Rede von
Hansgeorg
Hauser
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werter Herr Kollege Bury, wenn Sie Ihre Phrasen und Ihre absoluten Übertreibungen weggelassen hätten, wäre es eine ganz gute Rede gewesen; denn auf sachlicher Basis können wir uns über einige Punkte sehr wohl unterhalten.
Wissen Sie, man kann sich natürlich nicht immer nur die Bonbons heraussuchen, etwas einmal so und einmal so darstellen. Uns wird im Finanzausschuß immer wieder vorgehalten, wir sollten endlich einmal etwas für die Aktienbesteuerung tun. Da seien steuerfreie Gewinne zu erzielen, da könnten Millionenvermögen gemacht werden, ohne Steuern zu zahlen.
Plötzlich greifen Sie den Punkt auf und verlangen, daß wir in der Steuerreformkommission alle diese Punkte ohne Tabus besprechen. Wir sollten prüfen, ob in Fällen, in denen zur Zeit keine Besteuerung stattfindet, in der Zukunft Steuern anfallen sollten. Das Für und das Gegen muß sorgfältig abgewogen werden. Eine Entscheidung ist darüber noch nicht getroffen worden.
Man muß eines in aller Deutlichkeit sagen: Der Erfolg eines Unternehmens hängt nicht unbedingt davon ab, ob es an der Börse notiert ist oder nicht.
Wir haben sehr viele Familienunternehmen, die außerordentlich erfolgreich sind. Auch diese sollte man entsprechend steuerlich und wirtschaftlich fördern. Und das tun wir mit unseren Förderprogrammen und mit steuerlichen Entlastungen, die insbesondere im mittelständischen Bereich wirken.
Natürlich sind die Stärkung des deutschen Kapitalmarktes, die Förderung des Aktiensparens und die Verbesserung der Risikokapitalausstattung unserer Wirtschaft insbesondere bei Existenzgründern sowie bei kleineren und mittleren Unternehmen eine der wichtigsten wirtschaftspolitischen Herausforderungen.
Der internationale Wettbewerb um den besseren Standort und damit um mehr Arbeitsplätze ist in Europa und weltweit sehr hart. Für Deutschland sind dabei die Ausstattung der Unternehmen mit ausreichendem Eigenkapital und ein moderner und leistungsfähiger Finanzplatz zur Sicherung ihrer Finanzierungsbedürfnisse mitentscheidende Wettbewerbsfaktoren geworden.
Parl. Staatssekretär Hansgeorg Hauser
Die Bundesregierung hat nicht erst in diesem Jahr, sondern bereits seit längerem auf diese Herausforderungen reagiert. Die Rahmenbedingungen für die Beschaffung von Risikokapital und für den deutschen Finanzplatz wurden verbessert. Ich erinnere unter anderem an das Erste und Zweite Finanzmarktförderungsgesetz, an das Gesetz zur Kleinen Aktiengesellschaft, aber auch an die erste und zweite Stufe der Unternehmensteuerreform im Steueränderungsgesetz 1992 und im Standortsicherungsgesetz. Daran knüpft jetzt die dritte Stufe der Unternehmensteuerreform an, die vom Finanzausschuß am Mittwoch, dem 6. November, beraten worden ist.
Ich kann Sie nur auffordern, daß Sie bei dieser Steuerreform, bei dieser Entlastung der Unternehmen mitwirken, daß Sie die Erkenntnis, Gewerbekapitalsteuer ist ein Investitionshemmnis erster Klasse, auch umsetzen. Denn Sie haben alle dieses Wissen! Herr Bury, Sie haben sich doch auch schon in dieser Richtung geäußert.
- Dann sollten Sie es nachholen. Lesen Sie es nach; vielleicht können Sie etwas dazulernen.
Das sollten Sie gemeinsam mit uns umsetzen und die Gewerbekapitalsteuer abschaffen.
Im Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, das wir zur Zeit intensiv vorbereiten, sind in drei Bereichen Schwerpunkte gesetzt: im Börsen- und Wertpapierwesen, im Investmentbereich und bei den Beteiligungen an kleinen und mittleren Unternehmen. Ich brauche nicht auf die Einzelheiten einzugehen; wir werden das eingehend diskutieren.
Lassen Sie mich einige Bemerkungen zu dem Antrag der SPD-Fraktion machen. Für eine sogenannte Mittelstandsbörse sehen wir keinen Bedarf an neuen gesetzlichen Regelungen. Bereits heute besitzen die Marktteilnehmer mit den bestehenden gesetzlichen Regelungen ein Höchstmaß an Flexibilität, um an den Börsen den Handel mit Anteilen an mittelständischen Unternehmen einzuführen. Der „Mittelstandsmarkt Bremen", der „Neue Markt" in Frankfurt und der „Prädikatsmarkt München" zeigen dies deutlich.
Die im Antrag der SPD vorgeschlagene Förderung des Aktiensparens ist auch ein sehr großes Anliegen der Bundesregierung. Wir möchten hier aber keine neuen Subventionstatbestände einführen. Ob die im SPD-Antrag in diesem Zusammenhang angesprochenen steuerlichen Vergünstigungen für Lebensversicherungen Bestand haben können und ob in etwaigen Neuregelungen auch andere Formen der Altersversorgung einbezogen werden sollten, wird in der Steuerreformkommission geprüft.
Wir haben selbstverständlich über diese steuerliche Förderung diskutiert. Daß man hier angesichts entsprechender Ansparungen, entsprechender Ansammlung von Vermögen, von einer gigantischen Fehlleitung spricht, halte ich für absolut überzogen.
Die Bundesregierung mißt auch der im SPD-Antrag geforderten verstärkten Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivkapital große Bedeutung zu.
Auch das ist übrigens ein Thema der Steuerreformkommission; darüber wird intensiv diskutiert.
Es stellt sich hier allerdings generell die Frage, inwieweit der Staat durch fiskalische Maßnahmen die Sparer in bestimmte Anlageformen drängen soll.
Die im „Aktionsprogramm der Bundesregierung für Investition und Beschäftigung" vorgeschlagenen Verbesserungen des Vermögensbildungsgesetzes und des § 19a EStG stehen unter dem Finanzierungsvorbehalt. Das ist angesichts der Lage der öffentlichen Haushalte auch zwingend notwendig. Wir haben uns daher entschlossen, auch dieses Projekt in die Beratungen der Steuerreformkommission einzubeziehen, um sie in diesem Lichte zu überprüfen.
Man kann nämlich nicht auf der einen Seite Forderungen aufstellen, das Steuerrecht einfacher zu machen und Subventionstatbestände abzuschaffen, auf der anderen Seite aber permanent neue Forderungen aufstellen. Das paßt einfach nicht zusammen.
Zu der von Ihnen vorgeschlagenen Erweiterung des Anlagekatalogs des Gesetzes für Investmentfonds ist zu bemerken, daß für indirekte Beteiligungen an mittelständischen Unternehmen mit dem Gesetz über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften bereits ein rechtlicher Rahmen existiert. Wie bereits erwähnt, wird das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz eine Novellierung des Gesetzes über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften beinhalten.
Zu den im Antrag ebenfalls angesprochenen Beteiligungen von Arbeitnehmern an Kapitalgesellschaften und Unternehmensbeteiligungsgesellschaften über sogenannte Tariffonds gibt es nach unserer Auffassung bereits im Tarifvertraggesetz die gesetzlichen Grundlagen.
Sie kennen die Diskussion zu diesen Tariffonds. Wir sind nicht der Meinung, daß es einer solchen gelenkten Form des Aktiensparens bedarf, sondern daß die Entscheidung der Arbeitnehmer in den Vordergund gestellt werden sollte.
Dem von der SPD propagierten Gesetz zur Verbesserung von Transparenz und Beschränkung von Machtkonzentration in der deutschen Wirtschaft, dem sogenannten Transparenz- und Wettbewerbsgesetz, hat, wie Sie wissen, inzwischen eine aus Mitgliedern der Koalitionsfraktionen und der Bundesregierung bestehende Koalitionsarbeitsgruppe eigene Vorschläge entgegengesetzt, die wir Ihnen zu gegebener Zeit vorstellen werden.
Parl. Staatssekretär Hansgeorg Hauser
Im Gegensatz zu den eher dirigistischen Vorschlägen im SPD-Entwurf
setzt die Koalition auf Transparenz, mehr Informationen und Entscheidungsfreiheit von Aktionären, potentiellen Investoren und Aufsichtsräten. Die SPD sieht hier bürokratische, verwaltungsintensive und der Eigenverantwortlichkeit der Aktiengesellschaften widersprechende Verfahren vor. So soll das Vollmachtstimmrecht statt von Kreditinstituten in aufwendigen Briefwahlverfahren von gewählten Aktionärsvertretern ausgeübt werden.
Fragen Sie einmal die Aktiengesellschaften, die solche Verfahren in der Zwischenzeit praktiziert haben, welchen Aufwand dies verursacht hat und welche zusätzlichen Kosten dadurch angefallen sind. Nach Auffassung der Koalition soll das effiziente Vollmachtstimmrecht der Kreditinstitute grundsätzlich erhalten bleiben. Zu diesen Fragen wird der Rechtsausschuß des Bundestages voraussichtlich im Januar 1997 Sachverständige anhören und intensiv beraten. Wir sollten dieser Diskussion hier nicht vorgreifen.
Das mit dem SPD-Antrag „Stärkung des Kapitalmarkts Deutschland, Förderung des Aktiensparens und Verbesserung der Risikokapitalversorgung" verfolgte Ziel ist seit langem ein wirtschaftspolitischer Schwerpunkt der Arbeit dieser Regierung. Wir halten die von mir skizzierten Gesetzgebungsarbeiten und -vorhaben für die angemessene Politik. Ich habe die entsprechenden drei Gesetze erwähnt. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum 3. Finanzmarktförderungsgesetz wird spätestens Anfang nächsten Jahres vorliegen. Das Gesetzgebungsverfahren kann dann bis zum Jahresende 1997 abgeschlossen werden.
Wir sind uns sehr bewußt, daß angesichts des scharfen internationalen Wettbewerbs und der rasanten Strukturveränderungen auf den Kapital- und Finanzmärkten die hier angesprochenen Probleme eine ständige Herausforderung sind. Wer die Entwicklung der Innovationen auf den Finanzmärkten aufmerksam verfolgt, wird erkennen, daß wir permanent gefordert sind und daß wir das in unseren Gesetzen immer wieder berücksichtigen müssen.
Danke schön.