Rede von
Uwe-Bernd
Lühr
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Frau Fischer, dieser Antrag ist nicht nur „hingerotzt", sondern es ist wieder einmal ein typischer Antrag der PDS. Hier soll erneut der Eindruck erzeugt werden, als verweigere die Bundesregierung die Gleichstellung von Bürgern in den neuen Bundesländern mit den Bürgern der alten Länder. Es soll der Eindruck erweckt werden, als verweigere die Bundesregierung damit ein elementares Stück innerer Einheit. Die PDS gefällt sich hier in einer Art Robin-Hood-Rolle, in der sie angeblich die Interessen der entrechteten Ostdeutschen wahrt. In Wirklichkeit ist ihr Interesse genau umgekehrt: Nicht innere Einheit ist das Ziel, sondern Vertiefung der Spaltung.
Nur der Separatistenbonus nützt gegenwärtig der PDS hier in diesem Hause und sicherlich auch in den neuen Ländern.
Mittel zum Zweck für diese Strategie ist heute der älteste Zweig der Sozialversicherung, die Knapp-
Uwe Lühr
schaftsversicherung. Natürlich muß der PDS bekannt sein, daß es sich beim Anpassungsgeld nicht um originäre Rentenbestandteile der Knappschaftsversicherung, sondern um eine aus Haushaltsmitteln des Bundes und der Länder Nordrhein-Westfalen, Hessen und Saarland finanzierte staatliche Sonderleistung für Bergleute handelt, eingeführt als befristete soziale Abfederung der Zusammenbruchs des Steinkohlebergbaus.
Sicherlich ist der Zusammenbruch aller Sektoren des Bergbaus in der ehemaligen DDR ähnlich dramatisch gewesen, wenn nicht sogar dramatischer, als es die Bergleute an der Ruhr, mit schwarzen Fahnen demonstrierend, aufzeigen mußten. Aber das Anpassungsgeld steht nun einmal nur Betroffenen aus dem Steinkohlenbergbau zur Verfügung; das ist heute hier schon mehrfach festgestellt worden. Das ist das entscheidende Kriterium. Dieser Steinkohlebergbau ist in der DDR aber schon vor fast 20 Jahren quasi aufgegeben worden.
Die Knappschaftsausgleichsleistung nach § 239 des SGB VI gilt auch in den neuen Bundesländern. Allerdings sind die Übergangsregelungen für die Bergleute in der ehemaligen DDR bis zum 31. Dezember dieses Jahres befristet.
Die Knappschaftsrente ist wohl nach wie vor die angesehenste Rente überhaupt. Allerdings bedingt das höhere Leistungsniveau auch einen entsprechend höheren Beitragssatz. Trotzdem kann die knappschaftliche Rentenversicherung ihre Ausgaben nicht vollständig selbst finanzieren. Da sie nicht am Finanzausgleich zwischen der Arbeiter- und der Angestelltenversicherung teilnimmt, trägt der Bund das jährliche Defizit. Im Jahr 1993 waren das rund 13 Milliarden DM, 11,8 Milliarden DM in den alten Bundesländern und rund 1,2 Milliarden DM in den neuen Bundesländern.
Auf rund 189 000 Pflichtversicherte kamen im Jahr 1993 rund 670 000 Renten. In den neuen Bundesländern kamen auf 166 000 Pflichtversicherte knapp 280 000 Renten. Das entspricht einem Verhältnis von 3,5 Renten zu einem Versicherten in den alten Bundesländern und 1,7 Renten zu einem Versicherten in den neuen Bundesländern.
Wer also vor diesem Hintergrund eine Angleichung verlangt, wo nichts anzugleichen ist, provoziert bewußt die Ablehnung dieses Hauses, um sie dann im Osten präsentieren und dort Enttäuschung wachsen lassen zu können. Ich muß Ihnen ehrlich sagen: Das ist ein schlimmer Populismus, den meine Fraktion nicht mittragen kann.