Rede von
Günther
Bredehorn
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die notwendige Haushaltskonsolidierung erfordert auch im Agrarhaushalt über die bereits vorgesehenen Kürzungen hinaus eine weitere globale Minderausgabe in Höhe von 240 Millionen DM. In Anbetracht der vor uns stehenden Herausforderungen halte ich eine solche Minderausgabe für verantwortbar. Solche Minderausgaben sind für uns nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine Chance: Es ist doch zu fragen, ob wir die nicht unbeträchtlichen Mittel im Agrarhaushalt immer effektiv genug einsetzen und ob wir nicht neue Prioritäten bei knappen Haushaltsmitteln setzen müssen.
Zur Weiterentwicklung unserer Agrarpolitik müssen meines Erachtens unter anderem folgende Punkte diskutiert und entschieden werden: die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit unserer produzierenden landwirtschaftlichen Betriebe und Vermarktungsunternehmen, die durch WTO II vorgegebene weitere Liberalisierung und Globalisierung der Agrarmärkte, die stärkere Entkopplung von Preis- und Einkommenspolitik, die gezielte Entlohnung ökologischer und landschaftspflegerischer Leistungen, die Entbürokratisierung und radikale Vereinfachung der Agrarpolitik.
Meine Damen und Herren, es sind schon alarmierende Warnzeichen, wenn die deutsche Landwirtschaft im eigenen Land ständig Marktanteile verliert und wenn die deutschen Landwirte beim Betriebsgewinn im unteren Drittel der EU-Mitgliedstaaten liegen. Eine wichtige Aufgabe unserer Agrarpolitik ist die Sicherung der Veredlungsproduktion in Deutschland. Gerade in der Schweineproduktion, einer klassischen Domäne der Familienbetriebe, sind gravierende Marktverluste eingetreten. Ein Produktionsausfall von 11 Millionen Schweinen pro anno hat seit 1990 zu jährlichen Einkommensverlusten von zirka 6 Milliarden DM im gesamten Sektor und zum Verlust von Tausenden Arbeitsplätzen geführt. Von daher sind für mich die Förderung von Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit unter Beachtung umweltverträglicher Wirtschaftsweise, die Stärkung der Unternehmerlandwirtschaft sowie Marktorientierung die wichtigste Aufgabe unserer Agrarpolitik.
Es darf bei der einzelbetrieblichen Investitionsförderung, beim AFP, bei der Förderung der Wettbewerbsfähigkeit unserer landwirtschaftlichen Unternehmen für den europäischen Markt keinesfalls zu einer Mittelkürzung im Haushalt kommen. Im Gegenteil: Diese „Hilfe zur Selbsthilfe" muß nach meiner Meinung in Zukunft vereinfacht und finanziell noch besser ausgestattet werden.
Die Agrarwirtschaft ist weltweit eine der dynamischsten Wachstumsbranchen. Man schätzt, daß der Getreideverbrauch in den nächsten Jahren deutlich zunehmen wird. Der Fleischverbrauch wächst zur Zeit jährlich um zirka 3 Prozent. Bei der Milch rechnet man weltweit in den nächsten Jahren mit einer Zunahme des Verbrauchs von 20 bis 30 Millionen Tonnen. Dieser steigende Verbrauch wird vor allem aus Regionen bedient, die durch Nutzung der Bio- und Gentechnologie, durch technisch-organisatorische Fortschritte und durch strukturelle Verbesserungen zu niedrigen Kosten und mit hoher Qualität produzieren. Deutschland ist dabei von den natürlichen Voraussetzungen her ein hervorragender Agrarstandort. Wir sollten diesen Vorteil nicht durch flächendeckende Extensivierung und Flächenstillegung selbst aufgeben.
Das von einigen Agrarpolitikern angepriesene Rezept „Mengen runter, Preise rauf" hat nicht funktioniert.
Die Strategie für erfolgreiche Betriebe muß heute eher lauten: „Kosten runter, Mengen rauf". Die 1984 eingeführte Milchquotenregelung ist ein gutes Beispiel dafür.
Nach wie vor gibt es Überschüsse, und die Erzeugerpreise sind gesunken. Noch gravierender aber ist: Ein großer Teil der Quote ist bei Landwirten, die selber nicht mehr melken. Hier wurden handelbare Besitzstände zu Lasten der noch aktiv melkenden Landwirte geschaffen.
Teilweise sieht die Rechnung dann so aus: Milchpreis minus Quotenkosten ist Weltmarktpreis.