Rede von
Ulrike
Höfken-Deipenbrock
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann, um an diese Diskussion anzuschießen, nur bestätigen: Auch wir sind für den Abbau von Subventionen, sowohl auf der EU-Ebene als auch auf der Bundesebene. Denn man muß einfach das Ergebnis betrachten: Die Subventionen in der bisherigen Form haben den Bauern nun wahrhaftig nichts gebracht.
Ergebnis einer Fortsetzung dieser Politik wird sein, daß allein in Rheinland-Pfalz in zehn Jahren 30 000 landwirtschaftliche Arbeitsplätze abgebaut sein werden. Das kann man nun wirklich nicht als Erfolg verbuchen.
Der Haushalt dieses Jahres wurde uns als eine Black box präsentiert. Wir als Abgeordnete im Agrarausschuß haben nicht die Gelegenheit gehabt, über den Haushalt, so wie er nun tatsächlich vorgelegt worden ist, zu entscheiden. Das Instrument einer globalen Minderausgabe, deren Einsparvolumen konkret nicht genannt worden ist, ist im Prinzip eine Ermächtigungsgenehmigung für die Bundesregierung. Das sind italienische Verhältnisse. Wir lehnen den Haushalt in dieser Form ab.
Anforderungen an einen Haushalt stellen sich auf drei Ebenen. Erstens zur nationalen Ebene: Hier stehen wir mit Sicherheit - das geben wir gerne zu - vor der Problematik, die Kosten senken zu müssen, sowohl die volkswirtschaftlichen Kosten als auch die haushaltsrelevanten Kosten. Darüber hinaus müssen wir bestrebt sein: den Verbraucherinnen und Verbrauchern gesunde Lebensmittel zu bieten; die Umwelt so zu behandeln, daß keine weiteren Schäden entstehen bzw. Schäden reduziert werden; die Regionen so zu versehen, daß sie ihre Wirtschaftskraft stärken können; den Landwirten in Ost und West ein ausreichendes Einkommen und eine erträgliche Arbeitszeit zu bieten.
Zweitens zur EU-Ebene: Die EU stellt die Weichen neu. Reaktionen der Bundesebene darauf lassen sich nicht erkennen. Die EU richtet sich darauf ein, für den Weltmarkt zu produzieren, und zwar in Gunstlagen, eben ohne Subventionen. Die Landwirtschaft auf den restlichen Flächen wird zur Landschaftspflege. Wo die Gelder dafür herkommen, ist sehr fraglich. In dem Zusammenhang ist festzustellen - Frau Janz hat es schon angesprochen -: Die Milchquoten werden sinken. Diese Auffassung vertritt die EU-Kommission; auch dafür hat die Bundesregierung kein Konzept.
Drittens zur Weltebene: Wir haben den Welternährungskongreß in Rom miterleben können. Auch auf dieser Ebene stellen sich Anforderungen: eine bessere Verteilung von Lebensmitteln - dies hat Auswirkungen auf die Handelsorganisationen -, die Notwendigkeit einer größeren Produktion von Lebensmitteln. Kommen Sie mir da nicht wieder mit der Gentechnik; die Vertreter der chemischen Industrie glauben daran selbst nicht mehr. Diese Mehrproduktion muß nachhaltig sein. Das hat auch Auswirkungen auf unsere Agrarpolitik. Eine Gestaltung in einer vernünftigen Art und Weise vermissen wir hier.
Der Haushalt orientiert sich im Prinzip am Leitmotiv von Heereman, und der sagt: Nicht jeder kann Bauer bleiben.
Das vollzieht die Bundesregierung konsequent. Dies ist das Problematische, wenn man über das Gießkannenprinzip meckert: Es wird sehr oft verwechselt - F.D.P.-Politik, Herr Heinrich -, daß Wettbewerbsfähigkeit nicht heißt, bloß einige wenige, sogenannte leistungsfähige Betriebe zu fördern. Denn das bleibt von unserem Haushalt letztlich nur noch übrig.
Gespart wird ausgerechnet an der Gemeinschaftsaufgabe, dem einzigen Bereich, der strukturverbes-
Ulrike Höfken
sernd wirken kann, der einen Ausgleich schafft für die Betriebe in den benachteiligten Gebieten.
Das ist wirklich ein Skandal.
Wir haben die Möglichkeit verpaßt, auch nach den WTO-Verhandlungen die Absatzchancen der deutschen Landwirtschaft wahrzunehmen. Dies wäre möglich gewesen, wenn wir das Potential einer verbesserten Vermarktung und Verarbeitung auf dem nationalen Markt tatsächlich ausgeschöpft hätten.
Gleichzeitig stellt sich das Problem der Bundesforschung: Die Mittel für die Forschungsaufgaben im inneren Bereich sind um mehr als 50 Prozent gekürzt worden: Auch damit werden Zukunftsaufgaben verfehlt. •
Zum Thema BSE. Auch durch Maßnahmen in diesem Zusammenhang fließen indirekt Kosten in unseren Haushalt ein. Sie haben es leider abgelehnt, die Extensivierung im Rinderbereich zu fördern.
Ich halte das für einen völlig falschen Weg. Die Ideologie der Bundesregierung hat den deutschen Landwirten die Möglichkeit verbaut, ihre Produktion auf die marktgerechten Ansprüche der Verbraucherinnen und Verbraucher zu reduzieren. Damit hätte Vertrauen wiederhergestellt werden können. Statt dessen gibt es die Frühvermarktungsprämie - nun gut; aber gleichzeitig werden neugeborene Kälber für die Herodesprämie nach Frankreich gekarrt.
Nun ein Wort zum Küstenschutz. Auch hier droht die Gefahr, daß an der falschen Stelle gespart wird und daß sich das Sparen nicht nur gegen die Bevölkerung an den Küsten wendet, sondern daß auch neue Kosten auf den Haushalt zukommen, wenn tatsächlich Schäden entstehen.
Zum Thema „Fischereischutzboote": Auf der einen Seite beklagen wir die dramatische Situation auf den Weltmeeren, auf der anderen Seite wollen wir die Mittel für den Schutz genau dieser Bestände nicht zur Verfügung stellen. Das betrifft Boote, die in einer ostdeutschen Werft gebaut werden sollten und jetzt nicht gebaut werden.