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    Plenarprotokoll 13/136 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 136. Sitzung Bonn, Freitag, den 8. November 1996 Inhalt: Tagesordnungspunkt 10: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes (Drucksachen 13/4950, 13/5942) . . 12211 A Ulrich Junghanns CDU/CSU 12211 B Dr. Gerald Thalheim SPD 12213 C Hans-Ulrich Köhler (Hainspitz) CDU/ CSU 12214 D Peter Harry Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 12215 B, 12221 D Ulrich Junghanns CDU/CSU 12215 D, 12216 D Christel Deichmann SPD . . 12216 D, 12224 A Steffi Lemke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12218 B Jürgen Türk F.D.P 12219 C Ernst Bahr SPD 12220 B, 12223 C Dr. Günther Maleuda PDS 12221 B Dr. Michael Luther CDU/CSU 12222 D Dr. Gerald Thalheim SPD 12223 B Wieland Sorge SPD 12225 A Jürgen Türk F.D.P 12225 C Wolfgang Gröbl, Parl. Staatssekretär BML 12226 C Namentliche Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drucksache 13/5974) 12228 B Ergebnis 12228 C Namentliche Abstimmung über das Vierte Gesetz zur Änderung des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes (Drucksachen 13/ 4950, 13/5942) 12231 A Ergebnis 12234 A Tagesordnungspunkt 11: a) - Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (Drucksache 13/4356) - Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Heuer, Ulla Jelpke, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS eingebrachten Entwurfs eines Vierten Ge- setzes zur Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (Drucksachen 13/ 4359, 13/5816) 12231 B b) Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik: Zweiter Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik -1995 (Drucksachen 13/1750, 13/5816) 12231 C Hartmut Büttner (Schönebeck) CDU/CSU 12231 D Markus Meckel SPD 12233 C Rolf Schwanitz SPD 12236 B Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12237 D Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . 12239 A Dr. Rainer Ortleb F.D.P 12239 D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 12240 B Tagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Hans Martin Bury, Ernst Schwanhold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Stärkung des Kapitalmarktes Deutschland, Förderung des Aktiensparens und Verbesserung der Risikokapitalversorgung (Drucksache 13/3784) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Margareta Wolf (Frankfurt), Antje Hermenau, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine neue Innovationskultur - Stärkung des Risikokapitalmarktes (Drucksache 13/5962) 12241 C Hans Martin Bury SPD 12241 D Hansgeorg Hauser, Parl. Staatssekretär BMF 12244 C Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12246 B Paul K. Friedhoff F.D.P 12248 B Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 12249 C Ernst Schwanhold SPD 12250 D Dagmar Wöhrl CDU/CSU 12252 C Wolfgang Steiger CDU/CSU 12254 D Hans Martin Bury SPD 12256 A Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi 12256 D Tagesordnungspunkt 14: Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Rita Grießhaber, Dr. Angelika Köster-Loßack, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kein Import von Kinderspielzeug aus chinesischen Arbeitslagern (Drucksachen 13/3054, 13/5079) 12258 B Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12258 C Hermann Gröhe CDU/CSU 12259 C Rudolf Bindig SPD 12260 C Jürgen Türk F.D.P 12261 D Hans-Peter Hartmann PDS 12262 C Erich G. Fritz CDU/CSU 12263 A Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi 12264 A Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12264 D Rudolf Bindig SPD 12265 A Nächste Sitzung 12265 C Berichtigung 12265 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 12267* A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Manfred Kolbe und Angelika Pfeiffer (beide CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes (Tagesordnungspunkt 10) 12267* D Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Arnulf Kriedner (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes (Tagesordnungspunkt 10) 12267' D Anlage 4 Amtliche Mitteilungen 12268* A 136. Sitzung Bonn, Freitag, den 8. November 1996 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 133. Sitzung, Seite 11989, Anlage: In der Liste der entschuldigten Abgeordneten, rechte Spalte, ist der Name „Marx, Dorle" zu streichen, da die Abgeordnete anwesend war. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Braune, Tilo SPD 8. 11.96 Grotz, Claus-Peter CDU/CSU 8. 11. 96 Dr. Hirsch, Burkhard F.D.P. 8. 11. 96 Dr. Jacob, Willibald PDS 8. 11. 96 Klein (München), Hans CDU/CSU 8. 11. 96 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 8. 11. 96 Dr. Graf Lambsdorff, Otto F.D.P. 8. 11. 96 Leidinger, Robert SPD 8. 11. 96 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 8. 11. 96 Mosdorf, Siegmar SPD 8. 11. 96 Neumann (Berlin), Kurt fraktionslos 8. 11. 96 Dr. Rochlitz, Jürgen BÜNDNIS 8. 11. 96 90/DIE GRÜNEN Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 8. 11. 96 90/DIE GRÜNEN Schönberger, Ursula BÜNDNIS 8. 11. 96 90/DIE GRÜNEN Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 8. 11. 96 90/DIE GRÜNEN Simm, Erika SPD 8. 11. 96 Teuchner, Jella SPD 8. 11. 96 Tippach, Steffen PDS 8. 11. 96 Vosen, Josef SPD 8. 11. 96 Wieczorek (Duisburg) SPD 8. 11. 96 Helmut Willner, Gert CDU/CSU 8. 11.96 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Manfred Kolbe und Angelika Pfeiffer (beide CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes (Tagesordnungspunkt 10) Dem Entwurf eines 4. Gesetzes zur Änderung des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes können wir nicht zustimmen. Anlagen zum Stenographischen Bericht In Übereinstimmung mit dem Sächsischen Staatsminister für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten, Dr. Rolf Jähnichen, unterstützen wir zwar eine angemessene Verlängerung der Verjährungsfrist und die erleichterte Abberufung von Liquidatoren, lehnen aber das im Entwurf vorgesehene neue Feststellungsverfahren aus grundsätzlichen Erwägungen heraus ab. Als Vertreter ländlicher Wahlkreise haben wir uns gemeinsam mit unseren Mitarbeitern in vielen Einzelfällen um eine gerechte Vermögensauseinandersetzung bemüht. Hier gibt es in der Tat noch Fälle, wo nach unserem Eindruck insbesondere rechtsunkundige und ältere ehemalige LPG-Mitglieder nicht gerecht und fair behandelt worden sind. Diesen insbesondere durch eine bessere Beratung und stärkere Aufsicht zu ihren Rechten zu verhelfen, bleibt weiterhin unser Anliegen. Umgekehrt ist es aber auch nach Ansicht der Befürworter des Entwurfs verfehlt, von generellen, flächendeckenden Unregelmäßigkeiten bei der Vermögensauseinandersetzung auszugehen. Dann macht es aber keinen Sinn, ein neues gerichtliches Sammelverfahren einzuführen und somit die Vermögensauseinandersetzung nach fünf Jahren praktisch noch einmal neu aufzurollen. Ein solches neues Verfahren ist nämlich mit dem Risiko verbunden, die Weiterentwicklung vieler ordnungsgemäß auseinandergesetzter landwirtschaftlicher Betriebe in den östlichen Bundesländern zu behindern, da bei nicht abgeschlossenen Vermögensauseinandersetzungen deren Förderung und Kreditwürdigkeit und dadurch eventuell viele Arbeitsplätze gefährdet werden. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Arnulf Kriedner (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes (Tagesordnungspunkt 10) Durch die 4. Novelle zum Landwirtschaftsanpassungsgesetz werden nach meiner Ansicht bei den Wiedereinrichtern bzw. den aus früheren Landwirtschaftsproduktionsgenossenschaften ausgeschiedenen Mitgliedern Erwartungen geweckt, die in der Praxis nicht eintreten werden. Der neu formulierte § 64 i enthält eine Regelung, die im Verfahrensweg kaum zu verwirklichen ist, bei der jedoch befürchtet werden muß, daß sie zu langdauernden Rechtsstreitigkeiten mit einer erheblichen Rechtsunsicherheit für die jeweils beklagten Gesellschaften führen würde. Die in der Novelle beabsichtigte Fristverlängerung und auch die Abberufung von Liquidatoren erscheint mit schlüssig; diesen Änderungen des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes kann ich zustimmen. Da mir jedoch die vorgenannten Argumente gegen die geplante Neufassung schwerwiegend erscheinen, enthalte ich mich hinsichtlich der gesamten 4. Novelle zum Landwirtschaftsanpassungsgesetz der Stimme. Anlage 4 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 703. Sitzung am 18. Okober 1996 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG-Änderungsgesetz - AAÜG-ÄndG) Gesetz über Europäische Betriebsräte (Europäische Betriebsräte-Gesetz - EBRG) Gesetz zur Änderung des Altschuldenhilfe-Gesetzes Gesetz zu dem Abkommen vom 22. November 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie bei den Nachlaß-, Erbschaft- und Schenkungsteuern und zur Beistandsleistung in Steuersachen (Deutsch-dänisches Steuerabkommen) Gesetz zu dem Abkommen vom 16. November 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistichen Republik Vietnam zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen Gesetz zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 9. Februar 1995 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und Kirgisistan andererseits Gesetz zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 14. Juni 1994 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits Gesetz zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 6. März 1995 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und Weißrußland andererseits Gesetz zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) Dreizehntes Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes. Zu den zwei letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat folgende Entschließungen gefaßt: Zum Gesetz zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) Der Bundesrat geht mit dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung davon aus, daß aufgrund der Entwicklungen im Abwasserbereich in den letzten Jahren sich die in § 7 a WHG genannten Technikniveaus „allgemein anerkannte Regeln der Technik" und „Stand der Technik" weitgehend angenähert haben und deshalb in der künftigen Rechtsverordnung keine erhöhten Anforderungen an die kommunale Abwasserbehandlung festgeschrieben werden. Auch aus der neuen Festlegung auf die „beste verfügbare Technik" ergibt sich keine Erhöhung der Anforderungen. Letztere sind in der derzeit gültigen Fassung des Anhangs 1 zur Rahmen-Abwasserverwaltungsvorschrift zu § 7 a WHG zutreffend und ausreichend wiedergegeben. Der Bundesrat ist übereinstimmend mit dem Deutschen Bundestag der Auffassung, daß durch diese Novellierung des Wasserhaushaltsgesetzes keine Gebührenerhöhungen bei der kommunalen Abwasserbehandlung begründet werden können. Zum Dreizehnten Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes Der Bundesrat begrüßt die im Dreizehnten Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes erfolgte Neufassung der für die Wahlkreiseinteilung zu beachtenden Grundsätze; er verbindet damit die Erwartung, daß der Deutsche Bundestag das Wahlgebiet für die Zeit ab der 15. Legislaturperiode noch in der laufenden Legislaturperiode dementsprechend einteilt. Der Bundesrat bedauert jedoch, daß der Deutsche Bundestag bei dieser Gelegenheit keine weitergehenden Vorkehrungen getroffen hat, um für die 14. Legislaturperiode der verfassungsrechtlichen Problematik des Entstehens von Überhangmandaten wirksam zu begegnen. Der in § 3 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Bundeswahlgesetz enthaltene föderative Gesichtspunkt, nach dem die Zahl der Wahlkreise in den einzelnen Ländern deren Anteil an der Gesamtbevölkerung entsprechen soll, wird nur unzureichend berücksichtigt. Der Bundesrat hätte es begrüßt, wenn vor diesem Hintergrund Vorkehrungen für einen die Wahlrechtsgleichheit respektierenden Ausgleich von Überhangmandaten getroffen worden wären. Die Beratungen im Deutschen Bundestag haben gezeigt, daß entsprechende gesetzgeberische Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung gestanden haben. Der Bundesrat hat nur mit Blick auf die bevorstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über den Normenkontrollantrag der Niedersächsischen Landesregierung auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses verzichtet. Er erwartet, daß spätestens nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Beratungen über die Frage des Ausgleichs von Überhangmandaten wiederaufgenommen werden. Die Gruppe der PDS hat mit Schreiben vom 6. November 1996 ihren Antrag „Sofortiges Verbot der Verwendung von Polyvinylchlorid-isolierten Kabeln und Leitungen, Verbot der Herstellung von PVC Kunststoffen" - Drucksache 13/4716 -zurückgezogen. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Unterrichtung durch die Delegation der Interparlamentarischen Gruppe der Bundesrepublik Deutschland über die Außerordentliche Tagung des Interparlamentarischen Rates vom 30. August bis 1. September 1995 aus Anlaß des 50. Geburtstages der Vereinten Nationen in New York - Drucksachen 13/2334, 13/2643 Nr. 2 - Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates über die Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 22. bis 26. Januar 1996 in Straßburg - Drucksachen 13/4201, 13/4726 Nr. 1.1- Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Versammlung der Westeuropäischen Union über die Sondertagung der Versammlung am 22./23. Februar 1996 in London - Drucksachen 13/4271, 13/4469 Nr. 2 - Finanzausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über die Entwicklung der Konvergenz in der Europäischen Union im Jahre 1995 - Drucksache 13/4101- Ausschuß für Wirtschaft Unterrichtung durch die Bundesregierung Fünfundzwanzigster Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" für den Zeitraum 1996-1999 (2000) -Drucksachen 13/4291, 13/4588 Nr. 2 - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht zur Lage der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie - Drucksachen 13/4244, 13/4401 Nr. 8 - Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Bericht des Ausschusses für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung (20. Ausschuß) gemäß § 56a der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zur Technikfolgenabschätzung (TA) hier: „Grundwasserschutz und Wasserversorgung" - Drucksache 12/8270 - Ausschuß für Fremdenverkehr und Tourismus Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen der rechtlichen Gestaltung der Insolvenzabsicherung gemäß Artikel 1 des Gesetzes zur Durchführung der Richtlinie des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen auf die Entwicklung des Wettbewerbs im Bereich der Sicherungsgelder sowie auf die wirtschaftliche Situation der Anbieter im Reisemarkt unter besonderer Berücksichtigung des Mittelstandes - Drucksachen 13/3766, 13/4034 Nr. 1- Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuß Drucksache 13/4137 Nr. 2.22 Finanzausschuß Drucksache 13/5687 Nr. 2.30 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/5295 Nr. 1.17 Ausschuß für Verkehr Drucksache 13/5555 Nr. 2.29 Drucksache 13/5555 Nr. 2.39 Drucksache 13/5555 Nr. 2.58 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/3668 Nr. 2.30 Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 13/4678 Nr. 2.2 Drucksache 13/4678 Nr. 2.31 Drucksache 13/4678 Nr. 2.37 Drucksache 13/4678 Nr. 2.43 Drucksache 13/4921 Nr. 2.24 Drucksache 13/4921 Nr. 2.25 Drucksache 13/5295 Nr. 1.13 Drucksache 13/5295 Nr. 1.18 Drucksache 13/5555 Nr. 2.19 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 13/5295 Nr. 1.3 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/5555 Nr. 1.9 Drucksache 13/5555 Nr. 1.15
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    Rede von Ernst Schwanhold


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man sich die Entwicklung der Diskussion um Risikokapital und Stärkung des Kapitalmarktes für den Mittelstand bei uns anschaut, dann sind in dem Zusammenhang drei Daten festzuhalten: Januar 1995: Mittelstandsantrag der SPD betreffend Stärkung des Risikokapitalmarktes für Existenzgründer und schnellwachsende Technologieunternehmen, Februar 1996: Antrag zu Risikokapital, über den wir jetzt diskutie-

    Ernst Schwanhold
    ren, und Ende März 1996, als diese Koalition, die permanent vom Mittelstand redet, das erste Mal dieses Thema entdeckt und es ins 50-Punkte-Programm schreibt. So ist das. Plötzlich sagen Sie, Sie hätten ein neues Thema entdeckt.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    - Es mag ja für Sie abwegig sein, aber bis heute haben Sie noch nicht einen Gesetzentwurf vorgelegt, den wir hier abarbeiten könnten; die Kollegin Wolf hat es völlig zu Recht so dargestellt. Sie spielen sich zwar zum Hüter des Mittelstandes auf.

    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie sind der Erfinder des Mittelstandes!)

    Aber noch nie hatten es der Mittelstand, schnellwachsende Technologieunternehmen und junge, innovative Menschen in diesem Lande so schwer wie in den Zeiten der Koalition aus CDU/CSU und F.D.P.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Es ist wichtig, dieses zu Anfang festzuhalten.


    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Immer mehr Gewerbesteuer, wie von euch!)

    - Nun lassen Sie das Gequatsche von der Gewerbesteuer sein!

    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das wollen Sie nicht hören!)

    Schauen Sie sich doch einmal den Fall eines jungen Mannes an, der von der Universität kommt, eine gute Idee mitbringt, irgendwo „ein paar Mark fünfzig" hat und möglicherweise auch noch das Grundstück von der Großmutter oder dem Großvater geerbt hat; er beleiht es und kann dann den ersten Ansatz finanzieren. Danach versucht er, das Unternehmen an den Markt zu bringen und zu wachsen; da setzt es dann mit der Finanzierung aus, weil er kein schiechstes Grundstück mehr hat, das er verpfänden kann. - Sie lassen zu, daß man in diesem Land für schlechte Grundstücke mehr Geld bekommt als für gute Geschäftsideen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD Lachen und Widerspruch bei der CDU/CSU)

    - Ja, natürlich! - Und dann wundern Sie sich, daß die Arbeitsplatzbilanz so ist, wie sie ist: Es fehlen 6 Millionen Arbeitsplätze in diesem Land.
    Es ist doch kein Wunder, daß Menschen, die von der Universität abgehen, die Bundesrepublik Deutschland verlassen, weil sie für die Umsetzung ihrer Idee kein entsprechendes Kapital bekommen. Sie reden jetzt von Existenzgründungsdarlehen; die sind wichtig. Aber das Existenzgründungsdarlehen trägt nur eine ganz bestimmte Zeit. Es muß nämlich zu einem frühen Zeitpunkt zurückgezahlt werden; gerade dann würde eigentlich neues Geld gebraucht werden.
    Dabei haben wir sehr viel Geld auf den Banken liegen. Wir müßten nur den Versuch unternehmen, dieses Geld so anzureizen, wie Sie Beton und Boden anreizen: mit hohen Abschreibungsmöglichkeiten im Rahmen von Bauherrenmodellen. Manchmal kommt man in Versuchung, zu sagen: Es sind leider viel zuwenig dabei pleite gegangen. Wenn wir die Energie aufwenden würden, um die Abschreibungsmöglichkeiten, die für Bauherrenmodelle oder auch für den Schiffbau da sind, auch im Bereich des Risikokapitals und dieser Kapitalanlagen zu eröffnen, dann wären wir auf dem richtigen Weg, dann hätten wir Eigenkapitalersatz mit hoher Renditemöglichkeit für Menschen, die über Geld verfügen. Dieses wünsche ich mir.

    (Paul K. Friedhoff [F.D.P.]: Über Abschreibungen, nicht über Steuersenkungen!)

    - Ja, auch über Abschreibungen. Die Frage nach Steuersenkungen hat man woanders zu stellen. Sie wissen, daß wir über die Gewerbekapitalsteuer durchaus miteinander reden können. Die Frage der Gewerbekapitalsteuer hat aber wirklich nichts mit den mittelständischen Unternehmen zu tun,

    (Zuruf von der F.D.P.: Aber selbstverständlich!)

    die mit einer guten Geschäftsidee, mit drei, fünf oder zehn Beschäftigten begonnen haben und dann mit 20 Beschäftigten in jenen Bereich hineinwachsen. Erst dann wird dies zum Thema. Es wird nicht vorher zum Thema, vorher zahlen sie keine Mark Gewerbekapitalsteuer.

    (Beifall bei der SPD und der PDS)

    Sie bauen hier ein Szenario auf, das nicht existiert.
    Ich will einen zweiten Punkt ansprechen. Man muß sich auch einmal die Frage stellen: Warum gelingt es eigentlich in anderen Ländern über Börsen - zum Beispiel mit Aktien mit einem Nennwert von 0 DM - Kapital zu sammeln, um aus guten Ideen Geschäfte zu machen? Warum kommen wir da eigentlich nicht weiter? Warum vertun wir eigentlich die Chance, die Bereitschaft der Menschen in diesem Land, die über Kapital verfügen, zu nutzen, um auch das Investitionskapital zu stärken? .
    Herr Hauser sagt: Wir wollen keine zusätzlichen Förderprogramme. - Drei Sätze später fordert er ein eigenes Förderprogramm und erinnert noch einmal an das Eigenkapitalhilfeprogramm, anstatt darüber nachzudenken, wie wir das private Kapital - welches ja teilweise wirklich auf den Konten fast brachliegt; es könnte sehr viel effektiver für Arbeitsplätze eingesetzt werden - aktivieren können. Darum geht es, und deshalb wollen wir mit diesem Antrag in genau jene Lücke hineinstoßen.
    Ich will einen dritten Punkt ansprechen, Herr Friedhoff. Sie und Frau Wolf haben von der InfoBörse in Leipzig gesprochen. Ich glaube, wenn wir mittelständische Unternehmen an den Markt bringen wollen, brauchen wir nicht nur die Emissionsmöglichkeiten über Banken, sondern auch die über Freihändler. Da gibt es durchaus Hemmnisse. Die Berliner Börse ist da intelligent vorangegangen. Wir könnten andere Börsen ermuntern, dies auch zu tun. Das ist aber nur dann denkbar, wenn wir die regionalen Börsen stärken und sie nicht unter das Dach von Frankfurt lassen.

    Ernst Schwanhold
    Es wäre dringend notwendig, in Ostdeutschland eine regionale Parkettbörse zu haben, weil man kleine Unternehmen nämlich zunächst nur in regionalen Bezügen mit Freihändlern an die Börse bringen kann.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Es wird über eine Info-Börse geredet. Ich halte eine solche für eine Spielzeugbörse. Ich glaube, wir brauchen eine Parkettbörse in Leipzig oder in Dresden oder wo auch immer. Berlin muß gestärkt werden, und die anderen jetzt vorhandenen regionalen Börsen müssen ihre eigene Freiheit gegenüber der Frankfurter Börse und ihre eigene Existenzsicherung bekommen. Das ist ein gutes Geschäft für sie, das ist lukrativ hinsichtlich des Einsammelns von Geld, und das bringt Investitionen und die Sicherheit für schnell wachsende Unternehmen, sich zu finanzieren, ohne sich zu verschulden und zu 100 Prozent in die Hände der Banken zu begeben. Dies ist doch der eigentliche Knebel, mit dem es diese Unternehmen irgendwann zu tun haben.
    Eine vierte Bemerkung. Mich hat in diesen Tagen geärgert - ich will das noch einmal sagen -, daß sich Rektoren der deutschen Hochschulen zum Erhalt von 590-DM-Jobs äußern. Das mag möglicherweise richtig sein. Ich würde die Rektoren der deutschen Hochschulen bitten, einmal darüber nachzudenken, wie sie es schaffen, die wissenschaftlichen Ergebnisse ihrer Forschungsinstitute und der Diplomarbeiten so umzusetzen, daß Diplomanden Patente anmelden können und Kapital gesammelt wird, damit sich wie um das MIT herum kleine Unternehmen, die schnell wachsen, aus Höchsttechnologiebereichen, in denen uns solche Unternehmen fehlen, ansiedeln. Das wäre auch Aufgabe von Hochschulen, und es wäre Aufgabe von Politik, insbesondere dafür die Rahmenbedingungen zu setzen, damit das gemacht werden kann.
    Ich weiß, daß dies auch Sache der Länder ist, aber das Risikokapital für diese kleinen und mittelständischen Unternehmen haben wir nicht zur Verfügung. Deshalb würde ich mir sehr wünschen, daß wir intelligente Modelle finden, um privat vorhandenes Vermögen in jenen Kapitalmarkt hineinzulenken, der letztlich die zukünftigen Arbeitsplätze im Mittelstand finanziert.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Es geht dabei nicht um Programme, die wir mit staatlichem Geld ausrüsten, sondern darum, durch den Verzicht auf Steuern Wachstum zu ermöglichen.
    Dieses alles gehört neben der Höchstleistungsforschung - das sage ich ganz bewußt - zu dem eigentlichen Aufbauprogramm, mit dem wir die Arbeitsplätze bei uns schaffen können, die den hohen Standard dieses Sozialstaates tragen können. Die eigentlichen Schwächen liegen im innovativen und im investiven Bereich, weil dort die Rahmenbedingungen nicht stimmen.
    Verehrter Herr Hauser, 14 Jahre ist nichts geschehen.

    (Beifall bei der SPD Hans Michelbach [CDU/CSU]: Was sind die Alternativen?)

    Das, was Sie uns vorgetragen haben, sind Absichtserklärungen. Alle Maßnahmen wollen Sie erst noch prüfen. Sie selbst haben fünf Punkte aufgezählt und zu jedem Punkt bemerkt: Wir prüfen das im Rahmen der Steuerdebatte.

    (Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk [SPD]: Wie lange noch?)

    Sie haben überhaupt nichts vorzuweisen, noch nicht einmal einen Antrag, über den wir diskutieren können. Ein Jahr liegt Ihnen unser Antrag vor, und Sie waren noch nicht einmal in der Lage, einen eigenen Gegenentwurf vorzulegen. Dieses ist Beleg genug für ein Trauerspiel, welches diese Regierung in einem Bereich bietet, der dringend auf Wachstum ausgerichtet werden muß.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Kollege Schwanhold macht mich gerade darauf aufmerksam, daß er fünf Minuten Redezeit eingespart hat.

(Zuruf: Alle haben Zeit eingespart!) - So kommen wir schneller voran.

Das Wort hat jetzt die Kollegin Dagmar Wöhrl.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dagmar G. Wöhrl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Wenn die Opposition auch sonst einsparen würde, wären wir ebenfalls dankbar.
    Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Es ist natürlich nicht zu bestreiten, daß der Kapitalmarkt in Deutschland im Moment noch unzureichend funktioniert. Es ist auch nicht zu bestreiten, daß wir unsere Anstrengungen auf diesem Gebiet noch verzehnfachen müssen, um den etwa zehnjährigen Rückstand in der Marktkapitalisierung im Vergleich zu den angelsächsischen Ländern aufzuholen.
    Solange jedoch der Finanzplatz Deutschland insgesamt einen deutlich besseren Ruf hat als - sagen wir einmal - der Finanzplatz Saarland, brauchen wir von Herrn Lafontaine und Co. in Sachen Kapital bestimmt keinen Nachhilfeunterricht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Mit Teilen der Opposition gerade über Kapital und Kapitalisierung zu reden ist für mich schon sehr gewöhnungsbedürftig, wahrscheinlich genauso gewöhnungsbedürftig, wie mit einem Elefanten über Porzellan, mit einem Moslem über Schweinesteaks oder mit einem Einbrecher über die Zukunft von Sicherheitsschlössern zu reden.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der F.D.P. Ernst Schwanhold [SPD]: Davon versteht der Einbrecher eine ganze Menge! Lafontaine entwickelt sich allmählich zum Trauma!)

    Sie verdrängen in Ihrem Antrag die Tatsache, daß kleine und mittlere Unternehmen für Anleger nur bei einer guten Ertragslage interessant sind. Sie sind es, die hier verhindern, daß sich die Besteuerung nicht

    Dagmar Wöhrl
    dauernd an der Unternehmenssubstanz vergreift. Das muß hier ganz deutlich erwähnt werden.
    In Ihrem Antrag sind durchaus vernünftige Maßnahmen enthalten - mit einem kleinen Nachteil:

    (Ernst Schwanhold [SPD]: Der Antrag kommt von uns! Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Haben Sie abgeschrieben?)

    Sie sind wirklich nicht neu. Wenn Sie vorhin dem Herrn Staatssekretär zugehört hätten, wüßten Sie, daß viele Maßnahmen schon auf den Weg gebracht worden sind und wir momentan dabei sind, sie zu realisieren.

    (Hans Martin Bury [SPD]: Wo sind sie denn?)

    - Sie haben genau die gleichen Vorlagen wie wir.

    (Hans Martin Bury [SPD]: Es gibt keine Vorlagen!)

    - Sie wissen genau Bescheid über das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz; Sie wissen genauso über die Börsenreformen Bescheid wie wir alle im Saal.

    (Ernst Schwanhold [SPD]: Des Kaisers neue Kleider! Er steht nackt da!)

    Wir wissen, auf Grund von Kapitalknappheit fehlen notwendige Investitionen für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit und der Arbeitsplätze. Auf der anderen Seite hat sich unser Geldvermögen von 1980 bis 1992 real sogar um 68 Prozent vermehrt. Allein die Zinseinnahmen daraus betragen fast 900 Millionen DM täglich. Diese Tatsache muß man berücksichtigen.
    Zum Homo oeconomicus kann man bemerken: Der deutsche Sparer ist sicherheitsliebend. Das wissen wir. Er pflegt sein sauer Verdientes auf dem Sparbuch zu 2 Prozent Zinsen anzulegen, vielleicht noch in Bundesschatzbriefen zu 5 Prozent.

    (Ernst Schwanhold [SPD]: Bundesschatzbriefe sind Risikokapital bei dieser Bundesregierung!)

    Hierin liegt das Problem: Sein Geld arbeitet nicht; es ruht statt dessen in Immobilien, steuerbegünstigten Abschreibungsmodellen oder in festverzinslichen Papieren.
    Obwohl unsere Medien von früh bis spät über den neuesten Stand des deutschen Aktienindexes berichten, gibt es bei uns kaum soviel Aktionäre, daß mit ihnen die Fünf-Prozent-Hürde bei einer Bundestagswahl zu schaffen wäre.
    Trotz Vermögen in Billionenhöhe - das wissen auch Sie - meiden die Bürger in Deutschland die Aktienbörse, man kann sogar sagen: wie der Teufel das Weihwasser. Jeder fünfte Amerikaner und jeder vierte Kanadier investiert in Aktienbesitz, bei uns ist es nur jeder achtzehnte Bürger.
    Wir erreichen eine stärkere Beteiligung der Bürger nur über eine Vergrößerung der Ertragschancen von Risikokapital. Das ist, glaube ich, unstrittig. Denn solange dem im Vergleich zu anderen Anlageformen größeren Risiko nicht auch wesentlich größere Ertragschancen gegenüberstehen - sondern im Gegenteil oft sogar geringere -, ist es schwer, hier eine Trendwende zu erreichen.
    Hierzu sind wiederum vor allem steuerpolitische Maßnahmen zur Verbesserung der allgemeinen Ertragslage der Unternehmen dringend notwendig. Es ist nicht so, wie Sie vorhin gesagt haben, daß die Gewerbekapitalsteuer in diesem Zusammenhang nichts zu bedeuten habe. Wir müssen auch dahin kommen, daß der Begriff Gewinn nicht immer wieder im Sinne eines Schimpfwortes gebraucht wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Unser Ziel muß es sein, daß wir ein generell investitionsfreundliches Unternehmensteuerrecht bekommen, das die Eigenkapitalbildung fördert. Dazu gehören unter anderem auch die Beseitigung der steuerlichen Diskriminierung des Eigenkapitals sowie der aktiven Kapitalanlagen gegenüber anderen Anlageformen, Anreize für das finanzielle Engagement bei innovativen Existenzgründungen,

    (Rolf Schwanitz [SPD]: Legen Sie das doch einmal vor!)

    steuerliche Präferenzen für einbehaltene, in das Unternehmenswachstum investierte Gewinne und auch die Abschaffung der Vermögensteuer und der Gewerbekapitalsteuer sowie die Senkung der Gewerbeertragsteuer.
    Liebe Kollegen, dem Aufbau eines funktionierenden Eigenkapitalmarktes stehen bei allen Beteiligten auch viele mentale Widerstände entgegen - bei den mittelständischen Unternehmen ebenso wie bei den Banken und Anlegern. Zum Kapitalmarkt zu gehen bedeutet für den deutschen Unternehmer, sich zu entblößen. Er muß seine Zahlen offenlegen, einen Aufsichtsrat berufen, in der Hauptversammlung öffentlich Rede und Antwort stehen. Das widerstrebt unwahrscheinlich vielen. Es sind nur sehr wenige bereit, Mitsprache und Kontrollrechte externer Kapitalanleger zu akzeptieren und um ihre Anleger mit einem offenen Visier zu werben.
    Hier muß man es schaffen, daß Unternehmer ihre Vorstellungen von einem geschlossenen Unternehmen aufgeben, daß sie kooperativer und informationsfreudiger werden, daß Publizitätsphobien und Überfremdungsbefürchtungen objektiviert werden.
    Dazu kommt noch ein anderes Problem. Kleinaktionäre stehen natürlich auch bei Großunternehmen oft nicht sehr hoch im Kurs. Es wird sehr massiv um sie geworben. Die Wertschätzung eines solchen Kleinaktionärs hält sich jedoch sehr in Grenzen. Als Geldgeber ist er äußerst willkommen. Kurssteigerungen gönnt man ihm. Als Dividendenempfänger wird er gerade noch geduldet. Als mitbestimmender Eigentümer jedoch hat der „shareholder" oft überhaupt keinen „value".
    Auch emissionsbegleitende Banken, Zulassungsausschüsse und freie Makler zeigen wegen der höheren Risiken oft keine Begeisterung, Mittelständler an die Börse zu bringen. Unsere Banken betrachten den bisherigen Umsatz noch viel zu statisch als Krite-

    Dagmar Wöhrl
    rium für die Börsenfähigkeit, hingegen viel zuwenig das Entwicklungspotential, das in einem Unternehmen steckt.
    Doch gerade für unseren Mittelstand mit seinem Eigenkapitalmangel, seiner anstehenden Nachfolgeregelung und seinen strukturellen Defiziten kann insbesondere der Gang zur Börse Abhilfe schaffen und ist auch oft der beste Weg. Es zeigt sich auch immer wieder, daß die Hemmschwelle des Mittelständlers, den Gang zur Börse einzuschlagen, noch sehr hoch ist.
    Man muß hier aber auch ganz offen und ehrlich aussprechen, daß mittelständische Unternehmen im Vergleich zu Großunternehmen natürlich viele zusätzliche Probleme zu lösen haben. Sie haben nicht die personellen und finanziellen Ressourcen wie ein Großkonzern für die Vorbereitung der Emissionen und zur Erfüllung der Anforderungen des organisierten Kapitalmarkts nach dem Börsengang.
    Deshalb ist es wichtig, daß neben der Emissionsbegleitung durch die Banken zusätzlich eine Betreuung nach der Aufnahme der Notierung erfolgt, damit sich auch die Mittelständler nach der Aktieneinführung mit Fragen der Ad-hoc-Publizität, Investor-Relations usw. auseinandersetzen können.
    In der Umsetzung der EU-Wertpapier-Dienstleistungsrichtlinie ist die erleichterte Zulassung von Wertpapierhandelshäusern vorgesehen. Eine Aufgabe dieser Häuser ist die Emissionsbegleitung. Es stellt sich die Frage, ob man das Angebot auch auf die weitere Betreuung von Börsenneulingen nach der Emission ausdehnen könnte.
    Wir wissen: Die Deutsche Börse AG hat ein eigenständiges Börsensegment „Neuer Markt" für innovative, wachstumsträchtige kleine Unternehmen geplant. Dies ist in ein Netzwerk europäischer Wachstumsbörsen eingebettet. Es wird eine enge Zusammenarbeit mit dem „Nouveau Marché" und dem geplanten belgischen „New Market" angestrebt. Das bedeutet unter anderem: gemeinsames Marketing, einheitliche Regelung der Börsenzulassung und Publizitätsanforderungen. An diesem Beispiel, glaube ich, sieht man sehr gut, daß die Kooperation nationaler Börsen in gleicher Weise Vorteile bieten kann wie die Kooperation mit großen zentralen europäischen Börsen. Speziell für mittelständische Unternehmen sollen jetzt auch an der bayerischen Börse ein eigenes Marktsegment „Prädikatsmarkt München" sowie eine eigene Unternehmensdatenbank geschaffen werden.
    Unsere demographische Entwicklung macht eine größere Vielfalt von Vorsorgesystemen und mehr Eigenverantwortung notwendig. Rund 100 Milliarden DM legen die Deutschen jährlich für das Alter zurück. Der Löwenanteil - das wissen wir - wandert in die Lebensversicherungen. Pensionsfonds sind in den USA mit einem Marktanteil von rund 44 Prozent der größte Kapitalgeber der US Venture Capital Market. Altersvorsorge über ein Pensionssondervermögen, in dem Aktien, Renten und Immobilien in einem Fonds verwaltet werden, ist hier der richtige Weg. Neben der Kapitalansparung für das Alter, die man hier bekommt, würde auch der Wagniskapitalmarkt durch diesen Investitionsweg vergrößert werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Man kann sagen: Die Zukunft sitzt uns im Nacken. Wichtig ist aber, daß der Staat seine Bürger endlich mündig spricht, daß öffentliche Aufgaben wieder mehr auf private Schultern verteilt werden, das Steuersystem restrukturiert und weitere Deregulierungen vorgenommen werden. Von diesen Maßnahmen - davon bin ich überzeugt - wird vor allem der Aktienmarkt profitieren. So können wir es vielleicht schaffen, daß wir zu einer neuen Epoche der deutschen Aktie kommen.
    Aber trotz unserer vielfältigen Initiativen am Finanzplatz Deutschland, die wir zum Teil abgeschlossen haben und die zum Teil im Moment in der Bearbeitung sind, dürfen wir in unseren Anstrengungen nicht nachlassen, unsere Aktienkultur weiterzuentwickeln und unseren Kapitalmarkt zu verbreitern.
    Unser Finanzplatz ist jedoch nicht eine Art gigantisches Kasino, in dem wir als Spieler nur eine Glückssträhne brauchen. Vielmehr sind wir alle Aktionäre in einer großen „Deutschland AG", und auf die Dividenden der Zukunft sind wir alle angewiesen.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)