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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/152 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 152. Sitzung Bonn, Freitag, den 17. Januar 1997 Inhalt: Tagesordnungspunkt 11: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Jürgen Rochlitz, Gila Altmann (Aurich), weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz des Bodens (Drucksache 13/5203) 13709 A b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz des Bodens (Drucksache 13/6701) 13709 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Eva BullingSchröter, Dr. Günther Maleuda, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Eckpunkte für ein Gesetz zum Schutz des Bodens (Drucksache 13/ 6715) 13709 B Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMU 13709 C Dr. Angelica Schwall-Düren SPD . . . 13712 D, 13727 B Dr. Jürgen Rochlitz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13715 C Birgit Homburger F D P. 13717 B Wolfgang Bierstedt PDS 13719 C Christa Reichard (Dresden) CDU/CSU . 13721 A Ursula Burchardt SPD 13723 A Steffen Kampeter CDU/CSU . . 13725 A, 13727 D Ulrike Mehl SPD 13728 B Tagesordnungspunkt 12: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes (Drucksache 13/6617) 13729 D b) Antrag der Fraktion der SPD: Einsetzung einer Gemeinsamen Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen (Drucksache 13/5776 [neu]) 13729 D c) Unterrichtung durch den Bundesrat: Einsetzung einer Gemeinsamen Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen (Drucksache 13/5760) . . . 13720 D Hansgeorg Hauser, Parl. Staatssekretär BMF 13730 A Jochen Welt SPD 13731 D Gisela Frick F.D.P. 13733 C Joachim Poß SPD 13734 B, 13741 B Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13735D, 13740 B Gisela Frick F.D.P. 13736 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 13738 C Wolf-Michael Catenhusen SPD . . . 13739 B Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/CSU 13739 D Johannes Selle CDU/CSU 13740 B Dieter Grasedieck SPD 13742 B Heinz-Georg Seiffert CDU/CSU . . . 13744 A Zusatztagesordnungspunkt 14: Aktuelle Stunde betr. Visumspflicht für Kinder und Jugendliche aus NichtEU-Staaten 13745 D Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13746 A Erwin Marschewski CDU/CSU 13747 A Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . . 13747 D Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. . . 13749 A Manfred Kanther, Bundesminister BMI 13750 C Dietmar Schlee CDU/CSU 13752 A Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13753 A Ruprecht Polenz CDU/CSU 13754 A Nächste Sitzung 13755 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 13757 A* Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 14 (Aktuelle Stunde zur Visumspflicht für Kinder und Jugendliche aus Nicht-EU-Staaten) Ulla Jelpke PDS 13757 C * Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 13758 B * 152. Sitzung Bonn, Freitag, den 17. Januar 1997 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bachmaier, Hermann SPD 17. 1. 97 Behrendt, Wolfgang SPD 17. 1. 97 * Berger, Hans SPD 17. 1. 97 Borchert, Jochen CDU/CSU 17. 1. 97 Caspers-Merk, Marion SPD 17. 1. 97 Duve, Freimut SPD 17. 1. 97 Ernstberger, Petra SPD 17. 1. 97 Eßmann, Heinz Dieter CDU/CSU 17. 1. 97 Francke (Hamburg), CDU/CSU 17. 1. 97 Klaus Freitag, Dagmar SPD 17. 1. 97 Gloser, Günter SPD 17. 1. 97 Glücklich, Wilma CDU/CSU 17. 1. 97 Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 17. 1. 97 Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 17. 1. 97 Frhr. von Hammerstein, CDU/CSU 17. 1. 97 Carl-Detlev Dr. Hauchler, Ingomar SPD 17. 1. 97 Dr. Heuer, Uwe-Jens PDS 17. 1. 97 Janovsky, Georg CDU/CSU 17. 1. 97 Kronberg, Heinz-Jürgen CDU/CSU 17. 1. 97 Krüger, Thomas SPD 17. 1. 97 Limbach, Editha CDU/CSU 17. 1. 97 Mattischeck, Heide SPD 17. 1. 97 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 17. 1. 97 Müller (Völklingen), SPD 17. 1. 97 Jutta Neumann (Bremen), CDU/CSU 17. 1. 97 Bernd Oesinghaus, Günther SPD 17. 1. 97 Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 17. 1. 97 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 17. 1. 97 Hermann Reschke, Otto SPD 17. 1. 97 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 17. 1. 97 Schaich-Walch, Gudrun SPD 17. 1. 97 Schily, Otto SPD 17. 1. 97 Schumann, Ilse SPD 17. 1. 97 Stiegler, Ludwig SPD 17. 1. 97 Tippach, Steffen PDS 17. 1. 97 Tröger, Gottfried CDU/CSU 17. 1. 97 Tröscher, Adelheid SPD 17. 1. 97 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 17. 1. 97 Zierer, Benno CDU/CSU 17. 1. 97 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Zusatztagesordnungspunkt 14 (Aktuelle Stunde zur Visumspflicht für Kinder und Jugendliche aus Nicht-EU-Staaten) Ulla Jelpke (PDS): Rund 800 000 in der BRD lebende Kinder und Jugendliche müssen nach diesem Kantherschen Blitzerlaß zu den Ausländerbehörden und um die Legalisierung ihres bisher völlig rechtmäßigen Aufenthalts bitten. Die meisten sind hier geboren, alle wachsen hier auf. Ihnen wird erneut amtlicherseits vorgeführt, daß sie nicht dazugehören zu dieser Gesellschaft, daß sie Ausländer sind, Ausgegrenzte, Unerwünschte. Hunderttausende von Kindern und Jugendlichen, die in den Herkunftsländern ihrer hier lebenden Eltern wohnen, können diese künftig nicht spontan besuchen, sie brauchen ein Visum. Lange, kostenträchtige, für viele Kinder schwer zu bewältigende Reisen stehen an, um bei den wenigen Auslandsvertretungen den jetzt plötzlich notwendigen Sichtvermerk zu erhalten. Die Sprüche der Unionsfraktion über die „Familie" als „Keimzelle" christlich-abendländischer Zivilisation klingen mir deutlich in den Ohren. Allerdings sind damit offenkundig nur Keimzellen deutschen Blutes gemeint. Die Zusammenführung nicht-deutscher Familien wird jedenfalls erneut erschwert. Die Begründung für die neue Visa-Verordnung für alleinreisende Kinder und Jugendliche aus den ehemaligen Anwerbestaaten ist genauso hanebüchen wie die Verordnung selbst. Die wachsende Zahl unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge zieht Innenminister Kanther heran, um seine erneute Abschottungsmaßnahme gegen unerwünschte Einwanderinnen und Einwanderer zu legitimieren. Dabei werden diese Kinder von den Grenzbehörden ohnehin in einer Art und Weise behandelt, die wichtigen Kinderschutzbestimmungen und der UN-Kinderrechtskonvention zuwiderläuft. Zwischen Waffenschränken und Uniformspinden werden sie etwa auf dem Frankfurter Flughafen in einem sogenannten Kinderzimmer aufbewahrt, wenn sie nicht sofort abgeschoben werden konnten. Herr Kanther, Sie sind es gewesen, der interfraktionelle Gespräche zur Besserstellung minderjähriger unbegleiteter Flüchtlinge immer wieder torpediert hat. Die PDS setzt sich hingegen gemeinsam mit vielen Nicht-Regierungsorganisationen für kindgerechte Asylverfahren ein. Die Visa-Verordnung steht in einer Linie mit anderen Maßnahmen, die Sie, Herr Minister Kanther und Ihre Fraktion, in jüngerer Zeit ergriffen haben und die geeignet sind, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus in diesem Land nicht abebben zu lassen. Im letzten Herbst verkündeten die Generalsekretäre von CDU und CSU, ein Tabuthema aufgreifen zu wollen: die sogenannte Ausländerkriminalität. Seit- dem werden Sie, Herr Minister Kanther, nicht müde, Nicht-Deutsche als Drahtzieher organisierter Kriminalität zu denunzieren und dies mit zweifelhaften Statistiken und Zahlen vermeintlich zu belegen. Sie scheuen nicht mal davor zurück, die - ich zitiere - „vernünftige Meinung des ganzen Volkes " (wörtliches Zitat in der „jw" vom 11. 12. 1996) zum Maßstab der Justiz bei der Verfolgung Nicht-Deutscher zu erheben. Der Kollege Penner hat vor wenigen Monaten hier im Parlament deutliche Worte gefunden, als er die Nähe dieser Wortwahl zum nationalsozialistisch besetzten „gesunden Volksempfinden" geißelte. „Es darf keine sprachliche Brücke zu jener Zeit der Rechtsbarbarei geben", sagte Kollege Penner im Juni 1996, „weil sonst der politische Brückenschlag zu jener Zeit der Rechtsbarbarei ins Haus stünde". Die CSU hat die vielen tausend Arbeitsmigrantinnen und -migranten hier zu Sündenböcken für die wachsende Massenarbeitslosigkeit erklärt und plädiert für ein Arbeitsverbot. Damit erneuern diese angeblichen Christsozialen das in Deutschland schon einmal so verhängnisvolle Bild von den Anderen, den angeblich Fremden, die für Krisen verantwortlich gemacht werden. Die CSU juckt es nicht, daß diese Migrantinnen und Migranten keinem hier Ansässigen den Arbeitsplatz wegnehmen. Was zählt, ist die fremdenfeindliche Stimmungsmache. Und um Ängste in der Bevölkerung weiter zu schüren, lanciert das Kanther-Ministerium auch noch eine bislang unveröffentlichte Zukunftsstudie an die Nachrichtenagenturen, die ein Anwachsen des Anteils Nicht-Deutscher an der Gesamtbevölkerung von derzeit gut 8 auf über 13 Prozent vorhersagt. Dieses angebliche Problem wäre übrigens leicht zu lösen, Kollege Kanther. Stimmen Sie endlich einer Modernisierung des Staatsbürgerschaftsrechts zu, schaffen Sie das Blut-und-Boden-Recht ab, und geben Sie all jenen die Möglichkeit zum Erwerb des deutschen Passes, die ihren Lebensmittelpunkt hier haben und deutsche Staatsbürgerinnen oder -bürger werden wollen. Die Botschaft dieser Visa-Verordnung ist klar. Die Union will ihren Bundestagswahlkampf mit ausländerfeindlichen Parolen bestreiten, um die Deutschen angesichts von Massenarbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise zusammenzuschweißen und bei der Unionsstange zu halten. Die SPD in Bund und in den Ländern wäre gut beraten, sich nicht auf diese Strategie einzulassen und die Verordnung im Bundesrat scheitern zu lassen. Ansonsten wird sie sich den Vorwurf der Kumpanei in diesem schmutzigen Unionsgeschäft vorwerfen lassen müssen. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 707. Sitzung am 19. Dezember 1996 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen, einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen bzw. einen Einspruch gemäß Artikel 77 Abs. 3 GG nicht einzulegen: - Drittes Gesetz zur Änderung des Stasi-UnterlagenGesetzes (3. StUÄndG) - Gesetz zur Änderung des Mutterschutzrechts - Sechstes Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes - Gesetz zur Änderung von § 152 des Bundessozialhilfegesetzes - Gesetz zur Änderung des Ausländergesetzes - Viertes Gesetz zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes/EWG - Gesetz über die Veräußerung von Teilzeitnutzungsrechten an Wohngebäuden (Teilzeit-Wohnrechtegesetz - TzWrG) - Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1997 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1997) - Gesetz zu dem Vertrag vom 3. November 1994 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze - Gesetz zu der Änderung vom 31. August 1995 des Übereinkommens über die Internationale Fernmeldesatellitenorganisation „INTELSAT" - Gesetz zu der Änderung vom 18. Mai 1995 des Übereinkommens zur Gründung der Europäischen Fernmeldesatellitenorganisation „EUTELSAT" - Gesetz zu dem Europa-Mittelmeer-Abkommen vom 17. Juli 1995 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits - Gesetz zu dem Internationalen NaturkautschukÜbereinkommen von 1995 - Gesetz zu dem Vertragswerk vom 17. Dezember 1994 über die Energiecharta - Gesetz zur Änderung des Zollverwaltungsgesetzes und anderer Gesetze - Zweites Gesetz zur Änderung des Rechtspflege-Anpassungsgesetzes (RpflAnpG) und anderer Gesetze - Viertes Gesetz zur Änderung des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes - Zweites Gesetz zur Änderung des Heimgesetzes - Eigentumsfristengesetz (EFG) - Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) - Jahressteuergesetz (JStG) 1997 Zu den vier letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat die folgenden Entschließungen gefaßt: Entschließung des Bundesrates zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Heimgesetzes Das vom Deutschen Bundestag beschlossene Zweite Gesetz zur Änderung des Heimgesetzes berücksichtigt das wesentliche Anliegen des vom Bundesrat eingebrachten Gesetzentwurfes - Drucksache 1086/94 (Beschluß) -, in dem es Kurzzeitpflegeeinrichtungen dem Heimgesetz und somit der Heimaufsicht unterstellt. Damit wird grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet, gegen Mißstände in solchen Einrichtungen gezielt einzuschreiten. Allerdings fehlt den Heimaufsichtsbehörden zur Zeit noch das Instrumentarium für ihre Tätigkeit in Kurzzeitpflegeeinrichtungen, da nach Artikel 1 Nr. 2 des Gesetzes besondere Mindestanforderungen in einer eigenen Rechtsverordnung zu regeln sind. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, unverzüglich diese Rechtsverordnung vorzulegen, da nur so die Gesetzesänderung die gewünschte Wirkung erzielen kann. Entschließung des Bundesrates zum Eigentumsfristengesetz (EFG) 1. Der Bundesrat bedauert, daß das vom Bundestag verabschiedete Eigentumsfristengesetz nicht auch die im Bundesratsentwurf (BR-Drucks. 681/96; BT-Drucks. 13/5982) vorgesehene Verlängerung der Frist in Art. 233 § 13 Abs. 1 Satz 1 EGBGB enthält. Damit wird den neuen Ländern die Möglichkeit genommen, weiterhin in einem vereinfachten Verwaltungsverfahren die Ansprüche des Landesfiskus bei der Abwicklung der Bodenreform geltend zu machen. Die Folge ist, daß dadurch die neuen Länder - entgegen den sonstigen Bekundungen der Bundesregierung - in jedem Fall zu einem bürokratisch äußerst aufwendigen Verfahren gezwungen werden. Der Bundesrat ruft dennoch nicht den Vermittlungsausschuß zu diesem Gesetz an, weil wegen des sonst zum Jahresende drohenden Ablaufs der anderen Fristen erhebliche Rechtsnachteile für die davon Betroffenen in den neuen Ländern eintreten würden. 2. Der Bundesrat appelliert an den Bundestag, über den Entwurf des Nutzerschutzgesetzes (BR-Drucks. 184/ 95; BT-Drucks. 13/2022) so schnell wie möglich abschließend zu beraten und zu entscheiden. Rechtssicherheit für redliche Erwerber und die bisherigen Investitionen für Zwecke des Gemeingebrauchs sowie des komplexen Wohnungsbaus müssen gewährleistet bleiben. Künftige Investitionen zur Wohnraummodernisierung in den neuen Ländern sind, soweit dies geht, zu unterstützen. Dazu bedarf es dringend ergänzender gesetzlicher Regelungen. Ferner unterstreicht der Bundesrat, daß die neueren Urteile des Bundesgerichtshofes zum Erwerb aus Volkseigentum nach Inkrafttreten der Kommunalverfassung der DDR in besonderer Weise die Notwendigkeit von Heilungsvorschriften aufgezeigt haben. 3. Der Bundesrat nimmt die in letzter Zeit geführte öffentliche Auseinandersetzung sowie Äußerungen aus der Mitte der Bundesregierung zum Anlaß, darauf hinzuweisen, daß die Gemeinsame Erklärung der beiden deutschen Staaten zur Regelung offener Vermögensfragen vom 15. Juni 1990 ein vertragsfester Bestandteil des Einigungsvertrages ist, dessen Einhaltung von den neuen Ländern geltend gemacht werden kann. Hierzu gehört auch, daß die Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage (1945-49) nicht mehr rückgängig zu machen sind. Der Bundesrat fordert den Deutschen Bundestag und die Bundesregierung auf, im Interesse von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden dafür Sorge zu tragen, daß der sozial verträgliche Interessenausgleich bei den offenen Vermögensfragen auch in Zukunft gewährleistet ist. Entschließung des Bundesrates zum Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) 1. Der Bundesrat weist hinsichtlich des Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) auf folgendes hin: a) Der Bundesrat hat bereits in seiner Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) hervorgehoben, daß die Maßnahmen des „Sparpakets" vielfach lediglich den Bundeshaushalt auf Kosten der Länder und Kommunen entlasten. Durch die Maßnahmen wird eine Konsolidierung des öffentlichen Gesamthaushalts nicht erreicht. b) Für 1997 ist weiterhin mit einer besorgniserregend hohen Arbeitslosigkeit zu rechnen. Dieser dramatischen Situation auf dem Arbeitsmarkt wird der Haushalt 1997 nicht gerecht. Während nach Aussagen des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit 9,3 Milliarden DM als Zuschuß benötigt werden, beträgt der Ansatz - nachdem im Haushaltsentwurf keine Mittel vorgesehen waren - nur 4,1 Milliarden DM. Für die Arbeitslosenhilfe werden 1996 voraussichtlich ca. 24 Milliarden DM gebraucht werden. Die Aufstockung des bisherigen Ansatzes (16,5 Milliarden DM) um 1,3 Milliarden DM trägt der Entwicklung des Arbeitsmarktes nicht hinreichend Rechnung. Die Erhöhung der Ansätze ändert im übrigen nichts daran, daß im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik erneut zu Lasten von Ländern und Gemeinden gespart werden soll. Denn dem Haushalt 1997 liegen nach wie vor u. a. folgende - noch im Gesetzgebungsverfahren befindliche - Maßnahmen zugrunde: - Wegfall der originären Arbeitslosenhilfe; - Wegfall der Erstattung von Fahrgeldausfällen für Schwerbehinderte im Schienenpersonennahverkehr; - Neuregelung zur Altersgrenze der über ein Jahr hinausgehenden Anspruchsdauer beim Arbeitslosengeld; - Änderung der Bemessung des Arbeitslosengeldes; - Reduzierung des Umfangs der arbeitsmarktpolitischen Leistungen in den neuen Ländern auf das Förderniveau in den alten Ländern; - Absenkung der Arbeitslosenhilfe; - Herausnahme von Leistungen aus dem Pflichtkatalog der Krankenkassen, wie insbesondere häusliche Pflege. Weitere Lastenverlagerungen auf Länder und Kommunen sind durch die pauschale Kürzungsvorgabe von 1 Milliarden DM bei den Ermessensleistungen der Bundesanstalt für Arbeit zu erwarten. Diese Vorgabe wird Kürzungen durch die Bundesanstalt für Arbeit auch in den Bereichen Fortbildung, Umschulung und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach sich ziehen. Hierdurch wird die Situation auf dem Arbeitsmarkt weiter verschärft, womit höhere Belastungen auf die Länder und ihre Kommunen zukommen. c) Die Umsetzung der globalen Minderausgaben in den Einzelplänen wird auch zu Kürzungen der Investitionen, der Finanzhilfen des Bundes für die Länder und der Mittel für Gemeinschaftsaufgaben führen: - die zusätzliche globale Minderausgabe für den Einzelplan 30 i. H. von 167 Millionen DM wird auch die Projektförderung von Forschung und Entwicklung betreffen; - die für den Einzelplan 10 beschlossene globale Minderausgabe i. H. von rund 240 Millionen DM soll allein aus den Mitteln für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" erbracht werden. Die veranschlagten globalen Minderausgaben werden sich auf die Entwicklung des Wirtschaftswachstums nachteilig auswirken und - soweit eine Komplementärfinanzierung der Länder vorgesehen ist - über die Kürzungen im Bundeshaushalt hinaus negative Folgen haben, da die Länder die fehlenden Mittel nicht ersetzen können. 2. Der Rückzug des Bundes aus der Förderung der maritimen Wirtschaft beschleunigt sich. Während die Haushalte der Küstenländer für diesen Zweck immer stärker belastet werden, will die Bundestagsmehrheit die Ansätze für das Zinszuschußprogramm für Reeder, die Wettbewerbshilfe, die Finanzbeiträge an die Seeschiffahrt sowie die Ausgaben für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben von insgesamt ca. 587 Millionen DM 1996 auf ca. 409 Millionen DM senken. Außerdem droht der vollständige Wegfall der Finanzbeiträge an die Seeschiffahrt im Zuge der Durchsetzung der globalen Minderausgabe. Damit werden binnen Jahresfrist fast 40 % (ca. 218 Millionen DM) der Bundesausgaben für die maritime Wirtschaft gestrichen. Wenn der Bund die maritime Wirtschaft durch Mittelentzug auszehrt, werden die Küstenländer nicht dazu in der Lage sein, dieses auszugleichen. Aufgrund der fortdauernden Subventionspraxis anderer Staaten gerät die deutsche maritime Wirtschaft in eine Existenzkrise. 3. Im übrigen verweist der Bundesrat auf seinen Beschluß vom 27. September 1996 - Drucksache 500/96 (Beschluß) -. Entschließung des Bundesrates zum Jahressteuergesetz (JStG) 1997 Der Bundesrat erwartet, daß die Bundesregierung bis zum 30. Juni 1997 einen Gesetzentwurf vorlegt - zur Abschaffung der Vermögensteuer auf Betriebsvermögen, - zur Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer mit der Maßgabe einer grundgesetzlichen Absicherung der Gewerbeertragsteuer bei gemeindegenauem Ersatz der wegfallenden Steuereinnahmen durch Beteiligung der Gemeinden an der Umsatzsteuer sowie - zur verfassungskonformen Neuregelung der Besteuerung privater Vermögen. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß - Unterrichtung durch die deutsche Delegation der Parlamentarischen Versammlung der OSZE über die Fünfte Jahrestagung der Parlamentarischen Versammlung der OSZE vom 5. bis 9. Juli 1996 in Stockholm -Drucksachen 13/5391, 13/5844 Nr. 1- - Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Versammlung der Westeuropäischen Union über die Tagung der Versammlung vom 3. bis 6. Juni 1996 in Paris - Drucksachen 13/5324, 13/5655 Nr. 1- - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit der Westeuropäischen Union für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 1996 - Drucksachen 13/5463, 13/5655 Nr. 2 - - Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates über die Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 24. bis 28. Juni 1996 in Straßburg - Drucksachen 13/5543, 13/5770 Nr. 2 -Ausschuß für Wirtschaft - Unterrichtung durch die Bundesregierung Dritter Bericht der Bundesregierung über die Aktivitäten des Gemeinsamen Fonds für Rohstoffe und der einzelnen Rohstoffabkommen - Drucksachen 13/4655, 13/4906 Nr. 2 - Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - Unterrichtung durch die Bundesregierung Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" für den Zeitraum 1996 bis 1999 - Drucksachen 13/4349, 13/4588 Nr. 4 - - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die künftige Gestaltung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" hier: Rahmenplan 1997 bis 2000 - Drucksache 13/5562 - Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung zur Gemeinschaftsverpflegung der Zivildienstleistenden - Drucksachen 13/3173, 13/3528 Nr. 1.6 - Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Rechtsausschuß Drucksache 13/1338 Nr. 1.3 Drucksache 13/1338 Nr. 1.4 Drucksache 13/4466 Nr. 2.4 Drucksache 13/4466 Nr. 2.33 Finanzausschuß Drucksache 13/4466 Nr. 2.53 Drucksache 13/5555 Nr. 2.94 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/4514 Nr. 2.6 Drucksache 13/4921 Nr. 1.7 Drucksache 13/4921 Nr. 1.8 Drucksache 13/4921 Nr. 2.5 Drucksache 13/4921 Nr. 2.6 Drucksache 13/4921 Nr. 2.7 Drucksache 13/4921 Nr. 2.8 Drucksache 13/4921 Nr. 2.12 Drucksache 13/4921 Nr. 2.13 Drucksache 13/4921 Nr. 2.14 Drucksache 13/4921 Nr. 2.16 Drucksache 13/4921 Nr. 2.19 Drucksache 13/4921 Nr. 2.26 Drucksache 13/5056 Nr. 1.1 Drucksache 13/5056 Nr. 2.6 Drucksache 13/5056 Nr. 2.10 Drucksache 13/5837 Nr. 1.11 Drucksache 13/6152 Nr. 2.7 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 13/4678 Nr. 2.32 Drucksache 13/4678 Nr. 2.48 Drucksache 13/4921 Nr. 2.15 Drucksache 13/4921 Nr. 2.21 Drucksache 13/4921 Nr. 2.28 Drucksache 13/5555 Nr. 2.25 Drucksache 13/5555 Nr. 2.32 Drucksache 13/5555 Nr. 2.34 Drucksache 13/5555 Nr. 2.44 Drucksache 13/5555 Nr. 2.46 Drucksache 13/5555 Nr. 2.47 Drucksache 13/5555 Nr. 2.53 Drucksache 13/5555 Nr. 2.66 Drucksache 13/5555 Nr. 2.71 Drucksache 13/5555 Nr. 2.74 Drucksache 13/5555 Nr. 2.77 Drucksache 13/5555 Nr. 2.81 Drucksache 13/5555 Nr. 2.83 Drucksache 13/5555 Nr. 2.86 Drucksache 13/5555 Nr. 2.98 Drucksache 13/6357 Nr. 2.9 Ausschuß für Verkehr Drucksache 13/4678 Nr. 2.7 Drucksache 13/4678 Nr. 2.41 Drucksache 13/5555 Nr. 1.5 Drucksache 13/5555 Nr. 2.37 Drucksache 13/5837 Nr. 1.7 Drucksache 13/5837 Nr. 1.10 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 13/6152 Nr. 1.2 Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 13/4921 Nr. 2.4 Drucksache 13/5555 Nr. 3 Drucksache 13/5687 Nr. 2.42 Drucksache 13/5837 Nr. 1.13 Drucksache 13/6152 Nr. 2.3 Drucksache 13/6152 Nr. 2.6 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/4678 Nr. 2.1 Drucksache 13/4921 Nr. 1.5
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    Rede von Johannes Selle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich kann den Weg, den Sie beschreiben, bestätigen. Die Zahlen bestätige ich nicht. Sie wissen genauso wie ich, daß diese unterschiedlich sind, je nachdem, wer sie nennt.
    Herr Poß, Sie wissen aber auch, daß wir im Finanzausschuß besprochen haben, daß gerade diese Verschlechterung der degressiven Abschreibung bei den Unternehmen nicht den größten Widerstand herausgefordert hat.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Seit nunmehr fast zwei Jahren befassen wir uns in diesem Haus mit der Reform der Gewerbesteuer. Bisher haben wir nicht mehr erreicht als das blockierende Nein der Opposition. Dieses Ergebnis versteht kein Mensch in diesem Lande. Dieses Ergebnis ist in einer Zeit, in der die Bürger Reformen erwarten, unerträglich.

    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Plustern Sie sich doch nicht so auf!)

    Das gleicht dem Versuch, mit einem Reformesel der auf einem Rennpferd davongaloppierenden wirtschaftlichen Entwicklung hinterherzueilen. Durch diesen ungleichen Wettlauf haben zumindest die Kommunen im Osten schon jetzt Zeit und Geld in Milliardenhöhe verloren.

    (Ludwig Eich [SPD]: So ein Quatsch!)

    Zwei Jahre, wie der Vorschlag lautet, sind daher zu lang.
    Die Einnahmen aus der Gewerbesteuer sind ein wichtiges Standbein der Kommunen in den alten Ländern, doch die Standfestigkeit der Säule Gewerbekapitalsteuer ist mehr und mehr verkümmert und kontraproduktiv geworden. Das dürften auch Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, festgestellt haben. In den neuen Bundesländern schwebt diese Arbeitsplatzvernichtungsteuer wie ein Damoklesschwert über den Unternehmen und damit auch über den Kommunen. Wir müssen und wollen den Gemeinden deshalb eine verläßliche neue Säule, ein Fundament, das auf Dauer trägt, geben. Das ist der Fall, wenn es im Grundgesetz verankert wird.
    Durch ihre Beteiligung an der Umsatzsteuer müssen und werden die Kommunen einen vollen Ausgleich für die durch die Reform der Gewerbesteuer verursachten Mindereinnahmen erhalten. Die Kommunen - das wissen Sie - begrüßen überwiegend eine solche im Grundgesetz verankerte Beteiligungsregelung. Natürlich spielt für sie aber auch die Höhe ihrer Beteiligung eine entscheidende Rolle. Darüber werden wir gemeinsam zu entscheiden haben.
    Mit der Umsatzsteuerbeteiligung erhalten die Gemeinden eine sichere Einnahmequelle mit verläßlicher Entwicklung und damit Planungssicherheit. Ohne Planungssicherheit wird es den Kommunen nicht möglich sein, langfristig eine solide Finanzpolitik zu betreiben und den Konsolidierungskurs erfolgreich fortzusetzen.
    In Thüringen steht gegenwärtig eine Vielzahl von Kommunen unmittelbar vor der Verabschiedung ih-

    Johannes Selle
    rer Haushalte. Nur bei Klarheit über das in diesem Jahr zu Erwartende können die Haushalte mit der gebotenen Seriosität erstellt werden.
    Aber auch die Länder brauchen klare Rahmenbedingungen. Thüringen beabsichtigt, noch in diesem Jahr sein Finanzausgleichsgesetz zu novellieren. Voraussetzung für eine fundierte Entscheidung des Landtages sind Beschlußfassungen des Bundestages und des Bundesrates zur Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer, zur Senkung der Gewerbeertragsteuer und zur Beteiligung der Gemeinden an der Umsatzsteuer.
    Andererseits ergeben sich aus der Umsetzung der neuen Einkommensteuerbeteiligungsschlüssel für die ostdeutschen Kommunen Ungleichgewichte, die zu einem Finanzausgleich durch das Land zwingen. Dringender Handlungsbedarf ist überall erkennbar.
    Meine Damen und Herren, auch der Bund kann nicht Mittel verteilen, die er nicht hat. Wenn wir über die finanziellen Schwierigkeiten der Kommunen sprechen, kommen wir nicht umhin, deren Situation mit der des Bundes zu vergleichen. Die Defizitquote des Bundes beträgt in diesem Jahr 12 Prozent. Dagegen weisen die Kommunen in den neuen Bundesländern eine geringere Quote von 4,5 Prozent und in den alten Bundesländern sogar nur von 2 Prozent auf. Auf den ebenfalls eindeutig zu Lasten des Bundes ausgehenden Vergleich der Zinsausgabenquote hat Herr Staatssekretär Hauser bereits hingewiesen.
    Die Zahlen machen zweierlei deutlich: Die Finanzsituation der Kommunen ist ernst, wenngleich sie insgesamt nicht dramatisiert werden darf. Die Übernahme zusätzlicher Lasten durch den Bund zur Entlastung der Städte und Gemeinden ist nicht möglich. Effektive Hilfe können wir nur durch die Wirkungen und die konsequente Fortführung der in dieser Legislaturperiode begonnenen Reformen leisten.
    Meine Damen und Herren von der Opposition, um diesen Reformkurs fortzusetzen und den Städten und Gemeinden zu helfen, brauchen wir jetzt keine neue Kommission, die den verlorenen zwei Jahren noch zwei weitere hinzufügt. Statt dessen brauchen wir Ihre konstruktive Mitarbeit. Ich bitte Sie darum. Danken werden es Ihnen die Kommunen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Hans-Ulrich Klose
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Kollege Dieter Grasedieck, SPD-Fraktion.

(Gerd Andres [SPD]: Dieter, jetzt zeige ihm mal, was eine Harke ist!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dieter Grasedieck


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Staatssekretär und Frau Frick haben vorhin darauf hingewiesen, daß die Länder für die Kommunen verantwortlich sind. Das klingt natürlich sehr gut, aber die Verlagerung der Probleme, die Verlagerung der Kosten und die Verlagerung der Aufgaben vom Bund auf die Kommune sind das eigentliche Problem.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Sie arbeiten nach dem Motto: Die Bundesregierung gibt die Bestellung auf, und die Rechnung bezahlt ausschließlich die Kommune. Das darf nicht sein.

    (Beifall bei der SPD und der PDS)

    Herr Selle, noch eine Bemerkung zu Ihnen: Sie haben vorhin ausgeführt, daß wir endlich eine Entscheidung zur Gewerbekapitalsteuer fällen müssen. Die Entscheidung hätte längst fallen können. Die Bundesregierung hat bezüglich der Gewerbekapitalsteuer ein Jahr lang nichts gemacht. Sie hat mit den kommunalen Spitzenverbänden keine Verhandlungen geführt.

    (Gert Willner [CDU/CSU]: Das ist völlig falsch, Herr Kollege! Gegenruf des Abg. Joachim Poß [SPD]: Ja, sicher!)

    Erst im November haben Sie die ersten Vorschläge gemacht. Wir behandeln jetzt immer wieder neue Vorschläge für die kommenden Jahre.

    (Joachim Poß [SPD]: Das sind die Blockierer von der Koalition!)

    Die Lage der Kommunen ist katastrophal. Der Hilfeschrei wird lauter und lauter. Viele Gemeinden verkaufen die letzten Grundstücke. Viele Gemeinden verkaufen den Hausbesitz, um die Schuldenlöcher in den Verwaltungshaushalten zu stopfen. Büchereien, Theater, Schwimmbäder, Jugendhäuser, Bürgerhäuser und Turnhallen müssen geschlossen werden. Die Kommunen haben keine Alternative. Sportler, Jugendliche, viele Bürgerinnen und Bürger sind betroffen und verstehen diese Maßnahmen nicht mehr.
    Bonn streicht die Vermögensteuer, sagte mir eine ältere Dame, und unsere Stadtteilbücherei soll geschlossen werden. Die Kommunalpolitiker müssen die Entscheidung aber ganz alleine ausbaden. Alle Bürgerinnen und Bürger erleben unsere Demokratie hauptsächlich in ihrer Stadt. Bonn ist weit entfernt, und Bonn ist anonym. Die kommunale Selbstverwaltung ist aber das Wurzelwerk unserer Demokratie. Dieses Wurzelwerk lockert sich langsam und verdorrt mehr und mehr.
    Wo liegen die eigentlichen Gründe für die Finanzmisere? Die Hauptursache hat mein Kollege Jochen Welt schon angesprochen: Das ist eben der Sozialetat. Der Sozialetat ist dramatisch erhöht worden. In meinem Wahlkreis Bottrop-Gladbeck ist er in der Zeit von 1982 bis 1995 um das 3,5fache gestiegen. Bei den westdeutschen Gemeinden ist es ähnlich. In den neuen Bundesländern sind die Ausgaben von 1991 bis jetzt von 2 Milliarden DM auf mehr als 7 Milliarden DM gestiegen. Eine solche explosionsartige Zunahme bei den Sozialausgaben ist auch bei dem härtesten Sparkurs einer Kommune nicht zu regeln. Das läßt sich nicht mehr begradigen; das läßt sich nicht mehr kompensieren.

    Dieter Grasedieck
    Ich will Ihnen ein Beispiel nennen, das deutlich macht, wohin die Sozialausgaben unter anderem fließen. Ein 52jähriger Schlosser sagte mir: „Ich verstehe es nicht, daß ich jetzt Sozialhilfe bekomme. Ich habe doch 34 Jahre als Schlosser gearbeitet, ich habe 34 Jahre Arbeitslosenversicherung bezahlt. Jetzt, mit über 50, habe ich keine Chance mehr auf dem Arbeitsmarkt. Ich habe meine Schwierigkeiten, eine Arbeitsstelle zu finden, und erhalte jetzt Sozialhilfe, weil ich eben Arbeitslosenhilfe bekomme." Das bedeutet, den Rest zahlt die Kommune. Das sind die Probleme.
    Allein die Leistungen für Arbeitslose stiegen in Hannover in den letzten zwei Jahren um 25 Prozent. Das geht natürlich nicht nur auf die hohen Arbeitslosenzahlen zurück, sondern auch auf Ihre Verlagerung der Kosten vom Bund auf die Kommunen.
    Auch die originäre Arbeitslosenhilfe will ich ansprechen. Sie haben schon fünfmal versucht, Ihre Vorstellung zur originären Arbeitslosenhilfe umzusetzen. Wenn diese wegfiele, wäre auch das eine zusätzliche Belastung für die Kommune, aber auch eine zusätzliche Belastung für unsere Auszubildenden, für unsere Referendare.

    (Beifall bei der SPD)

    Denn sie würden eben keine Arbeitslosenhilfe mehr bekommen, wenn sie eine Leistung vollbracht haben, die IHK-Prüfung, die zweite Staatsprüfung absolviert haben, sondern würden in die Sozialhilfe gedrängt. Das versteht der Jugendliche nicht mehr, und das belastet zusätzlich unsere Städte. Für Hannover wären das 7 Millionen DM.
    Die Sozialausgaben der Kommunen steigen progressiv, sie entwickeln sich zum Sprengsatz in den städtischen Haushalten. Die Sozialleistung ist aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir müssen für diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe auch gesamtgesellschaftlich eine Lösung finden.

    (Beifall bei der SPD)

    Es ist die Regierungskoalition, die immer mehr gesamtstaatliche Kosten auf die Gemeinden abwälzt. Die Kommunalpolitik wird damit handlungsunfähig.

    (Ludwig Eich [SPD]: Genau das ist der Punkt!)

    Ich will Ihnen ein weiteres Beispiel anführen. Es bestrifft die Planungen, die von der Bundesregierung betrieben werden. Punkt eins: Konzessionsabgabe. Eine wesentliche Finanzierungsquelle unserer Städte steht durch diese Konzessionsabgabe .zur Disposition. Durch Ihre Novelle wollen Sie das bisherige Verhältnis von Leistung und Gegenleistung innerhalb eines Konzessionsvertrages beseitigen. Sie von der Regierungskoalition reduzieren die Konzessionsabgabe auf ein bloßes Wegebenutzungsentgelt. Das bedeutet für meine Stadt Bottrop - 14 Millionen DM sind dort eingeplant - einen Verlust von 7 Millionen DM. Das kann unsere Stadt natürlich nicht mehr verkraften.
    Ich könnte Ihnen ein zweites Beispiel anführen: das Arbeitsförderungsgesetz. Auch hier werden Belastungen auf uns zukommen. Nach dem neuen Arbeitsförderungsgesetz ist es so, daß Arbeitslose nach sechs Monaten eine Arbeitsstelle mit 30 Prozent weniger Lohn annehmen müssen. Das klingt zunächst nicht dramatisch, aber das ist, wenn man den Einzelfall betrachtet, für den Mann oder für die Frau dramatisch. Und das ist für unsere Städte dramatisch, denn auch da müssen wir wieder Sozialhilfe bezahlen.
    Diese verdeckten, nicht sofort erkennbaren Belastungen verschweigen Sie, diskutieren Sie von der Regierungskoalition gar nicht. Durch Ihre Maßnahmen wird der finanzielle Spielraum der Städte nicht nur eingeschränkt, er wird gelähmt.
    Meine Damen und Herren, wer die Musik bestellt, muß sie auch bezahlen. Die Schere zwischen den Einnahmen und den überproportional wachsenden Ausgaben der Gemeinden muß verkleinert werden. In dieser dramatischen Finanzsituation können die Städte keine zusätzlichen Schulden mehr machen. Sie können nicht mehr investieren. Das, was Herr Selle gefordert hat, ist nicht mehr möglich. Wir können im Baubereich nicht mehr zusätzlich investieren. Das ist ein enormes Problem

    (Beifall bei der SPD Zurufe von der SPD: Leider!)

    für unsere Städte. Denn eines muß man feststellen: Die fünf Weisen weisen - das ist die richtige Kombination - in ihrem Wirtschaftsgutachten für 1997 darauf hin, daß nur mit der Bauwirtschaft die Binnenkonjunktur in Deutschland zu beleben ist. Das ist in unseren Regionen aber dringend erforderlich.

    (Geit Willner [CDU/CSU]: Die Absenkung der AfA um 2 Prozent kam aber aus dem Vermittlungsausschuß!)

    Um all diese Probleme und die Schwierigkeiten zu beraten, Lösungen zu schaffen, fordern wir eine umfassende Gemeindefinanzreform und die Bildung dieser Kommission.
    Wenn Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU oder F.D.P., von der Reform der Gemeindefinanzen sprechen, meinen Sie natürlich - auch das wurde in Ihren Reden deutlich - erstens die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer, zweitens die Abschaffung der gesamten Gewerbesteuer. Dies steht klipp und klar so in Ihrer Koalitionsvereinbarung. Auch Frau Frick hat das in ihrer Rede gerade bestätigt. Für die laufende Diskussion um die Gewerbekapitalsteuer sage ich Ihnen folgendes: Einen Einstieg in den Ausstieg aus der gesamten Gewerbesteuer darf es nicht geben. Diesen lehnen auch die kommunalen Spitzenverbände kategorisch ab.
    Wir fordern Sie auf: Distanzieren wenigstens Sie von der CDU/CSU sich öffentlich von diesen Vereinbarungen! Man kann sich im Leben einmal vertun. Für eine gute Politik ist es nie zu spät.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Unsere Kommunen brauchen eine Zukunftschance.

    Dieter Grasedieck
    Unterstützen Sie bitte unseren Antrag!

    (Beifall bei der SPD und der PDS Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Die haben sich schon so oft vertan, da ist wenig Hoffnung!)