nicht mehr möglich waren, hat meine Entscheidung für ein positives Votum nicht erleichtert. Dr. Dietrich Mahlo (CDU/CSU): Ich vermag der Deutsch-Tschechischen Erklärung meine Zustimmung nicht zu geben, weil sie die Geschichte durch Weglassungen zugunsten einer Seite beschönigt und andauernde Rechtsverletzungen - namentlich die eigentumsrechtliche Diskriminierung auch solcher Sudetendeutscher, die seit Jahrzehnten die tschechische Staatsangehörigkeit besitzen - nicht anspricht. Wenn ich gleichwohl auch nicht gegen die Erklärung stimme, will ich damit zum Ausdruck bringen, daß mir die Hoffnung auf ein nachbarschaftliches, gleichberechtigtes Miteinander in einem gemeinsamen zukünftigen Europa letztlich wichtiger ist als alle Vergangenheitsbewältigung. Ich werde mich daher der Stimme enthalten. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Ludwig Elm, Wolfgang Bierstedt, Petra Bläss, Eva Bulling-Schröter, Maritta Böttcher, Dr. Dagmar Enkelmann, Dr. Uwe-Jens Heuer, Gerhard Jüttemann, Dr. Christa Luft, Dr. Günther Maleuda, Christina Schenk, Dr. Winfried Wolf, Gerhard Zwerenz (alle PDS) zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.: Deutsch-Tschechische Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Entwicklung - Drucksache 13/6848 - (Zusatztagesordnungspunkt 1) Wir enthalten uns der Stimme. Die Deutsch-Tschechische Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Entwicklung ist das Ergebnis langwieriger Verhandlungen und Gespräche. Diese wurden und werden von Auseinandersetzungen begleitet, die die nachwirkenden Konflikte und Probleme der Vergangenheit ebenso wie andauernde Unterschiede der Interessen, der Sichtweisen und der politischen Bestrebungen in und zwischen beiden Ländern widerspiegeln. Beiderseitige Bemühungen sowohl um das schließliche Zustandekommen der Erklärung als auch um ihre hauptsächlichen Leitsätze für eine friedliche und gehjenseitig fruchtbare Gestaltung der Zusammenarbeit sprechen für das Dokument. Zu würdigen sind insbesondere die Geduld und das weitreichende Entgegenkommen der tschechischen Partner. Andererseits verbieten uns wesentliche Einschränkungen und kritikwürdige Momente eine Zustimmung. Sie gehen vor allem von deutscher Seite aus und entspringen einem zwiespältigen Umgang mit den Ereignissen und Erfahrungen der Geschichte beider Länder und Europas überhaupt im 20. Jahrhundert. Dazu gehören insbesondere: die fehlende Bereitschaft der Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland, endlich ebenso wie die Signatarstaaten England und Frankreich das Münchner Abkommen von 1938 als von Anfang an null und nichtig zu erklären und das Potsdamer Abkommen der vier Hauptmächte der Anti-Hitler-Koalition von 1945 als eine legitime und wesentliche Ausgangsposition und Grundlegung für das Europa der Nachkriegszeit, der Gegenwart und der Zukunft anzuerkennen; die unzureichend eindeutige historische, politische und moralische Charakteristik der entscheidenden Rolle und Verantwortung Nazideutschlands bei der Vorbereitung und Durchführung der verbrecherischen Aggression gegen die damalige Tschechoslowakei und zahlreiche weitere europäische Länder. Die damit verbundenen Verbrechen gegen die Menschheit wie jahrelange Besatzung und Terror, Diskriminierung, Deportation, Zwangsarbeit und massenhafter Mord werden insgesamt und insbeson- dere im Verhältnis zur Beschreibung von späteren Rechtsverletzungen und Vergehen von tschechischer Seite nicht hinreichend benannt. Es ist unumgänglich, die auch in der DDR fälschlicherweise jahrzehntelang tabuisierten Ausschreitungen der bei der Durchführung der von den alliierten Siegermächten beschlossenen Aus- und Umsiedlung von Deutschen aus der damaligen Tschechoslowakei aufzuarbeiten und kritisch zu beurteilen. Die darüber hinausgehende Kritik an innen- und rechtspolitischen Entscheidungen dieses Landes nach 1945 erscheint als unangemessen, wenn nicht gleichzeitig jahrelang schwerwiegende Versäumnisse der BRD bei der Aufklärung und Sühne von Nazi- und Kriegsverbrechen - nicht zuletzt in den zwischen 1938 und 1945 besetzten Ländern - benannt werden. Schließlich und vor allem ist das Ausbleiben einer überfälligen Regelung der individuellen Entschädigungs- und Wiedergutmachungsansprüche tschechischer NS-Opfer und die in der Erklärung ebenfalls fehlende, für dauerhaft gutnachbarliche Beziehungen jedoch unverzichtbare Anerkennung der Tatsache zu nennen, daß die nach 1945 in der Tschechischen Republik entstandenen Eigentumsverhältnisse nicht mehr rückgängig zu machen sind. Wesentliche Erwartungen und nach mehr als einem halben Jahrhundert überfällige Regelungen werden mit der vorliegenden Erklärung nicht erfüllt. Die dafür vorhandenen Chancen wurden nicht genutzt. Die an den oben genannten Defiziten geübte Kritik begründet und verdeutlicht, warum uns eine Zustimmung zu dem erreichten Kompromiß nicht möglich ist. Das schließt durchaus den Respekt gegenüber jenen Politikern, politischen Gruppierungen und Bürgern der Tschechischen Republik ein, die im Interesse der Orientierung auf eine friedvolle und kooperative Zukunft beider Länder eigene begründete Bedenken und Vorbehalte zurückgestellt haben, aber auch gegenüber jenen, die aus ähnlichen Beweggründen die Erklärung ablehnen. Dem übergeordneten Ziel friedlicher und gutnachbarlicher Beziehungen ist auch unser hiermit begründetes Abstimmungsverhalten verpflichtet.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Klaus Lennartz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer es wagt, Umweltrisiken offen anzusprechen, muß wissen, daß er von dieser Regierung nicht gerade mit Begeisterungsstürmen aufgenommen wird. Dann spult diese Koalition immer das gleiche Ritual ab: Zunächst wird versucht, das Problem zu verniedlichen oder gar zu ignorieren. Wächst der öffentliche Druck und zwingt zur Stellungnahme, beruft man sich gerne auf fehlende 100prozentige wissenschaftliche Beweise, um die eigene Untätigkeit unter Beweis zu stellen.
    Dies war in der letzten Umweltdebatte über den Elektrosmog so und wird sich nach dem altbekannten Muster wiederholen; vielleicht mit einem kleinen Unterschied: Der Presse ist es zu verdanken, daß die drohende Gefahr für die Menschen durch hormonell wirkende Chemikalien stärker ins Zentrum des öffentlichen Bewußtseins und Interesses gerückt ist. Renommierten Zeitungen und Nachrichtenmagazinen war die Kleine Anfrage der SPD allemal eine Titelgeschichte wert. Bei der Bundesregierung ruft sie lediglich ein Achselzucken hervor. Doch, sehr verehrter Herr Staatssekretär, dem öffentlichen
    Druck wird sich Ihre Umweltministerin, ob sie will oder nicht, stellen müssen.
    Jahr für Jahr gehen in Deutschland allein 20 Millionen Packungen mit Antibabypillen über den Ladentisch, 700 000 Tonnen Waschmittel fließen jährlich in unsere Abwässer, und 28 000 Tonnen Pestizide werden im Jahr auf ein Drittel der Gesamtfläche Deutschlands versprüht. Die in diesen Produkten enthaltenen hormonell wirkenden Substanzen können in den Kläranlagen auch modernster Art nicht abgebaut werden. Sie gelangen beispielsweise über das Uferfiltrat wieder in unser Trinkwasser, in ländlich geprägten Gebieten in die Trinkwasserbrunnen.
    Insgesamt werden 100 000 Industriechemikalien europaweit in die Gewässer gespült, in die Luft geblasen und auf Feldern versprüht. Alljährlich kommen tausend neue Chemikalien hinzu. Nur wenn man weiß, wonach man sucht, wird man auch etwas finden. Aus diesem Grunde müssen sämtliche Inhaltsstoffe offengelegt werden.

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [PDS])

    Wir schwimmen in einem Meer von Östrogenen und Umweltgiften, deren Gefahren für die Menschen wir heute nur erahnen können. Wir stehen am Anfang eines Dramas; der Vorhang beginnt sich gerade erst zu heben.
    Es klingt vielleicht bei dem einen oder anderen lächerlich, aber unter hormonellen Gesichtspunkten ist es wahr: Jeder Mann hier und außerhalb dieses Plenums ist nur halb soviel Mann wie sein eigener Großvater. Das gilt auch für Herrn Kansy, der hier intensiv seine Gespräche führt. Nun sind schlaffe Typen in der Politik keine Seltenheit. Man sehe sich nur diese Regierung an, bezogen auf die Arbeitslosigkeit, dann wissen Sie, wovon ich rede.
    Diese Aussage aber klingt weniger lächerlich, wenn man weiß: Allein in den letzten zehn Jahren ist die Zahl der Spermien von 45 bis 60 Millionen pro Milliliter auf 20 bis 30 Millionen pro Milliliter im Durchschnitt bei allen deutschen Männern gesunken. Dies ist ein alarmierender Trend, der leider weltweit überall Bestätigung findet. Man muß sich deshalb ernsthaft und ohne Panikmache der Frage annehmen, ob der männliche Teil der Bevölkerung in einigen Jahren überhaupt noch zeugungsfähig ist. Ich weiß, daß das für den einen oder anderen etwas lächerlich klingt. Aber es sind nun einmal Fakten und Tatsachen, an denen wir nicht vorbeigehen können. Und Sie, meine Damen, gehen bitte davon aus, daß Sie nicht ausschließen können, von diesen hormonellen Wirkungen demnächst ebenfalls betroffen zu sein. Das wissen wir noch nicht.

    (Lachen bei der F.D.P.)

    Lassen Sie mich einen Vergleich aus dem Tierreich nehmen: Ein Veterinär jedenfalls würde schon heute jeden Zuchtbullen mit diesem Spermiogramm sofort

    Klaus Lennartz
    notschlachten. Das können Sie gerne auf sich beziehen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der PDS)

    Als Ursachen des Spermienrückgangs sind Umweltgifte mit östrogener Wirkung benannt. Die verniedlichende Erklärung, zu enge Beinkleidung sei ein Grund, was gerne von der F.D.P. formuliert wurde, ist damit vom Tisch. Wir wissen heute nicht, was wir morgen wissen werden. Aber mit etwas gesundem Menschenverstand läßt sich ein UrsacheWirkungs-Geflecht heute schon erkennen. Das ist annähernd genug. Das können auch Sie nicht vom Tisch wischen.
    Obwohl die Wissenschaftler erst jetzt beginnen, sich mit den gesundheitlichen Folgen östrogener Stoffe zu befassen, zeigen erste Studien an Mensch und Tieren eine Verbindung zwischen hormonell wirkenden Chemikalien und ihren unzähligen Auswirkungen auf. Studien aus vielen Teilen der Welt über die Verweiblichung männlicher Vögel, Reptilien und Fische sprechen eine deutliche Sprache. Weltweit registrieren Wissenschaftler unter Männern eine Zunahme von Hodenanomalitäten, Mißbildungen im Genitalbereich, eine Verschlechterung der Qualität und Quantität von Spermien sowie eine Zunahme von Prostatakrebs. Wie ich eben bereits sagte: Keiner kann ausschließen, ob nicht ähnlich gefährliche hormonelle Wirkungen auch bei Frauen auftreten können.
    Hormonell wirksame Substanzen sind allgegenwärtig. Wir essen sie, wir trinken sie und wir atmen sie ein. Synthetische Hormone begegnen uns in Konservendosen und Kronkorken ebenso wie in Lebensmittelverpackungen, Reinigungs- und Waschmitteln sowie in vielen fetthaltigen Lebensmitteln. Ein privater Vorsorgeschutz ist angesichts der Vielzahl der Substanzen für die Bevölkerung schlichtweg unmöglich.
    Von vielen dieser chemischen Stoffe geht eine akute Vergiftungsgefahr aus. Das ist richtig. Aber der ständige Nachschub aus Nahrung und Trinkwasser sorgt für eine gleichbleibend hohe Konzentration im menschlichen Körper, die sich auf das menschliche Hormonsystem negativ auswirkt.
    Besorgniserregend ist auch, daß die Ansammlung mehrerer hormonähnlicher Stoffe selbst in geringen Konzentrationen verheerende Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann. Ich erinnere insbesondere an den Trend der zunehmenden Verschlechterung der Körperabwehrkräfte und die Defekte im Immunsystem. Ich glaube, es ist auch in diesem Hause kein Geheimnis mehr, daß 30 Millionen Deutsche an Allergien oder Asthma leiden. Diese Schäden sind das alarmierendste Warnsignal für die Gefahren, die von den Umweltbelastungen auf die Menschen ausgehen.
    Dabei kann vorbeugender Gesundheits- und Umweltschutz Kosten drastisch reduzieren helfen. Allein in Deutschland betrugen 1994 die Ausgaben für den Gesundheitssektor 460 Milliarden DM. Vielleicht sollte sich Gesundheitsminister Seehofer das einmal vor Augen führen, bevor er den Kranken in die Tasche greift. Die Ursache muß behandelt werden und nicht ihre Auswirkungen.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Vernetztes Denken ist hier gefragt, nicht End-of -the-
    pipe-Denken.
    Doch diese Regierung übt sich in Wohlgefälligkeit und ignoriert jegliche Maßnahme zum vorbeugenden Gesundheitsschutz. Ich nenne ein Beispiel: Ende 1995 teilte der Parlamentarische Staatssekretär Walter Hirche auf meine Frage mit - man höre genau zu! -, daß die östrogene Wirkung von Stoffen bisher kein Kriterium bei der Bewertung des Gefährdungspotentials für die menschliche Gesundheit darstelle. Das war die Auskunft im Oktober 1995.
    Meine Damen und Herren, von den 100 000 im Umlauf befindlichen Chemikalien sind bisher nur 0,1 Prozent - sprich: 100 - auf ihre hormonelle Wirkung untersucht worden. Vor diesem Hintergrund verwundert die Aussage von Herrn Hirche allerdings nicht. Sie ist ein Ausdruck von Ignoranz und dreister Verharmlosung.
    Die Nationale Akademie der Wissenschaften in den USA hat ein Expertengremium zur Bewertung dieser Bedrohungen mit einem umfangreichen Forschungsprogramm eingerichtet. Herr Staatssekretär, Sie wollen doch nicht sagen, daß es sich dort um reine Phantasten handele, die diese Auskünfte erteilt haben - im Gegensatz zu Ihnen. Glauben schützt vor Schaden nicht. Wir sind es uns, unseren Kindern und den zukünftigen Generationen schuldig, sofort geeignete Maßnahmen für den Gesundheitsschutz zu treffen.
    Hormonelle Veränderungen sind ein längerer Prozeß. Sie können nicht wie das Licht mit dem Schalter gestoppt werden. Der Schutz von Leben und Gesundheit muß vor Geschäfts- und Gewinninteressen absoluten Vorrang haben. In einem beunruhigenden Ausmaß ist diese Regierung allerdings der Auffassung, daß Chemikalien so lange unschuldig sind, bis man ihre Schuld bewiesen hat. Dieses Denken hat Menschen immer krank gemacht oder krank werden lassen und hat zahllose Ökosysteme ruiniert.
    Schadstoffe kennen keine Staatsgrenzen. Wir haben es hier mit einem globalen Problem zu tun. Internationale Anstrengungen sind deshalb notwendig, um die Situation in den Griff zu bekommen. Solange von den Produzenten und Anwendern nicht sichergestellt werden kann, daß chemische Substanzen für Mensch und Natur unbedenklich sind, muß das Prinzip der Eintragsvermeidung gelten. Darüber hinaus müssen flächendeckende Untersuchungen des Trinkwassers auf das Vorkommen hormonell wirksamer Stoffe durchgeführt und die Forschungsaktivitäten auf diesem Gebiet vorangetrieben werden.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt keine Gesellschaft, die völlig frei von Risiken ist. Aber wir alle haben ein Recht darauf, die Substanzen zu kennen, denen wir und unsere Kinder ausgesetzt

    Klaus Lennartz
    sind. Wir haben ein Recht darauf, daß wir uns an dem Prinzip Verantwortung orientieren. Nirgendwo ist erkennbar, daß diese Herausforderung vor dieser Bundesregierung auch nur ansatzweise begriffen wird und daß sie sich ihr stellt.
    Nur wenn wir die Vermeidung von Umweltgiften als Chance für eine gesicherte Zukunft begreifen, als Chance für eine ökologische und wirtschaftliche Zukunft, kann eine sinnvolle Umweltpolitik über Partei- und Ländergrenzen hinweg betrieben werden. Dafür steht Ihnen die Sozialdemokratische Partei Deutschlands zur Verfügung.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD und der PDS sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Rede von Michaela Geiger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Harald Kahl.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Harald Kahl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Spätestens nach dem Chemieunfall von Lake Apopka in Florida, bei dem 1981 das Insektizid Dicofol in größeren Mengen in den See gelangte und man bei darin lebenden Alligatoren Geschlechtsanomalien und gehäufte Krebserkrankungen feststellte, wurde die Öffentlichkeit für dieses Thema sensibilisiert.
    Im gleichen Jahr trat eine amerikanische Forschergruppe mit der Feststellung an die Öffentlichkeit, daß in schadstoffbelasteten amerikanischen Seen auffällige Störungen der Fortpflanzungsfähigkeit sowie des Sexual- und Brutpflegeverhaltens bei Fischen, Vögeln, Reptilien und Säugern auftreten. Stakkebaek und Mitarbeiter kamen bei ihren Studien 1992 in Kopenhagen zu dem Ergebnis, daß bei Untersuchungen menschlicher Spermien in allen Erdteilen die mittlere Spermiendichte in den Jahren von 1938 bis 1990 von durchschnittlich 113 Millionen auf 66 Millionen je Milliliter Samenflüssigkeit abgenommen habe. Erstmals führten Stakkebaek und Sharpe aus Edinburgh dieses Phänomen auf die mögliche Einwirkung östrogenartig wirkender Chemikalien zurück. Bis heute ist das eine Hypothese, der eine Reihe von Untersuchungen mit gegensätzlicher Aussage gegenüberstehen. So untersuchte der amerikanische Forscher Harry Fisch eingefrorene Samenproben von 1 283 Männern in den Jahren von 1970 bis 1994. Resultat: Eine geringe Zunahme der Spermienzahl. Sein Kollege Paulsen fand bei 510 jungen Männern in Seattle von 1972 bis 1993 eine Vermehrung der Samenfäden um 10 Prozent. Anfang 1996 verglich er von mehr als 1 200 Männern aus New York, Minnesota und Los Angeles deren Spermienzahl. Siehe da, es gab ein Ergebnis von 131 Millionen, 101 Millionen und 73 Millionen.
    Professor Alexander Lerche vom Institut für Reproduktionsmedizin der Universität Münster stellt alle bisher genannten Zahlen in Zweifel. Sein Petitum: Es ist kein Vergleich möglich zwischen den Spermienzählverfahren mit dem Mikroskop und den computergestützten Zählverfahren. Die modernen Verfahren kommen auf wesentlich geringere Zahlen.
    Es gibt erhebliche regionale Unterschiede. So haben zum Beispiel die Finnen im Durchschnitt eine höhere Spermiendichte als die Engländer. Weiterhin spielen die Jahreszeit der Probennahme sowie die Anzahl der Tage sexueller Enthaltsamkeit vor der Samenspende eine Rolle.

    (Günther Bredehorn [F.D.P.]: Tatsächlich?)

    Von der Universität Münster zur Untersuchung verschickte Ejakulatproben ergaben in verschiedenen Laboratorien Unterschiede bis zu 70 Prozent.
    Auch die Biologin Theodora Alborn, heute bei der US-Abteilung des World Wide Fund for Nature, räumt ein: Direkt nachweisbar sei der Zusammenhang mit den hormonähnlich wirkenden Chemikalien und der Umwelt nicht.
    Aus dem Gesagten wird deutlich: Wir bewegen uns bei diesem Thema wissenschaftlich noch auf sehr dünnem Eis. Fest steht aber auch: Es gibt keine wissenschaftlich belastbaren Beweise, die einen Zusammenhang zwischen einer endokrinen Wirkung von Chemikalien und einer bisher nicht eindeutig bewiesenen absinkenden Spermiendichte bei Männern, bei Geschlechtsanomalien oder Krebshäufigkeiten herzustellen erlauben.
    Zudem ist die Frage zu stellen: Haben sich unsere Lebensgewohnheiten und Umwelteinflüsse nicht generell geändert? Sind bestimmte Einzelbefunde nicht das Ergebnis eines Geschehens, an dem eine Vielzahl von Einzelfaktoren sich letztlich addieren, multiplizieren oder gar potenzieren?
    Tatsache ist - und das bestreitet keiner -: Es gibt weltweit auf diesem Gebiet erhebliche Wissenslücken. Weil dem so ist, hat die Bundesregierung in Wahrnehmung ihrer Vorsorgepflicht gehandelt, um die mögliche Gefahr, die von bestimmten endokrin wirksamen Substanzen ausgehen kann, zu minimieren. So wurden bereits im Juli 1989 zu PCB und im Dezember 1989 zu PCP Verbotsregelungen erlassen, die deutliche Wirkungen gezeigt haben. Gemäß Chemikaliengesetz bestehen für neue Stoffe sowohl in der Grundstufe als auch für Stufe 1 und für Stufe 2 Prüfverpflichtungen hinsichtlich fortpflanzungsgefährdender Wirkungen mit der 7. Änderung der Richtlinie 67/769 EWG.
    Nach Inkrafttreten der EU-Altstoffverordnung werden alle vor dem Jahr 1981 in Verkehr gebrachten sogenannten alten Stoffe systematisch bewertet und toxikologisch untersucht. Wegen der großen Anzahl wird die Prüfung noch längere Zeit in Anspruch nehmen. Deutschland setzt sich weiterhin im Rahmen des OECD-Prüfrichtlinienprogramms für eine schnelle Etablierung einfacherer und kostengünstiger Prüfmethoden ein.
    Darüber hinaus stellt das BMU im Rahmen des Umweltforschungsplanes für ein Forschungsvorhaben „Chemikalien in der Umwelt und Wirkung auf das endokrine System" über drei Jahre jährlich 1,5 Millionen DM zur Verfügung. Schwerpunkte dabei sind erstens die Darstellung der Expositionssitua-

    Dr. Harald Kahl
    tion und Abschätzung der Exposition natürlichen bzw. synthetischen Ursprungs, zweitens die Wirkung dieser Stoffe auf Mensch und Tier und drittens die Ermittlung der Inzidenz bestimmter Krankheiten des Menschen, die mit den Umwelthormonen in Zusammenhang gebracht werden.
    Der Dachverband der europäischen chemischen Industrie CEFIC teilt die geäußerte Besorgnis über bestimmte Chemikalien. Auch er vertritt die Auffassung, daß die Forschung auf diesem Gebiet intensiviert werden muß. Nur umfassende wissenschaftliche Untersuchungen, die bisherige Ergebnisse kritisch hinterfragen, und nicht vorschnelle Schlüsse, die zu unangebrachtem Aktionismus führen, haben letztlich Aussicht auf Erfolg.
    Im Rahmen eines EU-weiten Forschungsprogramms der CEFIC mit einem Mitteleinsatz von 11 Millionen ECU soll das Problem europaweit angegangen werden. Es nur aus Sicht endokrin wirkender Chemikalien zu betrachten hieße, den Gesichtskreis einzuengen. Gegenstand der Diskussion muß dabei auch die Exposition durch natürliche Stoffe mit endokriner Wirkung in der Nahrung sein.
    Ich fasse zusammen: Die mögliche Gefährdung von Mensch und Tier durch endokrin wirksame Chemikalien ist ein sehr ernstzunehmendes Thema, bei dem es erhebliche Wissenslücken gibt. Überlegungen über angemessene Maßnahmen bei möglichen Risiken können nur auf der Grundlage von wissenschaftlich belegten Fakten erfolgen. Dazu ist die Forschung weltweit zu intensivieren; die Bundesregierung ist daran maßgeblich beteiligt.
    Nicht blinder Aktionismus führt zur Lösung des Problems, sondern politisches Handeln auf der Grundlage wissenschaftlich belastbarer Forschungsergebnisse. Zur Festlegung von Grenzwerten fehlt gegenwärtig noch der wissenschaftliche Hintergrund. Ein deutscher Alleingang auf diesem Gebiet ist aus meiner Sicht nicht zielführend.

    (Klaus Lennartz [SPD]: Ach, Herr Kollege!)

    Wer in der Öffentlichkeit Hypothesen als wissenschaftlich belastbare Beweise verkauft, handelt genauso fahrlässig wie jener, der dieses Problem herunterspielt. Wir von der CDU/CSU-Fraktion tun beides nicht.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)