Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Berninger, ich bin in vielen Dingen, die Sie vorgetragen haben, mit Ihnen einig. Das, was wir machen müssen, nämlich Sparen, tun wir nicht aus Selbstzweck, weil es uns soviel Freude macht. Aber das hohe Lied vom „Sparen bei dir, bloß nicht bei mir" gilt natürlich nicht. Das betrifft auch diesen Bereich.
Insofern müssen wir uns gemeinschaftlich Gedanken darüber machen, wo wir Umschichtungen vornehmen können und wo wir Prioritäten setzen müssen, und das - da wir gerade über den Jugendetat reden - natürlich auch für die jungen Menschen in diesem Land, für Kinder und Jugendliche.
Glauben Sie, einem von uns hätte es Spaß gemacht, 50 Millionen DM zusätzlich erbringen zu müssen? Am wenigsten Frau Nolte. Wir werden auch ganz sicher noch über das eine oder andere Thema reden müssen. Ich bin aber fest davon überzeugt, daß ein Teil dieser 50 Millionen DM - wir wissen das aus Haushaltserfahrungen - im Laufe des Haushaltsjahres erwirtschaftet werden kann, zum Beispiel weil die Mittel für bestimmte Maßnahmen nicht abgeflossen sind. Insoweit ist das Verfahren, auf das wir uns verständigt haben, ganz hilfreich.
Sie haben eben die Streitkultur bzw. die Diskussionskultur in diesem Hause zu diesem Thema beklagt. Ich hätte mir gewünscht, daß wir hier mit dem Thema so umgegangen wären - wir haben das nicht so begonnen -, wie wir mit dem Thema unter den Berichterstattern während der Beratungen umgegangen sind.
Wir waren uns in vielen Punkten einig. Wir haben gemeinschaftlich einen Gesprächsbedarf beim Kinder- und Jugendplan, also beim sogenannten Bundesjugendplan, gesehen, weil wir gemeinschaftlich der Auffassung sind, daß er keine weiteren Sparopfer mehr zuläßt. Wir waren uns darüber einig, wie er in Zukunft aussehen soll.
Wir waren uns auch gemeinschaftlich mit Frau Nolte darüber einig, daß wir demnächst nach der Verabschiedung alle miteinander darum ringen müssen, wie wir ihn umstrukturieren können. Ich glaube, es ist ein Gebot der Zeit, daß wir einiges umstrukturieren, weil wir uns Sorgen machen
und weil Kinder und Jugendliche natürlich einen Anspruch darauf haben, optimal gefordert, aber auch gefördert zu werden.
Ich komme jetzt nicht damit, daß wir in die Zukunft investieren müssen: Aber an diesem alten Satz ist etwas dran. Nur mit einem Alibiparteitag, wie er gestern von der SPD abgehalten worden ist, wird man sich den Jugendproblemen, die wir in diesem Land haben, nicht öffnen können.
Meine Damen und Herren, seriöse Politik - insoweit hätte ich mir gewünscht, daß gestern bei dem Parteitag ein bißchen mehr auf Herrn Clement und möglicherweise auf Herrn Schröder und andere Debattenteilnehmer gehört worden wäre -
beschäftigt sich eben auch damit, was wir den Leuten sagen.
Herr Kollege Schmidt, ich habe mich sehr intensiv mit Ihrem Parteitag beschäftigt. Ich habe hier die gesammelten Kommentare der bundesdeutschen Presse.
- „Zuviel der Ehre." Ich würde mir die Kommentare ansehen. Ich wäre rot geworden, wenn wir einen solchen Parteitag veranstaltet hätten. Das sage ich Ihnen.
- Sehr verehrte Frau Kollegin Matthäus:
Die Dichter sind der SPD schon weggelaufen, die Arbeitnehmer verkrümeln sich immer mehr, und die Jugendlichen gibt es bei der SPD auch nicht mehr.
- So die „Berliner Zeitung".
Die „Nürnberger Nachrichten" schreiben:
Wenn eine in die Jahre gekommene Dame sich grellbunt schminkt und plötzlich in den Slang der Kids verfällt, dann wirkt das eher anbiedernd.
Ich kann Ihnen diese Kommentare gerne alle zur Verfügung stellen. Meine Damen und Herren, das macht richtig Freude.
- Nein, Herr Kollege, das ist genau die Art von Politik, die wir in der Jugendpolitik nicht gebrauchen können: „Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern", weil Sie sich den Problemen, die junge Leute haben, nicht ernsthaft widmen.
Ich hätte erwartet, daß Sie ihnen gestern auf dem Parteitag gesagt hätten, daß eine Ausbildungsplatz-
Ina Albowitz
abgabe die Situation erschwert und nicht erleichtert. Sie können sich heute in der Wirtschaft keine Ausbildungsplätze mit irgend etwas freikaufen.
Im übrigen appellieren Sie auch nicht an die Wirtschaft, an die Arbeitgeber, an den Mittelstand und an die Handwerker, daß sie sich der Verantwortung für die jungen Menschen in diesem Land bewußt sein sollen. Dies können wir mit keiner Ausbildungsplatzabgabe erkaufen. Dies können wir hier genausowenig wie bei der Schwerbehindertenabgabe erkaufen. Ich halte beide Dinge für einen graduellen Fehler in dieser Art von Politik.
- Wir machen es nicht.
- Lieber Herr Kollege, ich denke, wir befinden uns auf dem richtigen Wege.
Es gibt eine vernünftige Art der Arbeitsplatzteilung
in diesem Land. •
Die betrifft auf der einen Seite die Politik und auf der anderen Seite die Wirtschaft. Wir sollten beides in ein richtiges Verhältnis zueinander setzen. Dies gilt auch für die Jugendarbeitslosigkeit.
Ich hätte mir gewünscht, daß die Kollegin Klemmer ein Wort zum REAG-Programm gesagt hätte.