Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Handelsfragen - das ist in dieser Debatte schon mehrfach deutlich geworden - können nicht von anderen politischen Zielen abgekoppelt werden. Es gibt nicht eine Welt des Handels, eine für Menschenrechte, eine für Arbeitsverhältnisse, eine andere für Umweltfragen, sondern es gibt sozusagen nur das ganze Leben.
Auf der anderen Seite dürfen die Handelsfragen nicht in der Weise überfrachtet werden, daß man alles über den Handel abwickeln will. Dann ist er nämlich bald nicht mehr möglich. Man muß nach Lösungswegen suchen, die auf der einen Seite den nationalen Standpunkt in solchen Fragen ganz deutlich machen, die auf der anderen Seite aber vor allen Dingen dazu beitragen, daß das multilaterale System funktioniert und weiter ausgebaut wird. Man muß dafür sorgen, daß die globalen Verhältnisse im Handelssystem so gestaltet werden, daß auf Dauer Erscheinungen wie jene, die wir hier behandeln, beseitigt werden.
Bilaterale Wege sind immer weniger geeignet, erfolgreiche Beiträge zur Lösung von Problemen zu liefern. Einseitige nationale Maßnahmen sind so gut wie aussichtslos. Deshalb ist auch in Richtung China Schritt für Schritt in multilateralen Vereinbarungen der Versuch zu unternehmen, dieses Land einzubinden. Was wir hier tun, ist dazu ein wichtiger Beitrag. Es ist auch in der deutschen Öffentlichkeit spektakulär. Es ist etwas, woran man Diskussionen neu entzünden kann.
Daneben brauchen wir ganz zielstrebige und in jedem einzelnen Punkt bewußte Schritte. Deshalb glaube ich, daß der Weg, alles dafür zu tun, mit China zu reden, es dahin zu führen, daß es Mitglied der Welthandelsorganisation, WTO, werden kann, richtig ist. Heute müssen viel größere Hoffnungen auf diese Veränderungen gesetzt werden als auf alte politische Rezepte, wie wir sie aus der Zeit der bipolaren Welt kennen.
Hier wurden bereits Art. 20 des GATT und die europäische Regelung angesprochen. Ich will darauf nicht noch einmal eingehen. Es gibt also Möglichkeiten, auf der Basis von internationalen Regularien bei
Importen aus Straflagern entsprechend tätig zu werden. Es ist gut, daß es dieses Instrument gibt. Deshalb haben wir es in dem Antrag als Ultima ratio aufgeführt, auch als Aufforderung an die Bundesregierung, dieses Thema ernst zu nehmen. Wir haben in der Debatte vor einem Jahr gesagt: Wir wollen diesen Sachverhalten ernsthaft nachgehen. Ich glaube, das haben wir in der Zwischenzeit in gemeinsamen Diskussionen getan.
Der bessere und nach meiner Auffassung auf Dauer wirksamere Weg besteht allerdings darin, die Akteure des Welthandels und vor allem die Konsumenten aufzuklären, sie sensibel zu machen und sie zu einem anderen Verhalten zu ermuntern. Deshalb bin ich sehr froh, daß wir diesen gemeinsamen Weg gefunden haben. Wir wollen auf diesem Weg der Selbstverpflichtung und ihrer Kontrolle vorangehen, um bei dieser Gelegenheit Erfahrungen zu sammeln, ob es denn wirklich realistisch ist, das, was man sich mit dem Komitee zur Überprüfung vor Ort vorgenommen hat, auf privater Basis durchzuführen. Das ist nach meiner Kenntnis etwas Neues. Es ist eine sehr spannende Geschichte, ob wir andere Vorgehensweisen finden.
Es wird immer darauf hingewiesen, daß die Amerikaner in dieser Hinsicht sehr streng sind. In den USA gibt es die Diskussion, daß man sehr sorgfältig unterscheiden müsse zwischen der Arbeit in Straflagern generell, was gar nicht zu Importrestriktionen führen müsse, und den Arbeitsverhältnissen in den Lagern. Die ILO unterscheidet dies in ihrer Konvention ebenso.
Ich glaube, gerade in Richtung China sollten wir diese Unterscheidung nicht treffen. Eine derartige Unterscheidung kann man nur vornehmen, wenn ein auf der Basis eines rechtsstaatlichen Verfahrens Verurteilter eine Strafe auf sich nehmen muß. Aber das, was in China vor sich geht, hat mit alldem nichts zu tun. Dort herrscht reine Willkür.
Ich meine, es ist gut, daß wir gemeinsame Positionen gefunden haben. Das gilt generell für die Frage der Menschenrechte.
Ich möchte davor warnen - das klang hier heute ein wenig an -, in diesem Parlament folgende Form der Arbeitsteilung zu praktizieren. Damit meine ich gar nicht unbedingt diejenigen, die dazu gesprochen haben. Frau Grießhaber ist viel zu anständig, um so etwas zu tun. Häufig klingt in der öffentlichen Diskussion durch, die einen seien sozusagen für die hohe Moral und die Menschenrechte zuständig, die anderen für die Arbeitsplätze. Ich glaube, die Diskussion dürfen wir so nicht führen. Sie macht das Parlament auch unglaubwürdig.
Natürlich ist richtig, daß wir eine hohe moralische Position haben. Aber geben Sie bitte denjenigen, die das tägliche Geschäft des Umgangs mit diesen Regimen pflegen müssen, den Spielraum, von Fall zu Fall zu entscheiden, was möglich ist. Denn natürlich können wir Resolutionen machen, aber Sie können im Umgang mit dem Regime vor Ort und bei Auftragsabschlüssen nicht jeweils Resolutionen verfassen
Erich G. Fritz
oder große Statements halten, sondern Sie müssen darauf drängen, daß jedesmal ein wenig verbessert wird.
Sehen wir uns an, wie schnell sich jetzt das entwikkelt hat, was mit dem WTO-Prozeß in Richtung Arbeits- und Umweltstandards begonnen hat. Vor einem Jahr hätten wir alle zusammen noch nicht geglaubt, daß diese Dinge in Singapur auf der Tagesordnung stehen würden. Ich setze in diese Sache sehr viel Vertrauen und glaube, daß das Wort vom Wandel durch Handel nicht eine leere Floskel ist, sondern daß wir durch die Einbindung jeweils einen Schritt weiterkommen.
Das ist ein langer Prozeß, aber wir müssen diesen Weg gehen, weil er erfolgversprechend ist und dafür sorgt, daß die Verhältnisse auch in China besser werden.
Herzlichen Dank.