Rede von
Horst
Seehofer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Haushalt des Bundesgesundheitsministeriums wird gegenüber dem Regierungsentwurf bekanntlich durch eine globale Minderausgabe um 26 Millionen DM, das entspricht 3,4 Prozent, reduziert. Ich halte eine solche Reduzierung nicht nur für notwendig, sondern auch für gesundheitspolitisch verantwortlich.
Für notwendig halte ich sie, weil ich es kaum noch ertragen kann, wie die Opposition und auch viele Funktionäre bei uns im Lande ständig vom Sparen reden, aber dann, wenn sie selbst betroffen sind, nicht dazu stehen.
Daß sie gesundheitspolitisch verantwortlich ist, möchte ich am Beispiel der Drogenpolitik deutlich machen. Man kann nicht oft genug darauf hinweisen, daß für die Versorgung und Betreuung von Drogenkranken nach unserem Verfassungsprinzip die Bundesländer zuständig sind und daß sich die Zuständigkeit des Bundes - man kann sagen: leider Gottes - darauf beschränkt, mit Modellvorhaben Anstoßeffekte für neue Ideen zu geben, und zwar länderübergreif end.
Ich denke, das haben wir über 25 Jahre hinweg in vorbildlicher Weise getan. Allein in den letzten zehn Jahren wurden für Modellvorhaben, für Baumaßnahmen, für Forschung, für Aufklärungsmaßnahmen im Bereich von Drogen 340 Millionen DM aufgewandt, davon fast die Hälfte für Modellvorhaben, mit denen wir neue Ideen für die Betreuung und die Versorgung von Drogenkranken gewissermaßen länderübergreifend fördern.
Ein Problem ist, daß es nach 25 Jahren Erprobung in verschiedenen Bereichen nicht mehr so furchtbar viele neue Ideen gibt. Das größere Problem besteht darin, daß nach unserer Erkenntnis zwar diese Modellvorhaben gewöhnlich von den Ländern und Kommunen in die Regelförderung übernommen wurden, aber auch nur diese Modellvorhaben, daß es aber eine flächendeckende Anwendung der Erkenntnisse aus dem Modellvorhaben in den Bundesländern nur in seltenen Ausnahmefällen gegeben hat.
Das Problem der Drogenpolitik besteht nicht darin, daß wir etwa zuwenig Geld hätten, um innovative, neue Ansätze bei der Versorgung und Betreuung von Drogenkranken zu finanzieren. Das werden wir auch künftig tun; nur deshalb habe ich mich auch mit einer Mittelreduktion in diesem Bereich einverstanden erklärt. Ich denke daran, daß wir erst vor ganz kurzer Zeit in Übereinstimmung mit den Ländern neue An-
Bundesminister Horst Seehofer
Sätze bei der nachgehenden Sozialarbeit für Drogenkranke als Modell auf den Weg gebracht haben.
Bei der Drogendiskussion ist die eigentliche Kernfrage nicht die Finanzierung neuer Modellvorhaben, sondern viel wichtiger wäre es, wenn die Erkenntnisse, die wir in den Modellvorhaben gewonnen haben, endlich flächendeckend in den Bundesländern allen Menschen zugute kämen.
Ich sage mit vollem Ernst zu den Verharmlosungen von seiten Schleswig-Holsteins in Sachen Cannabis oder auch Ecstasy bei der letzten Debatte hier im Deutschen Bundestag:
So viel Aufklärung junger Menschen, um sie vor diesem Teufelskreis zu bewahren, können wir gar nicht zusätzlich finanzieren, wie durch eine solche Diskussion wieder kaputtgemacht wird, in der Cannabis und Ecstasy verharmlost werden.
Herr Beck, ich möchte Ihnen auch als verantwortlicher Minister für die Aidsaufklärung, bei der es auf Grund der Infektionskrankheit eine Bundeszuständigkeit gibt, sagen: Wir werden die Aufklärung auf hohem Niveau beibehalten. Ich kann sie aber, wo es jetzt um das Sparen geht, nicht zum Tabu erklären. Ich werde hier eine verantwortliche Sparmaßnahme durchaus mittragen - wir werden sie mit den Berichterstattern besprechen -, weil ich meine: Wir mußten doch die Mittelansätze zu einer Zeit, in der es in der Bundesrepublik Deutschland darum ging, in der Gesellschaft, in der breiten Bevölkerung, in der Öffentlichkeit, bei Medien und bei Verantwortlichen ein Bewußtsein für die Verhütung und Vorbeugung dieser Krankheit zu schaffen - deshalb waren damals die 50 Millionen DM gerechtfertigt -, etwas anders sehen als heute, wo es darum geht, ein unzweifelhaft vorhandenes Bewußtsein in der Bevölkerung auf hohem Niveau wachzuhalten und nur für einen Teil der Bevölkerung, nämlich für die jungen Menschen - da gebe ich Ihnen recht - neu zu schaffen.
Es ist doch eine ganz andere Situation, ein Bewußtsein für eine gefährliche Krankheit herzustellen - wie kann man sie vermeiden? wie kann man Vorbeugung betreiben? -, als ein solches Bewußtsein dann, wenn man ein hohes Aufklärungsniveau erreicht hat, wachzuhalten.