Rede von
Adolf
Roth
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Nein.
Der Kollege Scharping hat kürzlich die Politik des Bundes gegenüber den Kommunen kritisiert. Er hat dabei offenbar einige wesentliche Fakten übersehen. In den letzten Jahren ist es zu einer erheblichem Verschiebung der Finanzkraft vom Bund auf die Länder gekommen. 1992 hatten die Länder erst 34 Prozent Anteil an den Steuereinnahmen. Bis zur jüngsten Steuerschätzung ist dieser Anteil auf immerhin
41 Prozent angestiegen. Umgekehrt ist er beim Bund
von gut 48 Prozent im Jahr 1992 inzwischen auf
42 Prozent abgesunken.
Es sind also die Länder, die sich ihrer gewachsenen Verantwortung im Verhältnis zu ihren Gemeinden stellen müssen. Hätten die westdeutschen Flächenländer ihre Steuerverbundleistungen entsprechend ihrem Steuerzuwachs ausgedehnt, so hätten die Kommunen im Jahr 1995 immerhin 7 Milliarden DM höhere Einnahmen zur Verfügung gehabt. Das CSU-geführte Bundesland Bayern hat seine Steuerverbundleistungen an die Gemeinden von 1992 bis 1995 um 21 Prozent ausgeweitet.
Hätten das die sozialdemokratischen Länder Niedersachsen oder das Saarland ebenfalls gemacht, wären sie heute nicht das traurige Schlußlicht in dieser Tabelle.
Im übrigen haben zahlreiche Maßnahmen mit dauerhafter Wirkung die Kommunen in Milliardenhöhe entlastet: Ausgabenentlastungen beim Föderalen Konsolidierungsprogramm, im Rahmen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes, Entlastungen durch die Neuregelung des Asylrechts und Entlastungen durch die Pflegeversicherung. Der Bund hat bei seiner Gesetzgebung sehr wohl immer auch das Wohl und die Finanzkraft der Kommunen in Deutschland im Auge gehabt und diesen berechtigten Bedürfnissen Rechnung getragen.
Völlig unglaubwürdig wird die Kritik der SPD, wenn sie das Asylbewerberleistungsgesetz nach wie vor blockiert. Hier haben Sie es zu verantworten, daß ein Betrag von 1 Milliarde DM Einsparungen bei den Sozialhilfeausgaben den Gemeinden durch Ihre Blockadepolitik noch nicht zugute gekommen ist.
Adolf Roth
Wir haben im Haushaltsausschuß per Saldo die Bundesausgaben um 300 Millionen DM abgesenkt. Das ist auf den ersten Blick gesehen vielleicht ein geringfügiger Betrag. Aber dahinter verbergen sich erhebliche Ausgabenveränderungen. Die Koalitionsmehrheit im Ausschuß hat die unabweisbaren Mehrausgaben im Sozialbereich, insgesamt 8,6 Milliarden DM, finanziert. Aber wir haben uns nicht in eine weichere Linie bei den Gesamtausgaben abdrängen lassen. Vielmehr ist es gelungen, durch harte, zum Teil auch schmerzhafte Einsparungen von insgesamt 8,9 Milliarden DM das Ausgabenlimit des Regierungsentwurfs strikt einzuhalten und Zusatzwünsche erfolgreich abzuwehren.
Wir haben in einer 18stündigen Schlußberatung im Ausschuß mit den Ressortministern über die pauschalen Absenkungen in ihren Einzeletats beim 3-Milliarden-Einsparprogramm diskutiert. Wir haben dabei den Eindruck gewinnen können, daß die Häuser jetzt mit Kreativität und Flexibilität an die Ausplanung dieser globalen Kürzungen in engster Abstimmung mit den Berichterstattern des Haushaltsausschusses herangehen. Wir haben beschlossen, daß neben den Ressorts auch die immerhin 400 vom Bund als Zuwendungsempfänger geförderten Institutionen einen angemessenen Beitrag bei der Erwirtschaftung erbringen müssen.
Sparen ist eine Aufgabe aller. Auch der Deutsche Bundestag und die anderen Verfassungsorgane sind dabei einbezogen. Ich stelle fest, auch der Deutsche Bundestag hat in seinem Einzelplan Gesamteinsparungen von 2,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr erbracht; das heißt: Wir verlangen von anderen nicht mehr, als wir selber zu erbringen bereit und in der Lage gewesen sind.
Neben den größeren Ausgabenabsenkungen haben die Berichterstatter der Koalition durch gezielte Detailkürzungen 900 Millionen DM im Haushaltsverfahren eingespart. Der Sach- und Verwaltungsaufwand wurde kompromißlos abgesenkt. Damit setzen wir unsere Politik einer konsequenten Verschlankung der Bürokratie und des Abbaus beim Staatsverbrauch fort.
Der Haushaltsausschuß hat beschlossen, die im Regierungsentwurf mit 1,5 Prozent enthaltene Absenkung des Personalbestandes beim Bund auf 2 Prozent anzuheben. Das ist eine harte und schmerzhafte Entscheidung. Mit dieser weiteren Personalreduzierung von annähernd 6 000 Stellen kommen wir aber dem selbstgesteckten Ziel, den Personalbestand des Bundes auf die Größenordnung vor der Wiedervereinigung zu verringern, immer näher. 1989 waren es gut 300 000 Menschen. Im Gefolge der Wiedervereinigung ist der Personalbestand auf fast 381 000 im Jahr 1992 angewachsen, und in diesem Jahr werden es insgesamt 321 000 sein.
Die konsequente Fortsetzung dieser Politik setzt aber auch voraus, daß die Aufgabenprofile im gleichen Zuge „schlanker" werden; das heißt: Wir müssen dem Regelungs- und Vorschriftenstaat energisch
den Kampf ansagen und die Entschlackungsprozesse voranbringen.
Auch die steuerlichen Mindereinnahmen von 5 Milliarden DM bei der jüngsten Steuerschätzung sind durch Einnahmeerhöhungen von insgesamt 4,8 Milliarden DM ausgeglichen worden: durch Telekommunikationsgebühren, durch Rückzahlungen von Liquidationsdarlehen der BvS, durch forcierten Verkauf zusätzlicher, ehemals militärisch genutzter Liegenschaften, durch EU-Eigenmittel und anderes.
Außerdem haben wir höhere Privatisierungseinnahmen eingestellt. Hierüber hat es in den letzten Wochen Diskussionen gegeben. Sie betrafen aus Sicht der Koalition aber nicht Inhalt und Ziel, sondern Veranschlagung und Realisierung der Privatisierungsschritte. Bei der Lufthansa und der Postbank sind die Hürden mittlerweile überwunden. Wir haben die zusätzlichen Privatisierungseinnahmen mit 3,1 Milliarden DM - vorsichtig, aber realistisch - eingestellt. Wir sind damit übrigens in der Größenordnung dem SPD-Antrag im Ausschuß gefolgt. Die SPD rechnet bekanntlich nach ihrer eigenen Einschätzung dort, wo sie keine Verantwortung trägt, besonders zuverlässig. Im Bereich des Verkaufs ehemals militärisch genutzter Liegenschaften drängen wir auf eine schnellere und flexiblere Auskehrung, so daß auch hier 1 Milliarde DM an zusätzlichen Einnahmen realisierbar sind.
Das Abschlußergebnis zum Bundeshaushalt 1997 hat - das zeigt die Rede des Kollegen Diller - die Opposition sichtlich auf dem falschen Fuß erwischt. Mit einer Unterschreitung der im Regierungsentwurf vorgesehenen Nettokreditaufnahme um über 3 Milliarden DM auf 53,3 Milliarden DM ist dieser Etat nicht nur konjunktur- und arbeitsmarktpolitisch, sondern auch Finanz- und europapolitisch ein wichtiges Signal.
Ich füge hinzu: Es besteht keinerlei Anlaß, nach den Erfahrungen dieses schwierigen Haushaltsjahres 1996 nun in voreilige Triumphgefühle auszubrechen. Daß wir aber den Weg konsequent gegangen sind, kann kein ernsthafter Kritiker mehr bestreiten. Die Haushalts- und Steuerpolitik muß in den nächsten Monaten und Jahren noch Beträchtliches leisten. Deutschland muß seine Reformfähigkeit jetzt unter Beweis stellen. Wir brauchen die Bereitschaft, Bestehendes zu hinterfragen, überkommene Besitzstände und Privilegien abzuschaffen, Verkrustungen aufzubrechen und Reformen mutig voranzutreiben. Das ist der Weg zu mehr Wachstum und Beschäftigung; das ist der Weg der Regierungskoalition.
Wir, die CDU/CSU, sind vorbehaltlos bereit, diesen Weg gemeinsam zu gehen und damit unsere Regierungspolitik zum Erfolg zu führen.