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    Plenarprotokoll 13/133 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 133. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 30. Oktober 1996 Inhalt: Tagesordnungspunkt: Antrag der Fraktion der SPD: Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts (Drucksache 13/5902) . . . 11965 A Rudolf Scharping SPD 11965 B Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 11968 C Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11972 C Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 11975 B Dr. Gregor Gysi PDS 11977 C Oskar Lafontaine, Ministerpräsident (Saarland) 11979 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 11982 B Dr. Peter Struck SPD 11982 D Dr. Christa Luft PDS 11988 A Nächste Sitzung 11988 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 11989* A 133. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 30. Oktober 1996 Beginn: 14.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Barnett, Doris SPD 30. 10.96 Dr. Bauer, Wolf CDU/CSU 30. 10. 96 Beer, Angelika BÜNDNIS 30. 10. 96 90/DIE GRÜNEN Berger, Hans SPD 30. 10. 96 Bierstedt, Wolfgang PDS 30. 10. 96 Bindig, Rudolf SPD 30. 10. 96 Dr. Blank, CDU/CSU 30. 10. 96 Joseph-Theodor Blunck, Lilo SPD 30. 10. 96 Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 30. 10. 96 Braune, Tilo SPD 30. 10. 96 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 30. 10. 96 Dr. Dregger, Alfred CDU/CSU 30. 10. 96 Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 30. 10. 96 90/DIE GRÜNEN Graf von Einsiedel, PDS 30. 10. 96 Heinrich Eppelmann, Rainer CDU/CSU 30. 10. 96 Dr. Feldmann, Olaf F.D.P. 30. 10. 96 Follak, Iris SPD 30. 10. 96 Friedrich, Horst F.D.P. 30. 10.96 Fuchs (Verl), Katrin SPD 30. 10. 96 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 30. 10. 96 Genscher, Hans Dietrich F.D.P. 30. 10. 96 Glos, Michael CDU/CSU 30. 10. 96 Gysi, Andrea PDS 30. 10. 96 Hanewinckel, Christel SPD 30. 10. 96 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 30. 10. 96 Dr. Hellwig, Renate CDU/CSU 30. 10. 96 Hempelmann, Rolf SPD 30. 10. 96 Dr. Hirsch, Burkhard F.D.P. 30. 10. 96 Ilte Wolfgang SPD 30. 10. 96 Imhof, Barbara SPD 30. 10. 96 Dr. Jacob, Willibald PDS 30. 10. 96 Dr. Jüttner, Egon CDU/CSU 30. 10. 96 Jung (Limburg), Michael CDU/CSU 30. 10. 96 Kleinert (Hannover), F.D.P. 30. 10. 96 Detlef Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Klose, Hans-Ulrich SPD 30. 10. 96 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 30. 10. 96 Koppelin, Jürgen F.D.P. 30. 10. 96 Koschyk, Hartmut CDU/CSU 30. 10. 96 Koslowski, Manfred CDU/CSU 30. 10. 96 Krause (Dessau), CDU/CSU 30. 10. 96 Wolfgang Dr. Graf Lambsdorff, Otto F.D.P. 30. 10. 96 Lemke, Steffi BÜNDNIS 30. 10. 96 90/DIE GRÜNEN Lengsfeld, Vera BÜNDNIS 30. 10. 96 90/DIE GRÜNEN Limbach, Editha CDU/CSU 30. 10. 96 Lühr, Uwe F.D.P. 30. 10. 96 Lummer, Heinrich CDU/CSU 30. 10. 96 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 30. 10. 96 Erich Marx, Dorle SPD 30. 10. 96 Mascher, Ulrike SPD 30. 10. 96 Dr. Meister, Michael CDU/CSU 30. 10. 96 Metzger, Oswald BÜNDNIS 30. 10. 96 90/DIE GRÜNEN Mosdorf, Siegmar SPD 30. 10. 96 Neuhäuser, Rosel PDS 30. 10. 96 Neumann (Berlin), Kurt SPD 30. 10. 96 Pesch, Hans-Wilhelm CDU/CSU 30. 10. 96 Dr. Pflüger, Friedbert CDU/CSU 30. 10. 96 Pretzlaff, Marlies CDU/CSU 30. 10. 96 Purps, Rudolf SPD 30. 10. 96 Rauen, Peter Harald CDU/CSU 30. 10. 96 Dr. Reinartz, Bertold CDU/CSU 30. 10. 96 Dr. Rexrodt, Günter F.D.P. 30. 10. 96 Dr. Riedl (München), CDU/CSU 30. 10. 96 Erich Dr. Rochlitz, Jürgen BÜNDNIS 30. 10. 96 90/DIE GRÜNEN Rühe Volker CDU/CSU 30. 10. 96 Saibold, Halo BÜNDNIS 30. 10. 96 90/DIE GRÜNEN Schäfer (Mainz), Helmut F.D.P. 30. 10. 96 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Scheelen, Bernd SPD 30. 10. 96 Schenk, Christa PDS 30. 10. 96 Schily, Otto SPD 30. 10. 96 Schmalz, Ulrich CDU/CSU 30. 10. 96 Schmidt (Hitzhofen), BÜNDNIS 30. 10. 96 Albert 90/DIE GRÜNEN Schmitt (Langenfeld), BÜNDNIS 30. 10. 96 Wolfgang 90/DIE GRÜNEN Dr. Schnell, Emil SPD 30. 10. 96 Dr. Schubert, Mathias SPD 30. 10. 96 Dr. Schuster, R. Werner SPD 30. 10. 96 Simm, Erika SPD 30. 10. 96 Singer, Johannes SPD 30. 10. 96 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Terborg, Margitta SPD 30. 10. 96 Teuchner, Jella SPD 30. 10. 96 Titze-Stecher, Uta SPD 30. 10. 96 Vergin, Siegfried SPD 30. 10. 96 Voigt (Frankfurt), SPD 30. 10. 96 Karsten D. Dr. Westerwelle, F.D.P. 30. 10. 96 Guido Wissmann, Matthias CDU/CSU 30. 10. 96 Wohlleben, SPD 30.10.96 Verena Zierer, Benno CDU/CSU 30. 10. 96 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet.
Die heutige Sitzung habe ich gemäß Art. 39 Abs. 3 Satz 3 des Grundgesetzes in Verbindung mit § 21 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Verlangen der Fraktion der SPD einberufen.
Ich rufe den einzigen Tagesordnungspunkt unserer heutigen Sitzung auf:
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD
Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts
- Drucksache 13/5902 -
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache zwei Stunden vorgesehen. - Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Kollege Scharping.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Rudolf Scharping


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Land befindet sich in einer besonders schwierigen Situation.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die Haushalte des Bundes waren 1983, 1988, 1990 und 1993 in dem Sinne verfassungswidrig, daß die Ausgaben für Investitionen unter der Kreditaufnahme lagen. Dies droht auch für das Jahr 1996.
    Das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht in Deutschland ist gestört. Wir beantragen diese Feststellung vor allen Dingen deshalb, weil schon zum 30. September dieses Jahres die Finanzierungssalden des Bundes mit 64,8 Milliarden DM um rund 5 Milliarden DM stärker negativ ausfallen, als dies im Haushaltsgesetz vorgesehen ist.
    Das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht kann nur erreicht werden, wenn endlich etwas gegen die Arbeitslosigkeit getan wird.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Es kann nur erreicht werden, wenn die Investitionen des Bundes auf einem höheren Stand bleiben als die Schuldenaufnahme. Es kann nur erreicht werden, wenn die Steuern gerechter und wirtschaftlich vernünftiger erhoben werden.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Es kann nur erreicht werden, wenn die Lohnnebenkosten endlich sinken, anstatt über sie faktisch eine doppelte Besteuerung der Produktion vorzunehmen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Es kann nur erreicht werden, wenn junge Menschen wieder ermutigt werden. Dafür ist die erste Voraussetzung, jedem jungen Menschen einen Ausbildungsplatz zu garantieren.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Dr. Christa Luft [PDS])

    Gleichgewicht in Deutschland kann nur erreicht werden, wenn die Situation der Familien und der Kinder wirksam verbessert wird, anstatt sie zur Arabeske der künftigen Entwicklung zu machen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Nach Art. 110 des Grundgesetzes ist die Bundesregierung verpflichtet, alle zu erwartenden und absehbaren Einnahmen und Ausgaben im Haushaltsplan zu veranschlagen. Das ist mit dem Haushaltsplan 1996 nicht geschehen.
    Nach Art. 115 des Grundgesetzes ist die Bundesregierung verpflichtet, die Schuldenaufnahme unter der Summe der Investitionen zu halten; es sei denn, das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht ist gestört.

    Rudolf Scharping
    Diese Feststellung obliegt ausschließlich dem Deutschen Bundestag. Wir beantragen diese Feststellung deshalb, weil hier entschieden werden muß, daß es angesichts einer verhängnisvollen, die Menschen belastenden Politik endlich zu einer Wende kommen muß.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    In der Bundestagssitzung am 18. Oktober dieses Jahres hat die Koalition jede Debatte über ihre Steuerpolitik verweigert. Angesichts der Zahlen, die Ende September erreicht wurden, wird das erklärbar, aber nicht verständlich. An keinem anderen Ort in Deutschland außer im Deutschen Bundestag kann die Konsequenz aus einer verfehlten Politik gezogen werden. Man kann es auch nicht einem Interviewkrieg der Koalitionäre überlassen, wie die Politik in Deutschland zu gestalten und zu korrigieren ist.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Nach der Vorlage des Herbstgutachtens der Wirtschaftsinstitute kann man damit rechnen, daß ein geringfügig stärkeres wirtschaftliches Wachstum im Jahre 1997 erreicht wird. Man muß aber gleichzeitig befürchten, daß die Arbeitslosigkeit erneut anwachsen wird. Man muß befürchten, daß im Osten Deutschlands das Wirtschaftswachstum weit hinter den Erfordernissen zurückbleibt. Man muß befürchten, daß Ihre Politik erneut in einen verfassungswidrigen Haushalt führt. Die erschreckend hohe Zahl von arbeitslosen Bürgerinnen und Bürgern, das Chaos Ihrer Finanzpolitik, die Haushalte 1996 und 1997 sind schon heute Symbole einer unmäßigen Belastung der Bevölkerung. Korrigieren Sie endlich diese Politik!

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Statt einer konzeptionell klaren und wirksamen Politik wird uns Chaos geboten, statt Finanzpolitik Buchhaltung, statt Wirtschaftspolitik soziale Demontage, statt eines konzeptionellen Vorgehens interner Streit der Koalition, statt der dringend notwendigen Verläßlichkeit für die sozialen Beziehungen und die investierende Wirtschaft ein rüdes Hin und Her innerhalb der Koalition.
    Die Ausgaben des Bundes lagen am 30. September 1996 bei einem negativen Finanzierungssaldo von 64,8 Milliarden DM. Im Jahre 1996 werden fast 8 Millionen Menschen in Deutschland die Erfahrung der Arbeitslosigkeit machen. Anstatt einer Regierung, die konzeptionell und klar etwas für die Zukunft ihres Landes, seine wirtschaftliche Stärke und seinen sozialen Zusammenhalt tut, haben wir eine Regierung, deren Mitgliedern es nur noch wichtig erscheint, dem anderen per Interviews etwas ins Gesicht zu schlagen, anstatt etwas für die Zukunft des Landes zu tun.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir haben eine Regierung, in der der Verstoß gegen die Verfassung zur Regel zu werden droht.

    (Peter Hintze [CDU/CSU]: Na! Na!)

    Wir haben eine Regierung, in der das Lügen und das Hinters-Licht-Führen zur Übung geworden ist.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS Lebhafte Pfuirufe bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Sie haben 1990 behauptet, es werde keine Steuererhöhungen geben. Tatsächlich haben Sie jährlich mit erhöhten Steuern in Höhe von 116 Milliarden DM zugelangt. Das war der größte Steuerbetrug in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Sie haben 1995 erst nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichtes dafür gesorgt, daß das Existenzminimum steuerfrei gestellt wird, und hatten dafür einen Buckel vorgesehen, der erst durch massive öffentliche und parlamentarische Kritik vermieden werden konnte.
    Sie haben anstatt verläßlicher und klarer Politik 1989 die Quellensteuer abgeschafft und 1992 eine unwirksame Zinsabschlagsteuer eingeführt.
    Sie haben 1991 den Solidaritätszuschlag eingeführt, ihn 1992 abgeschafft, ihn 1995 wieder eingeführt und streiten jetzt darüber, ob er 1998 um 1 oder 2 Prozentpunkte sinken soll.

    (Hans Klein [München] [CDU/CSU]: Sie haben alles blockiert! Sie blockieren seit Jahr und Tag!)

    Sie wollten die Verschlechterung der Abschreibungsbedingungen zur Finanzierung von Gewerbebetrieben durchsetzen und sind erst durch die Opposition im Bundestag daran gehindert worden.
    Sie wollten verhindern, daß die Familien wirksam entlastet werden und haben erst nach starkem öffentlichen und parlamentarischen Druck ein einheitliches Kindergeld mit Abzug von der Steuerschuld ermöglicht.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Sie haben in der Finanzierung des Wohnungsbaus ein ständiges Hin und Her zu verantworten.
    Sie sind mit der Harmonisierung der Zinsbesteuerung in der Europäischen Union gescheitert.
    Sie haben die Mineralölsteuer zu einem dauerhaften Griff in die Portemonnaies der Bürgerinnen und Bürger mißbraucht, anstatt etwas für die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung zu tun.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Sie haben allein die Steuerbelastung bei unverbleitem Benzin von 54,7 auf 112,7 Pfennig gesteigert. Sie

    Rudolf Scharping
    sind mit einer ökologisch verträglichen Reform der Besteuerung von Kraftfahrzeugen gescheitert.

    (Hans Klein [München] [CDU/CSU]: Blödsinn!)

    Sie sind erst durch das Bundesverfassungsgericht gezwungen worden, das Kindergeld an das Existenzminimum der Kinder anzupassen. Sie sind erst durch das Bundesverfassungsgericht gezwungen worden, das Existenzminimum der Bürger von Steuern freizustellen. Sie sind erst durch das Bundesverfassungsgericht gezwungen worden, die Zinseinkünfte und die Einkünfte anderer Art steuerlich gleichzubehandeln.
    Sie stellen eine Regierung, die mit steuerlichem Hin und Her massive Ungerechtigkeiten und zugleich eine erhebliche Verunsicherung der Investoren in Deutschland und damit eine massive Belastung der Arbeitsmärkte und der wirtschaftlichen Entwicklung bewirkt hat. Sie sind eine Koalition des Chaos und des Streites, aber keine Koalition für die Zukunft dieses Landes.

    (Beifall bei der SPD, sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Der Streit, den Sie in den vergangenen Wochen geführt haben, macht es überdeutlich. Wenn es überhaupt eines Zeugen aus den Reihen der Koalition für meine Feststellungen bedarf, könnte ich Ihnen die Aussagen Dutzender aus der letzten Woche zitieren. Ich zitiere sinngemäß nur einen, der forderte, daß Sie endlich beginnen, Haushaltsentwürfe vorzulegen, bei denen man nicht schon bei der Vorlage weiß oder ahnt: Das kann nicht stimmen. Betreiben Sie endlich eine Haushaltspolitik, die mittelfristige Orientierung gibt, anstatt von hektischem Aktionismus geprägt zu sein, eine Politik, die Vertrauen gewinnt, statt es zu verspielen, eine Politik, über die kein Mitglied Ihrer Koalition sagen kann: Das Urteil fällt grausam aus.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Diese Politik liegt ausschließlich in der Verantwortung der Bundesregierung und folglich ausschließlich in der Verantwortung des Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland. Wenn das Hauptbuch der Nation gefälscht wird, dann können die privaten Bilanzen weder der Wirtschaftsunternehmen noch der Haushalte in Ordnung bleiben.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Wenn der Bundeskanzler angesichts dieser Situation sagt, er stehe nicht unter Erklärungszwang, dann ist das für seine Politik und sein Verständnis vom Parlament bezeichnend. Wenn der Chef des Bundeskanzleramtes die Wahrnehmung parlamentarischer Rechte, die Tatsache, daß ein verfassungswidriger Haushalt konstatiert werden muß und daß eine Wende in der deutschen Politik eingefordert werden muß, und diese parlamentarische Debatte zu einer lächerlichen Schauveranstaltung erklärt,

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    offenbart das etwas vom Verständnis dieser Regierung in bezug auf die parlamentarische Debatte. Daß Sie in der Lage sind, die notwendige Erörterung eines verfassungswidrigen Haushaltes im Deutschen Bundestag auch noch mit Beifall für diese gegenüber dem Parlament ungezogene Bemerkung zu quittieren, offenbart auch Ihr Verständnis vom Parlament.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Wo eigentlich, wenn nicht hier im Deutschen Bundestag, soll wenigstens der eine Teil des Vorwurfes ausgeräumt werden? Wo, wenn nicht im Deutschen Bundestag, soll denn debattiert werden, was Ihre Politik in Deutschland anrichtet? Wo, wenn nicht hier, soll denn debattiert werden, wie eine Wende in der Politik Deutschlands aussehen könnte?

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    In jeder selbstbewußten parlamentarischen Demokratie würde sich das ganze Parlament gegen eine solche Bemerkung von den Mitgliedern jener Regierung wehren, die einen verfassungswidrigen Haushalt zu verantworten hat.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    In jeder selbstbewußten Demokratie würde eine Koalition, anstatt die Debatte in den Zeitungen auszutragen, wenigstens den Mut haben, dieses Parlament eben nicht zu jener Schauveranstaltung verkommen zu lassen, zu der Sie offenkundig entschlossen sind nach der Methode: Die Politik findet woanders statt. Sie findet aber hier im deutschen Parlament statt. Hier wird auf der Grundlage streitiger Debatten entschieden.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Sie haben bei der Haushaltsberatung 1995 die Risiken geleugnet. Sie haben noch bei der Verabschiedung des Haushaltes gesagt, die Äußerungen von Frau Matthäus-Maier, von meinem Kollegen Karl Diller und von vielen anderen seien bloße Kassandrarufe. Heute stellt sich heraus: Die einzigen Realisten in diesem Deutschen Bundestag waren die Vertreter der Opposition, nicht die Vertreter der Regierung und nicht die Vertreter der Regierungskoalition.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Sie haben auf die Täuschbarkeit der Wählerinnen und Wähler gesetzt. Mit dem Solidaritätszuschlag, Ihrer Haushaltspolitik und Ihrer Finanz- und Wirtschaftspolitik setzen Sie erneut auf die Täuschbarkeit der Wählerinnen und Wähler. Das ist einer Demokratie unwürdig. Was Sie tun, ist einer parlamentarischen Demokratie unwürdig.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


    Rudolf Scharping
    Sie haben die Risiken geleugnet. Jetzt steht Herr Waigel als der Blamierte dar, und die F.D.P. besitzt die Frechheit, auf ihn einzuprügeln, damit nur ja nicht deutlich wird, daß die F.D.P. bei dem Desaster die treibende Kraft gewesen ist.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Das alles ist die Politik des Bundeskanzlers Dr. Helmut Kohl. Wo immer er heute, an diesem Tag, in dieser Stunde sein mag:

    (Zurufe von der CDU/CSU: Pfui!)

    Er wird in diesem Bundestag für seine Politik und für das Scheitern einer Politik, die einmal geistig-moralische Wende sein wollte, Rede und Antwort stehen müssen.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    So, wie wir es Ihnen im Januar, im Februar, im März und mehrfach danach angeboten haben, so bieten wir Ihnen auch heute an, die wirtschaftliche Kraft unseres Landes zu steigern, Existenzgründer zu ermutigen,

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    technischen Fortschritt voranzubringen und das Land durchgreifend zu modernisieren, anstatt sozialen Abbau und schlichte Demontage zu betreiben.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Wir bieten Ihnen erneut an, Bürokratie abzubauen und dafür einen leistungsfähigen öffentlichen Dienst zu entwickeln, die Motivation und die Leistungsfähigkeit seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu nutzen, anstatt so halbherzig an die Modernisierung des Staates und seiner Tätigkeit heranzugehen, wie Sie das tun.
    Wir bieten Ihnen erneut an, das Steuerrecht zum 1. Januar 1998 zu reformieren, damit es in Deutschland wirtschaftlich besser und sozial gerechter zugeht.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Bundesregierung hat mit ihrer Tätigkeit, mit der Vorlage und der Abwicklung des Haushaltes 1996, mit der Vorlage des Haushaltes 1997, durch das ständige Hin und Her in ihrer eigenen Steuerpolitik und die massiven Ungerechtigkeiten im sozialen Bereich jeden Kredit verspielt. Wahrscheinlich ist das die Grundlage dafür, daß Sie immer mehr Kredite aufnehmen müssen, anstatt Vertrauen und Investitionen für die Zukunft unseres Landes anzusammeln.

    (Langanhaltender lebhafter Beifall bei der SPD Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)