Rede von
Dr.
Ruth
Fuchs
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(PDS)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie heute schon mehrfach erwähnt: Der Bundeshaushalt für das Jahr 1997 fügt sich nahtlos in eine Politik des immer hemmungsloser werdenden Sozialabbaus ein, die schon seit Jahren zum Markenzeichen dieser Regierung geworden ist. Im Gesundheitswesen gilt das im großen bei der gesundheitlichen Versorgung der Menschen im Lande wie auch im kleinen beim Haushalt des zuständigen Ministers.
Kürzungen der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Beitragsentlastungsgesetz und offensichtlich noch stärker die gegenwärtigen Vorhaben zur Fortführung der dritten Stufe der Gesundheitsreform führen zu finanziellen Mehrbelastungen der Versicherten und Patienten, die in ihrer Massivität keine Parallelen haben und schlimmste Befürchtungen noch übertreffen werden.
Angesichts des noch gnadenloser als in früheren Jahren zusammengestrichenen Einzelplans 15 muß man dem Gesundheitsminister eines lassen: Wenn es um die Verschlechterung der sozialen Qualität der gesundheitlichen Versorgung geht, dann zeigt er wirklich Entschlossenheit und Konsequenz. Wie nützlich wäre es, wenn diese Energie und Zielstrebigkeit für den notwendigen Kampf um eine wirkliche Strukturreform im Gesundheitswesen eingesetzt würde.
Dr. Ruth Fuchs
Leider wissen wir inzwischen, daß diesbezüglich von dieser Regierung nichts mehr zu erwarten ist. Bereits bei der Aufstellung des Haushalts 1997 hat das Gesundheitsministerium mit minus 4,8 Prozent im Vergleich zu 1996 weitaus größere Kürzungen hingenommen als die meisten anderen Ressorts. Der Minister empfand dafür allerdings Dankbarkeit, wie er anläßlich der ersten Lesung des Haushalts in diesem Hause zu Protokoll gegeben hat. Das möge nachvollziehen, wer kann; ich vermag es nicht.
Als es im Verlauf der Beratungen um globale Minderausgaben ging, sah er sogar eine weitere Möglichkeit, sich auszuzeichnen. Er übernahm als Herr über einen der kleinsten Haushalte freiwillig die mit Abstand höchste relative Zusatzkürzung und hat es damit fertiggebracht, seinen Etat noch einmal um fast 26 Millionen DM zu senken.
Vor dem Gesundheitsausschuß bekannte er sich dazu nachgerade freudig
mit den Worten: „Ich stehe an der Spitze derer, die auch einen Sparbeitrag leisten wollen. " Ich habe das empört mitgeschrieben, obwohl ich mir so etwas eigentlich schon abgewöhnt hatte; denn das Verfallsdatum ministerieller Aussagen ist bekanntlich nicht mehr kalkulierbar.
Herr Minister, auch Sie wissen doch sehr genau, daß in diesem Bundeshaushalt an anderer Stelle nach wie vor Mittel vorgesehen sind, die viel eher zur Disposition gestellt werden sollten als ausgerechnet die Hilfe für Kranke und Behinderte. Ich denke, um nur ein Beispiel zu nennen, an die Beschaffung intelligenter Minensysteme, deren Bezeichnung bereits einen beachtlichen Zynismus enthält und für die durchaus mehrere 100 Millionen DM vorhanden sind.
Was den Gesundheitshaushalt betrifft, so sind nun seine mit sage und schreibe 47 Millionen DM ohnehin knappen disponiblen Mittel noch einmal um mehr als die Hälfte gefallen. Damit darf als sicher gelten, daß die, gemessen an den Vorjahren, ohnehin weitergekürzten Mittel des Ministeriums für Zwecke der Verbesserung der Betreuung chronisch kranker und psychisch kranker Menschen, der Suchtbekämpfung, der Krebsvorsorge und -behandlung nicht einmal mehr in ihrer gestutzten Variante aufrechterhalten werden können.
Zugleich vergibt sich der Gesundheitsminister damit seine letzten Möglichkeiten, Gesundheitspolitik endlich einmal als positive Gestaltungsaufgabe zu begreifen.
Sind Sie nicht, Herr Minister, gemäß Ihrem Amtseid eigentlich verpflichtet, Schaden von der Bevölkerung abzuwenden? Ihr Umgang mit den gesundheitlichen Interessen der Menschen dieses Landes - im großen Maßstab der gesundheitspolitischen Grundsatzentscheidungen wie im kleinen Ihres Jahreshaushalts - kann inzwischen nicht mehr allein als leichtfertig und verantwortungslos bezeichnet werden; er hat sich mittlerweile zu einem regelrechten Skandal ausgewachsen, was Tausende von Betroffenen genauso sehen.
Die PDS lehnt den Einzelplan 15 ab. Dem vorliegenden Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen stimmen wir zu.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.