Rede von
Dr.
Günther
Maleuda
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(PDS)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung. Sie betrifft die Landwirtschaft in den neuen Bundesländern und sicher auch das LAG. Im „Focus" vom gestrigen Tage wird, gestützt auf Experten und auf die Zentrale Ermittlungsstelle Regierungs- und Vereinigungskriminalität, geschrieben: „Bei der Umwandlung von rund 5 000 LPG-Betrieben entstand ein Schaden von insgesamt 20 bis 50 Milliarden DM." Man stelle sich diese Zahlen einmal im Verhältnis zum Agrarhaushalt 1997 mit 11,8 Milliarden DM vor.
Ich meine, hier wirft das LAG tatsächlich seine Schatten voraus. Die Veröffentlichung kommt zur
Dr. Günther Maleuda
rechten Zeit. Am Freitag wird der Bundesrat das LAG behandeln. Ich finde, diese Art der Veröffentlichung ist die Fortsetzung einer unverantwortlichen Stimmungsmache auf einem Gebiet der Agrarfinanzen in Deutschland, die wir absolut nicht gebrauchen.
Im Ergebnis der ersten Lesung des Agrarhaushaltes hat unsere Abgeordnetengruppe dem Agrarausschuß vier Anträge unterbreitet. Sie sind, wie das stets der Fall ist, abgelehnt worden. Allerdings berücksichtigt die jetzige Haushaltsvorlage teilweise unsere Forderung, beispielsweise die Mittel für die Beratungshilfe nicht um 50 Prozent zu kürzen.
Mißt man den Agrarhaushalt an den Problemen, vor denen die Landwirtschaft steht - sozial bestimmter Strukturwandel, ökologischer Umbau, Entwicklung der ländlichen Räume, Herkunftsnachweis der Nahrungsgüter, Anpassung der Produktion an die Nachfrage und nicht zuletzt Verbesserung der Einkommenssituation der Bauern -, dann gibt dieser Haushalt in der Tat zu wenig Antwort auf diese wichtigen Entwicklungsfragen.
Diese Politik wird verfolgt, obwohl selbst in den Reihen der Koalitionsparteien die kritischen Stimmen zunehmen.. So hat sich zum Beispiel der Präsident des Bayerischen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, mit einem dringenden Appell an Bundesfinanzminister Dr. Theo Waigel gewandt. Er hat vor allem auf den schroffen Gegensatz zwischen dem gesetzlichen Auftrag der Regierung nach dem Landwirtschaftsgesetz, „die soziale Lage der in der Landwirtschaft tätigen Menschen an die vergleichbarer Berufsgruppen" anzugleichen, und dem tatsächlichen Einkommensrückstand der Landwirtschaft von fast 40 Prozent hingewiesen. Er wandte sich an seinen Parteifreund Minister Waigel:
Lassen Sie nicht zu, daß unsere Bauern nach den europäischen Torturen im Gefolge des britischen Rinderwahnsinns und des Milchpreisverfalls auch noch durch die nationale Haushaltspolitik malträtiert werden.
Offensichtlich sind die Bauern nicht im strategischen Visier der Bundesregierung. Um über eine halbe Milliarde DM sollen die Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe gekürzt werden. Das bedeutet eine Reduzierung gegenüber dem Plan 1996 um 22 Prozent und gegenüber 1994 gar um ein Drittel, das heißt um eine Milliarde.
Der von der Bundesregierung eingeschlagene Sparkurs engt auch rigoros die Handlungsfähigkeit der Länder und Kommunen ein. Für sie wird die Gemeinschaftsaufgabe zu einem zweischneidigen Schwert: Einerseits sind sie bestrebt, durch die geforderte Komplementärfinanzierung die Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe in Anspruch zu nehmen; andererseits stehen diese Mittel für andere dringende Finanzierungsaufgaben nicht zur Verfügung.
Die PDS hat deshalb einen Entschließungsantrag zur Senkung des Prozentsatzes der Kofinanzierung eingebracht. Dieser Vorschlag kann auch durch die aktuellen Zahlen über die Inanspruchnahme der Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe, wie sie mir auf eine Anfrage an die Regierung mitgeteilt wurden, begründet werden. Per 31. Oktober dieses Jahres waren erst 44 Prozent abgerufen, in den neuen Bundesländern sogar nur 37 Prozent.
Dem Bundeshaushalt entstehen mit der Annahme unseres Antrags keine zusätzlichen Belastungen. Der Handlungsspielraum der Länder würde jedoch erhöht werden.
Meine Damen und Herren, vollbringen Sie eine außergewöhnliche Tat: Stimmen Sie am Freitag dem Entschließungsantrag der Abgeordnetengruppe der PDS zu.
Ich danke Ihnen.