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    Plenarprotokoll 13/143 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 143. Sitzung Bonn, Freitag, den 29. November 1996 Inhalt: Tagesordnungspunkt II: Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) (Drucksachen 13/5200, 13/5836, 13/ 6001 bis 13/6025, 13/6026, 13/6027) . 12949 A Hans Georg Wagner SPD 12949 B Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 12952 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12957 B Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . . 12960 B Dr. Christa Luft PDS 12963 B Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 12965 B Ingrid Matthäus-Maier SPD . . 12967 C, 12973 A Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein CDU/CSU 12969 A Jürgen Koppelin F.D.P 12972 D Hans-Peter Repnik CDU/CSU 12973 C Wolf-Michael Catenhusen SPD (zur GO) 12976 D Rudolf Seiters CDU/CSU 12977 A Dr. Christoph Zöpel SPD 12977 D Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12978 D Ulrich Irmer F.D.P 12979 B Dr. Gregor Gysi PDS 12980 A Dr. Christoph Zöpel SPD (Erklärung nach § 30 GO) 12981 B Namentliche Abstimmung 12982 B Ergebnis 12983 D Zusatztagesordnungspunkt 2: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Altschulden für gesellschaftliche Einrichtungen, zur Änderung des ErblastentilgungsfondsGesetzes und zur Änderung des Investitionsförderungsgesetzes Aufbau Ost (Drucksachen 13/6088, 13/6336) . . . 12982 C Irmgard Karwatzki, Parl. Staatssekretärin BMF 12982 D Manfred Hampel SPD 12986 A Reiner Krziskewitz CDU/CSU . . . 12986 D Jürgen Türk F.D.P 12987 B Manfred Kolbe CDU/CSU 12987 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 12988 B Arnulf Kriedner CDU/CSU 12989 A Nächste Sitzung 12989 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 12991* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Zusatztagesordnungspunkt 2 (Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Altschulden für gesellschaftliche Einrichtungen, zur Änderung des Erblastentilgungsfonds-Gesetzes und zur Änderung des Investitionsförderungsgesetzes Aufbau Ost) Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12991* B Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 12992* A 143. Sitzung Bonn, Freitag, den 29. November 1996 Beginn: 8.30 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 29. 11. 96 90/DIE GRÜNEN Frick, Gisela F.D.P. 29. 11. 96 Gysi, Andrea PDS 29. 11. 96 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 29. 11. 96 Dr. Knake-Werner, Heidi PDS 29. 11. 96 Krüger, Thomas SPD 29. 11. 96 Dr. Graf Lambsdorff, Otto F.D.P. 29. 11. 96 Lehn, Waltraud SPD 29. 11. 96 Lemke, Steffi BÜNDNIS 29. 11. 96 90/DIE GRÜNEN Rupprecht, Marlene SPD 29. 11. 96 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 29. 11. 96 Scherhag, Karl-Heinz CDU/CSU 29. 11. 96 Schumann, Ilse SPD 29. 11. 96 Tippach, Steffen PDS 29. 11. 96 Tröger, Gottfried CDU/CSU 29. 11. 96 Wallow, Hans SPD 29. 11. 96 Wieczorek (Duisburg), SPD 29. 11. 96 Helmut Wittich, Berthold SPD 29. 11. 96 Wohlleben, Verena SPD 29. 11. 96 Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Zusatztagesordnungspunkt 2 (Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Altschulden für gesellschaftliche Einrichtungen, zur Änderung des Erblastentilgungsfonds-Gesetzes und zur Änderung des Investitionsförderungsgesetzes Aufbau Ost) Werner Schulz (Berlin) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Übernahme der Altschulden in die Rechtsverhältnisse der Bundesrepublik ist von der juristischen Grundlage her überaus fragwürdig. Namhafte Rechtswissenschaftler vertreten die Auffassung, daß die sogenannten DDR-Altschulden willkürlich zustande gekommen sind, daß ihre Übertragung in die Bundesrepublik rechtlich nicht begründbar war und ist und daß daher die Forderungen der Gläubigerbanken substanzlos sind. Zu diesem Ergebnis ist Professor Harms in einem Gutachten für den Deutschen Städtetag gekommen. Anlagen zum Stenographischen Bericht Der Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern sagt in seinem Gutachten hierzu das gleiche. Ich zitiere die Schlußfolgerung: „Hieraus folgt, daß den Kommunen hinsichtlich der Finanzierung der staatlichen bzw. gesellschaftlichen Einrichtungen keine Verbindlichkeiten entstanden sind. " Klarer geht es nicht. Meine Damen und Herren, sie wissen oder Sie könnten zumindest wissen, daß im Gegensatz zu Westdeutschland die ostdeutschen Kommunen zu DDR-Zeiten über keine nennenswerten eigenen Einnahmen verfügten. Die meisten Ausgaben von Städten, Gemeinden und Kreisen wurden aus dem zentralen Staatshaushalt der DDR bestritten. Auch die Entscheidungen über den Bau „gesellschaftlicher Einrichtungen" - das ist ein Sammelbegriff, der Kulturhäuser bis hin zu Luftschutzbunkern erfaßt -, wurden zentral getroffen und durch entsprechende Zuweisungen finanziert. Nur im Zeitraum Anfang der 70er bis Mitte der 80er Jahre erfolgte die Finanzierung dieser Einrichtungen größtenteils über Kredite. Es entstanden damit auf dem Papier Verbindlichkeiten gegenüber der Staatsbank der DDR. Durch die Wirtschafts- und Währungsunion wurden diese Verbindlichkeiten der DDR als Kreditverpflichtungen der Kommunen im Verhältnis 2 : 1 in die bundesrepublikanische Ordnung übertragen. Die Kommunen hatten zu keinem Zeitpunkt die freie Entscheidung über die Investitionen in diese Einrichtungen. Die Verteilung der Altschulden auf die Kommunen in neuen Ländern ist von Zufälligkeiten und Willkürlichkeiten geprägt. Daher ist im Ergebnis die Belastung der Kommunen extrem unterschiedlich. Die Zuordnung von Vermögenswerten zu den Altschulden ist in vielen Fällen äußerst zweifelhaft und ungeklärt, häufig sind die Einrichtungen in einem desolaten Zustand oder gar nicht mehr vorhanden. Die Belastungen mit Altschulden hat zu einer teilweise erheblichen Einschränkung der Handlungsspielräume der betroffenen Körperschaften geführt. Die Altschulden haben damit den Aufbau in den neuen Ländern nachhaltig behindert. Sollten die Kommunen genötigt werden, die Altschulden in der einen oder anderen Weise zu bedienen, wird dadurch ihre Investitionsfähigkeit und also ihre Fähigkeit, Anstöße zur Schaffung neuer Arbeitsplätze zu geben, stark eingeschränkt. Der Gesetzentwurf, der heute hier zur Beratung vorliegt, soll einen Rechtsstreit vermeiden helfen. So weit, so gut. In der Sache ist er jedoch nicht gerechtfertigt. Zwar hat der Bund immerhin auf die Hälfte der Forderungen verzichtet, zwar sind die ostdeutschen Kommunen von der direkten Schuldenlast befreit, aber zumindest der Länderanteil wird zu einem wesentlichen Teil auf Kosten anderer Aufbau-OstMittel finanziert. Es geht zu Lasten von Mitteln, die die Länder nach dem Investitionsförderungsgesetz Aufbau Ost erhalten, und zu Lasten der Förderung kultureller und gemeinnütziger Aufgaben mit Mitteln des DDR-Parteivermögens. Und schließlich werden die Kommunen indirekt über die Länder letztendlich ebenfalls zur Kasse gebeten für Schulden, die sie nie gemacht haben. Nun könnte man sagen, mit dem nun vorliegenden Gesetz sei vielleicht nicht der große Wurf gelungen, aber immerhin, die Kommunen seien die Schuldenlast los, und der Rechtsfrieden sei wiederhergestellt. So ist es aber offenbar nicht. Noch vor zwei Tagen hat der Haushaltsausschuß mit heißer Nadel Änderungswünsche des thüringischen Ministerpräsidenten eingearbeitet. Doch die teilweise grundsätzlichen und teilweise interessenbedingten Einwände Berlins sind offenbar nicht ausgeräumt und lassen sich auch nicht ohne weiteres vom Tisch wischen. Machen wir uns also darauf gefaßt, daß der leidige Dauerstreit um die kommunalen Altschulden auch mit dem heutigen Tag nicht zu einem einvernehmlichen Abschluß kommt, sondern demnächst im Bundesrat oder vor Gericht seine Fortsetzung findet. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Abgeordneten Vera Lengsfeld, Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn), Dr. Uschi Eid, Wolfgang Schmitt (Langenfeld), Waltraud Schoppe und Helmut Wilhlem (Amberg) haben ihre Unterschrift zu dem Antrag Kaschmir-Konflikt, Drucksache 13/5273 zurückgezogen. Damit ist das gemäß § 76 Abs. 1 der Geschäftsordnung erforderliche Quorum nicht mehr gegeben. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit der Westeuropäischen Union für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1995 - Drucksachen 13/3827, 13/4401 Nr. 1 - Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union - Unterichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über ihre Bemühungen zur Stärkung der gesetzgeberischen Befugnisse des Europäischen Parlaments - Drucksachen 13/4212, 13/4588 Nr. 1- - Unterrichtung durch die Bundesregierung 56. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union (Berichtszeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 1995) - Drucksachen 13/4176, 13/4401 Nr. 6 -
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    Rede von Oskar Lafontaine


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

    Konsolidierung sei nur bei Wachstum möglich, also jetzt nicht. Das, meine Damen und Herren, ist schon faktisch falsch. Wir haben ja wieder Wachstum - schon in diesem Jahr höher, als wir zunächst erwartet hatten. Ich weiß auch nicht, welche Studie des IWF Herr Lafontaine anspricht. In einer Studie vom Juli 1996 steht jedenfalls, daß Konsolidierung expansiv, also wachstumsanregend, wirke. Es heißt also nicht: Konsolidierung oder Wachstum. Die richtige Formel lautet: Konsolidierung bringt Wachstum. Ohne Konsolidierung findet dauerhaftes, inflationsfreies Wachstum nicht statt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    In dieser Studie steht aber noch etwas anderes: Jede Konsolidierung, die sich nicht mit den Problemen der Sozialsysteme auseinandersetzt, ist zum Scheitern verurteilt.
    Ihr falscher Ansatz führt übrigens auch in der Europadiskussion in die Irre. Wer einen europäischen Stabilitätspakt für weniger wichtig als einen europäischen Beschäftigungspakt hält, geht einen ganz gefährlichen Weg.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Wir brauchen beides!)

    Der europäische Stabilitätspakt sichert die Stabilität des Euro. Nur eine stabile Währungsunion schafft Wachstum und Beschäftigung in Deutschland und Europa. Dazu gehören auch die Maastricht-Kriterien. Sie sind klar festgelegt und stehen nicht zur Disposition.
    Wachstum und Beschäftigung können auch nicht durch eine gezielte Wechselkurspolitik erreicht werden, wie es da und dort gefordert wird. Wechselkurse werden letztlich durch die Märkte auf der Basis von wirtschaftlichen Fundamentaldaten bestimmt, Für

    Bundesminister Dr. Theodor Waigel
    günstige Fundamentaldaten sorgt insbesondere eine glaubwürdige und stabilitätsorientierte Geld-, Wirtschafts- und Finanzpolitik.
    Wir stehen zu der Finanzpolitik, wie die Bundesregierung und die Koalition sie konzipieren, und wir stehen zur Geld- und Währungspolitik, wie die Bundesbank sie konzipiert. Wenn eines von beidem im Inland oder im Ausland angegriffen wird, kann dies unsere Zustimmung nicht finden. Wir weisen auch die Kritik im Inland und im Ausland an der Deutschen Bundesbank zurück. Wir stehen zu dieser Politik.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, Fordern ist leicht. Sie fordern Mehrausgaben. Über einzelne Punkte könnte man reden: bei der Bildung, bei der Forschung. Wir haben selbst trotz größter Knappheit hier Prioritäten gesetzt und dafür an anderer Stelle Mittel eingespart. Wir haben seit 1982 die familienpolitischen Leistungen mehr als verdoppelt. Mehrausgaben fordern, bei Einsparungen aber bremsen und blockieren, das macht die unseriöse Doppelstrategie der Opposition komplett.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Eine höhere Verschuldung - das wissen wir alle - ist ausgeschlossen. Die Zinslasten im Bundeshaushalt sind hoch und müssen begrenzt werden.
    Ich habe alle Sonderbelastungen für den Bundeshaushalt seit 1991 zusammenstellen lassen. Sie ergeben sich aus der Wiedervereinigung Deutschlands, der gewachsenen weltpolitischen Verantwortung Deutschlands und aus finanzpolitischen Entscheidungen für den Standort Deutschland. An Schulden haben wir 520 Milliarden DM übernommen. Die Haushaltsbelastungen - Zinsen und Tilgung dieser Schulden, Nettotransfer für die neuen Länder, Zahlungen für die Bahnreform, Kohlepfennig etc. - betrugen rund 710 Milliarden DM. Dazu kommen Hilfen und Bürgschaften für die GUS und für die mittel- und osteuropäischen Staaten in Höhe von 160 Milliarden DM. Allein die vom Bund übernommenen Sonderlasten sind damit doppelt so hoch wie die Nettokreditaufnahme des Bundes von 1991 bis 1997.
    Das beweist deutlich, daß wir mit einem vernünftigen policy mix, mit einer Mischung aus Einsparungen, vertretbarer Verschuldung und notwendiger Steuererhöhung die Probleme gelöst haben,

    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist doch keine Lösung!)

    daß aber an erster Stelle dauerhafte Einsparungen standen, um die Finanzkennziffern zu erreichen, über die wir heute verfügen und die weiter verbessert werden müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die Substanz unseres Sozialstaates bleibt voll erhalten; darauf haben die Redner der Koalition in dieser Woche schon hingewiesen. Gerade um diese Substanz zu erhalten, muß der Sozialstaat umgebaut werden. Die Eigenverantwortung kann und muß gestärkt werden. Im Spannungsfeld zweier einander zugeordneter Prinzipien, Solidarität und Subsidiarität, muß der Eigenverantwortung, muß dem einzelnen, muß der kleineren Gemeinschaft künftig eine stärkere Rolle zugewiesen werden. Anders ist Solidarität auf Dauer nicht mehr finanzierbar. Das resultiert aus der katholischen Soziallehre und aus der protestantischen Ethik und ist notwendig, um das Gemeinwohl auf Dauer finanzieren und gewährleisten zu können.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wer den Menschen wie Sie, Herr Wagner, vorgaukelt,

    (Eduard Oswald [CDU/CSU]: Ja, Gaukler!)

    hier müsse sich nichts ändern, solange es noch ein paar Reiche gebe, denen man das fehlende Geld abknöpfen könne, der betrügt die Menschen in unserem Land.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    So wie Sie hier geredet haben, genauso wird Politik im Saarland betrieben. Dann kommt man zum Bund, bittet um einen Scheck - es sind mehr als 2 Milliarden DM pro Jahr - und beschimpft anschließend diejenigen, die dem Saarland die Finanzierung von 40 Prozent seines Haushalts überhaupt erst ermöglichen. Das ist schon eine Unverfrorenheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Warum eigentlich, Herr Wagner, stellen Sie Ihre Rezepte nicht Ihrem Ministerpräsidenten und Ihrer Finanzministerin zur Verfügung? Sprechen Sie doch einmal mit denen! Es wäre sicher von Vorteil, wenn Sie Ihre ökonomischen Kenntnisse in diesem Zusammenhang einbringen könnten.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU) Uns würde das viel Geld ersparen.

    Meine Damen und Herren, der Sozialneid, den Sie, Herr Wagner, geschürt haben, schafft nicht einen einzigen neuen Arbeitsplatz, sondern vernichtet weitere Hunderttausende.

    (Beifall des Abg. Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.])

    Wir werden den Konsolidierungsweg auch nach 1997 weiter beschreiten. Der Finanzplan reicht bis in das Jahr 2000, unsere mittelfristige Perspektivplanung bis in das Jahr 2005. Der Anstieg der Bundesausgaben liegt bis zum Jahr 2000 durchschnittlich bei unter 1 Prozent pro Jahr, bei einem jährlichen Wachstum von im Schnitt 4 Prozent. Allein das senkt Jahr für Jahr die Staatsquote.

    (Karl Diller [SPD]: Warten wir es mal ab!)

    - Sie, Herr Diller, haben bisher keinen einzigen Vorschlag gemacht, wie die Staatsquote sinken soll. Nur wenn die Staatsquote sinkt, können Neuverschuldung und Steuern und Abgaben sinken. Sie haben bisher nichts dazu beigetragen. Folglich sind Sie gar nicht in der Lage, die finanzpolitischen Kennziffern

    Bundesminister Dr. Theodor Waigel
    zu verändern. Sie legen nämlich immer nur drauf und senken nicht ab.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Jedes Prozent weniger Staatsquote bedeutet Minderausgaben für den öffentlichen Gesamthaushalt in Höhe von 35 bis 40 Milliarden DM. Dafür wird in den nächsten Jahren noch viel Arbeit zu leisten sein. Sie ist aber notwendig, wenn wir im 21. Jahrhundert vor den großen Herausforderungen bestehen wollen.
    Das Jahressteuergesetz 1997 - damit auch die Einnahmen der Länder - liegt nun in der Hand des Vermittlungsausschusses. Die Vermögensteuer kann ab Januar nicht mehr erhoben werden.

    (Joachim Hörster [CDU/CSU]: So ist es!)

    Fakt ist: Mit dem Wegfall der Vermögensteuer gibt es kein Steuergeschenk für die Reichen. Wer dieses Argument benutzt, hat weder das Jahressteuergesetz 1997 noch die Analysen von OECD, IWF und Europäischer Union gelesen. Für den Wegfall der privaten Vermögensteuer wird die Erbschaftsteuer erhöht. Substanzsteuern sind Arbeitsplatz- und Eigenkapitalvernichtungssteuern.
    Die verschiedentlich von Herrn Scharping bemühte OECD-Statistik läßt übrigens keinesfalls den Schluß zu, die deutsche Vermögensteuer sei im internationalen Vergleich zu niedrig. Die von der OECD verwendete Bezeichnung „taxes on property '' umfaßt alle Steuern auf Vermögensbesitz und Vermögensverkehr: neben der Vermögensteuer auf das private und betriebliche Vermögen im deutschen Sinne alle Grund-, Gewerbekapital-, Grunderwerb-, Börsenumsatz-, Wechsel-, Gesellschaft-, Kapital-, Erbschaft- und Schenkungsteuern im weitesten Sinne. Die OECD-Statistik weist aus: Eine Vermögensteuer im deutschen Sinne wird in den meisten Ländern nicht erhoben.
    Folgten wir jetzt der SPD, müßten wir die verwaltungs- und kostenintensive Vermögensteuer unmittelbar in den neuen Bundesländern einführen.
    Mit dem von der SPD noch nicht aufgelösten Junktim, sich bei einem vollständigen Wegfall der Vermögensteuer der Fortsetzung der Unternehmensteuerreform zu versagen, schaden Sie dem Standort Deutschland.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Dann nämlich muß die Gewerbekapitalsteuer am 1. Januar nächsten Jahres in den neuen Ländern eingeführt werden - mit allen negativen Konsequenzen für den Aufholprozeß der Wirtschaft.

    (Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.]: Ja!)

    Meine Damen und Herren, man stelle sich einmal vor: Dies würde die Unternehmen in den neuen Bundesländern 400 bis 500 Millionen DM kosten, und gerade die größeren Betriebe haben natürlich noch große Wettbewerbs- und Strukturprobleme. Einerseits über die BvS und über Programme zu versuchen, die Betriebe wettbewerbsfähig und am Markt zu halten - das tun wir -, ihnen andererseits aber im gleichen Zuge etwas wegzunehmen in der Hoffnung,
    der Bund werde das auf andere Art und Weise wieder ausgleichen, ist volks- und betriebswirtschaftlich Unfug. Es ist höchste Zeit, daß Sie auch im Interesse der Arbeitnehmer in den neuen Bundesländern von dieser falschen Politik Abschied nehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die Arbeit an der Steuerreform kommt zügig voran.

    (Lachen bei der SPD Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Seit zehn Jahren!)

    - Auf jeden Fall werden wir früher als Sie die Eckwerte eines solchen Konzepts vorlegen. Dann bin ich gespannt,

    (Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.]: Ich auch!)

    ob Ihren Worten auch Taten folgen und ob Sie dazu in der Lage sind. Bisher haben Sie immer nur große Sprüche geklopft; aber wenn es darauf ankam, war nichts dahinter. Wer nicht einmal in der Lage ist, die Gewerbekapitalsteuer für den Osten zu verhindern, von dem ist steuerpolitisch in den nächsten Jahren doch nichts zu erwarten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Mit unserer mittelfristigen Konzeption der Finanz- und Steuerpolitik, dem Jahressteuergesetz 1997, dem Bundeshaushalt 1997 und dem Finanzplan verfolgen wir die richtige Strategie. Wir bestätigen das Vertrauen der Märkte in die stabilitätsorientierte deutsche Finanzpolitik. Wir schaffen die Grundlage für die Meisterung der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts angesichts der zunehmenden Integration und Globalisierung der Weltwirtschaft. Wir sichern den Standort Deutschland, stärken unsere Wirtschaft in der immer härter werdenden internationalen Konkurrenz. Wir sichern die langfristigen Grundlagen unseres Sozialstaates, schaffen Spielräume für eine staatliche Zukunftspolitik. Unsere Politik bringt Impulse für den Aufschwung. Sie stellt die Weichen für Investitionen, Wachstum, steigende Einkommen und vor allem für zukunftssichere Arbeitsplätze.
    Dazu kommen günstige ökonomische Daten: niedrige Zinsen, eine stabile D-Mark, moderate Lohnabschlüsse, anhaltende Preisstabilität mit einer Inflationsrate von 1,5 Prozent, eine positive Entwicklung des Welthandels und der Weltkonjunktur, aufwärts zeigende Konjunkturindikatoren und eine steigende Produktion.
    Seit dem 2. Quartal 1996 liegen wir wieder auf Wachstumskurs. Die Investitionsbedingungen sind gut. Jetzt müssen die Unternehmer und die Gewerkschaften dafür sorgen, daß neue Arbeitsplätze entstehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, in wenigen Jahren geht das Jahrhundert zu Ende. Die Jahrtausendwende liegt vor uns. Eine solche Zeitenwende bringt Gelegenheit, zurückzuschauen und vorwärts zu blicken. Nach der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts - zwei

    Bundesminister Dr. Theodor Waigel
    Weltkriegen, der Teilung unseres Vaterlandes, einer Weltwirtschaftskrise und zwei Währungsreformen - steht die zweite Hälfte im Zeichen des Aufbaus. Wir haben zunächst den Westteil unseres Landes erfolgreich aufbauen können. Nach der Vereinigung sind wir jetzt in den neuen Ländern dabei, dies mit dem Einsatz aller verfügbaren Kräfte zu tun. Mit unserer Finanzpolitik sind wir auf dem richtigen Weg.
    In Deutschland sichern wir die Arbeitsplätze auch nach der Jahrtausendwende. Wir schaffen die Basis für eine leistungsfähige Wirtschaft und eine gestaltende Politik.
    In Europa vollenden wir den Binnenmarkt mit einer dauerhaft stabilen Währungsunion. So entsteht ein großer dynamischer Wirtschaftsraum, der Wachstum und Wohlstand für alle Länder bringt. Wir sichern mit unseren Partnern in der G 7 und im Internationalen Währungsfonds die störungsfreie Entwicklung der Weltwirtschaft.

    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Alles Sprüche!)

    Wir fördern inflationsfreies Wachstum sowie durch Konsolidierung und Strukturreformen ein ausreichendes Kapitalangebot zu günstigen Konditionen. Damit werden wir unserer Verantwortung in Deutschland, in Europa und weltweit gerecht.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Nur Sprechblasen!)



Rede von Hans-Ulrich Klose
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat die Kollegin Antje Hermenau, Bündnis 90/Die Grünen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Antje Hermenau


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, daß es Ihnen besser geht, Herr Waigel. Wir haben das gerade an der Lautstärke und an der Chuzpe Ihrer Rede gemerkt.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Man merkt Ihrer Rede auch an, daß Sie diese Woche nicht hier waren, sondern Goethe gelesen haben.
    Kommen wir zur Haushaltspolitik dieser Koalition. Ein Haushalt ist mindestens Handwerk; eigentlich müßte es Kunst sein. Dies hier ist aber ein Ergebnis von Einfallslosigkeit und Ignoranz. Die „FAZ", die nun wirklich keine grünennahe Zeitung ist, muß inzwischen schon titeln, daß die Haushälter „mit ihrem Haushälterlatein am Ende" sind, daß es keine „planvolle Detailarbeit" mehr gibt, sondern eher lustlose und oberflächliche Erbsenzählerei.
    Die Koalition bringt gerade einmal eine Einsparung von einer halben Milliarde DM gegenüber dem Regierungsentwurf zustande. Das hat auch damit zu tun, daß die Koalitionshaushälter schon lange wußten, daß das dicke Ende zur Bereinigungssitzung noch kommen würde und daß dann planlose, kurzfristige und hektische Verschiebungen von Milliardenblöcken nach den Vorgaben des Bundesfinanzministers durchgezogen würden.

    (Zuruf des Abg. Hans Georg Wagner [SPD])

    - Wir hatten die Faxspur schon; danke, Herr Kollege Wagner. - Von wegen Stunde des Parlamentes. Dem kann ich nicht zustimmen. Das Parlament hat wenig mitzureden, wenn die Milliardenverschiebungen aus dem BMF herübergefaxt werden.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Generell ist anzumerken, daß im Haushalt 1997 nach unserem Empfinden die Grundsätze von Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit in Frage gestellt werden. Dies ist im einzelnen nachzuvollziehen, wenn man zum Beispiel beobachtet, wie mit den Verpflichtungsermächtigungen umgegangen wird. Sie verschieben die Schulden im Prinzip auf kommende Jahre und Generationen. Sie tun zumindest so, als ob es später einmal bezahlt werden würde. Aber dies ist höchst zweifelhaft, wenn man weiß, daß Sie Ihre mittelfristige Finanzplanung jedes Jahr massiv verändern und anpassen müssen. So hat es damals mit den Fünfjahresplänen im Osten auch angefangen.
    Bei der Nettoneuverschuldung wird gemogelt. Es wird davon ausgegangen, daß man über überplanmäßige Ausgaben, die Ende nächsten Jahres auf uns zukommen werden, nachholen kann, was man jetzt klammheimlich unterlassen hat. Man hat den Zuschuß an die Bundesanstalt für Arbeit bewußt zu niedrig angesetzt. Man hat die Arbeitslosenhilfe zu niedrig angesetzt. Man hat ziemlich unseriöse Einnahmeerhöhungen, zum Beispiel bei der Post, veranschlagt.
    Man hat sich auf globale Minderausgaben verständigt. Das bedeutet, daß man gar nicht mehr weiß, an welcher Stelle das Ministerium einspart. Es bekommt vielmehr nur eine Gesamtsumme, die es, egal wo, einzusparen hat, ob es nun beim Radiergummi eines Beamten oder eben auch - das ist leider öfter der Fall - in dem bißchen beweglichen Finanzspielraum jedes Ministeriums ist. Das bedeutet, daß wir auf das bißchen Politik, das nicht gesetzlich gebunden ist, keinen Einfluß mehr haben. Ich kann daher die Worte „Stunde des Parlamentes" beim Haushaltsaufstellungsverfahren nicht mehr hören.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Dazu haben wir auch gestern ganz aktuell einige spannende, mysteriöse Sätze von Herrn Huber gehört, der sich darauf verständigte, daß bei der Grunderwerbsteuer noch Änderungen möglich wären. Man kann nur davon ausgehen, daß sie noch weiter als nur von 2 auf 3 Prozent erhöht werden soll.
    Hier frage ich mich natürlich, wo die F.D.P., diese Steuersenkungspartei, ist. Irgendwie haben Sie die Grunderwerbsteuer übersehen. Aber das macht nichts. Es ist ja nur eine „kleine" Steuer. Sie reden ja immer nur von großen Steuersenkungen. Die kleinen Steuererhöhungen sind nicht so wichtig.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Antje Hermenau
    Bei all dem, was wir hier besprechen, vermisse ich eine mittelfristige Planung, eine gewisse mittelfristige Konsolidierung. In Ihren Vorschlägen gibt es keine Kohärenz. Auf der einen Seite wird von der F.D.P. propagiert, daß die Zuschüsse für den Steinkohlebergbau gesenkt werden müssen. Auf der anderen Seite werden Sie im Jahre 1997 in die Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen eingreifen. Das heißt, daß Sie den Kumpels in NRW sagen: Wir werden euch die Zuschüsse streichen, ihr könnt nicht mehr produzieren, aber umschulen können wir euch auch nicht, weil die Zuschüsse für Umschulungsmaßnahmen in NRW, die es 1996 noch gab, um ein Drittel gekürzt sind. Das heißt, daß 1997 nur noch 60 Prozent der Umschulungsmaßnahmen, die es 1996 in NRW gab, zur Verfügung stehen werden. So kann man keinen Branchenumbruch vornehmen, so kann man kein Gebiet strukturell anpassen. Darin haben wir inzwischen Erfahrung gesammelt.
    Noch keine Generation, noch kein Jahrhundert hat so schamlos auf Kosten der nachfolgenden Generation gelebt. Man erlebt bei diesem Haushalt immer wieder - ich habe gerade ein Beispiel genannt -, daß überhaupt nicht darüber nachgedacht wird, was nach 1997 kommt. Alle sind nur emsig bemüht, durch 1997 hindurchzutauchen - Theo Waigel, unser Tieftaucher, vorneweg -, um die Maastricht-Kriterien zu erfüllen.
    Das Problem dabei ist, daß allen suggeriert wird, 1998 könne man finanziell nach Luft schnappen. Aber das wird nicht so sein. Waigel muß 1998 absaufen. Er kommt gar nicht wieder nach oben, weil der Konsolidierungskurs automatisch fortgesetzt werden muß, oder gerade Sie von der F.D.P. haben Ihre ganzen Reden umsonst gehalten.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.]: Sieht man Sie einmal freundlich an, schon wird man beschimpft!)

    Wir sind natürlich auch der Meinung, daß an der Konsolidierung kein Weg vorbeiführt. Das muß klipp und klar gesagt werden. Die Frage ist nur, wie man es macht. Ich habe gerade von der mittelfristigen Finanzplanung gesprochen und nicht von irgendwelchen hektischen Verschiebungen, die vorgenommen werden, weil Maastricht wie ein Damoklesschwert über dem Haupte schwebt, und die keiner mehr nachvollziehen kann. Man muß sich langfristige Gedanken machen. Wir hatten zum Beispiel vor einem Jahr in dieses Haus den Vorschlag eines sich selbst finanzierenden Ausbildungsfonds für Studierende - BAFF - eingebracht, bei dem der Bund mittelfristig aus der Finanzierung aussteigen würde, aber in einer erträglichen Weise. Solche Vorschläge werden wir auch weiter vortragen.
    Wir haben schon über unser Ökosteuerkonzept hier zu sprechen und Ihnen nahezubringen versucht, was man damit alles erreichen könnte, zum Beispiel mehr Arbeitsplätze. Aber das leuchtet Ihnen ja immer alles nicht ein.
    Ich habe mich sehr geärgert, daß wir zum Beispiel diese globalen Minderausgaben dann am Tag der
    Bereinigungssitzung noch einmal für fast ausnahmslos jedes Haus auf den Tisch bekommen haben. Das ist wirklich ein haushälterisches Armutszeugnis. Aber ich kann natürlich die Koalitionshaushälter auch verstehen. Bei diesem Wirtschaftsminister Rexrodt, der so unzuverlässige Eckdaten prognostiziert, müssen sie Theo Waigel natürlich eine Chance geben; deswegen mußten sie auch 3 Milliarden DM Pufferzone einbauen, die aber nicht ausreichen wird, weil Sie Ihre Zuschüsse im Sozialbereich einfach zu niedrig darunter gemogelt haben. Wenn Sie Pech haben, landen Sie bei einer Nettoneuverschuldung von zirka 62 bis 63 Milliarden DM, und dann haben Sie das Ziel wieder verfehlt. So sieht es aus.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Wir haben im Laufe dieser Woche darzustellen versucht, daß wir ein ganzes Antragspaket erarbeitet haben, in dem wir unsere Einnahmen und Ausgaben gegenüberstellen, mit dem wir unsere politischen Vorschläge sogar zum Teil finanzieren könnten und mit dem wir bei der Nettoneuverschuldung trotzdem auf solide 55 Milliarden DM kommen, weil wir zum Beispiel auch den Ansatz für die Bundesanstalt für Arbeit und für Arbeitslosenhilfe in vollem Umfang eingesetzt und seriös gegenfinanziert haben. Im Gegensatz zu Ihrer Behauptung, wir hätten keine Vorschläge oder keine Konzeption, ist das zum Beispiel ein sehr tiefgreifender konzeptioneller Vorschlag.
    Weiterhin möchte ich beim Thema Konsolidierung auf folgendes hinweisen: Wir haben eine Reihe der Änderungs- und Kürzungsvorschläge der Koalition mitgetragen; meines Erachtens in einem Volumen von fast 2,5 Milliarden DM. Das heißt, daß also der Vorwurf an die Opposition, wir betrieben keine Konsolidierungspolitik, völlig haltlos ist. Das ist eindeutig.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

    1997 ist das entscheidende Jahr für die Qualifikation zum Start der Währungsunion. Der Finanzminister beharrt auf der strikten Einhaltung der Kriterien. Das wird allmählich ein Eigentor. Der Musterknabe Theo Waigel beschimpft die anderen in Europa - wie hat er die Italiener vor einem Jahr noch heruntergemacht -, aber selber muß er mogeln, damit er seinen Haushalt klarziehen kann.

    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Das erinnert etwas an den Ruf „Haltet den Dieb!", Herr Waigel.
    Geben Sie doch einfach zu, daß Sie mogeln müssen! Ganz Europa mogelt inzwischen bei dieser Währungsunion. Die Franzosen bedienen sich bei den Pensionsrückstellungen der France Télécom, die Spanier, Portugiesen und Belgier verscherbeln ihr Gold, ihre Grundstücke und ihre Staatsfirmen - siehe Waigelwisch vom letzten Jahr; 3 Miliarden DM „Sonstiges" -, in Österreich wird inzwischen gesagt, der Haushalt sei nach dem Grundsatz aufgestellt, nach dem Stichtag zur Währungsunion komme die

    Antje Hermenau
    Sintflut, und die Deutschen haben neben ihrer stillen Zukunftsverschuldung durch die Pensionslasten - seit Minister Kanthers Versorgungsbericht wissen wir ja, was auf uns zukommt - dann auch noch diesen unsoliden Haushalt 1997, bei dem das dicke Ende erst noch kommt.
    So wird das Vertrauen in die europäische Währungsunion natürlich nicht hergestellt, weder in der Bevölkerung noch bei den Bankern, noch in der Wirtschaft. Ich weiß nicht, wie Sie das verantworten wollen.

    (Vorsitz : Präsidentin Dr. Rita Süssmuth)

    Graf Lambsdorff hatte für den Haushalt des Jahres 1996 ein Haushaltssicherungsgesetz verlangt. Danach hat die F.D.P. ihn schnell weggeschlossen, damit er es nicht noch einmal sagen konnte. Aber ich frage mich natürlich, ob nicht für den Haushalt 1997 ein solches Haushaltssicherungsgesetz nicht noch viel wichtiger gewesen wäre; denn dieser ist noch unsolider als der letzte Haushalt.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Kommen wir noch zu einigen dieser Mogelpackungen, die uns hier untergeschoben und als seriöse Finanzpolitik dargestellt werden, zum Beispiel die Kreditermächtigungen. Nach § 18 Abs. 3 der Bundeshaushaltsordnung gelten solche Kreditermächtigungen bis zum Ende des nächsten Haushaltsjahres noch fort. Das heißt, man durchbricht das Jährlichkeitsprinzip und unterläuft damit im Prinzip auch den Sparzwang, und zwar so, daß der Finanzminister Möglichkeiten hat, die Verschuldung noch einmal zu ändern. Ich finde, daß man dieser Vorgehensweise auf jeden Fall etwas entgegenhalten muß. Wir haben dazu auf Grund der dankenswerten Initative meines Kollegen Metzger einen entsprechenden Änderungsantrag eingebracht.

    (Karl Diller [SPD]: Was? Frau Hermenau, das hat Herr Metzger von uns abgeschrieben!)

    - Das haben auch schon andere gesagt, Herr Diller.

    (Karl Diller [SPD]: Ja, das stimmt!)

    Eine weitere Mogelpackung sind die Privatisierungsvorhaben. Schon im Haushaltsplan für das Jahr 1996 hatte Herr Waigel 9 Milliarden DM Privatisierungserlöse eingestellt. Wir haben damals über diesen berühmt-berüchtigten Waigelwisch gesprochen und festgestellt, daß ein Teil dieser Vorhaben im Jahr 1996 nicht realisierbar sein würde. Jetzt werden sie für 1997 wieder aufs Podest gehoben.
    Ich erinnere mich an Kollegen Weng von der F.D.P., der hier vollmundig erklärte, „der Haushaltsvollzug im kommenden Jahr braucht Ihre ganze Kraft, Herr Minister Waigel; mit der Durchführung der geplanten Privatisierung sind Sie persönlich im Wort. Hierbei haben Sie uns an Ihrer Seite" . Ich nehme an, er meinte den Vollzug des Wortbruches bei der Privatisierung.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Kollege Wengs Ausführungen zur Rückführung des Solidarzuschlages erspare ich mir und Ihnen. Aber eines ist natürlich in den letzten Wochen klargeworden, meine Damen und Herren von der Koalition: Der Weg von der CSU zur F.D.P. ist viel weiter, als ich das je gedacht habe. Wenn ich mir vor Augen führe, daß die CSU in ihrer Verantwortung als Volkspartei in Bayern weiß, daß sie für den kleinen Mann mit sorgen muß - und das meiner Beobachtung nach in Bayern auch erfolgreich tut -,

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Das ist doch keine Volkspartei, das ist eine Regionalpartei!)

    dann frage ich mich natürlich, wie Sie von der CSU mit der F.D.P. klarkommen, deren Klientel sich persönlich kennt.

    (Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD)

    Vor dem Hintergrund kann ich mir vorstellen, welche Schwierigkeiten Sie in der Koalition haben, was den Haushalt 1997 betrifft.
    Ich habe, wie gesagt, die mysteriösen Worte des Finanzministers Huber erwähnt. Ich denke, bei der Debatte über die Grunderwerbsteuer werden wir sehen, daß es wieder eine Kollision zwischen der F.D.P. und der CSU gibt.
    Lassen Sie mich noch ein paar Worte zum Klima der Bereinigungssitzung sagen; das ist ja teilweise auch kolportiert worden. Zum einen möchte ich vor allen Dingen den Mitarbeitern des Sekretariats des Haushaltsausschusses danken, daß sie diese unchristlichen Beratungszeiten tapfer, souverän und ohne pampig zu werden mit uns durchgehalten haben.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Zum anderen muß ich dem Kollegen Kurt Rossmanith durchaus sagen: Er hat die Rolle des Vorsitzenden sehr gut gemacht, besser jedenfalls, als ich es je gedacht habe. Er ist in seinem Amte sehr gewachsen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU Zurufe von der SPD: Nicht übertreiben! Nicht zuviel loben!)

    Aber in der Bereinigungssitzung hat er sich dann so verhalten, daß ich dieses Lob wieder zurücknehmen muß. Als nämlich beantragt wurde, man möge zwei Tage für die Bereinigungssitzung ansetzen, einen für Personal-, einen für Sachtitel, war es leider nicht möglich, gemäß normaler parlamentarischer Gepflogenheit vorzugehen. Ich finde, das geht leider auch auf die Kappe des amtierenden Vorsitzenden.

    (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Da müssen Sie den Herrn Metzger fragen! Die Obleute machen das!)

    Ich habe das Gefühl, die Koalition hat sich davon versprochen, sie könne es wie beim letztenmal, als wir ja die Bereinigungssitzung verlassen haben, wieder so durchpeitschen. Aber darüber haben Sie sich natürlich getäuscht. Ihnen mußte eigentlich klar sein,

    Antje Hermenau
    daß die Opposition nicht nur eine Vielzahl von Fragen, sondern auch eine Vielzahl von Änderungsvorschlägen einbringen würde, wenn Sie uns einen solch unsoliden Haushalt vorlegen.
    Ich habe gestern morgen bei meiner Rede zum Einzelplan des Wirtschaftsministeriums ausgeführt, daß zu meiner großen Erheiterung beigetragen hat, wie sich die F.D.P. die Zukunft der Arbeitslosen in diesem Land vorstellt - die Arbeitslosenzahlen werden Sie natürlich nicht halbieren; das ist ein völlig vages und falsches Versprechen -, nämlich daß alle in diesem Lande zu Aktienbesitzern, zu Rentiers werden. Ich habe mich an ganz alte Zeiten erinnert, als man uns versuchte nahezubringen, daß Lenin einmal ausführte, daß im Kapitalismus alle Staaten zu Rentiersstaaten würden. Ich habe mich maßlos erheitert; denn damals habe ich den Leuten auch nicht geglaubt.
    Danke schön.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)