Rede von
Hermann
Gröhe
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Mit der heutigen Vorlage eines von allen Fraktionen dieses Hauses getragenen Änderungsantrages zum Thema „Verhinderung von Spielzeugimporten aus chinesischen Straflagern" und mit der gemeinsamen Empfehlung, den ursprünglichen Antrag in dieser geänderten Fassung anzunehmen, zeigen wir, daß wir bei allen auch notwendigen Auseinandersetzungen in Fragen der Menschenrechte zu gemeinsamen Positionen finden können. Ich füge hinzu: Auch durch den Versuch, Menschenrechtsdebatten und Menschenrechtspolitik parteitaktisch einzusetzen, wie wir das am gestrigen Morgen erleben konnten, werden wir uns von dem Bemühen, eine Gemeinsamkeit zu erzielen, nicht abhalten lassen.
Gemeinsam sagen wir: Die schrecklichen Zustände in den chinesischen Straflagern, im chinesischen Archipel Gulag, in denen Menschen zur Sklavenarbeit ohne Lohn gezwungen werden, Hunger, Prügel und Folter ausgesetzt sind, sind eine Schande und nicht zu akzeptieren.
Wir verurteilen diese Zustände nachdrücklich und stehen auf der Seite derer, die sich für die Überwindung dieser Unterdrückungsmechanismen und für Demokratie und Menschenrechte einsetzen. Wir wissen, daß wir zu ihrer Unterstützung leider nur allzuwenig beitragen können. Ganz sicher aber wollen wir von der Sklavenarbeit in den Lagern nicht profitieren.
Handel mit Produkten, die unter unmenschlichen Bedingungen in Zwangslagern hergestellt werden, darf es nicht geben. Darüber sind wir uns einig. Dies hat auch die gute Debatte anläßlich der Einbringung dieses Antrags gezeigt.
Hermann Gröhe
Nun hat die chinesische Seite als Reaktion auf Erklärungen der Bundesregierung, wonach Einfuhren aus Straflagern nicht hingenommen werden können, wiederholt erklärt, Exporte aus Straflagern seien streng verboten. Ein solches Verbot des chinesischen Außenhandelsministeriums aus dem Jahre 1994 hat auch ein BND-Bericht bestätigt.
Andererseits haben chinesische Dissidenten dem wiederholt widersprochen. Harry Wu, auf den bereits verwiesen wurde, hat gesagt:
Man kann sicher nicht sagen, daß jeder Teddybär aus China in Straflagern produziert wird, aber es ist gut möglich, daß so ein Spielzeugbär aus Blut und Tränen ist.
Wir nehmen solche Aussagen sehr ernst.
Wenn wir diese Aussagen miteinander vergleichen, gilt: Lieber etwas zuviel Skepsis den Herrschenden in China gegenüber als zuwenig Vertrauen in die Aussagen derer, die die Stimme der Unterdrückten sind.
Deshalb fordert der neue Antragstext die Bundesregierung auf, zu prüfen, inwieweit die Erklärungen der chinesischen Dissidenten zutreffen.
In diesem Zusammenhang ist gut, daß die Spielwarenhersteller und -händler in Deutschland wie in Europa erklärt haben, daß sie den Import von Spielwaren aus Arbeitslagern ablehnen. Wir fordern die Bundesregierung daher gemeinsam auf, den zuständigen Ausschüssen zu berichten, inwieweit die Selbstverpflichtungsvorgaben des Europäischen Dachverbandes der Spielwarenhersteller wirksam sind. Dabei geht es uns insbesondere um die Arbeit jenes Komitees dieses Dachverbandes, das gegründet wurde, um die Arbeits- und Produktionsbedingungen vor Ort zu überprüfen. Auf das Problem der Kontrolle dieser Vorgaben hat bereits die Kollegin hingewiesen. Diese Aktivitäten zeigen Eigenverantwortung der beteiligten Wirtschaft, die unter Umständen viel zielgenauer arbeiten kann als staatliche Kontrollen.
Wir sind uns einig - auch dies klang an -, daß wir die Wirtschaftsbeziehungen zu diesen Ländern nicht abbrechen wollen. Zwar führen derartige Kontakte sicherlich nicht automatisch zu innenpolitischen Veränderungen. Sie können aber Chancen eröffnen, deren wir uns begeben würden, wollten wir auf gegenseitige Abschottung und Boykottierung setzen.
Es geht also nicht um das Ob, sondern um das Wie von Handelsbeziehungen.
Ich füge an - das haben wir auch im Unterausschuß Menschenrechte besprochen -: Das, was wir an Erfahrungen am Beispiel der Spielwarenimporte diskutieren werden, müssen wir auf andere Produkte, auf Textilien und Werkzeuge, übertragen. Erfahrungen mit Selbstverpflichtungen und Erfahrungen der Komitees, die vor Ort die Arbeitsbedingungen kontrollieren, können uns in dieser Debatte weiterbringen.
Ich darf Sie bitten, der gemeinsamen Beschlußempfehlung zu folgen.
Vielen Dank.